Mit 2:1 gewinnt der FC St. Pauli das Auswärtsspiel beim 1. FC Magdeburg und zeigte dabei eine große Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit. Die Stimmen und Statistiken zum Spiel.
(Titelbild: Peter Böhmer)
Nach gutem Start in die Partie, hatte der FC St. Pauli eine massive Schwächephase, lag dann zur Halbzeit verdient mit 0:1 hinten. Durch eine personelle und taktische Umstellung, aber auch durch sehr viel weniger Fehler im Aufbauspiel konnte der FCSP das Spiel noch in ein 2:1 drehen. Die Analyse: „an den Grundfesten rüttelnd“
Trainerstimmen
Wie auch schon vor der Partie, waren sich auf der Pressekonferenz nach dem Spiel beide Trainer relativ einig und voll des Lobes für den Gegner. FCM-Trainer Christian Titz ärgerte sich darüber, dass sein Team nach einer guten ersten Halbzeit nicht nachgelegt hat: „Wir gehen 1:0 in Führung und haben es dann aber verpasst bei den zwei guten Möglichkeiten in der zweiten Halbzeit den Deckel mit dem 2:0 draufzumachen, weil wir da gut im Spiel drin waren.“
Zudem ärgerte Titz sich massiv über beide Gegentore, besonders über das zweite, weil man den Ball „völlig unnötig“ verloren habe und auch beide Innenverteidiger zeitgleich rausrückten (während dort im Rücken Medić einlaufen konnte). Auch wenn er hervorhob, dass der FC St. Pauli „seine Qualitäten habe“, so fällt das Fazit bitter aus: „Wir haben einfach vergessen das Spiel endgültig auf unsere Seite zu ziehen“.
Ebenfalls der Ansicht, dass der FCM verdient in Führung gegangen ist, war Fabian Hürzeler nach dem Spiel: „Wir sind gut reingekommen, haben genau das gemacht, was wir uns vorgenommen haben. (…) Durch einen einfachen Fehler im Aufbau konnte Magdeburg gut umschalten und das war dann so ein kleiner Bruch.“
In der Folge hatte der FCSP enorme Probleme: „Danach haben wir zu viele einfache Fehler gemacht, den Ball zu schnell weggegeben, zu kompliziert gespielt. Dann war Magdeburg besser im Spiel, ich glaube auch, dass sie dann verdient in Führung gegangen sind.“
Doch Hürzeler betonte, dass „nicht alles schlecht“ gewesen sei in der ersten hälfte und er dieses auch an die Spieler weitergegeben habe in der Pause. In der zweiten Halbzeit haben „meine Jungs dann sehr wenig zugelassen, waren sehr präsent, sehr konsequent in der Box und haben es auch im letzten Drittel gut zu Ende gespielt.“
Und so freute sich Hürzeler nicht nur über drei Punkte, sondern auch „dass meine Mannschaft Moral bewiesen hat und den Glauben an die eigene Stärke hatte.“
Kern-Statistiken
Jackson Irvine hatte es direkt nach dem Heimsieg gegen den 1. FC Kaiserslautern angekündigt: „Nächste Woche erwartet uns ein komplett anderer Gegner, das wird ein ganz anderes Spiel“. Wie anders die Partie dann war, zeigt sich zum Beispiel am Ballbesitz, der mit knapp 51% deutlich niedriger als in der letzten Woche war (fast 69% waren es gegen den FCK).
1. FC Magdeburg | FC St. Pauli | |
11 (4) | Torschüsse (auf’s Tor) | 16 (3) |
9 | Fouls | 10 |
48.8% | Ballbesitz | 51.2% |
425 (79.3%) | Pässe (erfolgreich) | 427 (80.6%) |
45 (62.2%) | …davon ins letzte Drittel (erfolgreich) | 50 (68%) |
60 (53.3%) | …davon lange Pässe (erfolgreich) | 46 (65.2%) |
86 (58.1%) | Defensivduelle (erfolgreich) | 74 (62.2%) |
39 (41%) | Kopfballduelle (erfolgreich) | 39 (43.6%) |
10.3 | PPDA | 8.5 |
112 km | Laufdistanz* | 115.9 km |
213 | Sprints* | 199 |
Die Kern-Statistiken zeigen, wie eng diese Partie war. Besonders in der Phase ab der 15. Spielminute bis zur Halbzeitpause war der 1. FC Magdeburg klar spielbestimmend. Mehr als die Hälfte der elf Magdeburger Torschüsse wurden in dieser Spielphase abgefeuert. Der PPDA-Wert (gespielte Pässe bis Start der Defensivaktion) des FCSP war in der ersten Halbzeit mit 12.7 sehr hoch. In den zweiten 45 Minuten fiel dieser Wert massiv auf 5.6, dass Pressing des FCSP wurde also sehr aggressiv.
Etwas weniger auffällig in den Statistiken, aber doch sehr interessant: Nie in dieser Saison hat der FC St. Pauli mehr direkte Duelle in der Offensive geführt (86) und gewonnen (36). Zudem ist es eines der ganz wenigen Spiele in dieser Saison, in denen das gegnerische Team mehr Sprints gezogen hat, als der FCSP.
Expected Goals
1. FC Magdeburg | FC St. Pauli | |
1.1 / 1.2 / 1.3 | expected goals (xG) (wyscout / DFL / fotmob) | 1.6 / 1.7 / 1.9 |
0.6 | xG – 1. Halbzeit | 0.3 |
0.6 | xG – 2. Halbzeit | 1.5 |
1.1 | xG – herausgespielt | 1.5 |
0.2 | xG – Standards | 0.4 |
2.0 | xGOT* | 1.2 |
*xGOT: Expected Goals on Target (xGOT) misst die Wahrscheinlichkeit, dass ein gezielter Schuss zu einem Tor führt, basierend auf der Kombination aus der zugrunde liegenden Chancenqualität Expected Goals (xG) und der Endposition des Schusses im Tor. Dabei werden Schüsse, die platzierter sind und in den Ecken landen, besser gewertet als Schüsse, die direkt in die Mitte des Tores gehen.
Auch die xG-Werte zeigen, wie unterschiedlich beide Halbzeiten waren. Nach den Zahlen von fotmob lag der xG-Wert des FCSP in der ersten Halbzeit bei 0.3, konnte diesen dann in den zweiten 45 Minuten auf 1.5 steigern und hat sich dann auch verdient mit zwei Treffern belohnt.
Interessant auch dieses Mal wieder der xGOT-Wert. Der 1. FC Magdeburg hat einen höheren als die eigenen xG-Werte. Das bedeutet, dass die Torabschlüsse sehr gut gewesen sind, wie zum Beispiel beim Tor von Baris Atik, der aus eher nicht so günstiger Position unhaltbar ins Tor traf (bedeutet: niedriger xG-Wert, hoher xGOT-Wert). Beim FC St. Pauli ist die Qualität der Abschlüsse weiterhin nicht optimal, wie die Daten zeigen. Das zieht sich bereits durch fast die gesamte Saison (und im Fall von z.B. Marcel Hartel durch die gesamte Karriere).
Einzelbewertung
So eng wie das Spiel war bzw. unterschiedlich die Halbzeiten waren, so dicht sind auch die Ratings beider Teams beieinander. Einzig bei fotmob hat der FCSP ein höheres als der FCM, welches hauptsächlich auf den erzielten Toren basiert (wie die hohen Bewertungen von Medic und Irvine zeigen).
Team | whoscored / sofascore / fotmob |
FC St. Pauli | (6.7 / 6.8 / 7.3) -> 6.9 |
1. FC Magdeburg | (6.7 / 6.8 / 6.9) -> 6.8 |
Spieler | |
Nikola Vasilj | (6.8 / 6.9 / 7.0) -> 6.9 |
Jannes Wieckhoff | (6.0 / 6.6 / 6.6) -> 6.4 |
Jakov Medić | (7.4 / 7.5 / 8.5) -> 7.8 |
Betim Fazliji | (6.6 / 6.9 / 7.3) -> 6.9 |
Karol Mets | (6.6 / 6.9 / 6.9) -> 6.8 |
Leart Paqarada | (7.0 / 6.9 / 7.9) -> 7.3 |
Jackson Irvine | (7.8 / 7.2 / 8.4) -> 7.8 |
Marcel Hartel | (6.9 / 6.9 / 7.6) -> 7.1 |
Connor Metcalfe | (6.8 / 7.0 / 7.4) -> 7.1 |
Lukas Daschner | (6.5 / 6.6 / 6.7) -> 6.6 |
Dapo Afolayan | (7.3 / 6.8 / 7.6) -> 7.2 |
Maurides | (6.5 / 6.6 / 6.6) -> 6.6 |
Na klar, Jackson Irvine und Jakov Medic ragen heraus, weil sie beide einen Treffer erzielt haben. Ich persönlich freue mich, dass Nikola Vasilj endlich mal wieder zeigen konnte, dass er ein richtig guter Torhüter ist. Es gibt zwar immer noch hin und wieder etwas Schnappatmung, wenn er im Aufbauspiel unter Druck gesetzt wird und sein Gegenüber Dominik Reimann ist da sicher ein anderes Kaliber. Trotzdem sind bei Vasilj klare Fortschritte im Spiel mit dem Ball zu erkennen.
Eine gute Vorstellung zeigte Dapo Afolayan, wobei er offensiv sehr oft falsche Entscheidungen traf. Wie passt das zusammen? Weil er sieben Defensivduelle gewonnen hat (knapp 57% Erfolgsquote) und sehr präzise im Passspiel ist. Einen erfolgreichen Defensivzweikampf und anschließenden Pass gab es in der 88. Minute, der dann zum 2:1 veredelt wurde. Mit insgesamt 30 direkten Duellen (inkl. Luft) hat er die meisten aller Spieler auf dem Platz geführt (defensiv: 57%, offensiv: 58% Erfolgsquote). Trotzdem: Da geht noch viel mehr.
Wenn man denn einen Spieler herausheben muss, dann würde ich Jakov Medic nennen. Nicht aufgrund seines Treffers, sondern aufgrund seiner Defensivarbeit. Dabei ist das Duell Medic gegen den wendigen Atik ein Mismatch. Entsprechend gewann er auch nur drei von sechs Duellen am Boden. Dafür ist er mit vier Klärungen und acht abgefangenen Pässen einsame Spitze beim FCSP, gewann zudem 80% seiner Kopfballduelle. Medic war zudem einer der wenigen, die nicht so richtig ins Wackeln kamen, als das Team in der ersten Halbzeit richtig Schieflage hatte. Ein richtig guter Auftritt.
Stimmen
Nein, ich war nicht in Magdeburg. Ich verbringe das Wochenende mit leichtem Fieber und Nikotinentzug im Bett. Die Stimmen zum Spiel habe ich daher vom Verein genommen.
Wenig verwunderlich ist, dass auch alle Spieler nach dem Auswärtssieg davon sprachen, dass sich zur zweiten Halbzeit einiges getan hatte. Leart Paqarada („Wir haben die ersten 20 Minuten super gespielt, haben dann aber nachgelassen“) und Marcel Hartel („Wir haben in den ersten 15 Minuten sehr gut angefangen, haben dann einen Bruch in unserem Spiel gehabt, da haben wir durch einfache Fehler Magdeburg sehr stark gemacht“) sprachen dabei auch die gute Anfangsphase an und für Paqarada war der Erfolg auch etwas mehr als nur ein Plus von drei Punkten: „In diesem Stadion zurückzukommen, das gelingt nicht jeder Mannschaft und das zeigt, welchen Charakter diese Mannschaft hat.“
Ein gefragter Spieler war Maurides, der nach seiner Einwechslung maßgeblich zum Auswärtssieg beitrug. Nach Abpfiff erklärte er, dass ihm schon recht klar gewesen sei, wie er sich auf dem Platz verhalten soll und formulierte ebenso klar, was er vorhat: „Ich will mich für die Startelf empfehlen.“ Wenn es nach Betim Fazliji geht, dann dürfte das nicht nicht mehr allzu lange dauern: „Mit Maurides auf dem Platz hatten wir noch einen weiteren Zielspieler im Sturm, der den Ball super klatschen lassen kann und eine Körperlichkeit mitbringt.“
Der FC St. Pauli feiert mit dem 2:1 in Magdeburg den vierten Sieg in Serie. Es ist nicht viel weniger als ein absoluter Traumstart für Fabian Hürzeler, der beim Spiel allerdings zum ersten Mal etwas an der ihm (zurecht) so wichtigen Konterabsicherung seines Teams zu kritisieren haben dürfte bzw. am fehlerhaften Aufbauspiel.
Durch den Auswärtssieg gelang dem FCSP der Sprung in das dann doch relativ komfortable Tabellenmittelfeld. Das ist zwar beruhigend, aber alles andere als zum Ausruhen (oder wie viele Teams kennt ihr die mit 29 Punkten die Klasse halten konnten?). Immer weiter vor!
// Tim
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Sofern nicht anders markiert, stammen sämtliche Statistiken von Wyscout.
“ Beim FC St. Pauli ist die Qualität der Abschlüsse weiterhin nicht optimal, wie die Daten zeigen. Das zieht sich bereits durch fast die gesamte Saison (und im Fall von z.B. Marcel Hartel durch die gesamte Karriere)“
:))) Du hast ja völlig recht aber dass du so hart nachkarten mußt ist bestimmt dem Nikotinentzug zu verdanken
Gute Besserung!
Ich möchte nur nicht, dass die Erwartungen an Marcel Hartel welche sind, die er einfach nicht erfüllen kann. Er ist ein sehr pressingsresistenter Spieler, vermutlich der beste der Liga. Aber ein Torjäger war er noch nie. Da kann man nicht erwarten, dass das besser wird. Hat man bei Mats ja auch nicht.
Also ich finde es eher lustig wenn er denn mal trifft 😉 Apropos Mats, wenn Nürnberg absteigt könnte man ja mal anklopfen, wo Paqa doch geht…
Dann bräuchten wir aber immer noch einen neuen Linksverteidiger… 😉
Ansonsten: DAFÜR!
Linksverteidiger, Offensivspieler, Hauptsache Mats!
Weiß nicht,wir haben doch genug Zauberkünstler die oft nicht wissen wo das Tor steht.
MATS!
Ich hätte da einen Vorschlag als Paqarada-Nachfolger.
Connor Metcalfe bringt für mich alles mit, um vielleicht sogar ein besserer, weil defensiv stärkerer, Linksverteidiger zu werden. Speziell in der 5er Kette kann ich ihn mir sehr gut auf der Position vorstellen.
bevor magdeburg in führung geht, haben wir schon zweimal die möglichkeit, selbst in führung zu gehen. connor legt galant knapp neben das tor und cello, nachdem er von leart excellent in szene gestzt wird, scheitert fast kläglich… connor kann, cello muß treffen… dann nimmt das spiel vielleicht schon viel früher seinen lauf zu unseren gunsten… aber sie haben es ja noch gebogen. was reimann betrifft, so kann ich dir nicht zustimmen. für mich im magdeburger spielaufbau ganz klar ein unsicherheitsfaktor, den wir viel zu wenig genutzt haben, weil wir ihn nicht viel mehr unter druck setzten. haben wir druck auf ihn bekommen, hat er den ball meist einfach nach vorne geschlagen. egal, am ende zählt, was nach abpfiff auf der anzeigetafel steht.
maurides hat mich mit seinem spiel voll überzeugt. er hat einige abschlüsse gehabt, auch wenn er seine 1000%ige eher kläglich versemmelte. ich denke, er wird nicht mehr lange brauchen, um zu treffen. für mich gegen rostock gesetzt, am besten gleich mit otto oder eggestein gemeinsam. dann hauen wir denen ordentlich die bude voll. für die gibt es bei uns nix zu holen, außer ner ordentlichen abreibung… sport frei