Während der FC St. Pauli aktuell von Erfolg zu Erfolg schreitet, gibt es einige Spieler im Kader, die dazu wenig auf dem Platz beitragen können. Es sind die Härtefälle im Kader des FCSP.
(Titelbild: Peter Böhmer)
Wenn ein neuer Trainer eine Mannschaft übernimmt, dann bedeutet das auch immer, dass sich im Kadergefüge etwas verändert. Spieler, die zuvor wenig Einsatzzeit hatten, können nun auf mehr hoffen, während sich vermeintlich etablierte Profis manchmal ziemlich umschauen müssen. So geschehen bei Connor Metcalfe, bei dem allerdings die Frage im Raum steht, ob er nach seinem ersten halben Jahr beim FCSP nicht sowieso für den Schritt in die Stammformation bereit war.
In den ersten Spielen hat Fabian Hürzeler gezeigt, dass er ein Trainer ist, der wenig rotiert. Das war auch bereits in den Testspielen so. Und es führt sicher auch dazu, dass der ein oder andere Profi aufgrund seiner Situation etwas Frust schiebt. Wir haben uns die Situation einiger Spieler, die zwischen Bank, Tribüne und U23 pendeln, mal genauer angeschaut.
Ganz anders vorgestellt
„Carlo ist ein Härtefall.“ sagte Hürzeler auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den 1. FC Magdeburg. Carlo Boukhalfa hatte in der Vorwoche nicht im Kader gestanden („Es ist so, dass ich harte Entscheidungen treffen muss und in dem Fall hat es Carlo getroffen“). Gegen den FCM war er zwar wieder Teil des Spieltagskaders, aber seit dem 10. Spieltag (Startelfeinsatz gegen den 1. FC Heidenheim) wurde Boukhalfa überhaupt nur zweimal kurz vor Schluss eingewechselt. In der Rückrunde war das noch gar nicht der Fall. Ganz klar: Das dürfte Boukhalfa anders geplant haben.
Im Vergleich zu anderen Spielern im Kader des FC St. Pauli, kommt Carlo Boukhalfa auch nicht in der abstiegsbedrohten U23 zum Einsatz (Hürzeler: „Das ist für uns kein Thema“). Das ist schon bemerkenswert, da am vergangenen Sonntag mit Igor Matanovic, Lars Ritzka, Elias Saad, Marcel Beifus, Franz Roggow und Niklas Jessen gleich sechs Spieler zum Einsatz kamen, die dauerhaft bei den Profis trainieren. Roggow, Beifus und Matanovic standen sogar, wie auch Boukhalfa, in Magdeburg im Kader (Matanovic und Beifus wurden sogar eingewechselt).
Lichtblick im Schatten
Dass Afeez Aremu in der Rückrunde bisher nur ganz kurz beim Auftakt in Nürnberg zum Einsatz kam, war nicht unbedingt zu erwarten. Gegen Hannover fehlte er im Kader aufgrund einer Erkältung, gegen den FCK saß er auf der Bank, wurde nicht eingewechselt. Nun fehlte er in Magdeburg. Und damit scheint er ein irgendwie noch viel größerer Härtefall zu sein.
Fabian Hürzeler erklärte, dass es sich um eine „sportliche Entscheidung“ gehandelt habe, Aremu nicht mit nach Magdeburg zu nehmen. Tags darauf im Kader der U23 fehlte er allerdings auch. Und nun zum Trainingsauftakt diese Woche am Dienstag war er auch nicht auf dem Platz zu finden. Somit vergrößert sich das Fragezeichen um seine Person.
Afeez Aremu war zum Ende der Hinrunde Stammspieler beim FC St. Pauli. Er hatte sich diesen Platz aufgrund guter und endlich stabiler Leistungen verdient und war sicher einer der ganz wenigen Lichtblicke in einer ansonsten recht trüben Hinrunde des FCSP. Kurz vor Jahreswechsel gab es dann frohe Kunde: Der eigentlich im Sommer auslaufende Vertrag von Aremu wurde verlängert. Damals wurde von Seiten des Trainers und des Sportchefs die Entwicklung und Wichtigkeit von Afeez Aremu betont. Nun scheint es aber bei ihm gerade überhaupt nicht zu laufen. Und es fehlt die Fantasie, wie er an den beiden Duracell-Hasen Irvine und Hartel vorbeikommen soll.
Top-Torjäger außen vor
Wieder nicht dabei. Fabian Hürzeler hatte mit Maurides, David Otto und Igor Matanovic drei frische Offensivspieler im Laufe der Partie gegen Magdeburg eingewechselt. Einzig Johannes Eggestein kam nicht zum Einsatz. In der Rückrunde kam der Sommerneuzugang bisher nur zu zwei Kurzeinsätzen, stand insgesamt nicht einmal zehn Minuten auf dem Platz.
Dass Eggestein so wenig Einsatzzeit sammelt ist bemerkenswert, denn mit fünf Saisontreffern ist er auch weiterhin der beste Torschütze des FC St. Pauli in dieser Saison. Fabian Hürzeler erklärt: „Die Spieler, die aktuell auf dem Platz sind und auf seiner Position spielen, machen es sehr, sehr gut.“ Eggestein nehme seine aktuelle Rolle aber vorbildlich an:
„Er macht extrem viel für sich, ist super professionell, lässt sich gar nicht hängen. Es ist natürlich auch schwer für ihn, er weiß er hat die meisten Tore erzielt in der Hinrunde und jetzt hat er nur sieben Minuten gespielt. Das ist auch für den Kopf schwer.“
Fabian Hürzeler über Johannes Eggestein
Opfer des Systems?
Der Cheftrainer berichtet weiter davon, dass er Eggestein auch mal abends im Kraftraum an der Kollaustraße antreffe. Wie kann es also sein, dass der beste Torjäger des Teams, der so vorbildlich trainiert, aktuell gar nur noch selten zu Kurzeinsätzen kommt? Hängt das vielleicht mit dem neuen System zusammen, Fabian Hürzeler?
„Würd ich nicht sagen, weil ich glaube, dass Jojo auch als Zielspieler agieren kann. Er ist da gar nicht so unterschiedlich zu Daschner vom Spielertyp her, macht die Bälle auch sehr gut fest, bewegt sich gut im Zwischenraum. Auch auf die Außenbahn würde er passen: Er hat in Österreich bei seinem Ex-Verein in der Halbspur agiert, hat ein sehr gutes Timing für die Tiefe. Deshalb sehe ich nicht, dass das System nicht für ihn gemacht ist. Das betont er auch immer wieder in Gesprächen mit mir, dass er sich wohlfühlt in diesem System und den Positionen und deshalb ist er kein Opfer des Systems.“
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich da trotz der Aussagen von Fabian Hürzeler Zweifel habe, ob Johannes Eggestein wirklich so gut in das 5-2-3 passt. Denn klar, er hat Tiefgang, aber das Tempo von Afolayan sicher nicht. Körperlich können Otto, Maurides und wohl auch Daschner etwas mehr mitbringen, um auch mal lange Bälle zu bekommen. Eine der Kernaufgaben für die Offensivspieler im System von Hürzeler ist die Defensivarbeit. Da sehe ich für alle anderen Spieler im Kader des FCSP Vorteile gegenüber Eggestein (besonders für Metcalfe). Und so ist der beste Torschütze der Hinrunde aktuell etwas außen vor.
Druck machen
Fabian Hürzeler macht ganz klar: „Die Spieler, die nicht spielen, sind bei mir eigentlich die wichtigsten, weil sie die, die vermeintlich spielen immer wieder fordern im Training.“ Aktuell sei die Situation etwas krasser, denn „wir haben im Moment einen großen Kader“. Und sowieso sei es zwar für die Spieler unangenehm, besonders für jene, die gerade draußen sind – für Hürzeler und den FCSP als Team sei das aber durchaus hilfreich:
„Für mich als Trainer ist das eher positiv, weil ich weiß, dass die Spieler sogar um Kaderplätze kämpfen müssen. Das hält auch die Intensität im Training hoch. Niemand kann sich ausruhen, mal mit 80% oder 90% trainieren, weil dann sind sie eventuell gar nicht im Kader.“
Fabian Hürzeler über die Vorteile des aktuell breiten Kaders.
Nie wieder für St. Pauli?
Ganz besondere Härtefälle sind zwei Spieler, die bereits sehr lange für den FC St. Pauli aktiv sind. Christopher Avevor hat sein letztes Pflichtspiel im November 2020 bestritten. Da waren 25 von 32 Spielern des aktuellen Kaders noch gar nicht beim FCSP. Seit einiger Zeit ist er immer mal wieder mehr oder weniger zumindest Teil des Teamtrainings gewesen. Nun geht es für ihn aber im Training der U23 weiter, wie der Verein letzte Woche vermeldete. Hürzeler begründete das auch damit, dass dort die Intensität geringer sei, was es Avevor einfacher machen könnte wieder heranzukommen.
Irgendwie bereits weg war Igor Matanovic. Relativ offen berichteten Vereinsoffizielle von den Wechselgedanken aller Parteien in diesem Winter – und das auch bereits schon vor Schließung des Transferfensters. Die Message war relativ klar: Die Leihe sollte diesen Winter beendet werden. Umso verwunderlicher ist, dass es nicht dazu kam (wie übrigens auch im Fall von Dennis Smarsch – beide wurden aber auch nicht sonderlich vorteilhaft ins Schaufenster gestellt).
Zwar gab es Interesse an einer vorzeitigen Beendigung der Leihe, aber es zeigte sich zuletzt, dass Matanovic gebraucht wird: In den letzten beiden Partien wurde er jeweils ganz kurz vor Schluss eingewechselt. Mehr Minuten sollte er dann in der U23 sammeln. Das tat er vergangenen Sonntag auch. Doch nach 30 Minuten musste Matanovic aufgrund einer Schulterveletzung ausgewechselt werden. Eine genaue Diagnose und somit auch die Ausfallzeit steht noch nicht fest.
Sowohl von Christopher Avevor als auch von Igor Matanovic laufen die Verträge diesen Sommer aus. Je nach Schwere der Schulterverletzung könnte es jetzt ganz eng werden mit einem weiteren Einsatz von Matanovic in Braun-Weiß. Für Avevor, der mehr als zwei Jahre raus war und in den letzten Wochen nicht vollumfänglich trainieren konnte, dürfte das auch ganz, ganz knapp werden. Zwei langjährige Spieler des FCSP könnten sich also still und leise verabschieden – während einige Spieler um Kaderplätze kämpfen, dürften dies die richtigen Härtefälle beim FC St. Pauli sein.
// Tim
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Matanovic ist mir wirklich ein Rätsel. Sowohl Schulle als auch Hürzeler geben/gaben ihm Spielzeit, obwohl er den Nachweis der 2. Liga-Tauglichkeit stets schuldig bleibt. Im Training soll er allerdings sein Talent zeigen. Ich verstehe nicht, warum der Junge, daß nicht auf den Platz bringt.
Moin St.Pauli Willi,
unter dem Trainer Hürzeler hat Matanovic bislang ganze 5 Einsatzminuten bekommen…..2 Min. gegen Lautern + 3 Min. gegen Magdeburg
Er hatte jetzt 17 Einsätze in dieser Saison und 0 (Null) Treffer erzielt
Mal ganz ehrlich……da ist das Rätsel doch schon aufgelöst, oder ??
Das mit Aremu ist für mich das größte Rätsel. Zusammen mit Eggestein, der aber eine andere Wertschätzung erfährt und zumindest auf der Bank saß. Beiden Spielern ist es gemein, daß sie in der Hinrunde zu Einsätzen kamen und dabei auch abgeliefert haben – aber auch, daß sie Schwächen aufgezeigt haben, die mit dem System von Hürzeler wohl nicht übereinzustimmen scheinen. Was bei Eggestein die fehlende Geschwindigkeit und Durchsetzungsfähigkeit im Vergleich zu anderen ist, ist bei Aremu die etwas höhere Fehlpassquote, so aus dem Bauch heraus. Allerdings hat er auch sehr starke Auftritte gehabt, sowohl defensiv gegen den Ball als auch mit intelligentem Paßspiel. Unter dem Strich sehe ich Aremu eigentlich ebenso wie Eggestein zumindest auf der Bank. Daß er dort fehlt ist mir ebenso ein Wunder, wie daß er nicht einmal etwas Einsatzzeit bekommt. Natürlich habe ich keine Ahnung, wie die Auftritte der beiden bei den Trainingseinheiten derzeit sind, aber ich möchte da auch niemanden Schlendrian oder dergleichen unterstellen. Vielleicht sind die anderen auf den Positionen auch einfach den Tick besser dort. Trotzdem verwunderlich. Und gerade gegen kampfstarke teams hätte ich einen Aremu zumindest gerne auf der Bank.
Wir schön, dass du an die Jungs in der 2.+ 3. Reihe denkst, Tim
Sie haben einen gewaltigen Anteil daran, dass es im Training zur Sache geht und
unsere Startelf immer gefordert wird
Hoffentlich gelingt es dem Couch Hürzeler diese Jungs gut zu motivieren…..auch bis zum
Saisonende.
Ich bin mal gespannt, wann Maurides den Sprung in die Stammelf schafft, denn dieses Video
macht Spaß auf „mehr Maurides“
https://www.youtube.com/watch?v=STIzhejPlAI
Allerdings ist er ein Heißsporn…..und wohl immer für ne Karte gut
Forza FCSP
Avevor war ist schon ein Klotz in der Abwehr.
Hatte aber in seinen letzten Spielen schon Schnelligkeitsprobleme ,das wird sich nach seiner langen Verletzungspause noch verstärkt haben,wird es deshalb wohl leider nicht mehr schaffen,schade.
Aremu war in seinen letzten Spielen so richtig angekommen.Hatte seine Übermotivation
(schnelle gelbe Karten,zu hektische Pässe,Fehlpässe) gut im Griff und daher zu Recht Vertragsverlängerung.Ich bin überzeugt ,bei jetzigen Stammplatzverletzungen,wird er uns durch seine Qualitäten weiterhin überzeugen.
There is a big difference between Aremu and Eggenstein (and all other cases really) : During winter pre-season , Aremu was a first team choice for Hurzeler in his new system that he was experimenting. Admittedly, this was because Irvine was on holiday post world cup but still : Aremu was trusted to be number three for this two slots midfield. Every other player studied in this article was considered a fringe player from the outset of the pre season.
To go from first team during pre season (an a contract extension at this very moment) to not even on the bench a few weeks later is clearly the mark that something happened in between.
Even worse : even though all other cases might be in line with a new policy of being harsher on players that are deemed „not fit“ à la Bornemann, Aremu’scase does not fit into that category because precisely of that contract extension. Aremu’s case might even be the first issues between Borneman and Hurzeler after their honeymoon.