Der FC St. Pauli und Fortuna Düsseldorf trennen sich torlos. Thioune kann, Hürzeler kann nicht so gut damit leben, Karol Mets musste tun, was er tun musste und Irvine wurde in die Bande gegrätscht – die Stimmen zu FCSPF95
(Titelbild: Stefan Groenveld)
Ein wirklich gutes Fußballspiel gab es zu sehen zwischen dem FC St. Pauli und Fortuna Düsseldorf. Der FCSP gefiel dabei vor allem mit spieltaktischem Variantenreichtum, die Fortuna hielt mit individueller und defensiver Klasse dagegen. Eine Analyse der Partie ist bereits veröffentlicht: „Variantenreich, doch ohne Tore“
Wir haben zudem die Stimmen aus der mixed-zone und von der Pressekonferenz zusammengetragen.
Das sagen die Trainer
Thioune: „Kann mit dem Punkt gut leben“
Fortunas Trainer Daniel Thioune sagte nach der Partie: „Es war ein sehr unterhaltsames Spiel“, schob aber gleich hinterher „da haben nur die Tore gefehlt“. Er erklärte gewusst zu haben, dass es „Stress-Fußball geben würde“. Das habe sein Team „vor ein paar Probleme gestellt“ und trotzdem war er zufrieden: „Wir haben es grundlegend sehr gut gemacht im Spiel gegen den Ball.“
Doch um sogar drei Punkte aus diesem Spiel mitzunehmen, dafür „darf man dann auch nach zehn Sekunden wieder an der Mittellinie stehen und dem Gegner nochmal Anstoß zugestehen“ und meinte damit die frühe Chance für sein Team, aus der sie nach seinem Empfinden mehr hätten machen können. Sowieso seien seine Spieler in den „ersten zehn Minuten super drin“ gewesen, doch „im Laufe der ersten Halbzeit haben wir gemerkt, dass der FC St. Pauli aufkommt.“ Danach habe das Team „immer wieder Phasen gehabt, wo wir unsere PS auf die Straße gebracht haben“, aber man hätte die Möglichkeiten dann auch nutzen müssen. Sein Fazit: „Ich kann mit dem Punkt gut leben. Es war eine gute Leistung meiner Mannschaft.“
Hürzeler: „Kann nicht so gut leben mit dem Punkt“
Fabian Hürzeler sah es ganz ähnlich wie sein Gegenüber Daniel Thioune. Sein Team habe sich gesteigert im Vergleich zum Kaiserslautern-Spiel. Er zeigte sich zufrieden mit dem „Spielvortrag“, wie er es so schön nennt:
„Wir haben sehr dominant Fußball und sehr gut durch das Zentrum gespielt. Wir haben viele Kombination, viele kurze Passwege provoziert und sind dann auch immer wieder gefährlich in der gegnerischen Box gewesen. Leider haben wir uns nicht belohnt, es waren genug Tormöglichkeiten da.“
Fabian Hürzeler zur Leistung seines Teams im Spiel gegen Fortuna Düsseldorf
Auch in den Phasen, in denen die Fortuna stärker aufkam – jeweils zu Beginn der Halbzeit – habe sein Team gut gearbeitet: „Wenn wir defensiv arbeiten mussten, dann haben wir es konsequent wegverteidigt und keine Hochkaräter zugelassen.“ Ursächlich für die fehlenden eigenen Treffer sei zum einen der gegnerische Torwart gewesen („teilweise überragend gehalten“), aber auch die eigene Chancenverwertung, sowie die Häufigkeit der eigenen Ballverluste. Daher: „Im Großen und Ganzen kann ich nicht ganz so gut leben mit dem Punkt.“
Das sagen die Spieler
„Wir wussten, wie sie gegen uns spielen“
Eric Smith brachte es auf den Punkt: „Wir sind natürlich enttäuscht, aber wir haben hinten dichtgehalten und uns vorne eine Menge Chancen erspielt.“ Smith zeigte sich daher trotz des Unentschiedens zufrieden mit dem Spiel. Denn er betonte auch, dass Fortuna „eine hohe Qualität auf jeder Position“ habe und prophezeite beiden Teams eine „rosige Zukunft“, wenn sie das Level aus dem Spiel halten können.
Die Spielweise der Düsseldorfer, mit der deutlichen Mannorientierung, habe der FCSP laut Smith genauso erwartet: „Wir wussten wie sie gegen uns spielen werden. Sie haben es schon das letzte Mal in der zweiten Halbzeit so gespielt. Wir hatten dafür Lösungen, haben oft gut eröffnet. Wir müssen dann aber im letzten Drittel etwas besser werden.“
Und Eric Smith rechnet damit, dass man als Team mit dieser Mannorientierung zukünftig noch häufiger Kontakt haben wird, denn: „Ich denke viele Teams werden so gegen uns spielen.“
„Musste tun, was ich tun musste“
Wenn ein Spieler eine rote Karte bekommt, bei der man spätestens nach Ansicht der TV-Bilder selbst durch die FCSP-Brille ein „Hart, aber vertretbar“ von sich geben kann, dann wünsche ich mir zukünftig immer so offene und ehrliche Antworten, wie sie Karol Mets im Anschluss der Partie gegeben hat. Und damit meine ich nicht nur, dass er sagte: „Ich hoffe der Gegenspieler ist fit und gesund, es ging nicht gegen ihn persönlich.“
Vielmehr war die Klarheit beeindruckend, mit der er die Situation beschreibt: „Es war ein 50-50-Duell, aber ich musste voll reingehen,“ erklärte er. Denn hätte er das nicht getan, dann „wäre der Gegenspieler alleine auf unseren Keeper zugelaufen. Daher musste ich tun, was ich tun musste und es riskieren.“
So sei es zwar eine harte Entscheidung gewesen, aber „manchmal musst Du an Orte, an denen Du nicht sein willst. Ich bin nicht sicher, ob ich softer hätte spielen können in dem Moment. Ich konnte nicht riskieren, dass er an mir vorbeikommt.“
Mindestens zwei Spiele Pause
Um eine deutliche Sperre wird er aber nicht herumkommen. Für so einen Platzverweis, welcher wohl in die Kategorie „Rohes Spiel“ gehört, schreibt der DFB eine Sperre von mindestens zwei Wochen vor. Am Montag bis 14:00 Uhr wird der Kontrollausschuss des DFB beim Sportgericht einen Strafantrag stellen. Dann wissen wir auch, wie lange die Sperre sein wird (vorausgesetzt der FCSP erhebt keinen Einspruch).
Neben der roten Karte, gab es in der zweiten Halbzeit eine weitere kritische Situation. Viele FCSP-Spieler forderten einen Elfmeter. Und die TV-Bilder zeigen: Es gab auf jeden Fall einen Kontakt von Dapo Afolayan mit seinem Gegenspieler. In fast schon gewohnter Manier wurde dieser in der mixed-zone deutlich: „Wir hätten einen Elfmeter bekommen müssen!“
Ungewohnt war hingegen die Position auf der er spielte, im Sturmzentrum nämlich. Aber nicht für ihn selbst, denn er erklärte, dass er bereits in der Vorsaison bei den Bolton Wanderers häufiger dort eingesetzt wurde und sagte: „Mir hat es in dieser Rolle gefallen und wenn ich erneut dort eingesetzt werde, dann werde ich es wieder tun.“
Irvine in die Bande gegrätscht
Gerade nach Niederlagen oder nicht so erfolgreichen Partien, ist die Lust der Spieler auf Interviews in der mixed-zone oft kurz vor „in die Bande gegrätscht zu werden“ gelistet. So war auch das Gesicht von Jackson Irvine zu deuten, als er gefragt wurde, ob er mir und umstehenden Journalisten Antworten geben würde. Allein Irvine hätte zwei Treffer erzielen können, wenn nicht sogar müssen. Somit war klar, dass ich das Thema ganz vorsichtig angehen musste.
- „Jackson, have you counted the number of shots you have taken?“ (Jackson, hast Du die Anzahl deiner Torschüsse gezählt?)
- „No, I can’t!“ (Nein, das kann ich nicht!)
- „You can’t or you don’t want?“ (Kannst Du oder willst Du nicht?)
- (müdes Lächeln) „Yeah, I would rather forget about it…“ (Ja, ich würde es lieber vergessen…)
„Five shots!“ warf da der dynamische Kollege von der Seite ein und stellte damit klar, dass die mixed-zone auch mal hinter „in die Bande gegrätscht werden“ liegen kann. Ein perfekter Start ins Interview.
Irvine führt dann aber punktgenau aus, wieso es nicht passte mit einem Torerfolg: „Der Torhüter pariert zwei Schüsse überragend. Die Chance in der zweiten Halbzeit muss ein Treffer sein, da war ich aber auch etwas überrascht von der Situation.“
Wenn er mit einem seiner Abschlüsse Erfolg gehabt hätte, dann, da ist er sich sicher, hätte das Team auch gewonnen. Und das zurecht: „Wenn wir ein Tor erzielen, dann sagen wir am Ende, dass wir alles richtig gemacht haben. Düsseldorf hatte ein paar frühe Chancen aus Standards, da mussten wir uns durchbeißen (fantastisch von ihm formuliert: „We had to ride that storm“) (…) Aber: Es ist schön zu sehen, wie gut wir als Team so früh in der Saison zurechtkommen. Wenn wir weiter so wie heute spielen können, dann sind unsere Chancen Spiele zu gewinnen sehr groß.“
Ich denke, das sind mal wieder gute Schlussworte des Kapitäns.
// Tim
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