Same procedure as every time?

Same procedure as every time?

Die Vorfälle rund um die Partie FC St. Pauli gegen Hannover 96 sind nicht ansatzweise aufgeklärt, da hört man schon altbekannte Rufe aus den üblichen Ecken.

Ein Kommentar von Tim

Machen wir uns nichts vor, es wird laufen, wie es bereits viel zu oft lief: Die Vorfälle vom Freitagabend im Gästeblock beim Spiel zwischen dem FC St. Pauli und Hannover 96 werden genutzt, um die eigene Agenda durchzuziehen. Auf Biegen und Brechen.

Über den Anlass zum Einrücken der Polizei in den voll besetzten Gästeblock herrscht weiterhin Unklarheit. Die Polizei erklärte, dass eine Person erheblich attackiert und auch am Boden liegend noch getreten wurde. Stephan Riedel von der Fanhilfe Hannover erklärte gegenüber der 11Freunde (€), dass es zwar eine Auseinandersetzung innerhalb des Gästeblocks gegeben habe, diese aber „eher eine Schubserei“ gewesen sei und es eine Situation, bei der jemand auf dem Boden lag oder bewusstlos war, nicht gegeben habe. Eine Notwendigkeit für das Eingreifen der Polizei hat es laut Riedel also nicht gegeben.

Wie die Situation eskalierte, nachdem die Polizei im Gästeblock eintraf, ist auf vielen Videos zu erkennen. Dabei ist natürlich klar, dass es auf beiden Seiten nicht nur Unschuldige gibt. Unter anderem bleiben – unabhängig davon, dass beide Dinge zu massiv unterschiedlichen Schäden beim Gegenüber führen können – die Bilder von peitschenden Fahnenstangen und wahllos Pfefferspray-versprühenden Polizist*innen unangenehm haften. Umso mehr, wenn danach versucht wird, den schwarzen Peter für die Eskalation auf die andere Seite zu schieben.

Grote bringt Kostenbeteiligung von Vereinen ins Spiel

Am Dienstag stand nun Hamburgs Innensenator Andy Grote auf der Landespressekonferenz Rede und Antwort, natürlich mit Fokus auf die Vorfälle vom Freitag (Zitate aus Abendblatt (€)). Und wenn Sätze fallen wie „Ich höre inzwischen von vielen, dass sie nicht mehr ins Stadion gehen, weil sie keine Lust auf diese hochaggressive, gewaltbereite Atmosphäre haben, die in Stadien teilweise herrscht“, dann ist der Ruf nach der Beteiligung der Vereine an den Kosten von Polizeieinsätzen bei Fußballspielen nicht weit. Grote zeigte sich dafür jedenfalls „offen“, betonte aber, dass es eine „bundesweite Lösung“ geben müsse.

Die Schuld für die Vorfälle sieht Grote auch bei den Fußballclubs: „Ich habe nicht den Eindruck, dass von Vereinsseite, wenn wir über das Thema Stadionverbote oder Ähnliches sprechen, gegen die bekannten Hooligan-Gewalttäter, Kriminelle entsprechend vorgegangen wird. Das sehe ich nicht. Das wäre aber erforderlich.“ Diese Feststellung, dieser Vorwurf der Untätigkeit in Richtung der Vereine – Fanprojekte und soziale Arbeit in den Vereinen bleiben unerwähnt – geht mit einem Drohgebärde einher: „Wir müssen auch sehen, ob wir den Bereich Gästefans mit Einschränkungen versehen müssen, um dort eine friedlichere Situation herbeizuführen, wenn das nicht von Vereinsseite selber herbeigeführt werden kann.“ Fußball ohne Auswärtsfans – es ist anscheinend wieder soweit, solch eine Drohung auszusprechen.

Die üblichen Mechanismen?

Das wirkt alles, angesichts der weiterhin recht dürftigen Beweislage, schon ziemlich wild, was der Hamburger Innensenator da in den Raum stellt. Stephan Riedel erklärte der „11Freunde“ gegenüber, dass er nun eine „klassische Täter-Opfer-Umkehr“ erwarte und dürfte sich angesichts der Worte von Grote und einigen Polizei-Gewerkschaftern bestätigt fühlen. Die Stufen der Eskalation werden von den üblichen Akteuren aktuell auf jeden Fall wieder fleißig hinauf geklettert, noch bevor die Faktenlage auch nur ansatzweise geklärt ist. Das ist so durchschaubar und einsilbig, aber leider nicht selten erfolgreich.

Der FC St. Pauli, bei einer Kostenbeteiligung vor Mehrkosten gestellt, sieht in den Aussagen von verschiedenen Seiten genau jene rhetorischen Treppenstufen, die bei ähnlichen Vorfällen stets gewählt werden und erklärte auf MOPO-Nachfrage: „Der FC St. Pauli nimmt zur Kenntnis, dass die Vorfälle vom Freitag instrumentalisiert werden, um die öffentliche Stimmung weiter anzuheizen“ und betonte „Wir führen derzeit Gespräche mit allen Beteiligten, um die Lage zu deeskalieren, und werden uns an einem Schlagabtausch über Medien nicht beteiligen, da der Vorschlag zur Kostenübernahme durch Fußballklubs kein einziges Problem löst, aber viele neue Fragen aufwirft.“

Wir sind also wieder fast soweit. So wie damals, als sich Johannes B. Kerner zur PrimeTime in einer Talkshow mit nem Bengalo vor eine Puppe stellte, versuchte sie damit anzuzünden („In drei Sekunden steht das Kind in Flammen!“) und währenddessen andere etwas von „Taliban der Fans“ faselten. Es ist zu bezweifeln, dass man Johannes B. Kerner nun mit Pfefferspray in einer Talkshow sehen wird. Aber trotzdem ist leider die Zeit, in der wieder nur Hardliner gehört werden. Zwischentöne wären aber angebracht.

// Tim

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

Print Friendly, PDF & Email

47 thoughts on “Same procedure as every time?

  1. Tja, das Problem wird so oder so bleiben … denn „marodierende Horden“ im Umfeld von Fußballspielen (siehe Braunschweig in Hannover, Rostock bei uns, etc.) sind leider ein nicht weg zu diskutierender Punkt. Nicht bei jeden Spiel, ganz sicherlich nicht, aber auch Teile der „normalen Fan-Szene“ lassen sich von Gewalttätern zu oft mit hineinziehen. Sei es, weil es gegen „die böse Polizei“ geht oder man mal einfach einen Zug/Bus schrottet, weil man es kann. Ein kleiner Teil Gewalt und Action suchender Zeitgenossen (und Zeitgenosseninnen?) ist dabei, vieles im Fußball kaputt zu machen. Und wenn ich an das Derby in rund 2 Wochen denke, beschleicht mich schon jetzt ein ungutes Gefühl, wer das wieder zum Anlass nehmen wird, es „ordendlich krachen“ zu lassen: Fußball-Hools von welchen „Seite“ auch immer oder Polizei-Hools?

    1. Du hast nicht Unrecht. Aber ich denke, es war auch früher nicht anders. Es gab mal eine kurze Phase etwas besser gelingender Selbstregulierung in Zeiten, in denen es so aussah, als seien DFB und DFL tatsächlich offen dafür, über Fanbelange zu sprechen, aber das war die Ausnahme. Lies egal was über Fußball in den 80ern oder sprich mit den Älteren, die zumindest noch die Situation in den 90ern kennen. Es war immer so. Früher gab es nur weniger Kameras und keine sozialen Medien, in denen alles und nichts in die Welt hinausgesendet wird inklusive vielem, was früher nicht weiter gekommen wäre als bis zum nächsten Tresen. Auf Instagram und Co. findest du sogar die Ergebnisse von Ackerkämpfen, wenn du weißt, wo du suchen musst.

      Krasser als alle Bilder der letzten Wochen ist für mich persönlich noch immer das Bild des bewusstlosen Rangers-Hools in einer Blutlache auf der Straße beim Jolly. Das war, wenn ich es richtig rekonstruiere, 2010…

      1. Das mit den 80er- und 90er-Jahren ist m.E. nicht ganz vergleichbar. Ich bin so´n alter Sack, dass ich schon zu den Zeiten im Stadion war. Klar gab es mal Auseinandersetzungen im Block, allerdings waren das eher Wortgefechte und hier und da mal ein Schubser. Gewalttätigkeiten wie sie heute auftreten habe ich im Stadion nicht erlebt. Die, die früher Krawalle gemacht haben, haben sich verabredet und sich nach dem Spiel auf der grünen Wiese geprügelt (die von Dir genannten „Ackerkämpfe“). Von mir aus könnten die das mal wieder einführen und im Stadion ruhig bleiben.

        1. Ich weiß ja nicht, wo du damals im Stadion warst – aber meine Erinnerung an die 80er ist eine deutlich andere. Egal in welcher Liga. Was es nicht gab, waren die sozialen Medien und die überregionale Reichweite.

          1. Ich habe solche Szenen wie z.B. gegen Rostock, Dresden, Schalke oder jetzt Hannover weder im Wilhelm-Koch-Stadion (jetzt Millerntor-Stadion) noch auf der Adolf-Jäger-Kampfbahn noch im Eintracht-Stadion erlebt (waren die drei „Hauptstadien“ wo ich gewesen bin). Außerhalb des Stadions sicherlich, aber da haben sich die Prügelknaben halt verabredet und andere in Ruhe gelassen. Du hast da anscheinend andere Erlebnisse gehabt. Ich kann da nur über meine Erlebnisse reden.

          2. Ich (Jahrgang 1976) bin hier deutlich eher bei Kiesel.
            Sowohl (selten) bei Werder als auch (deutlich häufiger) mit St. Pauli (insbesondere auswärts) und auch den St. Pauli Amateuren (beispielsweise in Neumünster) gab es diverse Situationen in Stadien, die ich so seit den 2000er Jahren nicht mehr erlebt habe.
            Vielleicht verklärt die Erinnerung vieles – und natürlich gab es damals auch noch viel mehr Situationen außerhalb, dass es sich da aber nur um verabredete Ackermatches handelte, ist dann zumindest eine Einschätzung, die ich für mich auch nicht bestätigen kann.

          3. @Nordsteher schrieb:

            Ich habe solche Szenen wie z.B. gegen Rostock, Dresden, Schalke oder jetzt Hannover weder im Wilhelm-Koch-Stadion (jetzt Millerntor-Stadion) noch auf der Adolf-Jäger-Kampfbahn noch im Eintracht-Stadion erlebt (waren die drei „Hauptstadien“ wo ich gewesen bin). Außerhalb des Stadions sicherlich, aber da haben sich die Prügelknaben halt verabredet und andere in Ruhe gelassen. Du hast da anscheinend andere Erlebnisse gehabt. Ich kann da nur über meine Erlebnisse reden.

            St. Pauli – Hertha BSC, Saison 2001-02: Polizeieinsatz, nachdem die Herthafans den Spielertunnel erklommen haben: http://www.ipernity.com/doc/kiezkicker/451484 – daraufhin (oder kurz vorher) flogen Pyros aus deren Block bis an die Strafraumgrenze: http://www.ipernity.com/doc/kiezkicker/451496

            Dresden – St. Pauli, Saison 2003-04: Zerstörte Busscheibe, nachdem die St. Pauli-Busse mit Pflastersteinen beworfen wurden. http://www.ipernity.com/doc/kiezkicker/378947

            St. Pauli – Rostock, Saison 2001-2002. Massig Polizei am Hansablock. http://www.ipernity.com/doc/kiezkicker/451442

            Ich könnte dir auch noch ältere Fotos von Situationen zeigen, wo sich Fans bei uns nicht wirklich friedlich verhalten haben – aber in den 90gern habe ich halt analog fotografiert, die müsste ich also erst einscannen…. Aber lass dir versichern, in den 90gern war es nicht wirklich anders (zu den 80gern kann ich nur bedingt was sagen…).

        2. in den 80ern und 90ern war gewalt in und um stadien ein gesamteuropäisches problem. ich denke da nur an die katastrophe in brüssel im stadion 1985 oder den toten beim spiel XXX gegen werder bremen 1982 um das stadion herum.
          in den 90ern kamen die ostvereine in den bundesdeutschen fußball und deren anhänger wollten erstmal zeigen, was sie so drauf haben. manche vereine von hier konnten das auch noch nich ganz weglassen (dresden, rostock, aue oder union).
          heute wird mehr darüber berichtet, auf allen kanälen. aber ich glaube, gewalt in und ums stadion ist heute eher weniger, als damals. zumindest nich so krass, wie seinerzeit. kann man alles im www nachlesen…

          1. wer sich mit dem thema „gewalt im fußball“ intensiver auseineandersetzen möchte: ich hatte ja schon vor ein paar tagen ne adresse über fußballgewalt ganz allgemein verlinkt. hier sind noch zwei:
            https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/izpb/fussball-mehr-als-ein-spiel-290/8777/zuschauer-fans-und-hooligans/
            https://www.sportwiss.uni-hannover.de/fileadmin/sportwiss/Projekte__Forschung_und_Online_/pilz/pil_zuschauerverhalten.pdf
            da werden sich diejenigen, welche denken, heute sei es so schlimm wie noch nie, aber mächtig die augen reiben…
            und, bevor ich wegen vermeindlicher „verherrlichung“ an den pranger gestellt werde: ich stelle nur wertfrei fest!

        3. Puh ey, Neumünster war mehr als einmal krass. Rostock auswärts auch. In der alten Südkurve, also sie noch Gästekurve war, aber dort auch Heimfans standen, habe ich zB gegen Bayern auch sehr unangenehme Situationen erlebt. Das es da nicht zu Gewalt kam, lag eher an meinen schnellen Beinen als um Unwillen der anderen…

          Vieles geschah sicher auch außerhalb der Stadien, aber das waren nicht alles Ackerspiele. Es gab regelmäßig Angriffe auf andere Fans, die wenig mit Körperverletzung im wechselseitigen Einverständnis zu tun hatten. Ich erinnere mich an einen Angriff von HSVern auf’s alte Jolly Roger, an Peter Borchert mit Messer in einer Backstube in Neumünster, an Begegnungen mit HSV-Boneheads am Bahnhof Eidelstedt und an einiges mehr. Und ich erinnere mich auch an etliche Sachen, die ich nur über die Medien mitbekommen habe, wie den versuchten Mord an Daniel Nivel bei der WM 98, den Tod von Mike Polley in Leipzig und den Tod von Adrian Maleika in Hamburg. Etwas derartiges hat es in den letzten Jahren in Deutschland oder unter Beteiligung deutscher Fans meines Wissens nicht gegeben. Es gab schon echt krasse Vorfälle damals…

  2. Hallo Tim, danke für den Kommentar und auch alle anderen Artikel. Bei Maik möchte ich mich auch bedanken, ihr macht tolle Arbeit.

  3. Manchmal frage ich mich, ob das Amt der Innenminister*in bzw. -senator*in Menschen kaputt macht oder ob einfach nur kaputte Leute in solchen Ämtern landen. Die verhalten sich samt und sonders wie Kinder, denen man eine Polizeimütze aufsetzt und die umgehend vergessen, dass sie gar keine Polizist*innen sind.

  4. Ich hoffe unser Verein ist aktuell im Hintergrund bestrebt die Details zusammen zu tragen und wichtige Fragen aufzuklären sodass Besucher:innen bei uns nicht weiterhin der wahllosen Gefahr ausgesetzt sind schwer verletzt zu werden. Ich hoffe zudem das unser Verein bald mit einer Faktensammlung an die Öffentlichkeit geht und Klarheit schafft.
    Meine Offenen Fragen an den FCSP nach dem Hannover-Spiel sind:

    -Sind Videoaufnahmen bekannt auf denen eine akute Lebensgefahr im Auswärtsblock erkennbar ist (Person am Boden auf die eingetreten wird)?

    -Sind alle Videoaufnahmen der Stadionanlage in Rohfassung vorhanden? Kann sichergestellt werden dass diese vorerst nicht gelöscht werden?

    -Ist bekannt wann die Entscheidung zum Eingreifen getroffen wurde und wann der Befehl an die BFE ging und wann schließlich die BFE am Mundloch stand (genaue Uhrzeiten und Abläufe)?

    -Warum ist die BFE nach Erscheinen am Mundloch nicht direkt zur verletzten Person gegangen (vgl. Video Fanhilfe Hannover) sondern am Mundloch stehen geblieben?

    -Hat sich während des Einsatzes im Gästeblock die Einschätzung über den Zustand der zu rettenden Person verändert? Wenn ja, wann und warum?

    -Ist die zu rettende Person am Ende gerettet worden und rettungsdienstlich betreut worden? Wenn ja, wie war die Erstdiagnose und wurde ein Notarzt dazu geholt?

    -Wer hat den Befehl gegeben durch den Zaun Pfefferspray gegen den ganzen Auswärtsblock einzusetzen? Oder war dies eine Entscheidung der einzelnen Beamten?

    -Ist die UEFA Vorgabe bekannt nachdem im Innenraum des Stadions kein Pfefferspray eingesetzt werden darf?

    -Wieviele verletzte Stadionbesucher:innen wurden vom Sanitäts- oder Rettungsdienst versorgt?

    -Welche Massnahmen will unser Verein nun vornehmen dass zukünftig Stdionbesucher:innen vor Verletzungen durch Polizeikräfte besser geschützt werden?

    -Erkennt unser Verein im wahllosen Sprühen von Pfefferspray durch den Zaun eine Illegale Handlung durch die Polizeikräfte?

    1. Danke, Alex! Das sind genau die richtigen Fragen, über die ich bisher nur sehr unzureichende Antworten gelesen habe. Diese wären es wert, in einem aufklärenden Artikel zu beantworten (der aber nur mit den Mitteln der Staatsanwaltschaft recherchiert werden könnte). Ich hoffe, dass das auch passiert.

      1. Ach, iwoh, in was für einer idealisierten Gedankenwelt bist du denn?
        Da werden die Linken oder Grünen im Rathaus vielleicht irgendwann einmal eine Kleine Schriftliche Anfrage zu machen (vielleicht sogar mit ganz ähnlichen Fragen), und die Innenbehörde wird dann halt antworten, dass aus internen Polizeiquellen nicht zitiert werden könne, dass keine genaue Kenntnis über die Zahlen vorliegen, dass noch ermittelt werden müsse, dass darüber keine Statistiken geführt werden und das man ansonsten auch nur auf die Antworten auf die vorhergehenden Fragen verweisen könne…
        Und damit hat es sich dann auch…

        Im Grunde genommen könnten die auch einfach https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/81486/polizeieinsatz_rund_um_das_stadtderby_zwischen_fc_st_pauli_und_dem_hamburger_sv.pdf kurz umschreiben….

    2. ich war auch im Stadion und ich würde mich sehr freuen, wenn der Fragenkatalog von Alex von irgendjemanden beantwortet würde. Ich und mein Sohn sind immer noch sprachlos darüber, wie skrupellos diese Polizistin ohne Vorwarnung, von außen in den Fanblock gesprüht hat. In einem bereich, der überhaup nichts mit den Ausschreitungen zu tun hatte. Und dann wird sich gewundert, das Becher und Kunststoffstangen auf die Polizisten geworfen wurden. Was glauben die denn was passiert, wenn da wahllos rumgesprüht wird. Ein Wunder das im gesamten Block keine Panik ausgebrochen ist und es noch mehr Verletzte gab.

  5. Moin. Ja, alles richtig und doch wird bei aller verständlichen Empörung m.E. eine Sache viel hier zu wenig diskutiert und kritisiert.
    Wer zu Hölle wirft mit Gehwegplatten auf Menschen? Was soll das? Können wir unseren Unmut und unsere Wut ggü. der Staatsgewalt nicht anders äussern? Soll das unser Weg sein? Ja, gab es so oder ähnlich immer mal wieder (stehe seit 1992) und ich habe das auch immer kritisiert.
    Wohlgemerkt, es geht mir hierbei nicht um Aufrechnung oder Relativierung des unverhältnismässigen Verhaltens der Polizei und der in diesem Artikel beschriebenen „üblichen Mechanismen“. Diese sind zu verurteilen.

    1. Diese Geschichte von der „Gehwegplatte“ ist bislang noch von keiner unabhängigen Seite verifiziert worden. Deshalb sollten wir erst darüber urteilen, wenn das geschehen ist.

      1. Nur zu meinem Verständnis, welche „unabhängige“ Seite hat denn die anderen Geschehnisse verifiziert?

        Ich habe es so satt mit welchem Selbstverständnis wir hier Fragenkataloge aufstellen und Schuldzuweisungen tätigen. Ich weiß gar nicht, woher wir die Arroganz nehmen andere Leute „SameProcedure“s zu hinterfragen, wenn wir selber zu „BusinessAsUsual“s zurückkehren während solche Vorwürfe im Raum stehen, die wir offensichtlich bisher weder widerlegen noch relativieren können.

        1. Naja, wenn Fanhilfe Hannover und der Verein unabhängig voneinander zur selben Einsicht kommen ist das auf jeden Fall schon mal mehr Wert, als wenn allein die Pressestelle der Polizei irgendwas verlautbart – das die es mit der Wahrheit gerne mal nicht ganz so genau nehmen, sollte bekannt sein.

          1. Genau… Verein und Fanhilfe Hannover sind unabhängig. Was soll ich darauf jetzt noch sagen?
            Und was soll ich darauf sagen, dass hier immer noch die Meinung vorherrscht, „wir“ hätten was mit „denen“ zu klären – nachdem „wir“ wohl einem von „denen“ die Beine gebrochen haben?
            Mir fehlen echt einfach nur die Worte.

          2. Also der Verein FC St. Pauli ist in dem konkreten Fall (Polizei beschließt in den Gästefanblock zu marschieren) zumindest unabhängiger als die Polizei.
            Die Fanhilfe Hannover ist genau so parteiisch wie die Polizei auch. (Und dass man einer der drei Staatsgewalten in diesem Land als Fußballfan hier nicht mehr traut sondern sie ebenso als befangen bezeichnet, hat sie sich mit erstaunlicher Penetranz in den letzten Jahren schwer verdient.)
            (Und die Formulierung war „unabhängig voneinander“, es wurde nicht behauptet sie seien „unabhängig“ in der Situation.)

            Insofern steht hier Aussage (Polizei) gegen Aussage (Fanhilfe), wobei letztere von einer zumindest einigermaßen neutralen Instanz (FCSP) nach Ansicht des Videomaterials bestätigt wird.

            Und fürs Protokoll: Jemanden mit Gehwegplatten zu beschmeissen ist selbstverständlich illegal und verboten und dürfte, insbesondere gegen einen Polizeibeamten, die entsprechenden strafrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen, wenn die Person ermittelt wird. Du wirst hier auch wahrscheinlich niemanden finden, der die Verletzung mit einem „Haha, richtig so! Geiler Move, voll sinnvoll!“ kommentieren wird.

          3. Ja Maik, das stimmt. In der Antwort stand „unabhängiger“. Meine Frage war aber „welche unabhängige Seite?“. Dann hätte man sich die Antwort auch sparen können, anstatt eine Wertigkeitstheorie aufzustellen, die eben keinen Sinn macht, weil weder Verein noch Fanhilfe Hannover neutral sind. Ist mir aber auch ziemlich Wumpe und mein kleinstes Problem.
            Ich erinnere mich daran, dass hier bei der Israel/Palästina Diskussion aus meiner Sicht zurecht eingefordert wurde, dass ein „aber“ in bestimmten Fällen nicht funktioniert… „Hätte die Hamas nicht machen dürfen, aber…“ geht gar nicht. Und fürs Protokoll von meiner Seite: Nein, ich setze den Nahostkonflikt nicht mit Fan/Polizeikonflikten gleich. Aber ich würde mir wünschen, dass wir als Anhänger unseres Vereins basierend auf den Werten, für die wir mal gestanden haben, eben nicht nur einen Angriff unserer Leute in der Form nicht nur nicht als „geilen Move“ bezeichnen. Ich würde mir wünschen, dass wir mal sagen, dass wir neben solchen Leuten nicht im Block stehen wollen, wenn es sich wirklich so abgespielt hat. Und bis sich das herausstellt, sollten wir bezüglich Schuldzuweisungen in andere Richtungen vielleicht einfach mal den Ball flach halten. Das passiert aber gar nicht. Wir stellen uns statt dessen einfach hin und machen mit „aber die Polizei…“ weiter. Im besten Fall warten wir darauf, dass irgendeine Info kommt, die den Vorfall relativiert, damit wir der ganzen Staatsmacht wieder eine lange Nase zeigen und uns wieder schön in die Opferrolle zurückziehen können. Und wenn nicht, dann war es ein Einzelner, der, wie Du ja schreibst, sich dafür individuell vor der Staatsmacht verantworten muss. Und schon war‘s das wieder mit der für den Gästeblock noch so vehement eingeforderten Eigenregulierung…

          4. In einer perfekten Welt, in der alle fair miteinander spielen und umgehen, würde ich Dir recht geben.
            Solange wir uns aber in der heutigen medialen Welt befinden, spielt allein die Polizei schon in der Öffentlichkeitsarbeit nicht fair, siehe Polizeigewerkschaften und Polizei-Presseportal.
            Wenn man da tatenlos zusehen will, wie die die Deutungshoheit für sich beanspruchen, keinerlei Fehlerkultur und Selbstkritik haben – okay. Da spielen aber schon genug Medien mit, das müssen wir hier nicht auch noch tun (imho).
            (Und ich halte den FCSP in der konkreten Situation weiterhin für einigermaßen Neutral.)

          5. Siehst Du, und das ist genau der Unterschied in unserer Sichtweise. Du würdest mir in einer perfekten Welt recht geben und ich würde Dir im Normalzustand recht geben. Es ist für mich aber kein Normalzustand mehr, solange sich der Vorwurf, der da im Raum steht, nicht entkräften lässt.
            Und auch gerade weil ich möchte, dass unser Wort auch in Zukunft noch Gewicht haben soll, sollten wir erstmal bei uns Verantwortung übernehmen. Ich will jetzt auch gar keine Vergleiche zur Polizei bezüglich einer fehlenden Individualisierung und organisiertem Entzug vor Verfolgung von Straftaten ziehen, weil wir dann natürlich auch Äpfel und Birnen vergleichen und die Verfehlungen der Polizei in der Regel viel schwerer wiegen, aber mir fehlt einfach im Moment (damit meine ich nicht Millernton, sondern die Fanszene im Allgemeinen) ein moralischer Kompass abseits von Slogans. Wie tolerant sind wir denn eigentlich noch? Wie friedlich sind wir denn noch? Gehört nicht auch unser (Fan-)Verhalten im und außerhalb des Stadions zu dem viel-gepriesenen anderen Fußball? Wie konnte so etwas in einer Gruppe von 300 unserer Leute passieren?

          6. Einmal vorab: Danke, dass wir das hier in angemessenem Ton diskutieren können. Selbst die Feststellung „unterschiedliche Sichtweisen“ zu haben, ohne den anderen gleich als ahnungslosen Volltrottel darzustellen, ist ja in diesem Internet heutzutage leider nicht mehr normal.

            Und damit zurück zur Sache, auch wenn ich das jetzt vielleicht eher in eine Meta-Diskussion verschiebe:
            Mal gesetzt den Fall, es gibt die geworfene Gehwegplatte und das dadurch gebrochene Wadenbein. Was soll ich da noch diskutieren? Natürlich ist das falsch. Natürlich empfinde ich als Einzelperson dies als den völlig falschen Weg und natürlich sollte das nicht passieren.
            Das Problem: Dieses Thema wird doch von genug anderen Medien bereits diskutiert, jahrzehntelang war „Fangewalt“ sogar das einzige mediale Thema, „Polizeigewalt“ gab es doch gar nicht. Und da soll ich jetzt als Medium mit Fanhintergrund eine ausgewogene, gleichberechtigte Diskussion führen? Schwierig, ehrlich. Mehr als „Gute Besserung an den Polizisten“ wüsste ich da auch gar nicht zu zu schreiben – und das haben wir ja auch getan. (Okay, ein Satz unter vielen.) Außerdem: An wen soll ich das denn adressieren? Es ist ja nicht so, dass das klar einer Gruppe zuzuordnen ist. Ich bin mir aber sicher, dass dies seitens Verein und Fanladen sehr wohl diskutiert wird, da wird auch seitens der Polizei ganz sicher für gesorgt werden.

            Und damit zur Meta-Diskussion, die ich gerne in einen „Der Klügere sollte nachgeben“-Blickwinkel verschieben würde: Ich habe hier auf der einen Seite eine Subkultur, ob man diese nun Fußballfans oder Ultras nennt ist dafür erst mal egal (wichtig: ungleich USP). Kann ich von dieser erwarten, dass immer alles sauber läuft, nichts Verbotenes passiert, keine Gewalt ausgeübt wird? Wohl kaum… das wird einfach nicht passieren.
            Auf der anderen Seite aber habe ich eine der drei Staatsgewalten. Nicht nur mit entsprechenden Rechten und Pflichten ausgestattet, sondern auch mit entsprechender Ausrüstung und Bewaffnung – und vor allem eben jener medialen Deutungshoheit. Solange diese sich benimmt wie die Axt im Walde, sinnlos in Menschenmengen pfeffert, null Selbstkritik äußert und danach (Grote) bei anderen diese fehlende Selbstkritik anprangert – da ist doch mein erster Ansprechpartner für „Ändert das!“ eben diese Staatsgewalt, von der ich hier doch ein souveräneres, erwachseneres und vor allem legaleres Auftreten erwarten muss und darf, als von einer Subkultur. Von letzterer kann ich es mir zwar wünschen, aber solange die als Vorbild eben jene Gegenseite hat, die regelmäßig Grenzen überschreitet und sich die Wahrheit anschließend so hindreht wie es gerade passt, inkl. der eigenen Propaganda-Maschinerie der Polizeigewerkschaften… puh… da kann ich der Subkultur imho keinen Vorwurf machen, wenn sie auch Scheiße baut.

          7. Ich stimme Björn in weiten Teilen zu und finde die fehlende kritische Reflektion des eigenen Verhaltens als bedenklich und zwar völlig unabhängig (!) was die Polizei angestellt hat und welche mediale Deutungshoheit diese hat. Das sind zwei getrennte Diskussionen.
            Ich wünsche mir für den FC St.Pauli eine friedvolle Fankultur, welche sich zwar lautstark und sichtbar gegen Polizeigewalt wehrt, aber nicht selbst gewalttätig wird. Das findet aber durch gewisse Gruppierungen statt und dies möchte ich kritisieren und kritisert wissen. Eine Weigerung dies zu kritisieren (und sie es mit dem Fingerzeig auf die Polizei, die noch viel schlimmer ist) bedeutet dies zu tolerieren und das finde ich falsch.

          8. Maik: „… puh… da kann ich der Subkultur imho keinen Vorwurf machen, wenn sie auch Scheiße baut.“

            Doch kann und sollte man kritisieren, denn es kann und sollte nicht unser Anspruch sein. Und wie bspw. auch beim G20 diskreditiert diese Gewalt jegliche legitime Kritik am Gegenüber. Und das hat nichts mit „Der Klügere sollte nachgeben“ zu tun, gerne Protest und hart in der Sache, aber doch nicht mit körperlicher Gewalt.

          9. Vielen Dank, Rathaus raus, so oder so ähnlich hätte meine Antwort auch ausgesehen.

            Zur medialen Deutungshoheit würde ich nur noch gern anmerken, dass ich gar nicht mal so deutlich das Gefühl habe, dass die Polizei hier so starke Vorteile hat. Zumindest uns (Verein und Fans) gegenüber nicht. Das sieht bei anderen Vereinen durchaus anders aus. Aber das liegt natürlich auch daran, weil man uns eben grundsätzlich nicht mit irgendwelchen Ausschreitungen in Verbindung bringt. Ich erinnere da z.B. an den Kessel in Bielefeld. Da ist aus meiner Sicht die mediale Berichterstattung deutlich pro Fans gewesen. Aber aus meiner Sicht nur, weil es solche Verhalten wie jetzt bei uns nicht gegeben hat und wir so etwas auch untereinander nicht toleriert haben.

          10. Mich wundert aber auch, dass Ihr das Gefühl habt, es wird nicht kritisiert. (Edit: Okayokay, „nicht im gleichen Maße“ ist sicher richtig. // Edit 2: und natürlich liegt es auch daran, dass das eine von 29.000 Leute gesehen wurde, das andere nicht.)
            Vielleicht ist das auch eine Frage der Erwartungshaltung in welcher Form dies zu geschehen hat.
            Aber ich denke, wir sind am „Agree to diagree“-Punkt angekommen, die letzten Unterschiede werden wir wohl nicht mehr ausräumen können.

        2. Dass Polizisten von außerhalb einen vorher eher umbeteiligten Teil des Blocks gepfeffert haben, haben im Stadion wohl einige Tausend Leute gesehen und es gibt diverse Videos. Auch die diversen Würfe der Hannoveraner sind ähnlich belegt.

          Die Gehwegplatte sehe ich ähnlich wie die Aussage „Der Streit im Block war bereits geklärt“: Beides bisher nur als Behauptung von einer Partei stammend, die an dieser Aussage auch ein Interesse hat.

  6. Klar, das klingt jetzt etwas nach Verschwörung, aber zwei Szenarien gehen mir gerade im Kopf rum. Die kolportierte Rettungsaktion dürfen wir ja halbwegs gesichert ins Fabelland schicken, also könnte es imho auch 2 andere Gründe für das Einschreiten der Ordnungskräfte gegeben haben.

    1. Die anstehende EM. Die Sicherheitsbehörden testen und trainieren verschiedene Szenarien. Siehe auch Bochum und Stuttgart am letzten WE.

    2. Der erneute Vorstoß (u.a. vom Hamburger Innensenator), die Vereine mit in die finanzielle Verantwortung für Polizeieinsätze zu nehmen. Dafür müssen für die öffentliche Meinung Bilder produziert werden, was Freitag am Millerntor ohne Zweifel gelungen ist.

    Was bei beiden Szenarien gleich ist: Es kommt einem etwas die Magensäure hoch…

    1. @Michael:

      Das dritte Szenario wäre, daß die H96 und HSV Chaoten gemeinsam genau diese Situation – nämlich das Eingreifen der Ordnungsmacht – provozieren wollten – mittels eines fingierten Notfalls?

      zit.:“Die kolportierte Rettungsaktion dürfen wir ja halbwegs gesichert ins Fabelland schicken“: Ich stand ca. 30m entfernt – was habe ich denn dort gesehen (bevor die Polizei eingriff)? Eindeutig und zweifelsfrei eine Prügelei!!

  7. Ich verstehe nicht, warum die Sachverhaltsermittlung sich von Seiten des Vereins so hinzieht.
    Jeder, der im Stadion mal seinen Blick schweifen lässt, bleibt sehr schnell mit seinem Blick an den Kameras hängen, die am Rand der Dächer spielfeldseitig in ca 25m Abstand zueinander über den Tribünen angebracht sind.
    Es dürfte also von bezeichnetem Block ausreichend Videomaterial vorhanden sein, der die Entwicklung der Situation dokumentiert.

    M.E besteht die Möglichkeit Leute, die sich nicht stadionordnungs- oder rechtskonform verhalten zu identifizieren. Das gilt für alle (auch in Uniform). Warum wird darauf verzichtet?
    Je weniger Trouble, desto weniger Ordnungskräfte notwendig und schon gar keine staatlichen mehr. Winwinwin

    Aber offensichtlich braucht der Mensch eine Gegenseite an der er sich reiben kann.

    1. Das mit den Videos ist aus Datenschutzgründen für den Verein wohl nicht ganz so einfach habe ich gelesen. Der Verein hat keinen Zugriff auf die Bilder

      1. krass. Von wem sind denn dann die Kameras?

        Für die Fernsehübertragung sind die wohl kaum geeignet.

        aaahhhh.jetzt.ja….ist das das Catapult System und geht tatsächlich aufs Spielfeld zur Leistungsanalyse. Dann bitte ich meinen vorherigen Kommentar zu löschen.

  8. Können die Aussagen/Forderungen des Herrn 1Pimmel ausreichend sein, um ihn wegen vereinsschädigenden Verhaltens auszuschliessen? (Forderungen nach Kostenbeteiligung schädigen zumindest potentiell finanziell)

    1. Ich würde immer noch einen freiwilligen Vereinsaustritt begrüßen.

      Wenn die Kostenbeteiligung eine legitime bzw. zumindest für eine Diskussion vertretbare politische Forderung ist (ob sie uns nun gefällt oder nicht), dürfte das kaum als „vereinsschädigend“ durchgehen.
      Mag Leute geben, die das anders sehen, aber ich halte die Hürden für einen Vereinsausschluss (zurecht) für so hoch, dass dies hier (imho) nicht greift.

  9. Gute Debatte hier – möchte auch an dieser Stelle meiner Hoffnung Ausdruck geben, dass wir als braun-weißes Kollektiv einen Bewußtseinswandel in die Wege leiten können. Mein Idealziel wären Spiele ohne Polizeipräsenz, was aber auch nur geht, wenn sich größere Fangruppen ohne Auswüchse toxischer Männlichkeit benehmen. Und da man, um die Verhältnisse zum Positiven zu verändern, immer besser bei sich selbst als bei anderen anfängt, wäre es nötig, dass wir gegen Hass und Entmenschlichung in jeder Form auch bei uns systematisch vorgehen. Dazu gehört auch der manifeste Polizeihass, der einen normalen Umgang mit Beamtinnen und Beamten geradezu verbietet. Beispiel: Als ich vor ein paar Jahren auf dem Weg zum Spiel einen Polizisten angesprochen habe, warum heute wieder so ein großes Aufgebot am Start sei, wurde ich von einem vorbeigehenden jüngeren Fan angeherrscht, „wir sprechen auf St. Pauli nicht mit der Polizei“. Klarer kann ein Feindbild und ein Mangel an Dialogbereitschaft kaum sein. So wie rassistische Sprüche und homophobes Verhalten im Stadion erfolgreich verbannt wurden und so wie wir jetzt daran arbeiten, sexistisches Verhalten aus den Kurven zu bekommen, so sollten wir diese Verhaltensweisen, die letztlich nur Hass kultivieren, selbstkritisch angehen. Awareness Ahoi!

    1. Schade das die Realität ganz anders aussieht. Ich stehe in den meisten Fällen mit meiner DK auf der GG Steh D und in letzter Zeit öfters mit einem Freund getauscht auf der Süd. Egal wo ich seit Corona Stand es ist richtig nervig geworden. Um mich herum immer Leute die Verbal völlig entgleisen. Höhepunkt auf der Süd beim Pokalspiel. Da pöbelte einer schon vor Spiel Beginn die Schalker Spieler voll mit Dingen die ja nicht mehr gerufen werden bei uns. Gefühlt hat es alle rundherum gestört doch kein Mensch sagte was. Ich habe im Nachhinein auch viel zu lange zugehört bis mir kurz vor Hells Bells der Kragen platze und ich ihn angesprochen habe das er das sein lassen soll. Das quittierte er mit einem Mega aggressiven „Halts Maul!“ und machte direkt weiter. da das um mich rum viele mit bekamen aber nur den Kopf schüttelten stellte ich mich soweit es ging ein paar Meter von ihm entfernt hin. Sehr ähnliche Sachen erlebe ich auch auf der GG und auch dort wird viel zu viel toleriert. Nur so denke ich wird es noch ein langer Weg. Weiter zum „Dazu gehört auch der manifeste Polizeihass, der einen normalen Umgang mit Beamtinnen und Beamten geradezu verbietet.“. Ja in den Augen vieler bin ich nur ein Einzelfall, doch leider glaube ich es nicht. Ich pflege Beruflich einen sehr guten Kontakt zur Polizei und habe dahingehend auch viele gute Erfahrungen gemacht. Genau deshalb fällt es mir schwer mein Erlebtes aus meinem Alltag damit in Einklang zubringen. Das fing Anfang der 90iger an dir permanente anhaltlose Kontrollen mit starke schikanierungen an und weitete sich über die Jahre zu schweren Körperverletzungen aus. Ich muss dazu sagen das ich ein sehr friedlicher Mensch bin und Versuche Stress und Gewaltsituationen aus dem Weg zu gehen. Dies funktionierte leider viel zu oft nicht und gerade das macht es für mich sehr schwer auch nur einen Funken positives an Bereitschaftspolizei zu finden. Ich unterscheide da ganz klar auf Grund meines erlebten. Ich habe trotz Zeugenaussagen das ich friedlich war und mich gegen keine der polizeilichen Maßnahmen gewährt habe, Küppel Verletzungen und in jügerer Zeit auch Pfefferspray verätzungen und Anzeigen wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bekommen und auf meine Anzeigen wegen Körperverletzung ist nie wirklich nie etwas passiert. Ich durfte in allen Fällen die Kosten für Krankentransport und Krankenhaus selber zahlen so wie Unterbringung in GSA. Wenn ich jetzt zu Fußballspielen komme mit meinen Kids von 20, 18, 7 und 4 Jahren und es überall nur so von Bereitschaftspolizei wimmelt obwohl es z.b. gegen f95 ging. Wo wir in einer größeren Gruppe vom Dammtor kamen und guter Stimmung waren. Würden wir mehrfach aggressiv angesprochen wo wir lang zu gehen haben und wenn wir dies nicht tun was uns dann blüht. Das erkläre mal deinen 7 und 4 Jährigen Söhnen die die Polizei noch mit großen Augen anschauen und anh immeln. Da kamen auch schon Aussagen wie da kommen die Gewalttäter von morgen (kein Original Zitat aber dem Wortlaut her ähnlich). Will damit sagen es wird nicht alles besser nur weil wir uns als Fußballfans friedlich verhalten. Denn ehrlich das sind allein beim Millerntor locker um die 28000 Menschen die friedlich das Fußballspiel sehen wollen und der Rest mit Gewaltpotenzial. Das Gewalt nicht richtig ist und nirgendwo Platz haben soll steht außer Frage. Wir dürfen jedoch nicht vergessen kein Mensch wird gewalttätig geboren, d.h. diese Bereitschaft dazu kommt von außen und um dies zu verändern müssen sich auch die Äußeren Umstände verändern. Damit ist nicht nur die Bereitschaftspolizei gemeint sondern der ganze alltägliche Wahnsinn da draußen. Ich versuche nicht nur wegen meiner kleinen sondern auch weil ich mich selber nicht damit gut fühle was gegen diesen Hass in mir zu tun doch ist es jedesmal wieder öl ins Feuer wenn ich Auswärts fahre oder am Millerntor so Sachen erlebe wie zuletzt die immer noch nicht geklärt sind und so wohl auch nicht geklärt werden. Ich ziehe daraus immer mehr meine Konsequenzen. Allein letztes Jahr im Oktober beim Derby. Da habe ich es vor der GG gerade so geschafft den unkontrollierten Schlägen von Bereitschaftspolizist:innen zu entgehen. Da es beim letzten Mal noch Platz zum Ausweichen gab war es noch Okay. Doch für das anstehende Derby habe ich meine Karte an einen sehr guten Freund für seine Freundin weitergegeben das er mit ihr hin kann. Ich möchte nicht bei der enge die durch den Winterdom besteht noch von der Bereitschaftspolizei geprügelt werden. Das wird für mich das erste Derby ohne das ich live dabei bin und das nicht weil ein paar Hundert Menschen vielleicht gewalttätig werden könnten, sondern weil von der Bereitschaftspolizei alle dafür verantwortlich gemacht werden! In diesem Sinne hoffe ich das sich die gesamtgesellschaftliche Situation verändern wird und es ungefährlich ist ein Fußballspiel zu besuchen wo es eine hohe sportliche Rivalität gibt. GLH 🤎🤍❤️

      1. sehr vieles, das du schreibst, finde ich richtig und sehe es genauso. einer aussage jedoch, möchte ich widersprechen: „Wir dürfen jedoch nicht vergessen kein Mensch wird gewalttätig geboren,…“ das sehe ich anders. meiner meinung nach wird jeder mensch mit einem gewaltpotential geboren. die frage ist, in welcher form wird es ausgelebt. lebt man es direkt und ungehemmt aus oder findet man möglichkeiten, es zu kanalisieren, zu kompensieren und auf andere art auszuleben.
        ein beispiel: nimmt man einem baby das spielzeug weg, wird in den allermeisten fällen die reaktion sein, das kind fängt an zu weinen. es ist die (einzige) möglichkeit des babys, seinem unmut darüber ausdruck zu verleihen. im sandkasten dann sieht es schon etwas anders aus. nimmt dort ein kleinkind einem anderen das kuchenförmchen oder den bagger weg, gibt es oft direkt auf die nuß, bis dann die eltern dazwischen gehen, im besten falle. sowas auszudiskutieren, diese möglichkeit ist in solch einem kleinen kinderkopf noch keine alternative. körperliche auseinandersetzungen untereinander sind in kindereinrichtungen (ich würde behaupten) die regel. die aufgabe der betreuenden ist es dann, dies zu thematisieren und mit den kindern daran zu arbeiten. aber das potential bringen die kinder schon von geburt an mit.

        1. Ich denke das wir das hier nicht mehr diskutieren müssen und doch möchte ich eine kurze Skizzierung zu meiner Aussage geben. Das du das anders siehst kann ich nachvollziehen da ich dieses Argument schon öfters gehört habe. Für mich sprechen da nicht nur die Erfahrungen mit meinen eigenen 4 Kindern entgegen sondern auch das was ich erst in der Ausbildung zum Erzieher lernte und später im Sozialpädagogik Studium vertieft habe. Ich habe unter anderen 5 Jahre ein Kinder- und Jugendhaus geleitet. Dies war für sogenannte schwere Fälle die am Ende aller Maßnahmen standen. Diese Erfahrungen sind sehr prägende gewesen. Dazu habe ich noch in KiTa’s gearbeitet. Mittlerweile arbeite ich seid über 5 Jahren im Psychiatrischen Bereich. Das Verhalten was ein Mensch zeigt hängt immer von Umwelteinflüssen und Prägung ab. In deinem Beispiel kann es passieren das ein Kleinkind im Sandkasten so reagiert. Das steht dann aber im Zusammenhang mit den Einflüssen des Umfeldes des Kleinkindes und der Prägung der Eltern ab. D.h. wenn das Kleinkind so reagiert hat es die Ursache in der Umwelt und nicht in sich. Es könnte auch ganz anders reagieren. Angenommen bei der Situation die du beschreibst ist die Stimmung um das Kleinkind rundherum harmonisch und von Zärtlichkeit geprägt. So kann das Kleinkind darüber stehen das im z.B. die Schaufel von einem anderen Kind weggenommen wurde und spielt einfach ohne die Schaufel weiter im Sand. Ist es um das Kleinkind jedoch eine Angespannte Situation ist es sehr wahrscheinlich das es auf die selbe Situation mit einer Anspannung reagiert. Schon Babys haben ein so gutes und starkes Stimmungsbarometer das sie sehr stark darauf reagieren wie es dem Umfeld geht. Das ganz wäre jetzt noch psychisch zu belegen doch ich finde das sprengt den Rahmen hier. Somit bleibe ich dabei und erweitere meine Aussage sogar noch auf „kein Säugetier wird gewalttätig geboren!“ Forza FCSP

          1. das ist ein umfangreiches thema und deine ansicht finde ich sehr schlüssig. meine erfahrungen sind da anders. vornweg: auch ich habe unter anderem eine erzieherausbildung und mehrjährige erfahrungen in der offenen kinder- und jugendarbeit. unter anderem drei jahre in einem wohnprojekt mit systemsprengern. dort zum beispiel kamen nicht alle kinder aus zerrütteten elternhäusern oder hatten zu hause gewalterfahrungen.
            natürlich werden menschen durch ihr umfeld geprägt. das steht außer frage. zu den urinstinkten des menschen zählt aber nunmal auch die gewalt, welche in ihm veranlagt ist. in bestimmten ausnahme- bzw extremsituationen bricht sich dieser urinstinkt auch immer wieder bahn. bei dem einen früher, bei dem anderen später. bei manchem sofort, bei ganz ganz wenigen, niemals. da braucht sich ja nur jeder selbst mal ehrlich zu hinterfragen, wo genau denn der eigene punkt, der sogenannte trigger, liegt.
            und, unter anderem, um diesen punkt so weit es geht nach hinten zu schieben, wird der mensch konditioniert. unter anderem dieser urinstinkt war nötig, um das überleben des menschen zu sichern.
            so wenig zimperlich, wie der urmensch beute gejagt hat, ist er sicherlich auch gegen konkurrenten vorgegangen. wenn ich mir beispielsweise unsere nächsten verwandten im tierreich, die schimpansen, anschaue, dann geht es dort ziemlich rabiat zur sache. so manchem schimpansen kann man sogar eine gewisse mordlust attestieren. und ich bin mir absolut sicher, daß der marginale genetische unterschied zu uns menschen nicht die gewalt ist…

  10. Auch wenn das sicherlich eine gute und sehr interessante Unterhaltung ist bedanke ich mich an der Stelle für den tollen Austausch über unterschiedliche Ansichten. Ich denke wir könnten da Fachlich noch weiter drüber sprechen doch für mich gehört es hier nicht mehr hier her. Von daher immer weiter vor… FCSP 🤎🤍❤️

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert