Mehr als eine Grätsche

Mehr als eine Grätsche

Hinter den erfolgreichen Geschichten, welche Spieler des FC St. Pauli schreiben, geht die von Karol Mets etwas unter. Zu Unrecht, zeigen die Statistiken.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

Seit Beginn der Rückrunde 22/23 ist der FC St. Pauli das stärkste Team der 2. Bundesliga. Einen großen, wenn nicht sogar den größten Anteil daran hat die Arbeit des Teams gegen den Ball. Das hängt natürlich damit zusammen, dass Fabian Hürzeler dem FCSP eine neue Philosophie verpasst hat, keine Frage. Aber es hängt sicher auch damit zusammen, dass der FC St. Pauli personell einfach stärker geworden ist auf einigen Positionen. Zum Beispiel auf jener des linken Innenverteidigers. Dort, wo Karol Mets seit Beginn der Rückrunde 22/23 der Defensive Stabilität verleiht.

Erfolgreicher als Hürzeler

Eigentlich wirkt es so, als sei Karol Mets schon viel länger beim FC St. Pauli. Denn er ist die Zuverlässigkeit in Person. Seit seiner Ankunft verpasste er nur zwei Spiele und ein paar zerquetschte Minuten. Weil er zu Beginn dieser Saison gegen Fortuna Düsseldorf vom Platz gestellt wurde. Diese Situation zeigte, wie reflektiert Mets im Spiel unterwegs ist: „Ich musste das machen, sonst wäre er frei durch gewesen, musste das Risiko also gehen,“ sagte er kurz danach über sein Foulspiel, welches zum Platzverweis führte. Wochen später, in einer Presserunde, sah das schon wieder anders aus: „Rückblickend betrachtet hätte ich es anders verteidigen müssen.“

An seinen Zahlen ändert dieser Platzverweis kaum etwas, bis auf ein paar Minuten, die ihm auf der Habenseite fehlen. Karol Mets ist einer der Garanten für die defensive Stabilität des FC St. Pauli. Er hat aufgrund seiner Abwesenheit in den Spielen gegen Fürth und Magdeburg sogar eine leicht bessere Punktebilanz als Fabian Hürzeler (30 Spiele, 22 Siege, 6 Unentschieden, 2 Niederlagen).

„Ich finde, dass Karol Riesenschritte hier bei uns macht. Nicht nur als Fußballer, sondern auch als Mensch.“ Fabian Hürzeler sparte nicht mit lobenden Worten, als er nach dem Spiel gegen Hannover 96 auf die Entwicklung von Mets im Trikot des FC St. Pauli angesprochen wurde. Er hob auch die Führungsspieler-Qualitäten des 30-jährigen hervor („Er ist sehr laut und kommunikativ von hinten heraus. Das höre ich sogar von der Bank.“). Die Statistiken bestätigen das voll und ganz: Aus einem Innenverteidiger, der letzte Saison bereits zu den besten seines Fachs in der 2. Bundesliga gehörte, ist noch einmal ein besserer Innenverteidiger geworden. Seine Entwicklung, besonders im Bereich des Passspiels, ist bemerkenswert.

Kern-Statistiken von Karol Mets
links: Leistungsdaten im Vergleich zu allen Innenverteidigern der 2. Bundesliga, dargestellt als Perzentile (Zahlen und tiefe Färbung zeigen Prozentzahl, wie viele Spieler schlechtere Werte haben, als Karol Mets)
rechts: Leistungsdaten von Karol Mets aus der Saison 22/23 (Rot) im Vergleich zu 23/24 (Blau) – die Farbe, die weiter nach außen zu sehen ist, zeigt, in welcher Saison Mets bessere Statistiken produziert hat.

Bereits in der Rückrunde der Vorsaison hat Karol Mets gezeigt, dass er viele gute Pässe im Fuß hat. Das allerdings noch mit angezogener Handbremse, sei es aufgrund eigener Vorsicht oder dem noch in der Entwicklung befindlichem Aufbauspiel des FC St. Pauli. In dieser Saison hat er sich jedenfalls in den Pass-Kategorien massiv verbessert. Dabei ist wenig verwunderlich, dass die Anzahl an Pässen zugenommen hat, denn der FCSP ist dominanter im Spiel geworden. Gleiches gilt für einige Defensiv-Statistiken (Anzahl Kopfbälle, Zweikämpfe, erfolgreiche Defensivaktionen), weil Mets seltener als viele andere Innenverteidiger der Liga zu Defensivaktionen gezwungen wird.

Starke Verbesserung im Passspiel

Bemerkenswerter und ein Ausdruck der gesteigerten Leistung von Mets ist die verbesserte Erfolgsquote bei den Zuspielen nach vorne (progressive Pässe, Pässe ins letzte Drittel, lange Pässe). Mit den hohen Quoten bei diesen Metriken ist er jeweils besser als 90 Prozent der anderen Innenverteidiger der 2. Bundesliga. Insgesamt hat er sowieso nur bei der Anzahl an Kopfballduellen etwas nachgelassen im Vergleich zur letzten Saison, ansonsten in allen relevanten Statistiken zugelegt.

Auch Fabian Hürzeler betont die Entwicklung von Karol Mets im Aufbauspiel: „Mit dem Ball wird er von Woche zu Woche besser. Er hat ein gutes Gefühl, wann er den Torhüter nutzen muss. Er hat auch ein gutes Gefühl, wann er den Chip-Ball spielen soll.“ Aber der Trainer des FC St. Pauli wäre sicher nicht so erfolgreich, wenn er das einfach so stehen lassen würde. Er erklärt, dass da bei Mets noch mehr geht: „Bei der Entscheidungsfindung ist definitiv noch Potenzial vorhanden.“
Mets selbst sieht die Entwicklung ähnlich positiv, erzählte Anfang Oktober: „Ich glaube schon, dass ich aktuell die beste Phase in meiner Karriere durchlebe“ und erklärte ebenfalls, dass er noch Raum für die eigene Entwicklung sehe.

Was er auch sieht, ist der Fußball, den der FC St. Pauli spielt. „Ich bin der Meinung, dass ich hier mit der Mannschaft des FC St. Pauli den besten Fußball spiele, den ich je in meiner Karriere gespielt habe.“ Daran hat Karol Mets großen Anteil, wie die Statistiken zeigen und auch immer mehr in den Spielen zu erkennen ist. Und es ist wichtig, das zu erkennen, weil sonst jemand im Rausch um Smith-Pässe, Hartel-Läufe, Eggestein-Tore und Saad-Dribblings nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die er aufgrund seiner Leistungen verdient. Denn Karol Mets ist fernab von großartigen Grätschen, deren Ästhetik mindestens in die Champions League gehört, einer der Gründe, warum der FC St. Pauli diese Saison um den Aufstieg in die Bundesliga mitspielt.

// Tim

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Sofern nicht anders markiert, stammen sämtliche Statistiken von Wyscout.

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4 thoughts on “Mehr als eine Grätsche

  1. Die Pass-Qualität von Mets war mir erstmals so richtig aufgefallen, als ich wissen wollte, ob diese Afolayan-Aktion gegen Düsseldorf eine Schwalbe war (leider ja). Aber der Pass, der Saad/Afolayan überhaupt in diese aussichtsreiche Position brachte, kam tief aus der eigenen Hälfte von Mets, im Youtube-Video leider gerade nicht drauf (Wer fcstpauli.tv hat, 52. Minute)
    https://www.youtube.com/watch?v=Cr-9RMA5O98&t=168s

    Ein anderes Beispiel aus dem gleichen Spiel:
    https://www.youtube.com/watch?v=Cr-9RMA5O98&t=63s

    Don’t forget to take your Mets!

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