Vorbericht: Fortuna Düsseldorf – FC St. Pauli (19. Spieltag, 23/24)

Vorbericht: Fortuna Düsseldorf – FC St. Pauli (19. Spieltag, 23/24)

Der FC St. Pauli steht vor dem Doppelpack gegen Fortuna Düsseldorf. Entsprechend stehen zwei ganz große Herausforderungen an. Der Vorbericht.
(Titelbild: Peter Boehmer)

Einen recht tiefen Einblick in den Kader und die anpassungsfähige Spielweise der Fortuna, gibt es im „Vor dem Spiel“-Gespräch zu hören, bei dem Casche mit Jan vom Podcast „Aus dem Exil“ sprach. Hört da gerne mal rein.

Ein Blick zurück

Das Hinspiel zwischen beiden Teams endete torlos. Und auch wenn es erst ein paar Monate her ist: Der Unterschied zwischen den beiden Teams, die damals auf dem Platz standen und jenen, die jetzt am Samstagabend auf dem Platz stehen werden, ist ziemlich groß. Gar nicht unbedingt aufgrund der personellen Veränderungen, von denen es auch ein paar gibt, sondern aufgrund der Sicherheit mit der beide Teams unterwegs sind. War es zu Saisonbeginn noch ziemlich ruckelig, sind beide inzwischen ins Rollen gekommen – und haben auch nach der Winterpause gezeigt, dass die Pause nichts daran geändert hat.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Vier Spieler fehlen beim FCSP. Scott Banks ist weiterhin in der Reha. Simon Zoller ist wieder Teil des Teamtrainings, wird am Wochenende aber noch keine Option sein. Zudem fehlen Jackson Irvine und Connor Metcalfe, die weiterhin für Australien bei der Asien-Meisterschaft im Einsatz sind. That’s it! Ach, nee…

Hürzeler näher dran als erwartet

Zumindest an der Seitenlinie fehlen wird Fabian Hürzeler. Allerdings sind die Regularien nicht so strikt, wie anfangs zu befürchten war. Hürzeler selbst erklärte, dass es einen großen Unterschied mache, ob man als Trainer eine Gelb- oder eine Rotsperre absitzen müsse. Da es in seinem Fall „nur“ eine Gelbsperre ist, darf er vor dem Spiel und in der Halbzeit sogar in der Kabine dabei sein. Während des Spiels wird dann Peter Németh in die Rolle von Hürzeler schlüpfen. Das Vertrauen in ihn ist enorm groß („mehr als 100 Prozent,“ erklärt Hürzeler, wie auch immer das möglich ist). Und der 51-jährige Németh kennt das auch bereits von seiner Tätigkeit bei Dynamo Dresden, wenngleich es fast zehn Jahre her ist, dass er als Chef an der Seitenlinie stand.

Fortuna Düsseldorf: Wer kann spielen, wer fehlt?

Die Liste an Ausfällen ist bei Fortuna Düsseldorf etwas länger – oder besser gesagt: Sie ist gravierender. Im offensiven Kreativbereich fehlt Shinta Appelkamp, der bereits sieben Tore vorgelegt hat. Mit Marcel Sobottka fehlt dem Team im zentralen Mittelfeld der Stabilisator. Zudem hat sich Innenverteidiger-Entdeckung Jamil Siebert (in allen Partien der Hinrunde eingesetzt) verletzt und fällt aus. Besonders für die Defensive der Fortuna sind das gravierende Ausfälle.

Und es kommt noch dicker: Auch der erfahrene Matthias Zimmermann, der im Hinspiel Elias Saad ziemlich abkochte, wird ausfallen. Bereits seit Oktober fehlt er aufgrund eines Ermüdungsbruchs, aber er konnte diese Woche wieder ins Training einsteigen. Für die beiden Spiele gegen den FCSP ist er aber sicher noch keine Option. Ein kleines Fragezeichen steht noch hinter einem Einsatz von Felix Klaus, es wird aber mit einem Einsatz des offensiven Außenspielers gerechnet. Näheres wird die Pressekonferenz am Freitag ergeben, die Fortuna üblicherweise immer live ausstrahlt (um 12:30 Uhr geht es los).

Hamburg, Deutschland, 12.02.2023 - Cheftrainer Fabian Hürzeler und Co-Trainer Peter Nemeth beobachten das Spiel des FC St. Pauli - Copyright: Stefan Groenveld
Peter Németh wird beim FC St. Pauli, zumindest für ein Spiel, in die erste Reihe an der Seitenlinie treten.
(c) Stefan Groenveld

Was hat die Fortuna zu bieten?

Eine richtige Serie hat Fortuna Düsseldorf – mit bisher 39 Treffern die beste Offensive der Liga – in dieser Saison bisher noch nicht hingelegt. Zwischen Spieltag vier und sieben blieben sie mal vier Spiele in Folge unbesiegt und wurden prompt mit der Tabellenführung belohnt. Sonst gab es aber immer wieder empfindliche Niederlagen oder Punktverluste, die dafür sorgten, dass man zwar stets Kontakt zu den Aufstiegsrängen hat, auf diesen aber nicht persönlich zuhause ist.

Unerfolgreich gegen Spitzenmannschaften

Ursächlich für diese besonders stark schmerzenden Niederlagen: Es gab sie zumeist gegen direkte Konkurrenten. Unentschieden gegen den FCSP, Niederlagen gegen Fürth, Kiel, den HSV und Paderborn. Fortuna Düsseldorf holte in den Spielen gegen jene Teams, die aktuell mit ihnen zusammen auf den ersten sechs Tabellenplätzen liegen, genau einen einzigen Punkt in der Hinrunde (den aber gegen den FCSP). Ist das eine Frage der Qualität? Oder einfach auch ein wenig Pech?

Zumindest keine der individuellen Qualität, wenn man einen Blick auf den Kader wirft. Fortuna Düsseldorf hat ein unfassbar stark besetztes Team beisammen. Zwar ist der Kader etwas klein, kleiner sogar als jener des FCSP, dafür ist die Qualität enorm. Im zentralen Mittelfeld spielen mit Isak Johannesson und Ao Tanaka zwei Spieler, die definitiv in höhere Ligen passen. Zudem hat Leihgabe Cristos Tzolis mit acht eigenen Treffern in der Hinrunde aufhorchen lassen. Hürzeler beschreibt Tzolis Spielstil genauer: „Er hat ein sehr gutes 1-gegen-1, zieht gerne nach innen, hat einen sehr, sehr guten Abschluss und spielt trotzdem sehr flexibel, ist nicht nur auf der Außenbahn zu finden.“

Hohe individuelle Qualität

Nachdem Fabian Hürzeler auf der Pressekonferenz die Qualitäten von Tzolis hervorhob, betonte er direkt im Anschluss, dass Fortuna nicht nur in der letzten Linie hohe Qualität im Team habe. Mit Florian Kastenmeier, der im Hinspiel das Privat-Duell mit Jackson Irvine klar für sich entscheiden konnte, stehe einer „der spielstärksten Torhüter der Liga“ im Düsseldorfer Tor. Zudem habe man mit Tanaka und Engelhardt im Mittelfeld „Spieler, die in engen Räumen Lösungen finden.“

Und dann ist da ganz vorne im Sturmzentrum mit Vincent Vermeij (bereits neun Saisontreffer – acht davon in seinen letzten sieben Spielen) ein klassischer Zielspieler, der also auch mit langen Bällen erreicht werden kann. Fortuna Düsseldorf schlägt die drittmeisten Flanken der Liga. Das mache das Offensivspiel der Fortuna sehr variabel, erklärt Hürzeler: „Sie haben eine extrem gute Mischung aus Speed, technischen Fertigkeiten und Größe – das macht sie zu einer Top-Mannschaft und ich glaube sie haben den Anspruch aufsteigen zu wollen und das sieht man dann auch am Kader.“

Interessant am Offensivspiel von Fortuna Düsseldorf ist, dass es einen klaren Unterschied zwischen den Außenbahnen gibt. Auf der rechten Seite dürfte wohl der Bruder einer herausragenden Fußballerin, Tim Oberdorf, den verletzten Zimmermann ersetzen. Oberdorf ist aber eigentlich eher Innenverteidiger. Auf der anderen Seite hat sich Emmanuel Iyoha auf der Linksverteidiger-Position festgespielt. Iyoha ist aber eigentlich ein gelernter (und sehr talentierter) offensiver Außen. Entsprechend erzeugt die linke Seite der Fortuna grundsätzlich etwas mehr Offensivdruck, sucht auch öfter das direkte Duell (Iyoha geht durchschnittlich in 4,3 Dribblings pro Spiel, Zimmermann in weniger als eines – zum Vergleich: Elias Saad geht fast zehnmal pro Spiel ins Dribbling).

Hamburg, Deutschland, 05.08.2023, Fussball, 2. Bundesliga - Jackson Irvine (FC St. Pauli) ärgert sich nach einer vergebenen Chance im Spiel gegen Fortuna Düsseldorf - Copyright: Peter Boehmer
Jackson Irvine hatte beim 0:0 im Hinspiel zwischen dem FC St. Pauli und Fortuna Düsseldorf eine Reihe guter Gelegenheiten nicht nutzen können. Auch weil F95-Torwart Florian Kastenmeier seine Sache sehr gut machte.
(c) Peter Boehmer

Taktisch flexibel unter Thioune

Als wäre die Offensivkraft, sowie die Spielstärke im Mittelfeld und auf der Torwartposition nicht schon genug, hat Fortuna Düsseldorf auch eine hohe individuelle Qualität in der klassischen Defensivarbeit: Jamil Siebert (fast 75%) und Jordi de Wijs (78%) liegen ligaweit auf Platz sieben und vier in der Zweikampfstatistik. Siebert fällt zwar verletzt aus, aber mit Andre Hoffmann steht ein ebenfalls sehr zweikampfstarker Spieler als Ersatz bereit, der zudem Kapitän des Teams ist. Und besonders de Wijs wies im Spiel gegen Hertha zum Rückrundenauftakt (2:2) auch einen exzellenten langen Ball nach.

Ich muss ganz ehrlich gestehen: Von allen Teams in der 2. Bundesliga ist Fortuna Düsseldorf nach meinem Empfinden das Team, bei dem am wenigsten ein prägendes taktisches Profil zu erkennen ist. Das ist nicht negativ gemeint, denn es spricht dafür, dass Trainer Daniel Thioune insgesamt sehr flexibel agieren lässt, oft recht deutlich auf die Spielweise des jeweiligen Gegners reagiert. Entsprechend schwer ist es auch abzuschätzen, mit welcher Formation sie gegen den FC St. Pauli antreten. „Ich glaube schon, dass sie Viererkette spielen werden,“ erklärt Fabian Hürzeler, auch wenn sie gegen den FCSP zuletzt auch immer mal wieder mit einer Fünferkette agierten. Wichtiger als die Formation ist aber sowieso das individual-taktische Verhalten. Hierbei agiere die Fortuna laut Hürzeler oft sehr mannorientiert, was eine Herausforderung für den FCSP darstellt: „Das ist schwer zu bespielen. Da brauchen wir viel Bewegung und eine gute Positionierung.“

Mögliche Aufstellung

Zum Rückrundenauftakt gegen Hertha BSC agierte Fortuna Düsseldorf in einem 4-3-3, mit Engelhardt als klaren Sechser und davor Tanaka und Johannesson als Achter. Gegen die hochschiebenden Achter des FCSP ist aber eher zu erwarten, dass Tanaka etwas tiefer schiebt und sich so eine Doppelsechs bildet, was dann in der Formation eher ein 4-2-3-1 ergibt.
Personell ist damit zu rechnen, dass Felix Klaus wieder in die Startelf zurückkehren wird und damit Jona Niemiec auf der Position rechts vorne verdrängt.

Erwartete Aufstellung beim Spiel Fortuna Düsseldorf gegen FC St. Pauli.
Erwartete Aufstellung beim Spiel Fortuna Düsseldorf gegen FC St. Pauli.

Keine Veränderungen beim FCSP

Vor dem Rückrundenstart war die Position rechts vorne beim FC St. Pauli etwas wackelig. Aber gegen Kaiserslautern machte Dapo Afolayan dort seine Sache ziemlich gut, Hürzeler hob besonders das Zusammenspiel mit Manos Saliakas positiv hervor. Es sind also keinerlei Veränderungen in der Startelf zu erwarten zu Beginn der Englischen Woche. Denkbar ist aber natürlich, dass am Ende dieser Woche, also beim Heimspiel gegen Fürth, dann schon eher personell ein wenig rotiert wird.

Keine Frage, Fortuna Düsseldorf ist eine der besten Mannschaften der 2. Bundesliga. Das wird ein richtig, richtig schweres Stück Arbeit für den FC St. Pauli. Der hat aber seinerseits auch eine ganze Menge zu bieten und reist als ungeschlagener Spitzenreiter ins Rheinland. Sicher ist, dass diese Partie den Slot des Top-Spiels am Samstag um 20:30 Uhr absolut verdient hat. Es wird ein Fußballfest werden. Fragt sich nur noch, wer mehr zu feiern hat.

Forza!
// Tim

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