Vorbericht: FC St. Pauli – SC Paderborn (27. Spieltag, 23/24)

Vorbericht: FC St. Pauli – SC Paderborn (27. Spieltag, 23/24)

Mit einigen Fragezeichen geht der FC St. Pauli in die Partie gegen den SC Paderborn. Sowohl das eigene Personal, als auch der Gegner bereiten Kopfzerbrechen. Der Vorbericht.
(Titelbild: Peter Boehmer)

Zur Vorbereitung auf das sicher erneut hochspannende und intensive Aufeinandertreffen des FC St. Pauli und des SC Paderborn, wie immer der Hinweis auf das „Vor dem Spiel“-Gespräch, bei dem sich Yannick mit Mona unterhalten hat.

„Verbote-Pauli nimmt uns das Konfetti weg!!1!“

Ein schwerer Schlag für die Kunststoff-Konfetti-Industrie dürfte die Ankündigung des FC St. Pauli gewesen sein, dass dieses ab sofort am Millerntor verboten ist. Bevor aber zwischen schnappenden Atemzügen ein „Die Besser-Paulis bedrohen unsere Freiheit!“ gefurzt wird, bitte daran denken, dass Papier-Konfetti weiterhin erlaubt ist und Pyrotechnik viel einfacher kompensiert werden kann (und sowieso untersagt ist). Nach Rücksprache mit dem Verein wird das auch dem Ordnungsdienst so bekannt sein und entsprechend soll man mit Papier-Konfetti ins Stadion kommen, sofern es sich dabei nicht um sogenannte „Streamer“ handelt.

Und noch was: Bitte beachtet, dass in der Nacht von Samstag auf Sonntag die Uhr um eine Stunde vorgestellt wird. Nichts ist ärgerlicher, als wenn man drei der fünf Treffer von Johannes Eggestein verpasst, weil man die eigene Uhr nicht umgestellt hat. So, nun ab zum Sportlichen.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Hach, was waren das für Zeiten, als unter dieser Überschrift einzig der Name Scott Banks auftauchte. Nun müssen wir aber feststellen, dass die Personalsituation, zumindest auf zwei Positionen, kritisch ist. Sicher ausfallen für die Partie werden Scott Banks, Erik Ahlstrand, Simon Zoller und Elias Saad (gelbgesperrt). Drei davon sind auf der offensiven Außenbahn zu Hause.

Es drohen Löcher auf den Außenbahnen

In der Trainingswoche gab es einige Spieler, die nicht oder nur reduziert trainieren konnten. Dazu gehören Dapo Afolayan, Philipp Treu, Lars Ritzka und Carlo Boukhalfa. Fabian Hürzeler erklärte bei den beiden Erstgenannten, dass ein Einsatz zumindest nicht ausgeschlossen ist. Bei Ritzka dürfte die Wahrscheinlichkeit sogar etwas größer sein. Bei Boukhalfa, der am Montag das Training abbrach und Dienstag nicht dabei war, eher niedriger. Somit droht erneut ein Ausfall auf der offensiven Außenbahn und der Totalausfall auf der linken Schienenposition.

Das klingt alles nicht wirklich vielversprechend. Aber es gibt auch gute News: Fabian Hürzeler erklärte, dass alle Nationalspieler körperlich unversehrt von ihren Reisen zurückgekehrt sind und erklärte, den Eindruck zu haben, dass es sich für sie wie eine Rückkehr zur Familie anfühlt. Wohl wieder einsatzbereit ist Eric Smith. Während es also auf den Außenbahnen personell sehr dünn aussieht, ist die Innenverteidigung wieder mehr als ausreichend besetzt.

Gelsenkirchen, Deutschland, 01.03.2024, 2. Bundesliga, FC Schalke 04 - FC St. Pauli Oladapo Afolayan (FC St. Pauli) wird nach einem Zweikampf im Spiel gegen den FC Schalke 04 am Sprunggelenk behandelt. Copyright: Peter Boehmer
Dapo Afolayan droht nach seiner auf Schalke erlittenen Bänderverletzung auch gegen den SC Paderborn auszufallen. // (c) Peter Boehmer

SC Paderborn: Wer kann spielen, wer fehlt?

Auch beim SC Paderborn wird jemand gelbgesperrt fehlen: Kai Klefisch nämlich, dessen Position im zentralen Mittelfeld neu besetzt werden muss. Angreifer Filip Bilbija hatte unter der Woche leichte Probleme, er wird aber spielen können, erklärte SCP-Trainer Lukas Kwasniok auf der PK vor der Partie (die er nebenbei noch als „sinnfrei“ bezeichnete).

Zwei Innenverteidiger stehen beim SCP auf der Kippe: Calvin Brackelmann hat sich unter der Woche eine Augenverletzung zugezogen, Laurin Curda hat sich im Training verletzt. Zudem fehlt Innenverteidiger Maximilian Rohr bereits längere Zeit. Sicher ausfallen werden auch Felix Platte und Marco Schuster, während ein Einsatz von Winter-Neuzugang Koen Kostons aufgrund eines Magen-Darm-Infekts fraglich ist. In gewisser Weise auch ein Ausfall, zumindest fehlt er im Vergleich zum Hinspiel, ist das Fehlen von Florent Muslija, den es in der Winterpause zum SC Freiburg zog. Dieser Transfer hat das Spiel des SC Paderborn deutlich verändert, dazu gleich mehr.

Was hat der SCP zu bieten?

Der SC Paderborn ist nicht gut in die Saison gestartet, holte nur vier Punkte aus den ersten fünf Partien. Dann aber gab es eine Serie mit elf Punkten aus fünf Spielen. Drei Niederlagen aus vier Partien folgten, ehe die Hinrunde mit drei Siegen in Folge beendet wurde. In die Rückrunde startete man mit zwei torlosen Spielen (ein Punkt), ehe drei Siege aus vier Partien das Team wieder oben ran spülten. Nun wartet man aber bereits wieder seit drei Spielen auf einen Sieg.

Der Saisonverlauf ist irgendwie sinnbildlich für den SC Paderborn. Das Team von Kwasniok ist wohl jenes mit der größten Amplitude im eigenen Spiel. An einigen Tagen spielt man Spitzenfußball und kann jeden Gegner dominieren. An anderen Tagen wird das Team hergespielt. Manchmal findet diese Metamorphose sogar während einer Partie statt. Ohne hier zu dick aufzutragen, dürfte das der größte Unterschied zwischen dem SC Paderborn und dem FC St. Pauli sein. Denn der FCSP spielt sehr konstant auf hohem Niveau. Der SCP kann dieses Niveau auch erreichen, fällt aber im Laufe der Saison immer wieder deutlich ab und steht so auch in der Tabelle ein gutes Stück weiter hinten.

Taktisch enorm variabel

So variabel, wie das Team in den Leistungen ist, so variabel ist es auch taktisch. Das liegt an Trainer Lukas Kwasniok, der die taktische Grundausrichtung immer wieder an den Gegner anpasst und den SCP damit zu einem der interessantesten Teams der Liga macht. Fabian Hürzeler benennt diese Anpassungsfähigkeit daher auch als eine der großen Stärken: „Der SC Paderborn ist eine Mannschaft, die sich sehr gut einstellen kann auf den Gegner.“

Diese taktische Flexibilität ist auch möglich, weil der Kader viele unterschiedliche Spielertypen beinhaltet, wie Hürzeler am Beispiel von drei Angreifern skizziert: „Sie haben mit Bilbija einen überragenden Stürmer, der ein gutes Gefühl für die Tiefe hat, aber auch mit Ball im Zwischenraum gut ist. Sie haben mit Grimaldi einen klaren Zielspieler und sie haben mit Conteh einen Spieler, der sehr gut umschalten kann.“ Diese grundverschiedenen Eigenschaften verlangen auch unterschiedliche Arten, um dagegen vorzugehen. Das sei, so Hürzeler, „die große Herausforderung in diesem Spiel.“

Muslija-Abgang verändert das Spiel

Der SC Paderborn hat im Ligavergleich durchschnittlich den viertmeisten Ballbesitz aller Teams. Die Zahl ist aber, den Spielverläufen entsprechend, großen Schwankungen unterworfen. Und im Vergleich zur Hinrunde ist schon eine deutliche Veränderung zu erkennen: Der SC Paderborn spielt schneller und mit mehr Risiko nach vorne.

Das zeigt sich unter anderem an der Abnahme der Passquote von 86 auf etwa 82 Prozent zwischen Hin- und Rückrunde. Einen direkten Zusammenhang gibt es mit dem Wintertransfer von Muslija. Hürzeler: „Sie haben mit Muslija einen Spieler verloren, der ein Spiel von hinten nach vorne tragen kann. Das ist definitiv ein Faktor, der weggefallen ist.“ So ist mit dem Muslija-Abgang eben auch Qualität bei eigenem Ballbesitz verloren gegangen. So sehr, dass nun andere Lösungen gefragt sind.

Paderborn, Deutschland, 21.08.2021: Lukas Kwasniok (SC Paderborn) gibt Anweisungen im Spiel gegen den FC St. Pauli - Copyright: Peter Boehmer
SCP-Trainer Lukas Kwasniok verlangt von seinem Team stets taktische Flexibilität. // (c) Peter Boehmer

Langer Ball, gut umgesetzt

Der SC Paderborn hat also mit Beginn der Rückrunde ein etwas vertikaleres Spiel eingeführt und presst übrigens auch etwas mutiger als noch letztes Jahr. Das vertikalere Spiel ist auch an der Quote langer Bälle zu erkennen, die seit Beginn dieses Jahres immer über zehn Prozent lag (in der Hinrunde teilweise deutlich darunter). Wichtiger Fixpunkt ist dabei Zielspieler Adriano Grimaldi, der oft gesucht wird und daher die viertmeisten Kopfballduelle aller Zweitligaspieler pro 90 Minuten führt. Die langen Bälle werden oft von der Torhüter- oder Innenverteidiger-Position gespielt, was ebenfalls in den Zahlen klar zu erkennen ist.

Auffällig ist, dass das Stilmittel des langen Balls alles andere als eine Verzweiflungstat ist. Fabian Hürzeler erklärte auf der PK, dass der SCP zum Beispiel bei der Partie gegen Holstein Kiel ganz bewusst gewisse Räume überladen hat (indem Grimaldi auf die Außenbahn zog) und genau dort den langen Ball reinspielte. Die Statistiken zeigen, dass Paderborn die viertmeisten langen Bälle der Liga spielt – und mit Abstand die beste Quote hat. Der SCP macht seine Sache also sehr gut.

Mögliche Aufstellung

So wie der FC St. Pauli Probleme bei der Besetzung der offensiven Außenbahn hat, muss der SC Paderborn personelle Lösungen für die Innenverteidigung finden. Neben Visar Musliu und Marcel Hoffmeier dürfte Jannis Heuer die erste Option sein, um die Dreierkette zu bilden. Die Position von Klefisch im defensiven Mittelfeld wird aller Voraussicht nach von Mattes Hansen besetzt werden.

Viele Umstellungen im Hinspiel

In der Formation erscheint alles möglich. Im Hinspiel (hier die Analyse) hatte der SC Paderborn im Ballbesitz mit Viererkette und Mittelfeldraute agiert und so auch, in leicht veränderter Form, gegen den Ball gestanden. Das hatte damals ganz gut funktioniert. Der SCP war das erste Team, welches das Aufbauspiel des FCSP zumindest etwas in den Griff bekam. Dann folgte aber eine Umstellung des FC St. Pauli, der SCP reagierte darauf mit einer Fünferkette und fand offensiv danach weniger Lösungen beziehungsweise den Raum vor der FCSP-Fünferkette nicht. Der FC St. Pauli drehte den 0:1-Pausenrückstand, doch der SCP kam „mit dem Mute der Verzweiflung“ (so sagte es Kwasniok) noch zum 2:2. Die vielen Umstellungen zeigen: Es ist enorm schwer vorherzusagen, wie der SC Paderborn am Millerntor spielen wird.

Erwartete Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli gegen SC Paderborn: FCSP: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas, Irvine, Hartel, Treu - Metcalfe, Eggestein, Amenyido SCP: Boevink - Musliu, Heuer, Hoffmeier - Obermair, Kinsombi, Hansen, Zehnter - Klaas - Bilbija, Grimaldi
Erwartete Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli gegen SC Paderborn:
FCSP: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Saliakas, Irvine, Hartel, Treu – Metcalfe, Eggestein, Amenyido
SCP: Boevink – Musliu, Heuer, Hoffmeier – Obermair, Kinsombi, Hansen, Zehnter – Klaas – Bilbija, Grimaldi

Beim FC St. Pauli ist zwar wünschenswert, aber nicht damit zu rechnen, dass Dapo Afolayan rechtzeitig einsatzbereit sein wird. Somit rückt neben Connor Metcalfe jemand in den Fokus, der lange Zeit kaum eine Rolle spielte: Etienne Amenyido. Dem attestierte Fabian Hürzeler, dass er sehr gut unter der Woche trainiert habe. Ein Startelfeinsatz ist sehr wahrscheinlich. Fragt sich nur noch auf welcher Position.

Fokus auf Amenyido

Denkbar wäre zum Beispiel auch, dass Amenyido gar nicht auf der offensiven Außenbahn zum Einsatz kommt, sondern als zweite Spitze neben Johannes Eggestein. Das wäre auch eine für ihn sehr passende Position, hat er doch seine besten Spiele für den FC St. Pauli in der Rolle als zweite Spitze gezeigt. Diese Umstellung würde aber bedeuten, dass der FCSP seine Formation etwas deutlicher umstellen müsste. Fabian Hürzeler erklärte auf die Nachfrage, ob eine Umstellung der Formation aufgrund des Personals denkbar wäre: „Es kann sein, dass wir gewisse Anpassungen vornehmen werden.“ Eine Aufstellung von Amenyido als zweite Spitze würde aber auch bedeuten, dass Connor Metcalfe nicht startet (oder als halbrechter Achter, wo aber auch Aljoscha Kemlein gut hinpassen würde).

Es ist alles echt schwer vorherzusagen. Vor allem, da sich auf der linken Abwehrseite ja auch eine ganz kritische Situation entwickeln könnte, wenn Ritzka und Treu beide nicht einsatzfähig sind. Eric da Silva Moreira wird somit sicherlich mindestens erneut im Kader stehen. Ich tippe darauf, dass wir Amenyido und Metcalfe auf der offensiven Außenbahn sehen werden und hoffe, dass Treu in der Startelf steht. Ich bin mir aber unsicher wie lange nicht mehr.

Taktischer Hochgenuss?

Ich freue mich sehr auf dieses Spiel. Nicht nur, weil Länderspielpausen doof sind und auf keinen Fall aufgrund der Personalsituation beim FC St. Pauli. Aber die letzten Spiele zwischen dem SC Paderborn und dem FCSP waren vor allem aus taktischer Sicht jedes Mal ein Hochgenuss, sodass man dieses Mal auch genau wieder darauf hoffen darf. Wenn dann dabei noch drei Punkte für den FC St. Pauli rausspringen, dann wird das ein perfekter Tag!
Forza!
// Tim

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Sofern nicht anders markiert, stammen sämtliche Statistiken von Wyscout.

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2 thoughts on “Vorbericht: FC St. Pauli – SC Paderborn (27. Spieltag, 23/24)

  1. Ich finde die Entscheidung vom FC St. Pauli sehr gut. Jede und Jeder mit etwas gesunden Menschenverstand konnte darauf kommen das „Plastik-Konfetti“ nur wenig nachhaltig ist. Selber machen macht eh mehr Spaß. Plündert die Locher an euren Arbeitsplätzen. Vielleicht haben die Leute ja Glück und es gibt bald Bio-Konfetti im FC St. Pauli Fanshop..

    Forza Sankt Pauli!

  2. Moin und danke für den ausführlichen Bericht! Ich halte es für wahrscheinlich, dass Hartel auf dem Flügel agieren wird und Kemlein auf die 6/8 geht. Wie ist deine Einschätzung dazu?

    Forza!

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