Matchbälle FC St. Pauli!

Matchbälle FC St. Pauli!

Düsseldorf distanziert, Kiel überholt – der FC St. Pauli ist der große Gewinner des 31. Zweitligaspieltags und kann nun im Rahmen der Stadtmeisterschaft aufsteigen.
(Titelbild: Peter Boehmer)

„Wir wollen der Gewinner des Spieltags sein“ – Fabian Hürzeler hatte am Mittwoch auf der Pressekonferenz vor dem Spiel des FC St. Pauli gegen Hansa Rostock einen klaren Wunsch geäußert. Am Freitagabend dann bereiteten er und sein Team die Grundlage dafür, indem sie gegen Hansa mit 1:0 gewannen. Am Samstagmittag fielen die weiteren Karten wie gewünscht: Holstein Kiel verlor sein Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern und Fortuna Düsseldorf kam auf Schalke nicht über ein Unentschieden hinaus. Der Wunsch von Hürzeler dürfte damit voll aufgegangen sein.

FCSP ist Gewinner des Spieltags

Durch die Kieler Niederlage eroberte der FC St. Pauli wieder die Tabellenspitze. Das dürfte vielen, zumindest vorerst, herzlich egal sein, könnte aber angesichts des Spielplans noch wichtig werden. Wichtiger ist, dass der FCSP durch das Düsseldorfer Unentschieden den Vorsprung auf Rang drei auf nun sieben Punkte erhöhen konnte. Bei noch drei verbliebenen Ligaspielen ist die Rechnung ziemlich einfach: Der FC St. Pauli benötigt noch drei Punkte, um sicher in die Bundesliga aufzusteigen.

Jedes der letzten drei Saisonspiele ist für den FC St. Pauli also ein Matchball. Und da der Fußball die verrücktesten Geschichten schreibt, wird der erste Matchball im Rahmen der Stadtmeisterschaft ausgespielt. Was bei der Veröffentlichung des Spielplan im Juni 2023 noch als Witz die Runde machte, könnte nun wirklich Realität werden: Der FC St. Pauli kann beim HSV den Aufstieg klarmachen!

Wichtigste Stadtmeisterschaft aller Zeiten?

Ich habe hier mal einen Absatzumbruch eingebaut, damit man das Geschriebene in aller Ruhe einsinken lassen kann. Denn die Chance ist nicht viel weniger als historisch. Die Wahrscheinlichkeit ist relativ hoch, dass es zur Lebzeit vieler von uns nie wieder eine Stadtmeisterschaft mit solch einer sportlichen Bedeutung geben wird. Ein Sieg des FC St. Pauli im Volkspark würde somit nicht nur den Aufstieg besiegeln, sondern auch für einen Moment sorgen, der bis in alle Zeiten einen Ehrenplatz in der Geschichte des Vereins haben würde.

Als wäre dieses Spiel alleine zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht bereits genug Drama, das die Planer*innen im Juni 2023 dem Spielplan hinzugefügt haben, könnte am gleichen Abend auch ein paar hundert Kilometer entfernt Bedeutendes passieren: Denn Fortuna Düsseldorf empfängt zeitgleich zur Stadtmeisterschaft den 1. FC Nürnberg. Zugegeben, der FCN ist aktuell nicht wirklich konkurrenzfähig. Das Team verlor vier Spiele in Serie (allesamt ohne eigenen Treffer) und ist sicher froh, wenn weiter unten in der Tabelle nicht erfolgreich gespielt wird. Entsprechend wären alles andere als drei Punkte für Fortuna Düsseldorf eine große Überraschung.

Fortuna spielt zeitgleich zum Derby

Trotzdem ist die zeitgleiche Ansetzung beider Partien das Salz in der Suppe der Stadtmeisterschaft. Mindestens. Denn jedes Ergebnis der Fortuna hat auch Auswirkungen auf den FC St. Pauli und den HSV. Fortuna liegt mit vier Punkten Vorsprung auf Platz vier auf dem Aufstiegsrelegationsrang. Beim HSV müsste man entsprechend hoffen, dass der FCN am Freitag gewinnt. Also, eigentlich. Denn: Verliert die Fortuna würde der FC St. Pauli, unabhängig vom eigenen Ergebnis, im Volkspark aufsteigen. Auch ein Unentschieden würde dem FCSP zum Aufstieg reichen, wenn auch die Fortuna nicht mehr als einen Punkt holt. So könnte es also auch, was natürlich nicht zu hoffen ist, bei verlorener Stadtmeisterschaft nach Abpfiff etwas zu feiern geben für den FC St. Pauli.

Für den HSV ist das ein Dilemma, aber der Spieltag könnte sich aufgrund der Tabellensituation sogar zu einem Super-GAU entwickeln. Denn gewinnen Fortuna und der FCSP ihre Spiele, dann kann der HSV rechnerisch nicht mehr die Relegation erreichen und muss dabei zusehen, wie der FCSP feiert. Die Frage zur Vorherrschaft in der Stadt wäre für mindestens eine Saison geregelt. Die einzige halbwegs annehmbare Variante aus HSV-Sicht wäre ein eigener Sieg und ein Unentschieden der Fortuna. Dann wäre der FCSP einem Aufstieg vermutlich noch einen kleinen Schritt nähergekommen (mit sechs Punkten Vorsprung bei dann noch zwei Spielen), aber den Rückstand auf die Fortuna hätte der HSV auf zwei Punkte verkürzt.

Deutschland, Hamburg, 01.12.2023, Fussball 2. Bundesliga 15. Spieltag, FC St. Pauli - Hamburger SV im Millerntor-Stadion Der Abschluss von Marcel Hartel (FC St. Pauli) wird gerade noch so von Gulherme Ramos (Hamburger SV) geblockt. Copyright: Stefan Groenveld DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.
Anfang Dezember 2023 trennten sich der FC St. Pauli und der HSV 2:2 unentschieden. Nun steht die Stadtmeisterschaft ganz unter dem Zeichen eines möglichen FCSP-Aufstiegs.
(c) Stefan Groenveld

Hürzeler mit Extramotivation

Aber gegen die letzte Variante hat man beim FC St. Pauli natürlich etwas einzuwenden. Sowieso dürfte dem Team des FC St. Pauli zumindest in erster Instanz herzlich egal sein, was genau im anderen Stadion passiert. Vielmehr ist die Bereitschaft groß, die Chance, die ja in den eigenen Händen liegt, auch selbstständig zu nutzen. Marcel Hartel gab bereits kurz nach Abpfiff der Partie gegen Rostock den Tenor für die Stadtmeisterschaft vor: „Es ist definitiv das Ziel, dass wir gegen den HSV auf drei Punkte spielen und am Ende auch als Gewinner vom Platz gehen.“

Auch Fabian Hürzeler wählte ungewöhnlich deutliche Worte, als er am späten Freitagabend auf das anstehende Spiel angesprochen wurde. Er betonte, dass er als Cheftrainer noch kein Derby gewinnen konnte (bisher 3:4-Niederlage im Volkspark und 2:2 am Millerntor) und deutete an, dass es für ihn daher aus ganz persönlichen Motiven eine Extraportion Motivation geben dürfte. Klar ist für Hürzeler auf jeden Fall, dass der Stadtmeistertitel nur über dieses Spiel vergeben wird: „Um die Nummer eins der Stadt zu sein, musst du auch in so einem Spiel bestehen.“

Irvine gibt die Richtung vor

Damit es dem FC St. Pauli gelingt, im Rahmen der Stadtmeisterschaft zu bestehen, müssen die Spieler gerade in solchen Partien vorweggehen. Einer, der das zuletzt auf beeindruckende Art und Weise geschafft hat und dessen Anteil an den letzten beiden FCSP-Siegen enorm ist: Kapitän Jackson Irvine. Der ist sich durchaus bewusst, dass die Binde an seinem Arm besonders in dieser Saisonphase an Bedeutung gewinnt: „Als Führungsspieler musst du besonders jetzt derjenige sein, der mit gutem Beispiel vorangeht. Du musst in den großen Momenten da sein.“

Genau das, vorweggehen, scheint Jackson Irvine in den letzten beiden Partien gelungen zu sein. Dank starker Leistungen und viel Kommunikation mit seinen Mitspielern hat er einen großen Anteil daran, dass der FCSP die Spiele gegen Hannover und Rostock noch auf seine Seite ziehen konnte. Irvine ist sich der Bedeutung der Situation vollends bewusst:
„Man spürt die Wichtigkeit der beiden Spiele gegen Rostock und den HSV. Ich lebe im Viertel. Da kann ich es in den Gesichtern der Menschen erkennen, wie bedeutsam diese Spiele sind. Wir als Spieler nehmen das wahr und verstehen es, haben vor dem Rostock-Spiel darüber gesprochen. Die Fans haben uns diese Saison an jedem Spieltag schon so viel gegeben. Dies sind die Spiele, bei denen wir ihnen etwas zurückgeben möchten.“

Klar ist, dass die vier Tage bis zum Derby nun kein anderes Thema mehr kennen werden. Die Stadt, die Fans und beide Vereine bereiten sich auf eine der größten und wichtigsten Stadtmeisterschaften aller Zeiten vor.
// Tim

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

Print Friendly, PDF & Email

10 thoughts on “Matchbälle FC St. Pauli!

  1. Der eventuelle Derby-Sieg wäre einfach nur schön und nach dieser Saison extrem verdient, doch tatsächlich ist mir der Aufstieg wichtiger. Stadtmeister klingt gut, doch nächste Saison mal andere Gegner am Millerntor zu sehen ist für mich der größere Spaß und Erfolg. Jörn

  2. Ich kann mich noch gut an das Tor von Asamoah 2011 im „Stadion am Stadtrand“ erinnern, damals sind wir alle komplett ausgeflippt, nicht auszudenken was am Freitag los sein wird. Die Vorfreude ist riesengroß, ach und Tim: Bitte nicht zuviel rauchen während des Spiels 😉

    1. „Ecke von der rechten Seite kommt der Ball abgefälscht jetzt und TOR TOR TOR ASSSSAAMMMOOOOAAAHHHHH!“

      Ich kann es immer noch auswendig. 😉😅

    2. ein glück, daß das derby diesmal am 32. spieltag is. damals war es am 21. spieltag und wir haben danach noch ganze 4 punkte geholt. ich hätte damals gerne auf den derbysieg verzichtet und dafür die klasse gehalten…

      1. Wir haben danach nur noch einen Punkt geholt. Das Unentschieden gegen Wolfsburg. Der Sieg gegen Gladbach am 22. Spieltag wurde vor unserem Spiel gegen den HSV am 21 Spieltag ausgetragen, weil der Rasen im Volkspark nicht bespielbar .

        Ich weiß noch, wie es damals überall hieß: „St. Pauli ist save. Es ist noch nie eine Mannschaft mit 28 Punktem am 22 Spieltag abgestiegen.“

        Jo, geht halt schon.

        Ich glaube der HSV hat Jahre später mit 21 Punkten am 34. Spieltag die Klasse gehalten.

        Damals hätte ich den Derbysieg vermutlich auch gegen den Klassenerhalt eingetauscht. Heute nicht mehr. Für mich ist es immer noch DAS SPIEL. Dieses Gefühl, als Asamoah ihn rein macht. Das geht nicht mehr weg.

  3. Das ist doch alles soooooo geil!!! Sorry, aber ich platze vor Vorfreude auf dieses Spiel. Das ist einfach dass Allergeilste, was man als Fußball-Fan überhaupt erleben kann!!!

    Wenn wir das Spiel gewinnen, muss Christoph Nagel ein neues Kapitel für sein fettes St. Pauli-Buch schreiben. Alter!! Historischer geht es doch überhaupt gar nicht mehr.

    Wenn wir das Ding gewinnen, dann redet kein Mensch mehr über das Finale damals in Bern. Wenn das Ding gewonnen wird, dann sitzen wir in 50 Jahren zusammen im Altersheim und sagen: „Weißt Du noch, als der Irvine im Volkspark das Ding da mit dem Kopf rein gemacht hat in der 95igsten Minute und die ganze Stadt explodiert ist?“

    Und das geilste ist: Wir haben nichts zu verlieren.

    Das war immer das Problem, das wir am Ende plötzlich was zu verlieren haben. Aber diesmal können wir nur gewinnen.

    Wenn wir das Stadtderby verlieren ist doof, aber dann steigen wir halt gegen Osnabrück zu Hause auf. Aber wenn wir gewinnen, dann wird das der absolute Wahnsinn!!!

    Im Gegensatz dazu, hat der HSV mal richtig was zu verlieren. Nämlich die letzte Chance. Der Druck liegt bei den Rauten.

  4. Hoffentlich können sie dem Druck statt halten. Anderseits sollten sie genug Motivation haben (Aufstieg, prestige, Prämien).

    Allerdings haben Derbys ihre eigenen Regeln ähnlich wie der Pokal.

    Ich trage bis zum Derby meinen Schaal.✊

  5. Kann mir einer sagen warum es kein Public Viewing am Millerntor gibt. Stellt euch vor, wir verwandeln den Matchball und sind nicht dabei…….

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert