Vieles ist neu beim FC St. Pauli, doch Johannes Eggestein geht voller Vorfreude und Selbstbewusstsein in die am Sonntag beginnende Bundesliga-Saison.
(Titelbild: Stefan Groenveld)
Nein, Sorgen müsse man sich nicht machen, beschwichtige Johannes Eggestein die anwesenden Journalist*innen in der Medienrunde am Dienstag nach dem Training des FC St. Pauli an der Kollaustraße. Zwar hat der Angreifer sowohl am Montag als auch am Dienstag nur individuell trainieren können, doch dabei handelt es sich nur um Belastungssteuerung: „Ich habe 120 Minuten in Halle gespielt, wir sind mit dem Bus zurückgefahren. Dann hatte ich das Gefühl zu Wochenbeginn, dass die Muskulatur an der ein oder anderen Stelle etwas fester ist.“ Am Mittwoch, so der 26-jährige, werde er im Training des FCSP wieder voll mitmischen.
Vorfreude – ein tolles Wort!
Diese Zuversicht versprühte Johannes Eggestein auch mit Blick auf den nun anstehenden Auftakt in der Bundesliga. „Das erste Spiel zu Hause bestreiten zu dürfen, ist sensationell schön“, erklärte er und das Wort „Vorfreude“ kam in der rund 13-minütigen Medienrunde fast ein halbes Dutzend mal aus seinem Mund. Eggestein ist anzumerken, dass er sich und das Team nun bereit sieht, das erste Bundesliga-Spiel des FC St. Pauli seit 13 Jahren zu bestreiten.
Diese Vorfreude wurde auch nicht dadurch getrübt, dass das Team beim Pokalspiel in Halle Probleme hatte und erst in der Verlängerung gewann. Denn man habe gesehen, „dass auch andere Bundesligisten Probleme hatten.“ Und sowieso könne man dieses Pokalspiel „nicht Eins-zu-Eins“ mit einer Bundesligapartie vergleichen, weil auf den FC St. Pauli in der höchsten deutschen Spielklasse nun „andere Gegner“ warten.
Eggestein zieht positives Fazit der Vorbereitung
Für diese Gegner sieht Johannes Eggestein das Team gut gerüstet: „Weil wir eine gute Vorbereitung gespielt, gewisse Abläufe eintrainiert haben.“ In dieser Vorbereitung sei das Team „einen guten Prozess gegangen“. Einen, den man zum Beispiel anhand der Testspiele erkennen konnte: „Im Trainingslager haben wir mit dem Abschluss gegen Lyon eine deutliche Verbesserung zum Spiel gegen Fürth gesehen. Dann haben wir uns nochmal gesteigert gegen Norwich, sind da deutlich effizienter gewesen und zuletzt gegen Bergamo auch.“ Eggesteins Fazit der Vorbereitung („Genau so haben wir uns das vorgestellt“) ist fast schon überschwänglich und so blickt er ziemlich selbstbewusst auf den Auftakt: „Wir sind ziemlich sicher in dem, was wir trainiert und einstudiert haben und deshalb sind wir vorfreudig auf unsere ersten Spiele.“
Drei Jahre Bundesliga-Erfahrung mit SVW
Für Johannes Eggestein ist der Bundesliga-Auftakt auch eine Art Rückkehr. Wenn das Spiel des FC St. Pauli am Sonntag gegen Heidenheim angepfiffen wird, dann wird es fast genau sieben Jahre her sein (26. August 2017), als der 19-jährige Eggestein im Trikot von Werder Bremen sein Bundesligadebüt gefeiert hat – gegen Bayern München. Sein Weg schien damals mehr oder weniger vorgezeichnet. In der U17 und U19 des SVW war Eggestein ein Torgarant, zudem durchlief er sämtliche deutsche U-Auswahlteams. Eggestein war nicht weniger als ein sehr großes Talent, dem eine große Zukunft in der Bundesliga prophezeit wurde.
In der Saison 18/19 schien sich die Prophezeiung langsam aber sicher zu verwirklichen: Vier Tore erzielte Johannes Eggestein für Werder Bremen, war zeitweise sogar Stammspieler. Doch so rosig ging es nicht weiter: Zwar spielte Eggestein auch im Folgejahr noch für Werder in der Bundesliga, aber die Einsatzzeiten sanken deutlich, was womöglich auch mit den zunehmenden Abstiegssorgen der Bremer zu tun gehabt haben könnte. Am 03. Oktober 2020 hatte der Angreifer seinen bisher letzten Auftritt in der Bundesliga – gegen Arminia Bielelfeld wurde er kurz vor Schluss eingewechselt. Es folgten Stationen in Österreich (beim Linzer ASK – 29 Scorerpunkte in 39 Partien), ein Kurzeinsatz für Werder in der 2. Bundesliga und ein eher unglücklicher Aufenthalt bei Royal Antwerpen in Belgien, ehe Johannes Eggestein in der Saison 22/23 zum FC St. Pauli wechselte. Auch dort durchlief er erst ein Tal, bevor er zum Leistungsträger wurde – aber diese Geschichte kennt Ihr ja alle.
Mit dem FC St. Pauli ist es anders
Nun geht es mit dem FC St. Pauli zurück in die Bundesliga. Für Eggestein ist das eine ganz andere Situation als bei seinem ersten Aufenthalt mit Werder Bremen: „Ich bin bei Werder Bremen aus der Jugend gekommen und habe es über individuelle Leistungen in die Bundesliga geschafft. Jetzt haben wir uns gemeinsam als Mannschaft und Verein die Bundesliga erarbeitet. Das ist schon noch ein anderes Gefühl, vor allem, weil ich letztes Jahr einen entscheidenden Teil dazu beigetragen habe.“ Für Eggestein steht also eine Rückkehr an, übrigens auch seine erste ins Weserstadion in einem Pflichtspiel – ein Spiel, auf das er sich besonders freut.
Doppelspitze und mehr Tiefgang – deutliche Umstellung
Zurück zum Rüstzeug für die Bundesliga, denn beim FC St. Pauli wurde in der Vorbereitung umgerüstet. Nicht nur in Person des neuen Trainers Alexander Blessin, den Eggestein als „menschlich top“ und „lautstark“ beschreibt. Auch beim System. Der 26-jährige Angreifer ist überzeugt, dass das neue 3-5-2 mit hohem und intensiven Pressing in der Bundesliga funktionieren kann, „weil wir im Mittelfeld nochmal einen Mann mehr haben und dadurch in der Abwehr ein Stück weit kompakter agieren können.“ Auch der offensive Fokus habe sich verschoben: „Es wird darum gehen, mit zwei Stürmern in Umschaltsituationen zu kommen“ und Eggestein erklärt, dass man dieses System in der Vorbereitung „verfeinert“ habe und es nun darum gehe, „die Details zu verbessern.“
Für ihn persönlich bedeutet das veränderte System auch mit eine Umstellung der Spielweise: Zwar, so erklärt es Eggestein, bekomme er weiterhin die Bälle im Zwischenraum, lässt sich also etwas fallen, doch „ich habe nicht mehr die Außenspieler zum Weiterspielen.“ Stattdessen verlagert sich der Fokus im neuen System ins Zentrum und darauf, schnell die Tiefe zu suchen. Eggesteins Aufgabe sei nun nicht mehr die Ballverlagerung in die Breite, sondern das „Klatschen-lassen“, verbunden mit eigenen Läufen in die Tiefe. „Für mich ist das ein großer Unterschied,“ erklärt er, betont dabei aber, dass er viel daran gearbeitet habe in der Vorbereitung und ihm diese Umstellung „ganz gut gelungen“ sei.
Guilavogui und Eggestein harmonieren gut
Diese Systemumstellung beinhaltet auch, dass Johannes Eggestein einen Sturmpartner bekommen hat. In der Vorsaison hat er diese Position zumeist alleine gespielt, nun ist auch immer eine Abstimmung mit Neuzugang und Sturmpartner Morgan Guilavogui gefragt. Gegen Bergamo und Halle hinterließen beide Angreifer den Eindruck, dass das Zusammenspiel zwischen ihnen passt. Das sieht auch Eggestein so: „Wir ergänzen uns in den Bewegungen gut, haben unterschiedliche Muster drin“ und verwies dabei auf seinen Treffer in Halle, als er einen Querpass des zuvor auf die Außenbahn gesprinteten Guilavogui versenkte.
So ganz lösen werde man sich aber nicht von dem, was das Team in der Vorsaison so erfolgreich praktizierte: „Wir haben das alte System nicht verworfen, sind da nach wie vor sicher drin“, erklärt Johannes Eggestein und betonte, dass man jederzeit umstellen könne, besonders wenn es Gegner gibt, „bei denen wir sagen, dass es da ein bisschen besser geeignet ist, wenn wir den Ball etwas mehr in den eigenen Reihen haben.“
Egal, ob in altem oder neuen System, Johannes Eggestein ist die Vorfreude auf die Bundesliga anzumerken: „Ich freue mich darauf, dass jetzt Bundesliga-Mannschaften ans Millerntor kommen und wir uns mit den Besten messen können.“ Hoffen wir, dass diese Vorfreude berechtigt ist.
// Tim
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I like his confidence, und Vorfreude habe ich auch im Übermaß!