„DFL-Vereine scheißen auf Solidarität und zwei Milliarden!“

„DFL-Vereine scheißen auf Solidarität und zwei Milliarden!“

Haha, was sind die Vereine der DFL doch für Trottel! Verzichten grundlos auf Geld und Wettbewerbsfähigkeit – zumindest, wenn man Hans-Joachim „Aki“ Watzke glaubt. Der Einstieg eines externen Investors ist jedenfalls gescheitert.
Titelfoto: Stefan Groenveld

Ein Kommentar von Maik

Es ist sehr viel geschrieben worden in den letzten Wochen, unter anderem auch bei unsaber natürlich auch an vielen anderen Stellen.
Vielleicht wäre es besser gewesen, die verantwortlichen Personen bei der DFL, die den Deal unbedingt durchdrücken wollten, hätten auch selbst mehr geschrieben, kommuniziert – und vor allem zugehört. Dann hätte man wohl nicht nur diese krachende Pleite verhindern können, sondern hätte vor allem im Nachgang der Entscheidung nicht so einen unfassbar unprofessionellen Auftritt hinlegen müssen.
Während die Geschäftsführer Oliver Leki (SC Freiburg) und Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) zwar nur bis Ende Juni interimistisch im Amt sind, sich aber professionell verhielten, hat Hans-Joachim Watzke (Borussia Dortmund) sich heute selbst als komplett untragbar für dieses Amt erwiesen.

Zunächst war bekannt geworden, dass das DFL-Präsidium nach der Kritik der letzten Tage Zugeständnisse machte und den eigentlichen Antrag modifiziert zur Abstimmung stellte. Statt jetzt sofort das „Go“ für die Verhandlungen zu geben und beim nächsten Termin dann final zuzustimmen, sollte den Vereinen jetzt die Gelegenheit gegeben werden, bis zum 23. Juni Änderungsvorschläge einbringen zu können. Diese Abstimmung im Präsidium erfolgte lt. Watzke einstimmig, damit auch inklusive der Zweitligavertreter und Oke Göttlich. Letzterer musste hier also wieder zwischen seiner Tätigkeit für die DFL und für den FCSP im Kopf hin und her schalten. Dies gilt für alle anderen natürlich auch, bei ihm sind aber die beiden Pole wohl etwas weiter voneinander entfernt.

Wenn man so will war der modifizierte Antrag also irgendwas zwischen dem vorher kommunizierten und dem Vorschlag von (in diesem Fall) FC St. Pauli-Präsident Oke Göttlich, der eine Verschiebung bis zum nächsten regulären Termin im August vorgeschlagen hatte, um unbeantwortete Fragen klären zu können. In der Folge dieses modifizierten Antrags zog der FC St. Pauli jenen Antrag auf Verschiebung zurück.

Für den Antrag wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen, also 24 von 36 Stimmen. Leki hatte allerdings schon im Vorfeld betont, dass man eine breite Mehrheit wolle und „nur“ 24 Stimmen auf keinen Fall das Ziel seien. Dies wiederholte er auch nach der Abstimmung in der heutigen Pressekonferenz nochmals deutlich.

Doch es kam anders (Teil 1):

  • 20 x Ja
  • 11 x Nein
  • 5 x Enthaltung

Das Abstimmungsergebnis der einzelnen Vereine ist nicht bekannt, auf Antrag des VfL Bochum war geheim abgestimmt worden.
So weit, so demokratisch. Man hätte das jetzt in Ruhe und mit Stil abwickeln, seine Hausaufgaben machen und vielleicht nächstes Jahr mit besserer Vorbereitung und größerer Transparenz einen neuen Anlauf nehmen können, wenn denn die finanzielle Existenznot dann immer noch so groß gewesen wäre.

Die Pressekonferenz

Doch es kam anders (Teil 2): (YouTube)

Hans-Joachim Watzke begann – und von Anfang an war klar, dass hier ein kleines bockiges Kind im Sandkasten saß, dem man die Förmchen geklaut hatte. Watzke stellte wiederholt fest, dass es zwar eine klare Mehrheit (20 zu 11) gegeben hätte, diese aber die selbst gesetzte Zweidrittelmehrheit eben nicht her gab, die man „in letzter Konsequenz“ bei der finalen Abstimmung dann ja auch benötigt hätte.

Erstaunlich hierbei für mich, dass zunächst nur Watzke ein Statement abgab und Hellmann und Leki dazu nichts sagten, ehe die Fragerunde für die Journalist*innen eröffnet wurde – aber dies mag durchaus so normal sein. Als die Fragen dann gestellt wurden äußerten sich auch Hellmann und Leki. Insbesondere Hellmann schien wirklich nicht begeistert, blieb aber souverän und in der Sache.

Insgesamt gab es mehrere bemerkenswerte Aussagen und es empfiehlt sich, die Pressekonferenz in voller Länge anzuschauen. Wie Nicole Selmer im Spaß auf Twitter schrieb, hätte ein exklusives Vermarkten dieser halben Stunde wahrscheinlich schon viele finanziellen Sorgen der Liga lösen können.
Aber zurück zum Thema, ich greife mal beispielhaft die folgende Aussage heraus: // Twitter

Apropos unsachliche Leberwurst, weiter geht es:

„Dieses Thema [internationale Wettbewerbsfähigkeit] ist ja offensichtlich auch vielen in der Liga nicht ganz so wichtig. […] Da werden wir ja sicherlich dann von denjenigen, die dem heute nicht zugestimmt haben, in den nächsten Wochen sehr konstruktive Vorschläge bekommen, wie es dann weiter geht. Da bin ich sehr, sehr überzeugt hier.“

Hans-Joachim Watzke in der DFL-Pressekonferenz

Herr Watzke, jetzt mal ehrlich. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga reduziert sich seit Jahren auf den FC Bayern und Borussia Dortmund. Sie schrauben mit dem TV-Verteilungsschlüssel ebenso seit Jahren daran, dass dies nicht nur so bleibt sondern immer extremer wird.
Alle paar Jahre darf dann mal ein Verein wie Eintracht Frankfurt oder RaBa Leipzig seine kurzen Momente im Rampenlicht haben, aber nachhaltig ist dieser Erfolg in aller Regel nicht – weil Sie es verhindern.

Und jetzt stellen Sie sich allen ernstes hin und bemängeln die fehlende Solidarität? Für was denn?! Da soll ein „mäßiger Zweitligist“ also auf Knien dankbar sein, weil es jetzt einmalig 400.000 Euro gibt, während sich der FC Bayern und der BVB ein Vielfaches dessen einverleiben – und Sie damit doch aber trotzdem nicht mit Manchester City oder PSG mithalten können, weil es da um ganz andere Summen geht!

Solidarität am Arsch, die haben Sie in den letzten Jahren auch nicht gezeigt – oder eben gerade immer so viel, dass Sie Sich selbst dafür auf die Schulter klopfen können.
Viel Spaß mit der Aufkündigung der Zentralvermarktung und der Super League, wenn das wirklich die Alternative sein sollte. Dann haben wir vielleicht auch wieder regelmäßiger einen spannenden Ligabetrieb in dem nicht Bayern neun von zehn Titeln holt und der BVB dann einmal im Jahrzehnt auch (vielleicht) ran darf.

Davon ab ist dies natürlich auch ein bemerkenswertes Verhalten für einen Vertreter von Borussia Dortmund, dessen Fanszene am vehementesten gegen die Pläne protestiert hatte.
Vielleicht sollte es den Vereinen Bayern München und Borussia Dortmund doch auch mehr zu denken geben, wenn insbesondere diese beiden Fanszenen, deren Teams besagte „Lücke“ am ehesten schließen könnten, mit am Lautesten dagegen protestieren.

Den Fans ist eben sehr wohl bewusst, dass die viel wichtigere „Wettbewerbsfähigkeit“ die in den nationalen Ligen ist. Nicht die internationale, in der man mit Vereinskonstrukten und den prall gefüllten Geldsäcken von Staaten wie Katar oder Saudi-Arabien finanziell ohnehin nicht mithalten kann. Dieser Weitblick scheint beispielsweise Herrn Watzke zu fehlen – auch wenn er selbst das natürlich anders sehen wird.

„Koan Ausverkauf“-Statement der FC Bayern Fanszene // (c) CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images via OneFootball

Mediale Nachbetrachtung

Es gibt im Nachgang zahlreiche gute Artikel, beispielhaft und allen voran sei hier die Sportschau erwähnt, die mit Markus Bark und Chaled Nahar nicht nur in diesem Thema eine herausragende Berichterstattung geliefert hat.
Schade dann natürlich, wenn die Tagesschau (ab 12m16s) aus dem eigentlich gleichen Hause nicht auf diese Fach-Expertise zugreift. Auf die Frage, was diese Entscheidung denn bedeute, antwortet Heiko Neumann:

„Dass schlicht und einfach diese zwei Milliarden Euro um die es da gegangen ist, jetzt fehlen. Die DFL wollte die Lücke zu den großen Ligen in England und in Spanien schließen […], dazu wird es jetzt nicht kommen, man muss weiter mit dem Geld haushalten, was man hat […]. Die Lücke wird durch den heutigen Tag sicher etwas größer.“

Heiko Neumann in der Tagesschau

Boah… das ist schon harter Tobak, dürfte aber so oder ähnlich an vielen Stammtischen auch von anderen formuliert werden, weshalb sich der genauere Blick lohnt. Wenn ich das so lese (und das ist nicht aus dem Zusammenhang gerissen, auch wenn er später noch auf die kritischen Stimmen der Fans eingeht) dann klingt das ja so, als wäre die Frage gewesen: „Wollt Ihr zwei Milliarden Euro?“ und die Vereine hätten dies abgelehnt – einfach, weil sie doof sind.

Wie aber mehrfach (u.a. auch in der Sportschau) berichtet, wären diese zwei Milliarden Euro der Gegenwert für 12,5% der Medienrechte der Liga für die nächsten zwanzig Jahre! Diesen Anteil würde der Investor also eh Jahr für Jahr rausziehen.
Und diese Rechte hätten (lt. Sportschau) selbst mit den aktuellen Summen einen Gegenwert von über drei Milliarden Euro, Tendenz vermutlich steigend – man hätte also sogar Geld verschenkt. Selbst ein eventuelles „Ja, aber dafür hat man das Geld jetzt sofort!“ wäre ja völlig falsch, weil diese Summe über die nächsten fünf Jahre verteilt worden wäre. Und zwar nicht gleichmäßig, sondern nach jenem TV-Geld-Schlüssel.
Wenn man das dann noch auf die 36 Vereine runterbricht ist „Die zwei Milliarden fehlen, die Lücke wird deshalb größer!“ zumindest für mich eine nicht haltbare Verkürzung der Komplexität dieses Verfahrens.
(Ja, man hätte sich durch jetzt mögliche Investitionen noch höhere Erlöse in der Zukunft erhofft, schon klar.)

Und jetzt?

Zunächst einmal herrschte Frust, wie oben auf der DFL-Pressekonferenz deutlich zu sehen. Bleibt zu hoffen, dass man diesen ebenso wie persönliche Befindlichkeiten nun schnell überwindet und sich auf das besinnt, worin sich alle einig waren und sind:

Es herrscht Investitionsbedarf in der Liga und in den Strukturen, unabhängig von den Vereinen. Dieser ominöse „750 Millionen Euro Topf“, den Hellmann in der Pressekonferenz bestreitet, muss so oder in ähnlicher Art und Weise her, um besagte „Wettbewerbsfähigkeit“ herzustellen, wenn man das denn unbedingt will. Und auch wenn man als mäßiger Zweitligist wirklich nur ganz am Rande ein Interesse daran hat, ob nun Bayern, PSG oder Man City die Champions League gewinnen, so wird sicher keiner der 36 Vereine etwas dagegen haben, diese Wettbewerbsfähigkeit auch für „die da oben“ zu verbessern – nur eben nicht nur für die sondern für alle und auch nicht um jeden Preis.

Insofern dürfte es jetzt darum gehen, zu ermitteln, wie viel Geld genau jetzt nötig ist und dieses dann eben auf anderem Wege über externe Geldgeber zu akquirieren. Im „schlimmsten“ Fall wäre dies dann eben der Weg zu Banken, der zumindest mir immer noch seriöser und vernünftiger erscheint, als der Verkauf an eine „Private Equity Group“ für 20 Jahre, mit nicht übersehbaren Langzeitfolgen und Konsequenzen.

Sowohl Watzke als auch Hellmann schlossen dies (Verschuldung, Fremdkapital in großem Maße) auf der Pressekonferenz aus, eine Verschuldung der Liga käme für sie nicht in Frage. Göttlich hatte dies vorher als Möglichkeit explizit empfohlen. Diese unterschiedlichen Ansichten gilt es jetzt zusammen zu bringen oder andere Wege zu finden.

Am Ende gilt es für die DFL doch, sich darauf zu besinnen, was sie einzigartig macht. Ihr „Unique Selling Point“, um mal im Businesskasper-Sprech zu bleiben. Und das sind nicht nicht die Stars wie Erling Haaland oder Messi, die man sich eh nicht leisten kann, sondern die vollen Stadien und die einzigartige Atmosphäre. Mit geplanten Deals, wie dem heute verhinderten, gefährdet man diese langfristig, weil die Fans sich abwenden – und für die ganz großen Stars hätte der Deal eben auch nicht so gereicht.
Schließen wir also mit den Worten von Oke Göttlich am Nachmittag:

„Wir müssen erst eine klare Strategie entwickeln, gemeinsam und konstruktiv – und dann können wir diese gezielt finanzieren, um unsere klar definierten Ziele zu erreichen. [Die Zentralvermarktung ist] ein zentrales Gut des solidarischen Miteinanders beider Ligen und muss über klare Einbringungen von Inhalten für die Partner definiert und ausgebaut werden.“

Oke Göttlich, FC St. Pauli

// Maik

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9 thoughts on “„DFL-Vereine scheißen auf Solidarität und zwei Milliarden!“

  1. Moin, danke guter Text. Was mich jedoch (gestern noch einmal) erstaunt. Oder eben auch nicht wirklich. Diese Naivität mit der an die Sache rangegangen wurde. Da will man im Konzert der ganz großen mitspielen und fordert von Profis Angebote über 2-3 Milliarden an. Unvorstellbar viel Geld. Es gibt keinen wirklichen Plan was mit dem Geld passieren soll. Alles sehr wage. Und am Ende ist es so, dass man ja offensichtlich kein wirkliches Mandat hatte. Das wäre so, als wenn ich zur Bank gehe und sage ich möchte einen Kredit für mich und meine Frau, ohne das meine Frau wirklich informiert ist und die dann Nein sagt. Bei der Bank müsste ich dann erst einmal nicht mehr kommen. Ich bin da bei Oke Finazbedarf feststellen, Plan erstellen dann das nötige Geld besorgen. Und nicht mal gucken wie viel wir bekommen und dann mal schauen, wie wir es ausgeben.
    Bin gespannt, welche Vereine jetzt in Not geraten.

  2. Es ist erschütternd, wie wenig Ahnung von Wirtschaft diese Herrschaften (no gendern necessary) in den Führungsetagen haben, obwohl doch genau das ihr einziger Job ist. Die DFL ist ein Unternehmen. Die Bundesligaclubs sind Unternehmen. Sie sollten auch wie welche geführt werden. Schon alleine die Tatsache, dass plus/minus vier Private-Equity-Firmen Interesse an einem Einstieg haben, ist ein sicheres Zeichen dafür, dass es für diese ein guter Deal wäre, was im Umkehrschluss heißt, dass es für die DFL eher keiner ist. Selbstverständlich musst du Wachstum generieren, aber wenn du 12,5% deiner Einnahmen gleich postwenden weiterreichst, dann musst du halt auch mehr mehr Einnahmen generieren, damit sich das rechnet. Jede technische Innovation, in die heute Geld gesteckt werden könnte, wird in zwanzig Jahren (wahrscheinlich sogar schon deutlich früher) überholt sein. In zwanzig Jahren werden nicht mehr TikTok, Twitch und Instagram relevant sein, sondern Plattformen, die wir uns heute nicht einmal vorstellen können, verbunden mit Technologien, die heute nach Science Fiction klingen. Denkt doch mal zwanzig Jahre zurück! Da gab es noch keine Livestreams im heutigen Sinne, Podcasts auch nicht, nicht mal Facebook (2004) oder iPhones (2007). 2003, also vor zwanzig Jahren, wurde MYSPACE gelauncht und wir wissen alle, wo das hingeführt hat. Oder nein, eigentlich weiß niemand, was aus MySpace geworden ist… Wenn die Spitzenclubs mit den Vereinen aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten mithalten wollen, dann müssen sie 50+1 beenden und sich ebenfalls an die meistbietenden autoritären Regime verscheuern. Allerdings um den Preis, dass sie dann auch nicht mehr die Vereine sind, die sie sind, sondern bloß noch Marken. Anders wird es nicht gehen. Kein wirtschaftlich orientierter Club wird jemals mit Unternehmen mithalten können, deren Ziel nicht Wirtschaftlichkeit, sondern geopolitische Soft Power ist. Zwei Milliarden, das ist doch nix. Das sind gerade einmal neun Neymars. Oder anders gesagt: Alleine die Teams von Manchester City und Chelsea sind zusammen schon mehr wert! Das reicht nicht, um „international wettbewerbsfähig“ zu sein. Können die Leute alle nicht rechnen? Oder stellen sie bewusst kurzfristige Gewinne über langfristige Entwicklungschancen, wie es ja auch in der freien Wirtschaft durchaus üblich ist?

  3. wiedermal voll ins schwarze getroffen!
    als ich gestern den ersten kommentar von watzke hörte, hatte ich genau dasselbe bild vom bockigen kind vor augen… wie kann der sich nur solch eine blöße geben!? wahrscheinlich wird ihm dadurch die ganze meisterfeier verhagelt, so es denn eine gibt… mein mitleid für herrn watzke is quasi nicht vorhanden.

  4. Voranmerkung: Bin FCK-Fan. Und kann leider nicht behaupten, dass ich überzeugt bin, dass mein Verein bei den Neinstimmen war.

    Man wollte die 2G€ ja „auch in Auslandsvermarktung investieren“ hat man gesagt. Und ich frage mich ernsthaft, wie die Herrschaften sich das vorstellen!
    Platt gesagt: Damit der nicht-europäusiche Fußballfan, sofern er die Wahl hat, anstatt für die etablierte Premier League für die Bundesliga entscheidet sind drei Faktoren wichtig: Preis, Marke, Qualität.
    Fangen wir mit dem Preis an. Die DFL will da Geld heraus holen. Das bedeutet die Lizenzkosten können nicht all zu niedrig sein. Nein, genau genommen muss die DFL dadurch einen Finanzschub von 12,5% erreichen. Dazu kommen solche Scherze wie Übertragungstechnik, Personal und wahrscheinlich noch einiges mehr. Man kann zwar davon ausgehen, dass die Bundesliga im Ausland günstiger zu haben sein würde, aber auch deutlich günstiger als die PL?
    Dann die Marke. Ich gehe stark davon aus, dass das Auftreten der deutschen Nationalmannschaft in den letzten beiden WMs (das wo man sie in besagten Ländern wahrnimmt) nicht besonders Imagefördernd für die Bundesliga war. Dazu dann das hausgemachte Problem, dass man über gewisse Grenzen hinaus von den 18 Bundesligamannschaften vielleicht noch 1,5 kennt!
    Klar, dass Nationalmannschaftsproblem könnte England auch haben (bin ich nicht so drin), aber Deutschland ist hier der „Newcomer“ (in Anführungszeichen, weil die ja in vielen Ländern schon vermarkten IIRC) der muss also besser performen als der Alteingesessene! Natürlich kann man eine Marke künstlich aufblaßen. Das kostet Geld, das ist ja das was die DFL tun will. Allerdings wenn man das Geld aus einer alten Marke schon hat kann man, als PL jetzt, da auch gegensteuern! Und die werden der DFL nicht kampflos das Feld überlassen!
    Bleibt also noch die Qualität! Dazu könnte man zum Beispiel die Attraktivität einzelner Spiele nehmen. Aber die DFL sagt ja selbst, die großen Namen, die können wir uns nicht leisten. Und wenn der BVB und der FCB sich jetzt von den 2mrd sagen wir mal 4 wirkliche Weltklassespieler besorgen könnten, sie würden eben doch nur gegen Augsburg spielen. Wegen zwei potenziell technisch herausragenden Spielen kaufe ich keine Liga! Zur Qualität könnte natürlich auch die Spannung gehören. Aber da erzähle ich ja niemandem etwas neues, dass auch die bei der DFL eher vergeblich zu suchen ist. Einer Liga in der es eine riesige Überraschung ist, dass der Meister nicht schon am Ende des 33. Spieltags (oder auch viel früher) fest stand! Das passierte von 2011 bis 2022 nämlich genau ein Mal! Dazu kommt, dass am nächsten Samstag eine Mannschaft die verschiedenen Meister in den letzten zehn Jahren auf einen Schlag verdoppeln könnte! Nein! In der Bundesliga ist keine Spannung! Noch weniger als in der PL. Zum Vergleich: In den letzten zehn Jahren hatte Spanien 3, England 5, Italien 4 verschiedene Meister.

    Des Weiteren wurde uns, ich erinnere mich, 2020 versprochen, dass sich die Vereine endlich mal auf Nachhaltigkeit einstellen müssen. Was ist eigentlich daraus geworden?

    Ich entschuldige mich für diesen langen Text und wollte bestimmt nicht vom Thema ablenken.

    1. Ich würde auch mal die Frage aufwerfen wollen, warum überhaupt Menschen irgendwo anders Spiele einer Liga oder eines Vereins ansehen. Ich hatte, solange es bezahlbar war, auch DAZN und hätte jede Menge Spiele aus verschiedensten Ligen anschauen können. Habe ich aber nicht. Ich habe vielleicht hier und da mal reingezappt, aber bei allem Respekt für La Liga oder Premier League schaue ich mir nicht Getafe gegen Oviedo oder Fulham gegen Norwich an. In der Regel schaue ich mir nicht einmal Liverpool gegen Arsenal oder Real gegen Barcelona an. Warum? Weil ich zu keinem der genannten Vereine einen Bezug habe und weil es irrsinnig viele andere Möglichkeiten gibt, meine Zeit zu verbringen. Die Bundesliga (und die anderen Ligen selbstredend auch) stehen auch in direkter Konkurrenz zu den Big-4-Profiligen in den USA, zu Netflix, Prime und Disney+, zu Podcasts, Youtube, TikTok und Instagram. Bei den Gamer*innen kommt dann auch noch Twitch dazu. Ich bin inzwischen Ü40 und kann ehrlich behaupten, dass mir das meiste an diesen neuen Medien furzegal ist, aber ich bin halt auch nicht die Zielgruppe. Und Menschen meines Alters sind auch nicht die Zielgruppe in Indonesien oder Indien. In diesen Ländern leben sehr viele junge Menschen. Die will man erreichen. Und daher muss man sich fragen: Was wollen die? Ist ein Fußballspiel für sie wirklich gute Unterhaltung? Oder unter welchen Umständen ist es das? In Indien ist inzwischen ja auch T20-Cricket groß, eine Form des Crickets, die sich in Form und Vermarktung (coole Teamnamen, bunte Trikots etc.) dem Zeitgeist angenähert hat. Mit so etwas muss die Bundesliga auf globalem Level konkurrieren und ganz ehrlich: Ich würde da momentan mein Geld da eher auf die Kings League setzen. Schon alleine, weil die Spiele kürzer sind. Einfach nur zum Angucken sind mir 90 Minuten ja auch meist zu lang. Das halte ich in der Regel nur aus, wenn ich die Spiele nicht alleine schaue. Und da sind wir beim Punkt: Es geht um etwas Soziales, um die Identifikation mit dem, was da auf dem Bildschirm passiert. Ich kann dieses Soziale auch alleine auf dem Sofa erleben (z.B. wenn ich parallel mit Leuten darüber auf Twitter diskutiere) und tue das beizeiten auch beim FCSP, aber es braucht da eine Verbindung. Die Frage ist, wie die entsteht und ob man das erzwingen kann. Ich denke, es geht nur bedingt. Ich habe in San Francisco einen Amerikaner getroffen, der Fürth-Fan ist (und Fan des lokalen Teams El Farolito). Ich habe dort auch diverse Leute getroffen, die Fans eine Premier-League-Teams sind und das auch durchaus ernst nehmen. Sie alle sind Fans geworden wie die meisten hier auch: von einem Moment auf den anderen und fast als sei Magie im Spiel. Ein Spiel gesehen und von irgendwas begeistert gewesen und zack zu spät. Das kann dir auch bei Augsburg oder Kaiserslautern passieren. Aber halt nur, wenn du die auch mal spielen siehst. Es muss auch nicht der Fußball sein, der dich catcht, es kann auch die Fankurve sein oder das Vereinslied oder die Trikotfarben oder oder oder. Manche Leute haben ihre Vereine sicher auch durch Filme wie „The Football Factory“ oder „Green Street Hooligans“ gefunden. Aber irgendwas braucht es. Und auch dann braucht es noch etwas mehr, damit du dir nicht nur ein Trikot holst und Highlightclips im Internet guckst, sondern tatsächlich Geld dafür bezahlst, dir alle paar Tage zwei Stunden lang ein Fußballspiel anzuschauen, während du auch „Ted Lasso“ bingen oder Leuten beim Halbwissen in eine Kamera Labern zugucken könntest. Wie bekommst du diese Menschen irgendwo von uns aus gesehen am Ende der Welt dazu, das zu tun? Und bringen dich zwei Milliarden Euro der Beantwortung dieser Frage wirklich einen entscheidenden Schritt näher?

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