Platz 15 gegen Platz 16 – das Duell zwischen dem FC St. Pauli und dem SV Sandhausen ist zweifelsohne ein enorm wichtiges und der Begriff „6-Punkte-Spiel“ ist angebracht. Entsprechend unangenehm dürfte das Spiel werden. Und es gibt noch weitere Punkte, die zeigen, dass dem FCSP ein richtig unangenehmes Spiel bevorsteht.
(Titelbild: Peter Boehmer)
Zur Vorbereitung empfehle ich wärmstens das „Vor dem Spiel“ – Gespräch von Bobby, der sich mit Stefan von Carpe Diem Sandhausen zu der bisherigen Saison des SV Sandhausen unterhielt. Wie immer, wenn der MillernTon ruft und Stefan antwortet, ein sehr unterhaltsames Gespräch.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Da hat sich nicht viel getan seit der letzten Woche. Timo Schultz sagte auf der PK, dass alle Spieler, die gegen Heidenheim zur Verfügung standen auch gegen Sandhausen zur Verfügung stehen werden.
Aber Sebastian Ohlsson steht wieder zur Verfügung, da er am Mittwoch wieder voll im Training war. Gleiches gilt für James Lawrence, der gegen Heidenheim Probleme mit der Wade hatte.
Zu einem möglichen Einsatz von Tore Reginiussen sagte Schultz „Tore ist absolut ’ne Alternative. (…) Die Frage ist: Wie dringend benötigen wir ihn?“ Ich sage, besonders gegen Sandhausen: dringend! Später mehr dazu.
Ich bin mir nicht wirklich sicher, wann wir sowas zuletzt beim FC St. Pauli gehört haben, aber Timo Schultz sagte auf der PK tatsächlich, dass die Spieler „fit und körperlich gut drauf“ sind. Das ist nicht mehr mein St. Pauli…
SV Sandhausen: Wer kann spielen, wer fehlt?
Gerrit Nauber ist nach seiner verletzungsbedingten Auswechslung beim letzten Spiel „wieder fit“ wie SVS-Trainer Michael Schiele auf der sehr leisen Pressekonferenz vermeldete. Moment mal, Michael Schiele? Nein, wir spielen nicht gegen Würzburg. Dort war Schiele zu Saisonbeginn noch Trainer, auch noch als der SV Sandhausen im Hinspiel gegen den FC St. Pauli unter der Leitung von Trainer Uwe Koschinat gewann. Koschinat wurde jedoch Ende November entlassen (der Sieg gegen den FCSP war sein letzter als SVS-Trainer), Schiele schon einige Spieltage zuvor.
Sicher fehlen wird dem SVS Julius Biada, der in fittem Zustand Stammspieler sein dürfte. Auch Eric Zenga befindet sich noch im Aufbautraining und für Neuzugang Nikolaos Zografakis ist die Zeit seit seiner Ankunft in Sandhausen zu knapp.
Wieder mit an Bord sind Kapitän Dennis Diekmeier und Emanuel Taffertshofer. Beide könnten direkt wieder in die Startelf rücken.
Besar Halimi hat nach langer Verletzung in der Englischen Woche alle drei Spiele von Beginn an gespielt und trat im Laufe der Woche etwas kürzer, sein Einsatz ist fraglich. Alexander Esswein und Niko Nartey oder Taffertshofer sind laut Schiele Alternativen.
Was hat Sandhausen zu bieten?
(Sämtliche Statisken kommen von WyScout)
Neun Auswärtsspiele, acht teils deutliche Niederlagen hat der SV Sandhausen zu bieten. Ganz ungewohnt kann man aus FCSP-Sicht leicht von oben herab sagen, dass der SVS auswärtsschwach ist. Aber Michael Schiele weist bei der PK auch darauf hin, dass der FCSP ja auch erst zweimal zuhause gewonnen hat.
Wenig Torschüsse & viele Torschüsse
Im Vergleich zu anderen Teams hat der SV Sandhausen relativ wenige eigene Torschüsse zu bieten, die zweitwenigsten der Liga um genau zu sein. Das liegt daran, dass der SVS richtig wenige Chancen aus dem Spiel heraus generiert. Anders sieht die Lage bei den Standards aus: Mehr als ein Drittel der Tore des SVS fallen durch Standards (8 von 21, davon zwei Elfmeter).
Und auf der anderen Seite?
„Ich glaube nicht, dass wir gegen Sandhausen viele Chancen kriegen werden.“ sagte Timo Schultz auf der PK vor dem Spiel. Naja, da müsste der FCSP schon relativ viel anders machen, als viele andere Teams der 2.Liga. Denn der SV Sandhausen hat die zweitmeisten gegnerischen Torschüsse zugelassen (Spitzenreiter ist leider der FC St. Pauli) und liegt mit einem gegnerischen xG-Wert von 33.3 ebenfalls relativ weit oben (Platz 4, der FCSP liegt auf Platz 2). Es wäre verwunderlich, wenn nicht auch der FCSP zu seinen Chancen kommen würde, gerade da der FCSP die fünftmeisten Torabschlüsse der Liga generiert hat.
Wie spielt der SV Sandhausen?
Physisch. Das beschreibt das Spiel eigentlich perfekt und macht den SVS zu einem sehr unangenehmen Gegner, gerade für den FCSP, da der eben in diesem Kernbereich besonders defensiv seine Probleme hat.
Ganz im Gegensatz zum FC St. Pauli legt der SV Sandhausen keinen Wert auf Dribblings, bestreitet offensiv die zweitwenigsten Duelle (der FCSP die zweitmeisten). Und besonders jetzt, wo Anais Ouahim (mit 8 Dribblings pro Spiel am meisten) zum FCK gewechselt ist und Julius Biada verletzt fehlt (5 Dribblings pro Spiel), dürfte der Fokus im Offensivspiel noch mehr auf einer anderen Sache liegen: Lange und hohe Bälle.
Mit 57.2 Kopfballduellen pro Spiel bestreitet der SV Sandhausen die meisten der Liga. Und das ist keine Not-Variante sondern auf den Spielerkader zugeschnitten. Die Doppelspitze bestehend aus Kevin Behrens und Daniel Keita-Ruel steht mit 13.6 und 12.9 Kopfballduellen pro Spiel auf Platz 3 und 5 der Liga.
Und Sandhausen ist auch qualitativ in der Luft nur schwer zu bezwingen: Die drei Innenverteidiger Zhirov, Röseler und Kister sind mit ihren Erfolgsquoten bei Kopfballduellen auf den Plätzen 1, 4 und 15 in der Liga zu finden. Behrens gewinnt für einen Stürmer ebenfalls richtig gute 52% seiner Duelle. Entsprechend ist der SV Sandhausen nicht nur das Team mit den meisten Kopfballduellen sondern auch mit der höchsten Erfolgsquote (53,1%).
Entsprechend zu dem Fokus auf Kopfballduelle spielt der SV Sandhausen viele, sehr viele lange Bälle. Genauer gesagt ist jeder sechste Pass des SVS lang – Höchstwert in der Liga. Besonders aus der Innenverteidigung kommen außerordentlich viele lange und hohe Bälle. Vom Innenverteidiger-Trio Kister / Zhirov / Röseler ist jeweils jeder vierte Pass ein langer Pass. Das ist schon bemerkenswert.
Insgesamt spielt Sandhausen knapp vor Eintracht Braunschweig die wenigsten Pässe der Liga. Und hat mit 76% auch die zweitschlechteste Quote. Ein klarer Anzeiger für den Fokus auf das Kopfballspiel und lange Bälle.
Ein weiterer Anzeiger für die physische Spielweise des SV Sandhausen ist die Foul-Statistik: Hinter Jahn Regensburg begeht der SVS die meisten Fouls der Liga. Der FCSP ist in dieser Statistik zwar auf dem dritten Platz, aber die 55 Gelben Karten (Liga-Spitze) von Sandhausen gegenüber den 41 des FCSP sprechen ebenfalls eine recht deutliche Sprache, dass es für den FC St. Pauli unangenehm werden wird.
Mögliche Aufstellung
Ein 3-4-1-2 dürfte es beim SV Sandhausen werden. Das Abwehr-Trio wird, vor allem da Gerrit Nauber angeschlagen ist, aus Kister, Zhirov und Röseler bestehen.
Im Vierer-Mittelfeld ist die Sache schon sehr viel schwieriger einzuschätzen: Zum letzten Spiel, dem 2-0 gegen Nürnberg, hat Michael Schiele das gesamte Mittelfeld einmal komplett ausgetauscht. Und trotz des Sieges gegen Nürnberg und dem „guten Spiel“ das Schiele sah, dürfte es erneut zu Veränderungen kommen. Ich rechne mit Taffertshofer und Diekmeier, die in die Startelf zurückkehren.
Vorne im Angriff hat der im Winter neu zum SVS gekommene Patrick Schmidt zuletzt anstelle von Daniel Keita-Ruel gespielt. Ich rechne trotzdem mit Keita-Ruel, der nach seiner Einwechslung kurz vor Schluss das entscheidende 2-0 gegen Nürnberg erzielte.
Und beim FC St. Pauli?
Timo Schultz hat jedenfalls abermals angekündigt, dass es wohl zu personellen Änderungen kommen wird. Fragt sich nur auf welchen Positionen das sein wird. Ich sehe drei Möglichkeiten (und alle haben mit Kopfbällen von Sandhausen zu tun):
Auf der Sechs könnte wieder Eric Smith starten. Über den sagte Schultz, dass er „vielleicht auch mal ein Spiel auf der Bank“ verbringen werde, wenn der Formaufbau das vorgibt. Denn Schultz traut ihm aktuell „maximal 75 Minuten“ zu. Und er verweist auch darauf, dass der Matchplan über eine Aufstellung von Smith entscheide. Klingt nicht unbedingt nach Startelf. Wird es also Rico Benatelli werden? Schwierig. Denn eigentlich braucht der FCSP die Physis besonders gegen Sandhausen, sodass ich sogar eher Afeez Aremu in der Startelf vermuten würden als Benatelli (der vielleicht eher ein Thema auf der Acht werden könnte). Aber Benatelli ist eben auch nach der Pause gegen Heidenheim fit und könnte auch als Ankurbler der Offensive eine echte Alternative sein. Zumal er es defensiv in den letzten Spielen gar nicht mal so schlecht machte. Allerdings dürfte der Kopfball-Fokus von Sandhausen nicht so richtig zu ihm passen.
Auf der Rechtsverteidigerposition hat gegen Heidenheim Luca Zander einen guten Job gemacht. Aber Sebastian Ohlsson ist seit Mittwoch wieder voll im Team-Training und entsprechend auch einsatzbereit und war vor seiner Verletzung in meinen Augen unverzichtbar.
Da es sich bei Zander und Ohlsson um zwei sehr unterschiedliche Spielertypen handelt, dürfte der Matchplan den Ausschlag für die Entscheidung geben. Sollte der Plan auch offensive Flanken vorsehen (was ich aufgrund der Kopfballstärke von Sandhausen nicht zwingend vermute), so müsste es Zander sein. Der schlägt nämlich knapp fünf Flanken pro Spiel (und bringt sehr gute 2 von 5 an den Mitspieler) und damit die meisten beim FCSP. Ohlsson hingegen schlägt nur 1.8 Flanken (hier ist die Statisitk aber auch etwas irreführend, da Ohlsson auch vier Spiele als IV in der Dreierkette spielte).
Trotzdem: Luca Zander steht generell für mehr Offensivdrang als Sebastian Ohlsson, der jedoch defensiv enorme Qualitäten auf den Platz bringt (über 10 Duelle pro Spiel und 64% Erfolgsquote) und auch aufgrund seiner Passstärke und Zuverlässigkeit offensiv ein sehr wichtiger Faktor sein kann.
Auch in der Innenverteidigung könnte es eine Veränderung geben. Auch hier könnte die Kopfballstärke von Sandhausen den Ausschlag geben. Da dürften nämlich die Skills von Tore Reginiussen gefragt sein. Fragt sich nur noch wie fit er ist („bei 80 bis 90%“ sieht ihn Schultz) und ob er bereits die Abläufe nach nicht einmal zwei Trainingswochen verinnerlicht hat.
Ich lege mich fest: Wenn Reginiussen fit ist, dann muss er spielen. Und wenn die Wade von James Lawrence einen guten Eindruck macht, dann wird es Philipp Ziereis sein, den Reginiussen ersetzen wird, da der FCSP vom starken Aufbauspiel von Lawrence richtig profitieren kann und Ziereis zuletzt in defensiven Duellen nicht stabil wirkte.
„Immer wenn wir passiv sind kriegen wir Probleme“ – Timo Schultz stellte auf der PK klar, dass der FC St. Pauli seine defensiven Probleme nicht in den Griff bekommen wird, indem er auf offensive Power verzichtet. Der Fokus muss und wird weiterhin auf dem eigenen Spiel und der Offensive (die Eigenschaften von Zalazar, Kyereh und Marmoush dürften dem SVS so gar nicht passen, da sie das Tempo nicht mitgehen können). Besonders gegen Sandhausen wird es aber defensiv auf Standard-Situationen und Physis ankommen. Beides auch immer eine Frage der Einstellung (und des defensiven Umschaltverhaltens, welches aber zuletzt merklich besser geworden ist). Die muss also passen, es darf nicht nachgelassen werden.
Immer weiter vor!
Forza!
// Tim
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Du hast es vermieden, aber – shit – auch nach Deiner Analyse sind wir morgen abend Favorit! Ja, genau! Das kann ja nichts werden…
Das ist doppelt umgekehrte, inversierte Gegenteil-Psychologie
5-0! Mindestens… 😉
Moin, Freitag, Flutlicht und Kacke.
Ein Montag im August 2019, Flutlicht und finde gerade nur Episode 066 des MT, die letzten Minuten. Wobei die gesamte Episode gut ist, danke dafür.
Also AFM Radio. Forza.
Ich dachte, ich schaffs mal, mit Deiner prognostizierten Aufstellung hundertprozentig konform zu gehen -sehe auch gegen den wahrlich nicht schlechten Sturm von Sandhausen Reginiussen und Smith Vorne-, aaber, da haben wirs ja: Zander vor Ohlsson? DAS seh ich nicht 🙂