Vorbericht: VfL Osnabrück – FC St. Pauli (26. Spieltag, 20/21)

Vorbericht: VfL Osnabrück – FC St. Pauli (26. Spieltag, 20/21)

Am Sonntag trifft der FC St. Pauli auf den VfL Osnabrück. Ein Blick auf die Tabelle sollte genügen, um für ausreichend Motivation zu sorgen. Denn ein Sieg an der Bremer Brücke dürfte ein richtig großer Schritt gen Klassenerhalt bedeuten. Und das würde gerade vor der anstehenden Länderspielpause für einige Planungssicherheit sorgen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil. Aber da gibt es ja noch den VfL Osnabrück, der da was gegen haben wird.
(Titelbild: imago images / via OneFootball)

Zur Vorbereitung hört Euch gerne das VdS-Gespräch von Bobby mit Lennart von der NOZ an. Und falls ihr nochmal eine Erinnerung an glücklicherweise vergangene Zeiten braucht, biete ich Euch eine richtig ärgerlich Niederlage als Text an.

Es gibt ja durchaus einige, die einen Zusammenhang zwischen dem Erscheinen meiner Vorberichte und dem Erfolg auf dem Platz sehen. Dieser Aberglaube ist natürlich Käse. Also bitte, mit Worten in einem Vorbericht kann man keine Dinge auf dem Fußballplatz positiv beeinflussen. So ein Quatsch! Ach übrigens: Guido Burgstaller hat in seiner gesamten Karriere noch nie gegen den VfL Osnabrück ein Tor erzielt. Das kann er nicht…

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Auf Eric Smith müssen wir wohl oder übel mindestens noch dieses Spiel verzichten. Christopher Avevor dürfte noch länger fehlen und auch wenn er diese Woche erfreulicherweise wieder mit dem Team trainiert hat, kommt ein Einsatz von Ryō Miyaichi nach der langen Pause natürlich viel zu früh. Immer mehr eine Option wird hingegen Christopher Buchtmann, der nun schon einige Zeit wieder voll im Team-Training ist und vermutlich bereits in der U23 Spielpraxis hätte sammeln können, wenn diese denn spielen dürfte. Allerdings schränkt Schultz auf der PK ein, dass er für das Spiel gegen Osnabrück sicher noch keine Option sein wird.

Zwei kleine Fragezeichen stehen hinter Finn Ole Becker und James Lawrence. Timo Schultz vermeldete aber, dass zumindest Becker wieder voll mittrainieren konnte. Was ein Fehlen von Becker für das Offensivspiel bedeutet, konnten wir in den letzten beiden Spielen sehen. Es wäre enorm wichtig, wenn er wieder auf dem Platz steht.
James Lawrence hat leichte Wadenprobleme und den Worten von Schultz folgend ist das Fragezeichen hinter ihm ein wenig größer als hinter Becker („werden das heute und morgen abklären„).
Eventuell schwerer erwischt hat es Simon Makienok. Er knickte im Training um und zum Zeitpunkt der PK gab es noch keine Diagnose. Erfreulichere Nachrichten gibt es von Jannes Wieckhoff, der laut Schultz bei „fast 100%“ ist und dem es aktuell „nur noch“ an Spielpraxis mangelt.

VfL Osnabrück: Wer kann spielen, wer fehlt?

Fehlen wird sicherlich Marco Grote, der zu Saisonbeginn und sogar noch im Februar Trainer in Osnabrück war. Nach sieben Niederlagen in Folge, von denen in den letzten sechs Spielen nur ein einziges Tor erzielt wurde, musste Grote gehen. Und das, obwohl Osnabrück nach sieben Spielen auf Platz 2 und nach 14 Spielen noch auf Platz acht der Liga stand und der Saisonstart damit als gelungen bezeichnet werden konnte. Aber schon nach 15 Spielen war anhand der xG-Werte zu erkennen, dass die Reise für Osnabrück eher nach unten gehen würde.

Seit Anfang März ist Markus Feldhoff Trainer des VfL Osnabrück. Ich habe eine besondere Beziehung zu ihm oder besser gesagt zu seinen Haaren. Denn mit diesem Panini-Bild bin ich mal zum Friseur marschiert. Ich wollte genau so eine Frisur haben, damit ich auch mal Stürmer bei Bayer Leverkusen(!) werden kann. Hat fast geklappt…

Zurück zum Wesentlichen:
Sicher fehlen wird dem VfL Osnabrück Routinier Ken Reichel. Der Klub vermeldete unter der Woche, dass er einen Muskelfaserriss im Spiel gegen Nürnberg erlitten hat und bis auf Weiteres ausfallen wird. Ebenfalls fehlen wird sicher Innenverteidiger Adam Susac, der sich im Spiel gegen Sandhausen eine Rote Karte abholte. Im Mittelfeld dürfte Sebastian Klaas nach seiner Knie-OP auch weiterhin fehlen. Ebenfalls operiert wurde Angreifer Luc Ihorst und zwar erst vor kurzem an der Leiste – Ausfallzeit ungewiss. Ebenfalls fehlen im Angriff dürfte Etienne Amenyido, der seit fast zwei Monaten Adduktorenprobleme hat. Auch der Siegtorschütze aus dem Hinspiel, David Blacha, fehlte zuletzt gegen Nürnberg aufgrund von muskulären Problemen.
Das sind schon relativ fette Ausfälle, die Osnabrück zu beklagen haben könnte (die PK findet erst heute Nachmittag statt). Immerhin: Wieder zurück im Kader nach seiner Gelbsperre wird Kapitän Maurice Trapp sein, der damit ziemlich sicher direkt in die Startelf beordert werden wird.

Seit Anfang März Chef in Osnabrück und immer noch die Haare schön: Markus Feldhoff.
(imago images / via OneFootball)

Was hat der VfL Osnabrück zu bieten?

Zurecht weit unten

Puuh, wo fang ich an… Vielleicht erstmal mit der Feststellung, dass der VfL Osnabrück (zusammen mit dem kommenden Gegner Braunschweig) durchaus als schwächstes Team der Liga bezeichnet werden kann. Zwar sind tabellarisch noch die Würzburger Kickers dahinter, aber die holen recht wenig für ihren Aufwand. Der VfL Osnabrück hingegen steht, basierend auf nahezu allen Statistiken, zu Recht da unten.

So hat Osnabrück zum Beispiel mit einem expected Goals – Wert von 22.9 den niedrigsten der Liga vorzuweisen (der FCSP hat bekanntlich den höchsten xG-Wert – der ist mit 43.7 fast doppelt so groß wie der von Osnabrück). Und mit 23 erzielten Toren (niedrigster Wert der Liga) kommen sie mit ihrem xG ziemlich nahe ran.
Defensiv ist das Team mit einem xG-Wert von 36.8 zwar „nur“ im unteren Mittelfeld, aber der Wert passt ziemlich gut mit den real gefangenen Toren zusammen (38).
Entsprechend ist auch der Wert der expected Points von Osnabrück recht nahe an den realen Punkten (xP 24.3 – 23 Punkte geholt). Mit den xPoints liegen sie recht deutlich auf dem letzten Platz.

(imago images / via OneFootball)

Woran liegt’s?

Nur 23 Tore hat der VfL Osnabrück in seinen 24 Spielen erzielt und stellt damit hinter Braunschweig die schwächste Offensive der Liga. Bemerkenswert: 11 dieser 23 Tore kamen per Standard zustande, also fast die Hälfte, was die höchste Quote der Liga ist und entsprechend wird die Verteidigung von Standards einmal mehr ein massiver Fokus des FCSP sein.

Bereits die xG-Werte haben gezeigt, dass die schwache Torausbeute von Osnabrück durchaus seinen Grund hat. Ein Blick in weitere Statistiken zeigt ebenfalls die offensive Harmlosigkeit:
Der VfL Osnabrück hat die zweitwenigsten Torschüsse der Liga abgefeuert (der FCSP die zweitmeisten). Mehr als die Hälfte der Torschüsse (127 von 245) wurden von außerhalb des Strafraums abgegeben, also eher aus schlechten Positionen. Passend dazu haben sie die wenigsten Ballkontakte im gegnerischen Strafraum.

Zusätzlich schlägt Osnabrück die wenigsten Flanken der Liga, stand erst 23x im Abseits (mit Abstand die niedrigste Zahl), hat erst 49 „key passes“, also Torschussvorlagen, gespielt (ebenfalls abgeschlagenes Schlusslicht), spielt die wenigsten Pässe ins Angriffsdrittel und überspielt nur selten die gegnerischen Ketten („smart passes“ – zweitwenigste der Liga).
Das Offensivspiel vom VfL Osnabrück ist also, gelinde gesagt, ausbaufähig.

Auf welche Spieler gilt es zu achten?

Eine defensive Grundtugend passt recht gut in Osnabrück: Maurice Trapp, Timo Beermann und Lukas Gugganig sind starke Zweikämpfer und haben alle jeweils mehr als 70% ihrer Duelle gewonnen (= Top15 der Liga).
Vor den zweikampfstarken Spielern ist mit Ulrich Taffertshofer ein „Ballfänger“ auf der Sechs zu finden. Er hat sehr gute 7 „Interceptions“ pro Spiel vorzuweisen, was den Top10 der Liga entspricht. Zuletzt agierte neben Taffertshofer die Barca-Leihgabe Ludovit Reis, der im Saisonverlauf nicht überragt, aber durchaus solide Statistiken vorzuweisen hat und nächste Woche für die Niederlande bei der U21-EM antreten wird.

Besonderes Augenmerk ist definitiv auf die offensive Zentrale vom VfL Osnabrück zu legen. Dort ist Sebastian Kerk der Dreh- und Angelpunkt der Osnabrücker Offensive. 14 Torbeteiligungen hat er diese Saison vorzuweisen. Das bedeutet, dass Osnabrück ohne die Beteiligung von Kerk nur auf magere 9 Tore aus 25 Spielen kommt. Diese Quote kommt auch dadurch zustande, dass Kerk der Herr der Standards in Osnabrück ist. Von seinen acht Saisontoren sind jeweils drei per Elfmeter und direktem Freistoß gefallen.

Etwas vakant ist die Position neben Kerk in der Offensivzentrale. Im zuletzt praktiziertem 3-4-2-1 haben sich schon einige Spieler neben Kerk ausprobiert. Ich habe diese Saison nicht viel von Osnabrück gesehen, aber frage mich grundsätzlich, warum diese Position nicht dauerhaft mit Niklas Schmidt besetzt ist. Denn die Leihgabe aus Bremen hat mich technisch und in Sachen Kreativität jedes Mal beeindruckt. Diese Saison hat er jedoch gerade einmal 40% der möglichen Spielzeit auf dem Platz gestanden. Und das obwohl Schmidt zum Beispiel in der Kategorie „smart passes“ zu den Top3 der Liga gehört.

Die Offensiv-Zentrale: Sebastian Kerk (li.) und Niklas Schmidt.
(imago images /via OneFootball)

Mögliche Aufstellung

Ganz schwer einzuschätzen, was unter Neu-Trainer Markus Feldhoff da auf den Platz kommt. In den letzten drei Spielen hat Osnabrück in einem 3-4-2-1 agiert. Allerdings war Feldhoff davon nur im letzten Spiel als Chef an der Seitenlinie verantwortlich. Daher erscheint es durchaus möglich, dass es Änderungen an der Formation geben wird. Ich habe keine Ahnung und entsprechend ist die von mir vermutete Formation und personelle Aufstellung nicht viel mehr als ein vager Tipp.

Etwas mehr Ahnung gebe ich vor vom FC St. Pauli zu haben. Und da bin ich recht froh, dass ich nicht jede Woche zu viele Namen in meiner Abbildung ändern muss. So auch dieses Mal: Im Vergleich zur Heimniederlage gegen Paderborn erwarte ich nur zwei kleine Veränderungen. Ich gehe davon aus (und hoffe sehr!), dass Finn Ole Becker wieder in die Startelf zurückkehren kann und Luca Zander ersetzt. Und nachdem er ziemlich stabil in der zweiten Halbzeit gegen Paderborn spielte, dürfte Afeez Aremu für Rico Benatelli in die Startelf rücken, wenn Timo Schultz auf der Position einen physischen Spieler benötigt (sollte der Fokus auf das Spiel im eigenen Ballbesitz liegen könnte Benatelli etwas geeigneter sein, wobei Aremu auch im Passspiel zuletzt einen sehr viel stabileren Eindruck machte).

Ansonsten dürfte sich nichts ändern und es könnte ein ähnliches (Gedulds-)Spiel wie in der Hinrunde für den FCSP werden. Denn es ist davon auszugehen, dass der VfL Osnabrück den Fokus eher darauf legen wird, defensiv sicher zu stehen. Das ist gegen die nach xG-Werten beste Offensive der Liga ein schwieriges Unterfangen, wenngleich diese seit zwei Spielen auf einen Torerfolg wartet. Das war in der Hinrunde übrigens auch so und ein Tor gegen Osnabrück gelang damals nicht. Die Zeiten haben sich aber allein schon personell massiv geändert (Die Offensive des FCSP bestand im Hinspiel zeitweise aus Daschner, Makienok, Tashchy und Lankford). So hat der VfL Osnabrück seit dem 15. Spieltag einen einzigen Punkt, der FCSP im gleichen Zeitraum 24 Punkte gesammelt. Und so wird der FC St. Pauli als doch relativ klarer Favorit an der Bremer Brücke antreten.

Forza!
// Tim
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4 thoughts on “Vorbericht: VfL Osnabrück – FC St. Pauli (26. Spieltag, 20/21)

  1. Moin Tim,
    schön wieder einen kompetenten Vorbericht lesen zu können. Nun fühle ich mich bestens eingestimmt. Weil du Buchtmann erwähnst habe ich eine Frage, die mir schon länger im Kopf rumschwirrt und auch nicht jetzt beantwortet werden muss.
    Hätten wir schon einige Saisons eher mit dem langen Viereck, der Diamantenaufstellung spielen sollen? Vielleicht haben wir es ja auch gemacht und ich habe ohne Vor- und Nachbericht das nicht mitbekommen. Ich erinnere mich nur an das Geschimpfe den oder den Spieler auf den Flügel zu stellen.
    Also konkret: wäre das aktuelle System auch mit Buchti, Mats, Sobota, Neudecker, Dudziak, Sahin etc. möglich gewesen. Also speziell die Zalazar und Becker Positionen. Vielleicht auch Mats oder Sami auf der Kofi Position. Gerade das Anlaufen und umschalten finde ich aktuell genial.
    In meiner Erinnerung hatten wir es immer mit Flügelspielern versucht und das bedeutete dann rechts mal Ryo bzw. Sahin und links durften sich alle mal ausprobieren (+ Eintagsfliegen wie Conteh).
    Ich bin sehr gespannt ob ich später wieder im Stadion auch soviel über die Formation nachdenke, über die Aufstellung schon, aber über das Verschieben habe ich sonst nie viel nachgedacht. Ich lerne aber auch gerade Schach : )
    So, Tim hat vorgelegt, dann gehen wir durch Guido in Führung und am Ende meldet sich Wickie the Hoff mit einem Tor zurück und macht den Deckel drauf.
    Forza
    AB kann auch gerne den Herrn Kerk überzeugen demnächst zu uns zu kommen. Gute Spieler, die oft verletzt sind, werden bei uns nach Saisonende langsam knapp ; )

    1. Ja und nein, ich denke, dass die jetzige Formation nur mit einigen Spielern auch schon vorher funktioniert hätte. Dudziak und Sobota ganz sicher. Bei Buchtmann ist es wohl ein wenig die Geschwindigkeit die fehlt. Und mit Sahin hätte es sicher auch jetzt Probleme gegeben ihn in taktische Konzepte a la defensives Umschalten zu pressen.
      Ryo sehe ich als perfekten Flügelverteidiger. Wenn der wieder fit ist, ergeben sich ganz andere Optionen

  2. Lieber Tim,
    eine Änderung in der Aufstellung muss ich anmelden. Ich möchte den Philipp statt den James vom Anfang sehen. James war im letzten Spiel etwas fahrig mindestens in den ersten 20 Minuten, und während der Leere zwischen den Spielen angeschlagen. Und nur weil bei Philipp ein „gleich zeigt ihm der Schiri gelb-rot Moment“ dazwischenkam, kam James zum Zug. Philipp hatte sehr schön gespielt zuvor. Und ich bin sein Fan. (Was sagen die MillernTon-Geheimagent:innen an der Kollau?, eventuell ist ja auch der Trainingsfleiß ein Faktor bei der Wahl der Aufstellung…).

    Das Finn-Ole wieder dabei sein kann, lässt meine Vorfreude auf das Spiel erheblich steigen. Sehr schöne Sache. Meinetwegen kann angepfiffen werden!

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