Am SonntagMittwoch empfängt der FC St. Pauli den SV Sandhausen am Millerntor. Mit einem Sieg und sogar einem Unentschieden kann der FCSP die Tabellenführung zurückerobern. Zwar ist der FC St. Pauli der klare Favorit bei dem Spiel, aber ganz so einfach ist das nicht. Denn beim SV Sandhausen ist einiges passiert in den letzten Wochen und womöglich ist der FCSP ein wenig auf der Suche nach der Form.
(Titelbild: Peter Böhmer)
Dieses Spiel hätte bekanntlich bereits vor mehr als zwei Wochen stattfinden sollen. Zwar ist in dieser Zeit ein bisschen was passiert, aber trotzdem möchte ich euch folgende Dinge zur Vorbereitung empfehlen:
Hört gerne das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Bobby mit Stefan von Carpe Diem Sandhausen. Dort erzählt Stefan nicht nur, warum sich sportlich einiges geändert hat in den letzten Spielen, sondern auch, wie sich der SV Sandhausen infrastrukturell verändern könnte.
Zusätzlich habe ich beim neu ins Leben gerufenen Blog „no pressure SVS“ ein paar Fragen zum FC St. Pauli beantwortet. Der dortige Vorbericht beinhaltet aber noch viel mehr und eine doch recht ausführliche Analyse zur Spielweise des SVS und zu den Erwartungen an das Spiel. Schaut mal rein.
Das VdS-/NdS-Team kennt sich aber inzwischen ganz gut aus mit Spielabsagen (es ist das dritte Mal, dass ein VdS erscheint, aber das Spiel noch abgesagt wird, wenn ich mich recht entsinne). So hat auch dieses Mal Bobby zusammen mit Stefan einen erneuten Anlauf genommen und ein neues, sehr viel kürzeres VdS aufgezeichnet. Auch dieses ist wärmstens zu empfehlen.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Sicher ausfallen für das Spiel gegen Sandhausen werden Lukas Daschner, Franz Roggow, Christopher Avevor und (der ist neu auf der Liste) Jakov Medić. Medić hat sich gegen Darmstadt bekanntlich ordentlich an der Nase wehgetan. Das zwingt ihn nun zu einer Pause, wie Timo Schultz auf der Pressekonferenz berichtete. Ob eine Operation notwendig ist, entscheidet sich in den nächsten Tagen. Eine Gehirnerschütterung, wie von einigen vermutet, wurde dabei nicht erwähnt (was aber nicht bedeutet, dass das nicht der Fall gewesen ist).
Ob ein Einsatz gegen Sandhausen für Etienne Amenyido und Igor Matanović möglich ist, verblieb auf der PK unklar. Amenyido hat gegen Darmstadt durchgespielt und könnte, da er lange Zeit verletzt war, nach diesem intensiven Spiel eine Pause bekommen. Matanović fehlte am Wochenende sowohl im Spieltagskader, als auch in der U23 aus Gründen der Belastungssteuerung. Schultz deutete aber an, dass Matanović in dieser Englischen Woche noch zum Einsatz kommen könnte.
SV Sandhausen: Wer kann spielen, wer fehlt?
Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den FC St. Pauli gab SVS-Trainer Alois Schwartz einen detaillierten Einblick in die personelle Situation beim SV Sandhausen. Vorher verschaffte er sich etwas Luft indem er auf das Spiel gegen Nürnberg zurückblickte und den aus seiner Sicht irregulären Siegtreffer der Nürnberger eingehend beschrieb. Dabei vergaß er nicht zu erwähnen, dass aus seiner Sicht der SV Sandhausen anders behandelt wird als andere Klubs in den Bundesligen („Es sieht aus, als wenn wir nicht wahrgenommen werden.„). Das war übrigens der Teil, bei dem Schwartz die meisten Worte verlor. Ansonsten scheint er eher ein wortkarger Typ zu sein oder hat keinen Bock auf Pressekonferenzen. Die 13 Minuten waren jedenfalls keine Spaß-Veranstaltung.
Sicher ausfallen werden Mittelfeldspieler Julius Biada (muskuläre Probleme) und Torwart Rick Wulle (Schulter). Beide Spieler fehlen bereits längere Zeit. Auch Abwehrspieler Tim Kister fehlt Sandhausen längere Zeit. Er muss sich einer Operation am Sprunggelenk unterziehen. Arne Sicker, ebenfalls Abwehrspieler und ebenfalls am Sprunggelenk verletzt, befindet sich zwar wieder im Lauftraining, aber ist noch keine Option für das Spiel auf St. Pauli. Pessimistisch äußert sich Schwartz auch zu einem möglichen Einsatz von Daniel Keita-Ruel, der sich nach Knieproblemen zwar wieder im Lauftraining befindet, aber erst einen Belastungstest bestehen muss. Wieder ins Training eingestiegen nach überstandener Corona-Infektion ist Gianluca Gaudino. Ob er damit für das Spiel gegen den FCSP eine Option ist, ließ Schwartz jedoch offen. Bei Gaudino muss erwähnt werden, dass er bereits Anfang September aufgrund seiner Infektion nicht einsatzfähig war. Nun, Ende November (!), steigt er wieder ins Training ein.
Was hat Sandhausen zu bieten?
Wenig. Sehr wenig. Betrachtet man die gesamte bisherige Saison, so handelt es sich beim SV Sandhausen um das deutlich schwächste Team der Liga. Die Statistiken lesen sich erschütternd: Wenigste eigene Torschüsse generiert, wenigste Ballkontakte im gegnerischen 16er, drittschlechteste Zweikampfquote. Die Folge sind die nach xG schwächste Offensive. Noch viel schwächer ist Sandhausen in der Defensive. Sie haben nicht nur die meisten Torschüsse, sondern auch einen gegnerischen xG-Wert von knapp 26 zugelassen. Wenig verwunderlich liegt der SV Sandhausen nach den expected Points (xP) deutlich auf dem letzten Platz der Liga.
Es muss tatsächlich schon sehr positiv hervorgehoben werden, wie viele Punkte der SV Sandhausen aus den bisher dürftigen Leistungen geholt hat. Vier Punkte waren es nach sieben Spielen, nachdem das Team glücklich gegen Erzgebirge Aue gewonnen hatte und einen eher unverdienten Punkt gegen den KSC holte. Aber vier Punkte nach sieben Spielen sind natürlich zu wenig. Das Trainer-Duo Kulovits/Kleppinger musste Mitte September Platz machen. Mit Alois Schwartz kehrte ein alter Bekannter auf die SVS-Trainerbank zurück. Und mit ihm hat sich das Spiel oder zumindest die Punkeausbeute ein wenig verändert. Auch Timo Schultz hebt auf der Pressekonferenz diese Entwicklung hervor.
Seit Schwartz Trainer ist, hat sich einiges verändert: Aus den sechs Spielen unter seiner Leitung holte der SV Sandhausen acht Punkte. Zwar ging das Team zuhause mit 1:6 gegen Darmstadt baden, aber die letzten drei Spiele hat Sandhausen nicht verloren. Dann folgte jedoch die unglückliche Niederlage gegen Nürnberg am Wochenende, bei dem Sandhausen tatsächlich das bessere Team war, sich aber kurz vor Schluss zwei Gegentore fing.
Ist es Alois Schwartz also gelungen den SVS zu stabilisieren? Schwierig zu beantworten. Der Punktgewinn in Rostock war mehr als glücklich. Gegen Werder Bremen waren es auch die eklatanten Fehler der SVW-Defensive, die zum Punktgewinn verhalfen. Zuletzt gewonnen hat das Team gegen Dresden und zwar richtig dreckig. So richtig überzeugend ist das für mich nicht. Allerdings sind die Ergebnisse unter der Leitung von Schwartz erheblich besser. Zudem ist das Team besonders auswärts zu beachten: 10 der 12 Punkte holte der SV Sandhausen auf fremden Plätzen.
Auf wen gilt es zu achten?
Es wird vor dem Spiel sicher viel über die Rückkehr von Christian Conteh geschrieben. Ebenfalls ist Dennis Diekmeier natürlich immer ein Thema, wenn er auf Hamburg-Besuch ist. Der wichtigste Spieler des SV Sandhausen ist aber ganz klar Pascal Testroet (zuletzt vier Tore in sechs Spielen). Er ist der Spieler, der vermutlich den Unterschied macht. Testroet musste fünf Spiele mit Achilessehnenproblemen aussetzen, aber ist fast pünktlich zur Rückkehr von Schwartz wieder einsatzbereit gewesen. Mit 0.9 Toren pro 90 Minuten weist er sogar eine bessere Quote als Terodde, Burgstaller oder Michel auf. Das ist besonders bemerkenswert, da Pascal Testroet enorm zweikampfschwach ist: Nur 14% seiner Duelle gewinnt er diese Saison. Aber in wichtigen Momenten scheint er richtig zu stehen. Ein ganz schwierig zu verteidigender Spieler.
Zudem verfügt der SV Sandhausen mit Aleksandr Zhirov und Immanuel Höhn über ein enorm zweikampfstarkes Duo in der Innenverteidigung. Gerade Höhn ist auch für die spielerische Note wichtig, während ich Zhirov ligaweit tatsächlich zu den besten seines Fachs in Sachen Verteidigung zähle.
Noch viel wichtiger als die Leistung einzelner Spieler ist aber, dass der SV Sandhausen generell ein sehr physisches Team ist und in seiner defensiven Grundformation schwer zu bespielen ist. Timo Schultz beschreibt das Team und die Spielweise wie folgt:
Der SV Sandhausen ist eine sehr erfahrene, sehr robuste Zweitliga-Mannschaft, die wirklich sehr kompakt steht und es immer wieder schafft Räume eng zu halten und Gegner in Zweikämpfe zu verwickeln. Darüber hinaus werden sie über Umschaltsituationen gefährlich und können bei Standards mit ihrer Physis und Körpergröße Gefahr ausstrahlen. Die letzten Spiele haben gezeigt, dass sie in jedem Spiel einen Schritt nach vorne gemacht haben und absolut konkurrenzfähig sind.
Timo Schultz über den SV Sandhausen
Mögliche Aufstellung
Der SV Sandhausen dürfte in einem 4-2-3-1 am Millerntor auflaufen. Dabei ist das eigentlich kein gutes System gegen die Mittelfeldraute des FC St. Pauli. Daher erscheint es auch möglich, dass sich das ganze auf dem Spielfeld eher zu einem 4-3-3 zusammenfindet, mit entsprechender Mannorientierung im Mittelfeld (Zenga könnte vorrücken und Ritzmaier etwas weiter hinten spielen).
Elementar wird sein, wie der FC St. Pauli mit der Mannorientierung umgehen wird. Damit habe ich mich sogar in einem Extra-Artikel befasst. Gegen Sandhausen wird es sicher darauf ankommen, dass die kompakte Grundordnung in Bewegung gebracht wird. Die FCSP-Spieler müssen sich gut zwischen den Ketten bewegen, versuchen immer wieder einzelne Seiten zu überladen, damit der SVS aus seiner Grundordnung herausgerissen wird.
Beim FC St. Pauli rechne ich mit gleich vier Veränderungen im Vergleich zur Startelf in Darmstadt. James Lawrence wird den verletzten Jakov Medić ersetzen. Zusätzlich rechne ich damit, dass Maximilian Dittgen wieder im Angriff starten wird und Etienne Amenyido eine Pause bekommt. Auch wenn Sandhausen wohl nicht viel Raum für tiefe Läufe bieten wird, wird Dittgen mit seinem Tempo eine enorme Herausforderung für die SVS-Verteidigung sein. Grundsätzlich wäre auch Simon Makienok denkbar, denn dem FC St. Pauli fehlt es ein wenig an Lufthoheit, besonders gegen Sandhausen. Aber da ist es eine Frage der Einstellung: Möchte man sich dem Gegner anpassen und versuchen defensiv stabiler zu sein, indem man Kopfballstärke bringt? Oder klappt man das Visier zu und stellt der körperlich robusten, aber nicht ganz so fixen SVS-Innenverteidigung, enormes Tempo entgegen? Ich habe da einen Favoriten.
Im Mittelfeld rechne ich mit zwei Veränderungen: Eric Smith wird Afeez Aremu ersetzen. Seine Stärke im Spielaufbau wird gerade gegen so einen tiefstehenden Gegner wie Sandhausen enorm wichtig sein. Zudem rechne ich damit, dass Finn Ole Becker wieder von Beginn an ran darf. Becker ist einer der besten Spieler der Liga, wenn es ums Passspiel in Druck- und engen Spielsituationen geht. Dieser Skill wird besonders gegen Sandhausen notwendig sein. Jackson Irvine dürfte dafür eine Pause bekommen.
Viel wichtiger als die personelle Aufstellung ist aber die Einstellung (*Groschen fällt ins Phrasenschwein). Der FC St. Pauli tut gut daran, die richtigen Lehren aus dem Darmstadt-Spiel zu ziehen. Diese sind einmal mehr, dass es ohne vollen Einsatz und ohne körperliches Dagegenhalten schlicht nicht reicht, um ein Spitzenteam in der 2. Liga zu sein. Die taktischen und technischen Mittel sind alle vorhanden, um gegen Sandhausen erfolgreich zu sein. Der Einsatz und der Wille werden darüber entscheiden, ob es auch funktioniert. Das ist eigentlich selbstverständlich. Zur Not helfen aber auch die Gedanken an ein Flutlichtspiel mit der Aussicht auf die Tabellenführung.
Forza!
//Tim
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„Zur Not helfen aber auch die Gedanken an ein Flutlichtspiel mit der Aussicht auf die Tabellenführung.“
Manno Tim, das Wichtigste hast Du vergessen: Fluchtlicht und DOM!
Lasst uns den Mittwoch zum Freitag machen. Forza
P.S.: Danke für Deine beiden super Berichte/ Analysen heute
Ich fand die Tabellenführung wichtiger 😉
Aber ja, Flutlicht, DOM und Tabellenführung passen natürlich auch
Ähem. Tabellenführung ist am 34. Spieltag relevant, nicht am 13. Danke für deine Analyse, und
Forza.