Wo gehobelt wird, fallen Späne – Der Umbruch beim FC St. Pauli

Wo gehobelt wird, fallen Späne – Der Umbruch beim FC St. Pauli

Im Kader des FC St. Pauli ist richtig was passiert in den letzten zwei Jahren. 20 Spieler haben den Verein verlassen, ebenso viele sind gekommen. Das ist viel für einen Club, der in dieser Zeit nicht die Liga gewechselt hat. In diesem Sommer werden weitere Veränderungen hinzukommen. Und da in den letzten beiden Jahren so viel passiert ist, liefern wir einen echten long-read kurz vor Ende der Länderspielpause.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

So wirklich viele sind nicht mehr da aus der Truppe, die noch in der Saison 19/20 beim FC St. Pauli auflief. In den letzten zwei Jahren haben sage und schreibe 20 Spieler den Verein verlassen (Leih-Spieler nicht eingerechnet). Das kennt man sonst eigentlich nur von Clubs, die in so einem Zeitraum die Liga wechseln. Beim FCSP passierte das aber, während das Team die ganze Zeit in der 2. Bundesliga spielte. Eine Operation am offenen Herzen also. Schauen wir uns mal an, wer den Verein in den letzten zwei Jahren verlassen hat und wie es den Spielern in der Zwischenzeit so ergangen ist.

Abgänge Sommer 2020

Der Sommer 2020 war ereignisreich. Nicht weniger als elf Spieler haben den FC St. Pauli im Sommer 2020 verlassen. Dazu verließen auch drei Leihspieler den Club. Das war auch nötig, da der Kader insgesamt ziemlich aufgebläht war. Mehr als 35(!) Spieler fasste der Kader in der Saison 19/20. Zusätzlich wurde die Trainerbank fast komplett durchgetauscht. A hell of an Umbruch!

Dimitrios Diamantakos (Hajduk Split, jetzt FC Ashdod)
Sicher etwas anders hat sich Dimitrios Diamantakos seinen Wechsel vorgestellt. Bei Hajduk Split verbrachte der Grieche viel Zeit auf der Bank, vor allem mit Beginn der Saison 21/22. Daher folgte im Winter die Leihe zum FC Ashdod nach Israel. Doch auch dort verbringt er leider die meiste Zeit auf der Bank. Es riecht daher nach weiterer Veränderung im Sommer.

Florian Carstens (SV Wehen Wiesbaden, erst Leihe, seit Sommer 2021 fest verpflichtet)
Richtig große Augen habe ich gemacht, als ich die Daten vom Global Soccer Network am Ende der letzten Saison sah: Florian Carstens hat laut GSN das Zeug zur internationalen Klasse. Ob das also so eine gute Idee war, Carstens nach Wiesbaden ziehen zu lassen, fragte ich mich dann im Sommer. Da im Gegenzug Jakov Medić zum FCSP kam, war spätestens im Herbst klar, dass es sogar eine sehr gute Idee gewesen ist.

Florian Carstens spielt in Wiesbaden eine gute Saison und besticht dabei vor allem mit dem, was ihn schon beim FC St. Pauli auszeichnete: Körperliche Robustheit. Mit knapp 76% gewonnener Zweikämpfe gehört er ligaweit zu den Top3. Trotzdem ist Carstens kein Stammspieler in Wiesbaden. Er startete zwar so in die Saison, aber ab Oktober fand er sich dann doch sehr häufig auf der Bank wieder. Erst seit Anfang Februar ist er wieder dauerhaft auf dem Platz zurück, weil Kapitän Sascha Mockenhaupt mit einer Muskelverletzung ausfiel.

Dimitrios Diamantakos hat eher weniger Erfolg seit er den FC St. Pauli verlassen hat.
(c) Stefan Groenveld

Johannes Flum (SC Freiburg II)
Zurück in die Heimat im Breisgau zog es Johannes Flum im Sommer 2020. Als Stammspieler und Kapitän hatte er großen Anteil daran, dass die Zweitvertretung des SC Freiburg in die 3. Liga aufstieg. Dort angekommen reduzierte sich die Spielzeit ein wenig, was sicher auch daran liegt, dass Flum mit inzwischen 34 Jahren eher zum alten Eisen zu zählen ist.

Maximilian Franzke (1. FC Magdeburg, erst Leihe, seit Sommer 2021 fest verpflichtet)
Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Maximilian und hoffen, dass er nach dem Verletzungspech, das er in der vergangenen Saison hatte, gesund bleibt. Wenn das gelingt, werden wir noch viel Freude an ihm haben.“ waren die Worte mit denen sich FCM-Sportdirektor Schork zur Franzke-Verpflichtung zitieren ließ.
So richtig angekommen ist Franzke aber auch im zweiten Jahr nicht. Ganze 94 Spielminuten stand er bisher in der 3. Liga auf dem Platz. In der Startelf stand er noch gar nicht. Das liegt sicher auch daran, dass der gebürtige Münchener auch diese Saison wieder mit Verletzungen zu kämpfen hat. So kam es, dass Franzke in der 3. Liga im Jahr 2022 überhaupt erst ein einziges Mal im Kader stand. Immerhin: Zuletzt im Landespokal-Halbfinale gegen BSV Halle-Ammendorf (10:0) startete er als Rechtsverteidiger in die Partie.

Es deutet vieles darauf hin, dass der 1. FC Magdeburg am Saisonende etwas zu feiern hat. Das Team ist Spitzenreiter in der 3. Liga. Maximilian Franzke erlebt dort aber leider bereits eine zweite Saison, die vor allem durch Verletzungen geprägt ist.

Marc Hornschuh (HSV II, nun FC Zürich)
Eine eher ungewöhnliche Kehrtwende machte Marc Hornschuh, nachdem seine Zeit beim FCSP endete. Erst zog es ihn zur zweiten Mannschaft des HSV, also sogar eher in Richtung, sorry, Fußballer-Rente, ehe er im Sommer 2021 überraschend zum FC Zürich wechselte, wo Andre Breitenreiter Trainer ist. Dort ist er so etwas wie der „Mann für die heiße Phase“ und wird zumeist spät eingewechselt, um Führungen über die Zeit zu retten. Das hat Erfolg. Der FCZ ist aktuell Spitzenreiter in der Schweiz.

Jan-Philipp Kalla (SC Victoria)
Nicht viel weniger als richtig schmerzhaft war, dass es pandemie-bedingt für Jan-Philipp Kalla keine Gelegenheit gab sich beim FC St. Pauli zu verabschieden (#KallaYourLife!). Aber so richtig weg ist er dann auch irgendwie nicht. Zwar ist er sportlich beim SC Victoria aktiv (gewesen), ist aber auch als Markenbotschafter der FCSP Rabauken unterwegs und, ganz nebenbei, noch im Trainerteam der 1. und 2. Frauen. Wir hoffen trotzdem, dass wir es irgendwie schaffen, uns noch einmal von Schnecke zu verabschieden.

Jan-Philipp Kalla wurde zwar von seinen Mitspielern verabschiedet, aber leider nicht vom vollen Millerntor.
(c) Peter Böhmer

Korbinian Müller (Karriereende)
Eigentlich hatte Korbinian Müller bereits mit dem Fußball abgeschlossen und sich seinem Studium zugewandt. Zur Saison 19/20 kam er aber noch einmal zurück zum FC St. Pauli und stand zweimal über 90 Minuten auf dem Platz.
Nach der Saison hat sich Müller dann aber wirklich anderen Dingen zugewendet. Immobilien nämlich. „Sport ist mein Leben – Immobilien meine Leidenschaft“

Waldemar Sobota (Slask Wroclaw)
Nach mehr als 4 1/2 Jahren endete im Sommer 2020 die Zeit von Waldemar Sobota beim FC St. Pauli. So richtig im Guten verlief die Trennung nicht (Abendblatt €). Sobotas Berater warf dem Verein vor, dass man sich vor Pandemiebeginn über einen neuen Vertrag einig gewesen sei, diesen aber im Sommer platzen ließ. Sobota, so hieß es laut Abendblatt vereinsintern, sei nicht zu einem Gehaltsverzicht bereit gewesen, was seinen Berater stark verärgerte.
Sportlich zog es Sobota zu Slask Wroclaw, wo er einst seinen Durchbruch schaffte. Dort ist er Stammspieler und machte zwischendurch auf sich aufmerksam als er im Test gegen RB Leipzig aus 50 Metern traf.

Henk Veerman (SC Heerenveen, nun FC Utrecht)
Es war sicher einer der schmerzhafteren Abgänge im Sommer 2020. Aber Henk Veerman wollte gerne zurück in seine Heimat (und nebenbei füllte sich das Konto des FCSP damit auch ganz gut – 1,5Mio € gab es für den Abgang von Henk). Zurück beim SC Heerenveen erlebte er ein fantastisches erstes Jahr: 14 Tore und sechs Vorlagen standen am Saisonende zu Buche. Auch in der Hinrunde der Folgesaison erzielte er bereits sieben Tore, ehe es ihn zum FC Utrecht zog. Dort verletzte er sich aber nach fünf Spielen (ein Tor) schwer am Knöchel und wird nun noch Monate ausfallen.

Ich frage mich schon länger: Was wäre das wohl für eine Saison 20/21 geworden, wenn Henk Veerman noch beim FCSP gespielt hätte?
(c) Stefan Groenveld

Ersin Zehir (VfB Lübeck (Leihe), seit Sommer 2021 Antalyaspor, nun Leihe zum FC Dordrecht)
Nach seiner Leihe in die 3. Liga zum VfB Lübeck zog es Ersin Zehir in die Türkei zu Antalyaspor. Dort kam er aber in der Hinrunde nicht über zwei Kurzeinsätze hinaus. Es folgte die Leihe in die Niederlande zum FC Dordrecht, der in der 2. niederländischen Liga gegen den Abstieg spielt. Zehir ist dort auf Anhieb Stammkraft im defensiven Mittelfeld geworden und einer der Gründe, warum das Team inzwischen nicht mehr ganz so schlecht dasteht.

Christian Conteh (Feyernood Rotterdam, jetzt leihweise beim FC Dordrecht)
Ein weiterer Grund für den Aufschwung in Dordrecht: Christian Conteh. „Samba-Boy“ steht weiterhin bei Feyenoord Rotterdam unter Vertrag, konnte sich dort aber ebenso wenig durchsetzen, wie später bei seiner Leihe nach Sandhausen. Nun scheint aber der Knoten geplatzt. Conteh ist Stammspieler bei Dordrecht und hat in elf Spielen je vier Tore und Vorlagen beigesteuert. Das wichtigste dürfte aber sein, dass er endlich mal seit längerer Zeit verletzungsfrei ist.

Ersin Zehir spielt inzwischen bei seinem dritten Club seit er den FC St. Pauli verlassen hat.
(c) Stefan Groenveld

Zugänge Sommer 2020

Puuh, das waren ganz schön viele Spieler, die im Sommer 2020 den Verein verlassen haben. Aber es sind auch viele hinzugekommen (inkl. eines Leihspielers sind es zehn). Und wenn man sich diese Liste einmal genauer anschaut, dann darf im Nachhinein behauptet werden, dass da ziemlich viele Volltreffer dabei gewesen sind:

  • Afeez Aremu
  • Guido Burgstaller
  • Lukas Daschner
  • Maximilian Dittgen
  • Daniel-Kofi Kyereh
  • James Lawrence
  • Simon Makienok
  • Leart Paqarada
  • Dennis Smarsch

Abgänge Winter 20/21

Der Verlauf der Hinrunde 20/21 ist hinlänglich bekannt. Der FCSP überwinterte auf einem Abstiegsplatz. Ein weiterer Umbruch war zwingend nötig. So wurde in der Winterpause ebenfalls einiges verändert. Fünf Spieler kamen neu ins Team und folgende vier Spieler verließen den FC St. Pauli:

Leon Flach (Philadelphia Union)
Nicht so wirklich gerne ließ der Verein Leon Flach gen Philadelphia ziehen. Dort angekommen ist er auch kaum noch wegzudenken. Flach ist Stammspieler im zentralen Mittelfeld, absolvierte seit seiner Ankunft 47 Spiele und ist Leistungsträger, was ich ihm auf lange Sicht auch beim FCSP zugetraut hätte.

Robin Himmelmann (KAS Eupen)
Es war sicher einer der emotionalsten Abgänge der letzten Jahre. Das lag auch an den nicht optimalen Begleitumständen des Wechsels. Robin Himmelmann war im Winter 20/21 urplötzlich nur noch die Nr.4 beim FCSP. Der Vertrag wurde aufgelöst und kurze Zeit später unterschrieb er in Belgien. Dort bringt er es in der ersten Liga auf beachtliche 13 Liga-Einsätze diese Saison, ist aber hinter Abdul Nurudeen „nur“ zweiter Torwart. Nach dem eher unschönen Ende beim FC St. Pauli ist Himmelmann jeder sportliche Erfolg vom Herzen zu gönnen.

Das Ende war sicher nicht so schön, aber es bleiben doch viele schöne Erinnerungen an die Zeit von Robin Himmelmann beim FC St. Pauli.
(c) Peter Böhmer

Kevin Lankford (SV Wehen Wiesbaden, erst Leihe, seit Sommer 2021 fest verpflichtet)
Weniger Einsatzminuten als Florian Carstens sammelte sein alter und neuer Teamkollege Kevin Lankford. Drei Saisontore in 20 Einsätzen stehen bisher auf seiner Liste. Ein zwischenzeitlicher Muskelfaserriss und aktuelle Hüftprobleme allerdings auch.

Trainer beim SV Wehen Wiesbaden ist übrigens ein auf St. Pauli alter Bekannter: Markus Kauczinski hat dort im November den Trainerposten übernommen. Das ist dann schon eine wirklich bemerkenswerte Verbindung, die sich zwischen diesen beiden Klubs aufgebaut hat. Mit Kauczinski, Lankford und Carstens sind drei ehemals beim FCSP angestellte Personen nun dort aktiv. In die entgegengesetzte Richtung haben sich Dittgen, Kyereh und Medić bewegt.

Boris Tashchy (Pohang Steelers, seit Januar vereinslos)
Irgendwie hat es nicht gepasst zwischen Boris Tashchy und dem FC St. Pauli. In seinen 1 1/2 Jahren am Millerntor erzielte er kein einziges Tor im Ligabetrieb. Im Winter 20/21 verließ er den Club dann und ging nach Südkorea zu den Pohang Steelers. Auch dort passte es in der Liga nicht so richtig (20 Spiele, ein Tor). In der asiatischen Version der Champions League traf er aber in sechs Spielen dreimal. In dieser Zeit ist er auch Vater geworden. Seit Herbst machte er jedoch kein Spiel mehr. Im Januar löste Tashchy dann seinen bis 2023 laufenden Vertrag auf. Kurz zuvor hatte er erklärt, dass er auch aufgrund von Heimweh gerne wieder nach Deutschland zurückkehren möchte. Im Februar folgte dann ein orthopädischer Eingriff bei ihm, wie aus einem Post auf Instagram hervorgeht (um was es sich genau handelt, habe ich nicht herausfinden können). Ich hoffe sehr, dass Boris Tashchy schnellstmöglich wieder Fußball spielen kann. Einen neuen Verein hat er aber bisher noch nicht.

Zugänge Winter 20/21

  • Adam Dźwigała
  • Eric Smith
  • Tore Reginiussen

Abgänge Sommer 2021

Auch der folgende Sommer brachte erneut einige Veränderungen im Kader. Insgesamt waren es sieben Spieler, die den FCSP verließen. Neben den drei Leihspielern und Tore Reginiussen, waren da auch drei Spieler dabei, die zuvor lange Zeit im Kader des FC St. Pauli standen:

Svend Brodersen (Yokohama FC)
Lange schien der Weg von Svend Brodersen vorgezeichnet: Torwart in den DFB U-Nationalteams, bereits früh Teil des FCSP-Kaders. Aber irgendwie ging es nicht voran. Auch dann nicht, als Robin Himmelmann degradiert wurde. Denn zwar stand Brodersen einige Male in der letzten Saison im Tor, aber der FCSP holte im Winter einen neuen Torhüter, der Brodersen dann wieder auf die Bank verdrängte.
So trennten sich dann die Wege im Sommer 2021. Brodersen zog es etwas überraschend nach Japan zu Yokohama FC. Dort war er sofort Stammtorhüter, konnte den Abstieg aus der ersten Liga jedoch nicht verhindern aber immerhin an Olympia teilnehmen. Sein Vertrag wurde am Saisonende verlängert. Aktuell ist das Team Spitzenreiter in der zweiten japanischen Liga, nach sechs Siegen aus den ersten sieben Saisonspielen. Brodersen ist weiter Stammtorhüter.

Daniel Buballa (Viktoria Köln)
Sehr nahe an seinen Geburtsort Bergisch-Gladbach ist Daniel Buballa herangekommen, der seit dieser Saison für Viktoria Köln in der 3. Liga spielt. Dort traf er unter anderem mit Trainer Olaf Janßen auf einen alten Bekannten. Buballa wurde in der Liga in 21 von 31 möglichen Partien eingesetzt, meist als Links- oder Innenverteidiger. Seit Anfang Februar, als er dreimal in Folge zur Halbzeit ausgewechselt wurde, hat er seinen Stammplatz verloren und sammelte nur noch als Einwechselspieler Minuten. Zuletzt musste er aufgrund eines positiven Corona-Tests aussetzen.
Immerhin kann Buballa inzwischen davon ausgehen, dass er auch in der nächsten Saison in der 3. Liga spielen wird. Nach schwachem Saisonstart (Platz 17 nach 14 Spielen) hat sich Viktoria Köln ins Liga-Mittelfeld absetzen können.

Daniel Buballa kehrte mehr oder minder in die Heimat zurück.
(c) Stefan Groenveld

Ryō Miyaichi (Yokohama Marinos)
Sehr traurig endete das Kapitel von Ryō Miyaichi beim FC St. Pauli. Aber es war auch irgendwie passend, dass er aufgrund einer Verletzung in seinem letzten Jahr nur zu einem Kurzeinsatz beim letzten Heimspiel gegen Hannover kam. Bitter war vor allem, dass zu diesem Spiel keine Zuschauer zugelassen waren. Miyaichi verabschiedete sich also mehr oder minder im Stillen.

Er wechselte zurück in seine Heimat nach Japan. Bei den Yokohama Marinos läuft es aber auch nicht so richtig rund für ihn. Seit letztem Sommer kam er gerade einmal in vier Partien zum Einsatz. Wir hoffen sehr, dass da noch einige in dieser Saison (ist in Japan an das Kalenderjahr angepasst) hinzukommen werden.

Du meine Güte, hier schneidet doch jemand Zwiebeln, oder? ODER?!
(c) Stefan Groenveld

Tore Reginiussen (Alta IF, jetzt Karrieende)
Nur kurz war Tore Reginiussen beim FC St. Pauli. Im Winter 20/21 verpflichtet, endete seine Zeit nach zehn Saisonspielen wieder. Leistungsmäßig hätte es womöglich noch für ein wenig mehr gereicht, aber Reginiussen kehrte zu seinem ersten Profiklub Alta IF (was für ein guter Name) zurück, machte dort noch drei Spiele und beendete dann seine Karriere mit 35 Jahren.

Zugänge Sommer 2021

Auch der Transfersommer 2021 dürfte rückwirkend betrachtet als äußerst erfolgreich für den FC St. Pauli angesehen werden, wenn man sich die Liste der verpflichteten Spieler anschaut:

  • Sören Ahlers
  • Etienne Amenyido
  • Marcel Beifus
  • Marcel Hartel
  • Jackson Irvine
  • Jakov Medić
  • Lars Ritzka
  • Nikola Vasilj

Abgänge Winter 21/22

Wie es der Titel dieses Textes schon sagt: „Wo gehobelt wird, fallen Späne“ – Wo neue Spieler Kaderplätze einnehmen, müssen auch andere Spieler weichen. Das betraf im Winter 21/22 einen ehemaligen Leistungsträger und einen, der das beim FCSP wohl gerne geworden wäre:

Luis Coordes
Im Sommer 2017 unterschrieb Coordes seinen ersten Profivertrag beim FC St. Pauli. Drei Jahre später, nachdem Coordes seine ersten Profi-Minuten in der 2. Bundesliga sammelte, verlängerte er seinen Vertrag bis Sommer 2022. Ein halbes Jahr vor Ende dieses Vertrages endete die Beziehung zwischen dem FC St. Pauli und Luis Coordes.
Nachdem die Saison 20/21 eine zum Vergessen war (aufgrund einer Knie-Verletzung verpasste er die gesamte Spielzeit), ging es auch in der Hinrunde der jetzigen Saison nicht voran im Profikader. Coordes kam „nur“ noch in der U23 zum Einsatz. Im Winter folgte dann der Wechsel zur zweiten Mannschaft vom VfB Stuttgart, also ebenfalls in die Regionalliga. Dort stand er in bisher sechs Spielen einmal in der Startelf und in insgesamt vier Spielen auf dem Platz. Nach wirklichem Fortschritt klingt das nicht, aber nachdem es beim FCSP einfach nicht voranging, tun ihm neue Wände sicher gut.

Marvin Knoll
Ebenfalls eher enttäuschend war die Hinrunde für Marvin Knoll. Im Gegensatz zu den Vorjahren kam er nämlich beim FC St. Pauli gar nicht mehr zum Zug. Ein Wechsel schien bereits im Sommer 2021 möglich, aber erst im Winter 21/22 kam es dann dazu. Nach fast vier Jahren beim FCSP trennten sich die Wege (Tschüss, Marvin Knoll!).

Der MSV Duisburg, zu dieser Zeit in ärgsten Abstiegsnöten in der 3. Liga, sicherte sich seine Dienste gleich bis Sommer 2024. Und Knoll bekommt dort endlich das, was er sich schon länger wünschte: Spielzeit. In allen zwölf Partien stand er für den MSV auf dem Platz, mal als Innenverteidiger, mal im defensiven Mittelfeld (hier ein längeres Interview über seine Anfangszeit in Duisburg). Der MSV Duisburg ist mit ihm in der Startelf erfolgreicher und konnte sich zuletzt aus der Abstiegszone kämpfen. Den Erfolg gönne ich Marvin Knoll sehr.

Marvin Knoll wirkte massiv mit bei einigen erfolgreichen Stadtmeisterschaften.
(c) Stefan Groenveld

Leihspieler

In den letzten zwei Jahren gab es auch eine ganze Menge Leihspieler, die den Weg zum FC St. Pauli fanden. Vor der Saison 20/21 gingen mit Leo Østigård und Viktor Gyökeres sicher zwei der größten Talente. Østigård ist inzwischen in der Serie A beim CFC Genua angekommen. Gyökeres debütierte für die schwedische Nationalmannschaft und hat in dieser Saison in der englischen Championship für Coventry City schon 13 Tore erzielt. Eine Liga tiefer, bei Ipswich Town, ist (Schach-)Matt Penney, Derbytorschütze, aktiv. Zuletzt stand er allerdings Anfang Januar im Kader. Youba Diarra kehrte bereits im Winter 19/20 zurück zu RB Salzburg, weil er beim FCSP überhaupt nicht auf die Beine kam. Er ist nach der Zwischenstation beim RB-Ableger in New York inzwischen beim TSV Hartberg in Österreich aktiv. Der fünfte Leihspieler der Saison 19/20 ist auch heute noch beim FC St. Pauli unter Vertrag: James Lawrence.

Auch in der Saison 20/21 gab es einige Leihspieler beim FCSP. Im Sommer kam Rodrigo Zalazar zum Club und wurde schnell Stammspieler. Nun küsst er allerdings bei Schalke 04 das Wappen und unterschrieb dort kürzlich einen Vertrag bis 2026. Im Winter 20/21 kamen dann mit Eric Smith, Omar Marmoush und Dejan Stojanović gleich drei Leihspieler. Geblieben ist davon Smith. Marmoush ist aktuell an den VfB Stuttgart verliehen, soll aber ab Sommer wieder beim VfL Wolfsburg aktiv sein. Stojanović wäre gerne beim FC St. Pauli geblieben, musste jedoch zum FC Middlesbrough zurückkehren, ist aber seit dem Winter wieder in der 2. Liga, beim FC Ingolstadt nämlich, aktiv.

Aktuell verliehen hat der FC St. Pauli Marvin Senger und Christian Viet. Senger wechselte im Winter 20/21 nach Kaiserslautern und wurde dort in der Rückrunde direkt Stammspieler. In dieser Saison läuft es aber so gar nicht bei ihm. Nach einer Roten Karte am 8. Spieltag pendelt Senger zwischen Bank, Reha und Tribüne und sammelte keine Einsatzminute mehr.
Etwas besser läuft es da für Viet, der bei der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund in der 3. Liga spielt. Das ist aber auch nicht verwunderlich, da er auch beim FCSP in der 2. Liga zu Saisonbeginn einige Minuten sammelte und einen richtig guten Eindruck hinterließ. Seit er in Dortmund ist, verpasste Viet nur zwei Spiele, stand meist in der Startelf und dürfte im Sommer mit ordentlich Spielpraxis im Gepäck zum FC St. Pauli zurückkehren.

Christian Viet ist aktuell bei BVB II, kehrt aber im Sommer zum FCSP zurück.
(c) Peter Böhmer

Der Umbruch dürfte weitergehen

Unabhängig davon, ob der FC St. Pauli in die Bundesliga aufsteigt oder nicht, dürften auch weiterhin Spieler den Verein verlassen, die bereits lange im Team sind. Es ist gar nicht mal so unwahrscheinlich, dass zur nächsten Saison mit Luca Zander nur noch ein einziger Spieler im Kader steht, der auch schon 19/20 Teil des Kaders war. Das wäre nämlich der Fall, wenn die im Sommer auslaufenden Verträge von Philipp Ziereis, Sebastian Ohlsson, Rico Benatelli, James Lawrence und Christopher Buchtmann nicht verlängert werden (der Wechsel von Finn Ole Becker steht bereits fest), die aktuell allesamt keinen Stammplatz im Team haben.
Damit wäre der Umbruch im Team dann wohl endgültig abgeschlossen. Einen ersten Eindruck davon gab es beim letzten Heimspiel gegen Heidenheim, als in der Startelf nur Spieler standen, die frühestens seit Sommer 2020 im Kader standen.

Das ist eine wirklich krasse Entwicklung, wenn man sich im Vergleich dazu andere Clubs der ersten beiden Ligen anschaut, die in den letzten drei Jahren immer in der gleichen Liga waren. Aber es ist auch genau das, was sich viele gewünscht haben. Dem Kader des FC St. Pauli wurde lange Zeit vorgeworfen, sich in einer Komfortzone zu befinden und auch deshalb einfach nicht voranzukommen. In dieser „Wohlfühloase“ wurde in den letzten beiden Jahren massiv aufgeräumt. Der aktuelle Erfolg gibt diesem Vorgehen recht.

// Tim

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8 thoughts on “Wo gehobelt wird, fallen Späne – Der Umbruch beim FC St. Pauli

  1. Im Prinzip hat Bornemann ja „nur“ das gemacht, was er zu Beginn seiner Zeit gesagt hat Auch gegen einige Widerstände aus der Fanszene (Himmelmann, Knoll usw). Den Kader über mindestens. 3 Transferoerioden auf ein sehr gutes Niveau zu bringen. Und die letzten jetzt fast 3 Halbserien geben ihm ja absolut Recht

  2. Wenn man sich die Neuzugänge in der Zeit anguckt ist es schon echt beeindruckend, dass eigentlich ALLE voll „eingeschlagen“ sind. Klar, nicht alle können sich so herausragend entwickeln wie Paqarada oder Kyereh, auch solide Back-Ups (wie Smarsch, Lawrence, Ritzka) sind wichtig. Der einzige, der meiner Meinung nach etwas entäuschend bisher ist, ist Daschner, auch aufgrund der Ablöse. Allerdings hat der es mit seiner Verletzung und Kyereh auf seiner Position auch besonders schwer.
    Und auch die weitere Entwicklung der Abgänge gibt Bornemann absolut recht. Eigentlich niemand von denen spielt jetzt auf dem Niveau eines Zweitligatopteams (Veerman, Flach mal ausgenommen)
    Vielleicht ist Bornemann ja unser Max Eberl.

  3. Das Foto von Mats und Ryō hat mich gekillt.

    Können wir James bitte behalten… ich hab meinen Teil auch schon beigetragen und mir bisher KEIN Trikot von ihm gekauft! (Das einzige Trikot, dass ich bisher käuflich erworben habe ist eins von Mats…)

  4. Waldemar Sobotka ist Stammspieler und machte zwischendurch auf sich aufmerksam als er im Test gegen RB Leipzig aus 50 Metern traf.
    Alter Falter, das hätte ich ja nun vielen zugetraut, aber nicht ihm. Ich habe ihn immer als feinen Techniker wahrgenommen. Allerdings mit einem Schüsschen ausgestattet, da hab ich wohl damals in der Schüler härter geschossen. Dementsprechend war auch seine Torgefährlickeit nicht besonders ausgeprägt, was ihn auch nicht höhere Spielklassen erreichen ließ.

  5. Beim Aufstieg könnte ein wenig Geld verschwendet werden, finde ich:
    Alle Abgänge bekommen einen „Eine-Woche-Vertrag“, und nach einer laschen Trainingswoche gibt es im Millerntor vor ausverkauftem Haus und Public Viewing draußen ein famoses Spiel mit den Ex. Und vielleicht auch ein bisschen Party davor und danach.

      1. Ich habe das mal weitergeleitet und eine Antwort erhalten:

        Martin Drust
        An:peteradam6@yahoo.de
        Cc: Martin Finger, Dorit Moysich
        Mo., 4. Apr. um 10:23

        Lieber Peter,
        danke für deine Mail, die mich über Umwege erreicht hat. Sehr coole Idee.

        Uns liegt auch sehr am Herzen, dass Spieler einen würdigen Abschied bekommen. Tatsächlich macht man sich aber keine Vorstellungen davon, wie kompliziert es ist, alle Interessen unter einen Hut zu bekommen. Alleine so profane Dinge wie Arbeitsrecht und Unfallversicherung und Rasenruhe und Spielerurlaube bremsen schon vieles aus.

        Sei dir aber sicher, es wird an etwas gearbeitet. Du kannst mich dazu auch gern beizeiten direkt kontaktieren, wenn es dir nicht schnell genug geht.

        Forza St. Pauli
        Martin

        Martin Drust
        Leitung Markenstrategie
        Mitglied der Geschäftsleitung

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