Vorbericht: Hansa Rostock – FC St. Pauli (28. Spieltag, 21/22)

Vorbericht: Hansa Rostock – FC St. Pauli (28. Spieltag, 21/22)

Am Samstagabend ist es soweit: Der FC St. Pauli wird zum ersten Mal seit langer Zeit wieder zu einem Spiel bei Hansa Rostock antreten. Medial wird sich vieles wohl mit dem „Drumherum“ befassen. Hier im Vorbericht legen wir den Fokus aber auf das sportliche Geschehen. Und dabei wird schnell deutlich, dass Hansa Rostock ein ziemlich schwerer Gegner ist.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Hört zur Vorbereitung auf das Spiel gerne beim „Vor dem Spiel“-Gespräch von Casche mit Uwe a.k.a. „Hanseator“ rein.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Leider kopierbar, vermutlich bis Saisonende: Christopher Avevor, Jannes Wieckhoff und Sebastian Ohlsson fallen sicher für das Spiel gegen Rostock aus. Neu hinzugekommen auf die Liste der Spieler, die längerfristig ausfallen ist Eric Smith. Der Schwede hatte sich am Dienstag im Training an der linken Wade verletzt und wird „ein paar Wochen“ ausfallen, wie Timo Schultz auf der Pressekonferenz vor dem Spiel vermeldete. Oje.

Immerhin sind alle anderen Spieler, die unter der Woche leichte Probleme hatten, mit dem Training aussetzten oder aber mit ihren Nationalteams unterwegs gewesen sind, voll im Training und daher eine Option für das Wochenende. Das bedeutet auch, dass Rico Benatelli, James Lawrence, Afeez Aremu, Philipp Ziereis und Etienne Amenyido wohl einsatzfähig sind. Maximilian Dittgen wird laut Schultz erst nächste Woche zurückkommen.
Ein etwas größeres Fragezeichen steht hinter Jackson Irvine, der nach seinem positiven Corona-Test bisher noch nicht wieder voll im Training war. Schultz möchte schauen, was „Sinn ergibt“ im Fall von Irvine.

Deutschland, Hamburg, 18.03.2022, Fussball 2. Bundesliga 27. Spieltag, FC St. Pauli - 1. FC Heidenheim im Millerntor-Stadion Trainer Timo Schultz (FC St. Pauli) - Eric Smith (FC St. Pauli)
Timo Schultz muss leider erneut längerfristig auf Eric Smith verzichten.
(c) Peter Böhmer

Hansa Rostock: Wer kann spielen, wer fehlt?

Hansa-Trainer Jens Härtel vermeldete auf der Pressekonferenz, dass alle Spieler, die zuletzt positiv auf das Corona-Virus getestet wurden (insgesamt gab es wohl acht Fälle, wobei da auch das Team-Umfeld inbegriffen ist), wieder mehr oder weniger zurück im Training sind. Allerdings erwähnte er auch, dass es bei John Verhoek einen „kleinen Rückschlag“ gegeben habe, er aber am Donnerstag wieder trainiert hat. Nicht zur Verfügung stehen wird Stürmer Pascal Breier, der Rückenprobleme hat.
Ebenfalls nicht dabei sind Ex-FCSP-Spieler Maurice Litka, Nils Fröling und Lukas Scherff, die langzeitverletzt sind.

Was hat Hansa zu bieten?

Mehr als in der Hinrunde. Hansa Rostock ist sehr viel stabiler als noch im Herbst des vergangenen Jahres und konnte die letzten drei Spiele gewinnen. Das ist aber auch nötig, damit das Team den Klassenerhalt schaffen kann. Denn nach nur einem Sieg zwischen Spieltag 14 und 24 befand sich Hansa auf dem 16. Tabellenplatz. Durch die drei Siege zuletzt (gegen Schalke, Kiel und Sandhausen) konnte man wieder auf den 12. Platz springen.

Pizza-Grafik der Kern-Statistiken von Hansa Rostock nach 27 Spieltagen der Saison 21/22
Pizza-Graphik mit den Kern-Statistiken von Hansa Rostock nach Spieltag 27 in der 2. Bundesliga.

Auch Timo Schultz betont, dass Hansa Rostock „viel stabiler geworden“ sei als noch in der Hinrunde. Der Blick in die Daten zeigt, dass das Team sogar etwas unter seinen Möglichkeiten agiert. Sowohl bei den offensiven, aber auch den defensiven xG-Werten gibt es eine Unterperformance (= sie erzielen weniger und fangen sich mehr Tore als nach xG wahrscheinlich ist). Hansa Rostock hat (aus sportlicher Sicht!) also sogar eher einen Platz im gesicherten Mittelfeld verdient, als gegen den Abstieg zu spielen.

Um die Spielweise besser greifen zu können, sind aus meiner Sicht drei Statistiken entscheidend: Hansa Rostock spielt die viertwenigsten Pässe der Liga, dafür aber die meisten langen Bälle und führt die meisten Kopfballduelle. Daraus wird deutlich was meist mit dem Ball passiert, wenn er in den Reihen des Teams landet: Es geht hoch und weit nach vorne. Das Team geht im Aufbau also eher wenig Risiko und versucht es offensiv viel mit zweiten Bällen, die in die Füße der Mitspieler fallen sollen. Diese Spielweise ist grundsätzlich für jeden Gegner unangenehm und ich tue Jens Härtel sicher etwas Unrecht, wenn ich hier was von Darmstadt-Vibes und Dirk Schuster schreibe, aber die Richtung ist auf jeden Fall nicht verkehrt.

Der wichtigste Spieler für Hansa Rostock ist daher John Verhoek. Der führt der Spielweise entsprechend viele Kopfballduelle (Top5 der Liga) und gewinnt davon, für einen Stürmer (vor allem mit überschaubarer Körpergröße) bemerkenswerte 45%.
Verhoek füllt aber nicht nur die Rolle als Empfänger von langen Bällen sehr gut aus: 15 von 35 Rostocker Saisontoren gehen auf sein Konto. Dazu ist er auch in den defensiven Zweikämpfen ein äußerst unangenehmer Gegenspieler. John Verhoek spielt sicher die beste Saison seiner Karriere und ist damit so etwas wie die Lebensversicherung von Hansa Rostock.

HAMBURG, GERMANY - DECEMBER 12: John Verhoek of Rostock trys a shot during the Second Bundesliga match between Hamburger SV and FC Hansa Rostock at Volksparkstadion on December 12, 2021 in Hamburg, Germany.
Kopfballstark, torgefährlich, defensiv unangenehm – John Verhoek ist momentan der wichtigste Spieler von Hansa Rostock.
(Joern Pollex/Getty Images/via OneFootball)

Aber das Spiel alleine auf Verhoek zu reduzieren, ist etwas zu einfach. Denn Hansa Rostock hat im Kader weitere Spieler, die nicht erst in den letzten Wochen mit Leistung überzeugen: Simon Rhein und Svante Ingelsson sind hervorzuheben, die aus der Achter-Position für kreative Momente in der Offensive sorgen. Elementar für das Offensivspiel von Hansa ist Haris Duljevic aufgrund seiner Dribblings. Auf der offensiven Außenbahn führt er die meisten Dribblings in der ganzen Liga (fast elf pro Spiel) und entsprechend dürften die Außenverteidiger des FCSP darauf sensibilisiert werden in der Vorbereitung auf das Spiel.
Wenn es jemanden in der Liga gibt, der auf der Sechser-Position in Sachen Defensive mit Afeez Aremu mithalten kann, dann ist es Lukas Fröde von Hansa Rostock, der sich durch gute Leistungen zuletzt in den Statistiken sogar ein wenig an Aremu vorbeigearbeitet hat (und generell viel kopfballstärker ist). Besonders das Defensivverhalten von Fröde ist einer der Gründe für die Stabilität im Team.

Mögliche Aufstellung

Der FC Hansa Rostock ist eine Art Chamäleon, wenn es um taktische Variabilität geht. Jens Härtel versteht es sehr gut, sein Team auf die Spielweise des jeweiligen Gegners anzupassen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der FCSP gegen eine Dreierkette spielen wird. Denn das ist für Rostock im Hinspiel nach hinten losgegangen. Aber es war sicher auch das schwächste Saisonspiel des Teams. Vielmehr sind es Kleinigkeiten, die in der 4-3-3 Grundformation verändert werden.

Grundsätzlich bildet sich nicht selten eine Fünferkette im Defensivverhalten. Beim Spiel gegen Schalke z.B. bildete sich immer eine Fünferkette gegen den Ball, weil der Sechser (Fröde) in die Viererkette fiel. Das war auch gegen Holstein Kiel der Fall (ohne Fröde). Das passiert, damit die eigenen Außenverteidiger vorrücken können im Pressing und bestenfalls die gegnerischen Außenverteidiger massiv unter Druck setzen.

Es dürfte einer der spielentscheidenden Punkte sein, wie der FC St. Pauli mit dieser Art und Weise des Pressings klarkommen wird. Klar ist zumindest, dass Hansa nicht sonderlich hoch pressen wird (wenngleich sie es partiell immer wieder tun). Das Team verteidigt generell eher „nach vorn“, geht also mit viel Tempo und Mut in die Zweikämpfe. Das führt dann dazu, dass es sich nicht selten um sehr vielversprechende Ballgewinne handelt. Auch dann noch, wenn Hansa mit eher wenigen Spielern offensiv sein Glück versucht, um die defensive Stabilität zu bewahren.

Personell muss im Vergleich zum letzten Spiel vor der Länderspielpause auf der offensiven Außenbahn etwas passieren, da Pascal Breier sicher ausfallen wird. Danylo Sikan, der erst Ende Januar leihweise zum Team kam, war in den letzten Spielen immer die erste Option, wenn Breier oder Duljevic ausgewechselt wurden und darf entsprechend in der Startelf erwartet werden.
Eine weitere Veränderung ist auf der Sechser-Position zu erwarten. Lukas Fröde fiel gegen Kiel aufgrund eines positiven Tests auf das Corona-Virus aus und ein Spiel später gegen Sandhausen wurde er nur eingewechselt. Sollte er wieder voll belastbar sein, dürfte er wieder in die Startelf rutschen.

Erwartete Aufstellung im Spiel Hansa Rostock gegen den FC St. Pauli
Erwartete Aufstellung beim Spiel Hansa Rostock gegen den FC St. Pauli.

Aufgrund der Verletzung von Eric Smith, dem womöglich fehlenden Jackson Irvine und der Rückkehr ins Training von mehreren potenziellen Stammspielern, ergeben sich mehr Fragezeichen als sonst bei der Aufstellung des FC St. Pauli. Smith dürfte von Afeez Aremu ersetzt werden. Nur wenn Timo Schultz und sein Trainer-Team der Ansicht sind, dass sie einen spielstarken Sechser brauchen, dürfte es auf Rico Benatelli hinauslaufen. Das ist aus meiner Sicht eher unwahrscheinlich.

Weder für die Sechser- noch für die Halbposition dürfte Jackson Irvine eine Option sein, da er längere Zeit komplett im Training fehlte und bis Donnerstag noch nicht voll belastet wurde. Ich tippe darauf, dass Finn Ole Becker die Halbposition einnehmen wird. Die Formation von Hansa verlangt einen Spieler, der sich gut in den Räumen bewegt und auch unter Druck spielen kann. Becker ist hier erste Wahl. Denkbar ist natürlich auch Christopher Buchtmann, gerade wenn auf dieser Position mehr Körperlichkeit gefragt ist. Aber ich tippe trotzdem auf Becker.
Auf der rechten Abwehrseite habe ich echt keine Ahnung. Luca Zander und Adam Dźwigała haben sicher beide gute Argumente für einen Einsatz. Möglich, dass hier ein wenig auf die dribbelstarken Außenspieler von Hansa reagiert werden wird. Dann würde das Pendel wohl gen Dźwigała ausschlagen.

In der Innenverteidigung und der Offensive stehen nun mit Amenyido, Ziereis und Lawrence wieder mehr Optionen als zuletzt zur Verfügung. Das dürfte aber nichts daran ändern, dass auch weiterhin Marcel Beifus und Simon Makienok in der Startelf stehen werden. Amenyido ist sicher erste Option von der Bank für die Offensive. Es ist aber auch denkbar, dass Lukas Daschner da vorne eine Rolle spielt. Schultz betonte, dass dieser in letzter Zeit sehr gut trainiert habe und ich hoffe einfach darauf, dass er endlich mal seinen Durchbruch beim FCSP schafft.
Etwas unsicherer bin ich, ob Marcel Beifus starten wird. Denn sowohl Philipp Ziereis, als auch James Lawrence sind schon wieder länger voll im Training und waren, im Gegensatz zu Beifus, auch nicht auf Länderspielreise. Gegen den kopfballstarken Verhoek ist Beifus trotzdem meine erste Wahl.

Das ist jetzt der Abschnitt, wo immer etwas zur Motivation geschrieben steht. Bei einem Spiel gegen Hansa Rostock ist das aber natürlich nicht nötig. Es dürfte niemanden geben, der/die motviert werden muss. Die aktuelle Tabellensituation oder der Gegner allein reichen bereits völlig aus. Beides zusammen ergibt ein Knistern, welches bei mir bereits seit Anfang der Länderspielpause zu spüren ist. Forza!

// Tim

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