Goodbye, James!

Goodbye, James!

Dieser Abschied fällt schwer: James Lawrence wird den FC St. Pauli verlassen. Der Innenverteidiger war nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz drei Jahre lang ein enorm wichtiges Element und hinterlässt sicher eine Lücke, die es nun zu füllen gilt.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Ich geb’s zu: Als im Spätsommer 2019 die Nachricht „James Lawrence wechselt leihweise zum FC St. Pauli“ auf meinem Handy erschien, hatte ich nicht sofort „Ach, der!“ gedacht. Lawrence war mir bis dahin nicht bekannt. Trotzdem las sich die Vita von ihm ziemlich gut: Walisischer Nationalspieler, Stammverein RSC Anderlecht, Meister und Pokalsieger in der Slowakei. Es war sofort klar, dass es sich bei ihm nicht um einen Ergänzungsspieler handeln würde.

Einstand nach Maß

Vier Tage nach seiner Verpflichtung kannten ihn alle, wirklich alle auf St. Pauli. Denn James Lawrence stand kurz nach seiner Verpflichtung beim Heimspiel gegen Holstein Kiel nicht nur sofort in der Startelf, er erzielte auch gleich ein Tor, wuchtig per Kopf, zur 1:0-Führung (das Spiel war irgendwie magisch, hier der Spielbericht). Nach dem Tor war dann auch klar, warum er diesen Zahnschutz trug. Es war leider sein einziges Tor in Braun-Weiß.

Nach einer guten ersten Saison beim FCSP, in der Lawrence aber aufgrund einiger kleiner und einer größeren Verletzung auf nur 14 Spiele kam, ging es erst einmal zurück nach Anderlecht. Eine feste Verpflichtung sei zu den vereinbarten Konditionen zu teuer, hieß es. Als sich die Transferperiode im Sommer 2020 dem Ende zuneigte, gab es dann aber doch die freudige Nachricht: James Lawrence kehrt zum FCSP zurück und unterschreibt für zwei Jahre! Und wie!

„Als ich den Verein im Sommer verlassen habe, hatte ich das Gefühl, hier noch nicht fertig zu sein und ein Stück meines Herzens zurückzulassen. Jetzt freut es mich umso mehr, weil es sich nach Heimkehr anfühlt.“

James Lawrence nach seiner Rückkehr zum FC St. Pauli

Auch im zweiten und nun auch im dritten Jahr von Lawrence beim FC St. Pauli spielten Verletzungen eine größere Rolle, als allen Beteiligten lieb war. 19 Spiele absolvierte er 20/21. Nur unwesentlich mehr waren es in dieser Saison (Liga + Pokal). Im ersten Jahr nach seiner Fest-Verpflichtung waren es wieder Verletzungen, die ihn zurückwarfen. In der zweiten Saison gab es dann mit Jakov Medić massive Konkurrenz im Kader. Die Nicht-Verlängerung des Vertrages ist sicher auch ein Zeichen, dass Medić diesen Konkurrenzkampf gewonnen hat.

HANNOVER, GERMANY - SEPTEMBER 11: James Lawrence of Hamburg during the Second Bundesliga match between Hannover 96 and FC St. Pauli at HDI-Arena on September 11, 2021 in Hanover, Germany.
James Lawrence – sicher einer der besten Typen, die beim FC St. Pauli gespielt haben.
(Frederic Scheidemann/Getty Images)

Aus sportlicher Sicht macht das alles sicher Sinn. Auch wenn James Lawrence auf dem Platz einer der Leader war, der seine Mitspieler auch sehr gut coachte und seine Stärken im Passspiel hatte, gab es Zweifel daran, dass es für sportlich gehobene Ansprüche reichen würde. Schaut man sich den Werdegang ganz nüchtern an, dann verliert der FCSP einen Spieler, der zwar immer wieder sehr gute Leistungen zeigte, aber eben auch oft durch Verletzungen gestoppt wurde und zuletzt seinen Stammplatz verlor.

Sportlich? Nun ja, vielleicht… aber menschlich? Was für ein Verlust!

Aus menschlicher Sicht tut es aber unfassbar doll weh, dass James Lawrence den FC St. Pauli verlässt. Denn schon während seiner Leihe machte er klar, dass er mit seinem Werte-Verständnis sehr gut zum FCSP passt. Als im Januar 2020 der FCSP-Totenkopf auf einer Liste von Symbolen auftauchte, die von der britischen Polizei im Zusammenhang mit Terrorismus-Abwehr veröffentlicht wurde, bezog Lawrence klar Stellung: „Ich bin stolz auf mein Team und stolz auf das, wofür es steht! Stolz auf die Werte, die wir haben. Stolz darauf, für den FC St. Pauli zu spielen – antifaschistisch, antirassistisch, antisexistisch und antihomophob. Was kann man daran nicht mögen?

Kurze Zeit nach diesem Posting auf Instagram hatten wir die Möglichkeit James Lawrence etwas besser kennenzulernen. Er war der bisher letzte Spieler, den wir bei uns in der Monatssendung zu Gast hatten, bevor wir dann pandemiebedingt im weiteren Verlauf darauf verzichteten.

Es war ein ausführliches und sehr interessantes Gespräch, bei dem wir auch viele Themen abseits des Fußballs, seine Zeit bei Ajax Amsterdam und vieles mehr beleuchteten. Und spätestens seit diesem Gespräch war klar, dass James Lawrence dann ganz und gar nicht zu den Vorurteilen über Fußballprofis passt. Vielmehr lernten wir einen Menschen kennen, der sich für sehr viel mehr als nur für Fußball interessiert und mit seiner Art sehr gut zum Verein passte. Und genau das ist auch einer der Gründe, warum wir ihn auf St. Pauli vermissen werden.

Lieber James, wir wünschen Dir für deine Zukunft nur das Beste und werden Deinen weiteren Weg natürlich ganz genau verfolgen. Wir hoffen, dass Du den FC St. Pauli immer in deinem Herzen behalten wirst.

You’ll never walk alone!
// Tim

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

Print Friendly, PDF & Email

4 thoughts on “Goodbye, James!

  1. Danke für den Bericht!

    Absolut schade. Wäre eine Verlängerung in den Augen von Bornemann zu kostspielig geworden? Ist dem fcsp James zu verletzungsanfällig? Wollte James bleiben? Was denkt ihr?

    Wird Bornemann 2 gute Innenverteidiger finden, die besser (und billiger) als Ziereis und Lawrence sind?

  2. Moin, genau so. Aber ich denke es wäre auch seine letzte Saison gewesen, wenn ihn nicht ständig Verletzungen zurückgeworfen hätten. Er hätte sich dann vielleicht/ vermutlich in Richtung 1. Liga entwickelt. Nun ist es leider so und sportlich macht es einfach Sinn. Wir müssen in der IV nachlegen und dann wäre er auch „nur“ Spieler 4 oder 5. Es sind manchmal harte Entscheidungen zwischen „Liebe“ zu einem Spieler und sportlicher Entwicklung und da braucht es jemanden, der dies nüchtern entscheidet. Und das hat das Team um Bornemann gemacht und am Ende finde ich es gut. Zumal es so aussieht, dass alles fair verlaufen ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert