SSV vs. FCSP – Zahlen und Einzelkritik

SSV vs. FCSP – Zahlen und Einzelkritik

Es war insgesamt eine eher enttäuschende Vorstellung, die der FC St. Pauli beim SSV Jahn Regensburg ablieferte. Die Zahlen und Einzelkritiken zum Spiel.
(Titelbild: Andreas Nickl/Eibner-Pressefoto/Imago Images/via OneFootball)

Nein, das war jetzt nicht wirklich erbaulich, was der FC St. Pauli beim SSV Jahn Regensburg präsentierte. Es mag sein, dass sich der Spielverlauf massiv geändert hätte, wenn Paqarada mehr als nur den Pfosten oder Fazliji nicht Viet getroffen hätte. Aber so wie es dann letztlich gelaufen ist, passt es eben auch sehr gut zu den Problemen, die der FCSP aktuell hat. Welche das sind, haben wir gestern im Spielbericht detailliert bearbeitet.

Die FCSP-Defensive ist eigentlich stabil, aber 89 von 90 Minuten stabil zu sein, hilft dir halt auch nicht weiter, wenn es immer wieder diesen einen Moment gibt, in dem kollektiv (oder individuell) gepennt wird. So fing sich der FC St. Pauli im zehnten Saisonspiel zum achten Mal zwei oder mehr Gegentore. Ein schrecklicher Wert. Gegen ein Team, welches zuvor sechs Spiele gar nicht getroffen hat und offensiv noch weniger anbot, als die ebenfalls enttäuschende FCSP-Angriffsreihe.

Statistik

Fast 70% Ballbesitz – wie wertlos so etwas sein kann, zeigte sich am Sonntag. Denn dem FC St. Pauli gelangen aus diesem hohen Ballbesitzanteil magere elf Torabschlüsse, von denen gerade einmal drei den Weg auf das Regensburger Tor fanden. Das ist erneut eine unterdurchschnittliche Quote.
Zum Vergleich: Der Ligadurchschnitt von Schüssen auf das Tor liegt bei 36.4%, der FCSP ist mit 31.1% Vorletzter.
So darf dieses Spiel auch nicht als „dominant“ oder so bezeichnet werden, denn Regensburg-Trainer Mersad Selimbegovic sagte nach dem Spiel, dass dieser viele Ballbesitz schon so einkalkuliert wurde („Wir haben St. Pauli auch bewusst die Spielkontrolle gelassen.“).

SSV Jahn RegensburgFC St. Pauli
1.1 / 1.51 / 1.3expected Goals
(Wyscout / DFL / 538)
1.15 / 1.86 / 1.3
7 (4)Torschüsse (auf’s Tor)11 (3)
11Fouls12
31.8%Ballbesitz68.2%
257 (73.5%)Pässe (erfolgreich)577 (83.4%)
31 (71%)…ins letzte Drittel (erfolgreich)63 (66.7%)
53 (56.6%)… davon lange Pässe (erfolgreich)50 (42 %)
53 (28.3%)Offensivduelle (erfolgreich)61 (37.7%)
61 (62.3%)Defensivduelle (erfolgreich)53 (71.7%)
35 (34.3%)Kopfballduelle (erfolgreich)35 (54.3%)
11.94PPDA5.82
6.87 / 7.06whoscored / sofascore (Durchschnitt)6.24 / 6.67

Da hilft es auch einfach nicht, wenn der FC St. Pauli nach den xG-Werten einmal mehr besser dasteht. Das Team liegt inzwischen auf dem dritten Platz in dieser Statisitik, lässt weiterhin die wenigsten gegnerischen Torschüsse zu. Wenn davon dann jeweils meist mehrere den Weg ins FCSP-Tor finden, dann isses aber auch fast egal, wie niedrig der Wert ist. Die gute Anlage in der Defensivarbeit wird immer wieder aus den eigenen Reihen sabotiert. Was dann mehr oder weniger direkt zur Einzelkritik überleitet.

Einzelkritik

Nikola Vasilj – unüberlegt
(whoscored: 6.0, sofascore: 6.3)

In der letzten Woche hatten wir uns beim MillernTon auch mit der Leistung der Torhüter befasst (Die Suche nach der Null). Wir hatten festgestellt, dass knapp die Hälfte aller gegnerischen Torschüsse auf das FCSP-Gehäuse auch zu Toren führen. Nach dem Spiel hat sich wenig daran verändert: Zwei von vier gegnerischen Schüssen auf das Tor fanden auch den Weg in eben jenes.

Da konnte auch Nikola Vasilj nichts dran ändern. Klar, beim Elfmeter ist die Chance gering und er war nah dran (Erfolgsquote von Elfmetern liegt generell bei 76%). Beim zweiten Gegentor möchte ich ihn dann etwas weniger aus der Haftung nehmen. Kurz nach der Flanke machte Vasilj zwei Schritte aus dem Tor heraus, überlegte anscheinend, ob er den Ball abfangen könnte. Er entschied sich dagegen und stand dann beim Kopfball von Albers recht ungünstig (zu nah am Gegenspieler, wodurch keine Reaktionszeit blieb). Die Bewertung bleibt aber insgesamt ungerecht, da ich eben nur diese eine Situation herauspicke und nicht jene, in denen er den Strafraum recht gut kontrollierte. Die Bewertung des Torwartspiels bleibt auch weiterhin nicht meine Lieblingsbeschäftigung.

Leart Paqarada – verletzt
(whoscored: 7.1, sofascore: 7.6)

Es ist ein altbekanntes Bild: Leart Paqarada ist der Dreh- und Angelpunkt des FCSP-Aufbauspiels. Das zeigt sich auch daran, dass er wesentlich häufiger am Ball war und Pässe spielte, als Manolis Saliakas auf der Gegenseite (was vielleicht auch nicht immer die beste Sache ist, wenn so ein Aufbauspiel unausgeglichen ist). Und es bleibt auch dabei, dass Paqarada nicht nur offensiv, sondern auch defensiv einen guten Job macht. Insgesamt waren 76% seiner Ballaktionen (defensiv wie offensiv) erfolgreich. Eine bessere Quote hat er im FCSP-Trikot nur ein einziges Mal gehabt (21/22 – 3:1-Heimsieg gegen den SV Sandhausen).

Noch etwas macht Leart Paqarada zu einem besonderen Spieler: Er ist nämlich nicht nur Dreh- und Angelpunkt des FCSP-Aufbauspiels und ein defensiv sehr starker Linksverteidiger, sondern mit 28 Torschüssen auch der Spieler in der zweiten Liga, der am häufigsten auf das gegnerische Tor geschossen hat. Das wird sich nun leider ändern, denn Paqarada fällt vorerst mit einer Muskelverletzung aus. Somit wird es zum ersten Mal seit längerer Zeit mal wieder eine Veränderung auf der Linksverteidiger-Position beim FCSP geben. Es ist möglich, dass dies zu einer massiven Veränderung im Spiel führen wird. Und es ist ebenso möglich, dass es dazu noch einen separaten Artikel geben wird.

28 Torschüsse gab Leart Paqarada in dieser Saison bisher ab und führt damit die Liga an. Nun muss der FC St. Pauli aber vorerst auf seine Dienste verzichten.
(c) Peter Böhmer

ab 62.min: Lars Ritzka – anders
(whoscored: 6.2, sofascore: 6.8)

Wie sehr sich das Spiel des FCSP verändern könnte, wenn jemand anderes auf der Linksverteidiger-Position spielt, haben wir bereits am Sonntag sehen können. Lars Ritzka wurde nach rund einer Stunde für Paqarada eingewechselt. Defensiv ist er vielleicht sogar noch etwas stärker einzuschätzen als der Kapitän des FCSP, Ritzka gewann sämtliche Defensivduelle. Offensiv scheint aber noch Luft nach oben zu sein. Abgesehen von einer erfolglosen Flanke zeigen die Statistiken genau nichts in der Offensive.

Jakov Medić – one Moment in time
(whoscored: 6.3, sofascore: 6.6)

Ich bin geneigt von einem „typischen Jakov Medić-Spiel“ zu schreiben. Wieder einmal lieferte er eine grundsolide Vorstellung ab, gewann sämtliche Kopfballduelle, dazu mehr als die Hälfte am Boden. Aber der Teufel steckt im Detail oder besser gesagt in dem Kopfballduell, welches er nicht führte. Denn es war Medić, der Andreas Albers in seinem Rücken ziehen ließ und der dadurch komplett frei zum zweiten Regensburger Tor einköpfen konnte.

Wieder einmal war es ein Moment, in dem die Entscheidungsfindung von Medić Luft nach oben bietet, der zu einem Gegentor führte. Vielleicht ist es aktuell auch ein wenig Pech für Medić, da zuletzt zielsicher fast jeder seiner unsicheren Momente zu Gegentoren führte. Es bleibt aber dabei, dass es ihm nicht gelingt seine starken Leistungen über ein komplettes Spiel abzurufen. Zudem zeigte er sich weit weniger passsicher, als noch in den Spielen zuvor. Die Spielweise von Jahn Regensburg, die einfache Pässe nach vorne für die beiden Innenverteidiger zu verhindern versuchte, zeigte Wirkung, sodass von ihm so gut wie keine Impulse nach vorne ausgingen. Auch dann nicht, als er ab der 78. Minute ganz vorne positioniert war.

David Nemeth – Zwillingsbruder
(whoscored: 6.5, sofascore: 6.7)

Etwas besser als Medić in den whoscored– und sofascore-Wertungen schneidet David Nemeth ab. Dabei lesen sich seine Statistiken nahezu identisch zu denen seines Innenverteidiger-Kollegen. Mir persönlich ist daher unklar, wieso Nemeth besser bewertet wird, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass die Situation vor dem zweiten Gegentor mit in die Bewertung einfließt. Auch Nemeth war defensiv sehr stabil (gewann 14 von 20 Duellen), blieb im Passspiel aber eher blass, was die Spielweise der Regensburger noch einmal unterstreicht.

Grundsätzlich finde ich es schon wirklich bemerkenswert, wie abgeklärt Nemeth bereits ist. Ab und an wirkt zwar auch er in seinen Entscheidungen etwas unsicher und das ein oder andere Mal helfen ihm seine Kollegen aus. Aber unter allen Neuzugängen ist es David Nemeth, bei dem ich persönlich die größte Fantasie habe, dass er sich zu einem wirklich richtig guten Fußballerspieler entwickeln kann.

Manolis Saliakas – allein
(whoscored: 6.1, sofascore: 6.6)

Das war sicher ein sehr komisches Spiel für Manolis Saliakas. Denn nicht selten war er ziemlich allein auf der rechten Seite und eine Verlagerung oder ein Diagonalball hätte ihm massiv viel Möglichkeiten geboten. Allerdings gelang ihm auch ziemlich wenig in diesem Spiel. Offensiv gewann er kein Duell und keine seiner sechs Flanken kam beim Mitspieler an. Da kann, muss und (nach Paqaradas Verletzung) wird mehr kommen.

Betim Fazliji – Fragezeichen
(whoscored: 5.4, sofascore: 6.1)

Irgendwie war bereits der zwar zweifelhafte, aber sicher auch nicht komplett falsche Elfmeterpfiff gegen Betim Fazliji sinnbildlich für sein unglückliches Spiel. Nur zwei von acht Duellen konnte er gewinnen, nur einen Pass fing er ab. Für einen Spieler auf der Sechserposition ist das sehr wenig. Aktionen in der Offensive hatte er gar nicht und mit nur 21 Pässen war er nicht sonderlich stark ins FCSP-Spiel eingebunden.

Gut möglich, dass Fazliji etwas Zeit braucht, um sich an die Spielweise des FC St. Pauli und die der zweiten Liga zu gewöhnen. Das Passspiel und auch die Zweikampfführung zählen eigentlich zu seinen Stärken. Davon war aber wenig zu sehen. Ein Bewerbungsschreiben für mehr Spielzeit war sein Auftritt gegen Regensburg leider nicht.

Für Betim Fazliji lief die Partie gegen Regensburg ziemlich unglücklich.
(c) Peter Böhmer

ab 46.min: Connor Metcalfe – immer besser
(whoscored: 6.4, sofascore: 6.8)

Ich finde es schwer die Fähigkeiten von Connor Metcalfe zu beschreiben. Er verkörpert eigentlich fast die klassische Acht, kann von allem etwas, aber keine seiner Fähigkeiten sticht so richtig heraus. Metcalfe agiert in der Defensive recht hart gegen den Ball und Gegner, hat zudem ein gutes Gespür für Situationen (vier abgefangene Pässe in einer Halbzeit). Wirklich schnell und kopfballstark ist er nicht, aber als Schwäche würde ich ihm das auch nicht unbedingt auslegen. So interpretierte er seine Position rechts im Mittelfeld auch gar nicht erst als eine die recht nahe an der Seitenlinie angesiedelt ist, driftete viel eher ins Zentrum, wo reines Tempo nicht ganz so entscheidend ist.

Auch offensiv zeigt sich Metcalfe immer wieder: Zwei Torschüsse, drei Flanken, eine Torschussvorlage. Das ist deutlich mehr als so manch nomineller Offensivspieler des FC St. Pauli produziert hat. So kann Connor Metcalfe von allen notwendigen Skills eines Profifußballers vieles so ein bisschen, das eine mehr, das andere weniger. Sicher ist aber, dass er sich nun bereits ziemlich gut an die zweite Liga angepasst hat und das dürfte nach rund drei Monaten für einen jungen Spieler, der aus einer unterdurchschnittlichen Liga von einem anderen Kontinent gekommen ist ein Erfolg sein. Wir dürfen uns auf mehr von ihm freuen.

Jackson Irvine – Arbeitstier
(whoscored: 7.4, sofascore: 7.3)

Satte 28 direkte Duelle führte Jackson Irvine gegen den SSV Jahn Regensburg. Kein Spieler auf dem Platz führte so viele. Am Boden gewann er gewohnt starke 70%. In der Luft musste er gegen Andreas Albers, der sich aus dem Angriff immer wieder in den Zehnerraum fallen ließ, Schwerstarbeit verrichten (sechs von 13 gewonnen).

Bemerkenswert still war es aber um die Offensivbemühungen von Irvine, denn dort trat er so gut wie gar nicht in Erscheinung. Dabei erklärte er erst kürzlich, nach seinem Tor gegen den SV Sandhausen, dass er häufiger die Wege in den gegnerischen Strafraum suchen soll und möchte. Die geringe Präsenz ganz vorne könnte damit zusammenhängen, dass er defensiv etwas mehr eingebunden war als zuletzt (weil er in der zweiten Halbzeit den Smith-Part übernehmen musste). Sicher ist, dass es dem FCSP-Angriff damit an einem wichtigen Element fehlte. Sicher ist auch, dass Irvine im nächsten Spiel fehlen wird, weil er seine fünfte Gelbe Karte gesehen hat. Und sicher ist auch, dass ich nicht mal ansatzweise eine Vorstellung davon habe, wer das hohe Arbeitspensum von Jackson Irvine beim FC St. Pauli übernehmen könnte.

Immerhin eine gute Sache hat die Sperre von Jackson Irvine: Ich habe vor der Saison darauf getippt, dass er die meisten Gelben Karten sammelt.
(c) Peter Böhmer

Marcel Hartel – Tendenz ins Zentrum
(whoscored: 6.3, sofascore: 6.7)

Egal ob defensiv oder offensiv – Marcel Hartel zieht es immer ins Zentrum. „Erlaubt“ war das ab der zweiten Halbzeit, als er neben Irvine auf der Doppelsechs agierte, diese aber offensiver interpretierte als sein Nebenmann. In dieser Rolle war er präsent wie selten zuvor in dieser Saison und spielte insgesamt 52 Pässe (nur gegen Paderborn waren es knapp mehr). Allerdings nahm der Passerfolg ab, je näher es an das gegnerische Tor ging: Keine seiner fünf Flanken fand einen Mitspieler (insgesamt 0/6 bei Pässen in den Strafraum). Trotzdem war Hartel präsent in der Offensive mit vier Ballkontakten im gegnerischen Strafraum, fünf von sieben erfolgreichen Offensivduellen und zwei Torabschlüssen. Aber: Erstmalig in dieser Saison blieb Hartel ohne Torschussvorlage (durchschnittlich mehr als drei pro Spiel).

Mir gefiel die Rolle von Hartel als Sechser ganz gut. Er ist sehr pressingresistent und damit seinen Kollegen auf dieser Position etwas voraus. Die Frage ist nur, ob sich der FC St. Pauli Marcel Hartel in tieferer Position leisten kann. Denn seine Ballsicherheit ist fast ein Unikat. Zumindest fehlt diese weiter vorne.

Lukas Daschner – zu wenig
(whoscored: 5.8, sofascore: 6.4)

Hmmm… ein Torschuss, eines von fünf Offensivduellen gewonnen, zwei Ballkontakte im Strafraum, einer von vier Pässen in den Strafraum erfolgreich… Das ist alles nicht überzeugend, was Lukas Daschner da in Regensburg abgeliefert hat. Und ehrlich gesagt ist das schon seit Wochen so: Nur einer seiner Torschüsse hat auch den Weg gen Tor gefunden. Eine Torschussvorlage gab er ab, zwei Flanken fanden den Mitspieler und ein erfolgreiches Dribbling hat er vorzuweisen. Das ist sein Arbeitsnachweis aus den letzten vier (!) Spielen.

Gut möglich, dass Lukas Daschner mit der Position rechts im Mittelfeld noch fremdelt. Gut möglich, dass er sehr viel besser auf der Zehn aufgehoben wäre. Aber die Statistiken zeigen eben auch, dass er schlicht viel zu viele Bälle verliert und der FC St. Pauli hat auch aufgrund der vielen Ballverluste auf ein flaches 4-4-2 umgestellt. Da wartet viel Abeit auf Lukas Daschner. Ich hoffe sehr, dass er sich da irgendwie rausziehen kann.

Etienne Amenyido – zu viel
(whoscored: 6.1, sofascore: 6.6)

Was Jackson Irvine auf der Sechs ist, ist Etienne Amenyido im Angriff – ein Arbeiter. 13 Offensivduelle, zwei Torabschlüsse, zwei Torschussvorlagen, eine Flanke, vier Ballkontakte im Strafraum. Das ist schon recht ordentlich, auch wenn er nur vier der 13 Duelle gewinnen konnte (und natürlich keiner der Schüsse auf das Tor ging – das hat er erst einmal diese Saison geschafft). Aufgrund dieser hohen Aktivität ist auch die Anzahl an Ballverlusten hoch (laut whoscored ist er für 10 von 23 FCSP-Ballverlusten aus direkten Duellen verantwortlich), aber ich bin fast geneigt ihm ein Fließkärtchen auszustellen.

Denn beeindruckend fand ich die Leistung von Amenyido in der Defensivarbeit. Zehn von 15 Duellen hat er defensiv gewonnen. Allein die Anzahl ist schon hoch, die Erfolgsquote aber dann nochmal umso erfreulicher. Ich finde das vor allem deshalb interessant, da mir dieses hohe und erfolgreiche Maß an Defensivarbeit von Amenyido noch nie aufgefallen ist. Dabei genügt ein kurzer Blick in die Statistiken der Vorsaison und schon ist klar, dass er eine ziemlich wichtige Rolle für den FCSP in der Defensivarbeit ausfüllt. Wenn er jetzt noch seine Schüsse auf das Tor bringen würde…

Mit viel Tempo über die Außenbahn wird man Johannes Eggestein beim FC St. Pauli eher nicht ziehen sehen.
(c) Peter Böhmer

Johannes Eggestein – zu fokussiert
(whoscored: 6.0, sofascore: 6.4)

Das ist jetzt fies, aber: Nur bei der Anzahl an Ballverlusten kann Johannes Eggestein mit Etienne Amenyido mithalten. Fies ist es vor allem deshalb, da Eggestein viel eher im Strafraum an den Ball kommt als Amenyido (kein FCSP-Spieler hatte mehr Ballkontakte als er im Strafraum). Und dort ist der Druck eben am höchsten. Entsprechend selten wurde Johannes Eggestein in das Spiel eingebunden. Entsprechend hoch ist die Quote an Schüssen, die auch auf das Tor gehen (hier bietet er fast 50% an).

Diese Spielweise von Johannes Eggestein, dieser starke Fokus auf das Sturmzentrum ist aktuell ein Problem für ihn. Denn je stärker sich Spieler auf Abschlüsse konzentrieren, umso eher werden sie nur daran gemessen. Das ist das schwere Los von Zielspielern. Wenn sie treffen ist alles gut und die restliche Leistung interessiert herzlich wenig. Sollte der Torerfolg aber mal (längere Zeit) ausbleiben, dann gehen die Argumente aus. Eggestein ist seit fünf Spielen torlos.

ab 46.min: Igor Matanović – zu weit weg
(whoscored: 5.9, sofascore: 6.4)

Wo wir gerade bei torlos sind, fällt mir Igor Matanović ein. Nein, das war auch fies und wird ihm auch nicht gerecht. Denn Matanović ist eher ein Rumtreiber als Eggestein, interpretiert die Stürmerrolle viel agiler. Allerdings waren die 45 Minuten gegen Regensburg leider ein ziemlich blasser Auftritt. Ein gewonnenes Offensivduell und ein Torschuss (klar, neben das Tor) sind sein offensiver Arbeitsnachweis. Das ist schon wenig, aber nur ein gewonnenes Kopfballduell und kein geführtes Defensivduell passen da auch gut hinein. Und insgesamt fünf Pässe in einer gesamten Halbzeit sind dann wohl das, was man als dürftig bezeichnen darf. Igor Matanović gibt einem Rätsel auf und es ist ihm zu wünschen, dass er auf der jetzigen Länderspielreise Erfolgserlebnisse feiern kann.

Fazit

Der FC St. Pauli hat sich das 0:2 defintiv verdient, weil es mal wieder nicht gelang vorne zwingend zu werden und hinten fehlerlos zu spielen. Die offensive Harmlosigkeit ist dabei aus meiner Sicht fast das größere Problem, denn sie führt in gewisser Art und Weise auch dazu, dass es defensiv Probleme gibt (Stichwort: Ballverluste). Da hilft dann auch der viele Ballbesitz nicht und auch nicht, dass das Team über weite Strecken nur ganz wenige gegnerische Chancen zugelassen hat. Mit dieser Leistung gehört der FC St. Pauli genau dahin, wo er jetzt gelandet ist: ins untere Mittelmaß.
// Tim

Sofern nicht anders markiert, stammen sämtliche Statistiken von Wyscout.

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5 thoughts on “SSV vs. FCSP – Zahlen und Einzelkritik

  1. Danke für den Bericht!

    Medic Pech? Dann aber seit einem halben Jahr.
    Warum wurde Boukhalfa verpflichtet?
    Ich finde, Schulle hat den Moment in der Saison verpasst, wo er mit punktuellen Personalwechseln die Mannschaft hätte retten können: Eben Boukhalfa, Fazliji, Metcalfe, Aremu, Dzwigala, Zander oder sogar Roggow für einen der Dauer-Enttäuschenden zu bringen. Jetzt ist bei allen der Wurm drin. Und wo ist eigentlich Sportskamerad Beifus?

  2. “ Mit dieser Leistung gehört der FC St. Pauli genau dahin, wo er jetzt gelandet ist: ins untere Mittelmaß.“
    Mir ist das zu optimistisch.
    Die Truppe wirkt total leer, empathielos und ohne Bindung. Der Trainer mittlerweile auch..
    Das diese Ansammlung von Ergänzungsspielern in die Spur findet wage ich zu Bezweifeln. Da ist keiner vom Format Burgstaller, der die Truppe mitzieht.
    Bin gespannt wie sich das entwickelt, aber meine Befürchtungen sind leider eingetroffen… ohne Not 2 Stürmer rausgedängelt, dafür 2 Stürmer geholt, die auf keinen Fall besser sind..

    diese Mannschaft spielt momentan wie ein Absteiger.

  3. Hallo Tim,
    eine kurze Verständnisfrage zur Mannschaftsstatistik:
    Wer hat denn die übrigen 11,4% der Kopfballduelle gewonnen? 😉
    Letztlich müsste das doch auch glatt auf auf 100% aufgehen, oder? Oder sind da tatsächlich beide Spieler am Ball vorbei gesprungen?

  4. Ergänzung zu Nikola: Ich bin der Meinung und das habe ich als Trainer meinen Jugend-Torhütern auch immer gesagt: Wenn Du Dich für eine Ecke entscheidest, dann aber richtig und nicht, dass man danach sagt, ich war aber dran. Denn das nervt doch jeden Torhüter am meisten. Da fehlt mir tatsächlich die letzte Entschlossenheit und das ist leider aktuell ein Abbild des gesamten Teams.

    Gefühlt ist Paqarada sicherlich einer der besten Spieler des FCSP, aber seit der Spekulationen um einen Wechsel (auch bei Medic zu sehen) in die 1.BL, sieht es fast ein bisschen so aus, als ob sie etwas grantelig sind und mit ihrer Situation eher beschäftigt zu sein, als mit der eigenen Leistung. Ich freue mich, dass Ritzka für die nächsten Spieler seine Chance bekommt. Mal schauen….

    Wir haben aktuell keinen Stürmer, der permanent Bälle festmachen kann. Amenyido würde ich nicht als Stokel titulieren und den anderen Protagonisten fehlt deutlich der Drang zum Tor. Diamantakos, Burgstaller und auch Allagui waren Stürmer, die Bälle festmachen konnten, weil sie vor dem Ballkontakt schon gearbeitet haben. Bei unseren „Stürmern“ sehe ich Ballverluste sowohl in technischer Form, als auch im körperlichen und in der Cleverness. Da war ein Makienok ein Vorbild und toller Zielspieler, aber der wurde vom Hof gejagt.

    Wir können uns seit langer Zeit mal darüber freuen, dass tatsächlich eine Länderspielpause ist, denn schlechter kann es jetzt nicht werden und vielleicht ist der „Breakeven“ jetzt ja erreicht und wir können positiv nach vorne schauen. Bald kommt das Derby….. 😉

  5. Hi Tim. Letzte Saison in Regensburg ist mir Irvine beim Aufwärmen aufgefallen, der bis dahin ja eher wenig als Torjäger aufgefallen war. Warum? Weil er zusammen mit GB9 ein Duo bei den Torschussübungen bildete. Aus halbrechter Position hat er vom 16er gefühlte 9 von 10 Schüsse hart und platziert verwandelt. GB9 aus gleicher Position gefühlte 6 von 10. Zusammen mit seiner Kopfballstärke, den Pressingqualitäten und vor allem dem fehlenden 9er im Kader die Frage: Kann man (A)Irvine nicht in den Sturm stellen? Kannst du die Eindrücke vom Aufwärmen mit deinen Eindrücken vom Training bestätigen?

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