Es war ein durchaus verdienter Erfolg, den der FC St. Pauli gegen den 1. FC Kaiserslautern feierte. Die Stimmen und Statistiken zum Spiel.
(Titelbild: Stefan Groenveld)
Nach dem Spiel am Sonntag haben wir bereits eine Analyse veröffentlicht („Fußball gewinnt“). Nun lassen wir einige Statistiken folgen, die deutlich zeigen, wie spieldominant der FC St. Pauli aufgetreten ist. Zudem wurden einige Stimmen zusammengetragen, die allesamt zeigen, wo der Fokus des FCSP liegt und wie wichtig dieser Erfolg auch für den Kopf gewesen ist.
Trainerstimmen
Schuster: Ehrlich unzufrieden
Als angenehm ehrlich möchte ich die Worte von Dirk Schuster nach dem Spiel auf der Pressekonferenz bezeichnen. Wer die vielen Duelle auf dem Platz mitbekommen hat, die/den dürfte aber folgende Aussage verwundern: „Wir hatten uns vorgenommen von den körperlichen Faktoren eine ähnliche Präsenz auf’s Eis zu bekommen, das ist uns nicht gelungen.“
Zwar sparte er nicht mit Kritik an der Spielweise seines Teams, doch Schuster hob auch die Qualität des FC St. Pauli hervor:
„Wir hatten uns einem Gegner mit enormen Druck entgegen zu stellen. Das haben wir bis auf ein paar Situationen ganz gut hingebracht. Trotzdem hatte St. Pauli seine Möglichkeiten, die wir mit Glück und Geschick überstanden haben.“
FCK-Trainer Dirk Schuster nach der Niederlage gegen den FCSP
In der Analyse haben wir bereits einen ausführlichen Blick auf den „freien Radikalen“ Marcel Hartel geworfen und welchen Effekt sein Positionsspiel auf die Mannorientierung hatte. Schuster erklärte, dass ihn dieses Positionsspiel bereits in der ersten Halbzeit zu einer Umstellung zwang: „Wir mussten schon in der ersten Halbzeit umstellen, weil wir vom System her nicht das gemacht haben, was wir uns vorgenommen hatten. Öfters war ein Spieler der Gegner in unserer Hälfte blank und da kam auch meistens der Ball hin. Wir hatten keinen Zugriff. Das haben wir bereits in der ersten Halbzeit versucht zu unterbinden, haben dann in der Halbzeitpause nochmal umgestellt.“
So richtig gebracht hat dann aber scheinbar erst der Rückstand etwas. Erst dann war der FCK-Trainer zufrieden mit der Leistung seines Teams: „Aber wir haben dann auch in der zweiten Halbzeit kaum offensiv stattgefunden. Erst nach dem 0:1 haben wir das gezeigt und gemacht, was wir von der ersten Minute an machen wollten. Ich denke, dass es kein unverdienter Sieg ist.“
Hürzeler: Konterabsicherung! Konterabsicherung! Konterabsicherung!
Stilecht mit Reibeisenstimme, aber erneut sehr zufrieden zeigte sich Fabian Hürzeler auf der Pressekonferenz. Dabei vergaß er nicht in nahezu jedem Halbsatz zu betonen, welchen Fokus er mit seinem Team gelegt hatte: „Ich glaube, dass wir sehr dominant gestartet sind. Priorität Nummer eins war erstmal die Konterabsicherung, dass wir nach Ballverlust im Gegenpressing ballnah und ballfern gut Zugriff hatten.“
Doch so zufrieden wie sich Hürzeler mit dem Spiel seines Teams gegen den Ball zeigte, war er nicht mit dem, was im letzten Drittel des FCK passierte. Dabei zeigte er erneut, wie sehr er in seiner Arbeit mit Co-Trainer Peter Nemeth bei den Abläufen ins Detail zu gehen scheint: „Wir waren nicht konsequent im letzten Drittel. Wir haben uns gut freigespielt, konnten flanken, hatten dann aber nicht die maximale Boxbesetzung.“
Nach der Pause agierte der FC St. Pauli etwas offensiver, indem Jackson Irvine nun häufiger mit vorschob. Hürzeler erklärte, dass dies so geplant war, aber natürlich alles mit dem notwendigen Fokus auf die Rückverteidigung: „In der Halbzeitpause haben wir uns vorgenommen, noch mehr Spieler in die Box zu bringen, dass wir noch konsequenter sind, aber immer mit der Prämisse, dass wir gut gegen den Ball arbeiten, dass wir immer ne gute Konterabsicherung haben.“
Kern-Statistiken
Zwar ist es in dieser Saison eher die Regel, dass der FC St. Pauli mehr Ballbesitz als der Gegner hat, aber die 68.7% Spielanteile sind dann doch schon besonders: Nie hatte der FCSP mehr Ballbesitz in dieser Saison. Das lag nicht nur daran, dass der FCSP die Rolle als spieldominantes Team annahm. Der FCK zog sich in seinem System ganz bewusst zurück und agierte aus einer tiefen Positionierung heraus. Und der FC St. Pauli ging vor allem in der ersten Halbzeit weniger ins Risiko, was bedeutete, dass lieber einmal mehr als weniger der sichere Pass gesucht wurde.
FC St. Pauli | 1. FC Kaiserslautern | |
14 (2) | Torschüsse (auf’s Tor) | 9 (1) |
12 | Fouls | 22 |
68.7% | Ballbesitz | 31.3% |
522 (83.7%) | Pässe (erfolgreich) | 261 (68.6%) |
70 (67.1%) | …davon ins letzte Drittel (erfolgreich) | 49 (55.1%) |
51 (54.9%) | …davon lange Pässe (erfolgreich) | 66 (53%) |
38 (52.6%) | Defensivduelle (erfolgreich) | 62 (62.9%) |
42 (50%) | Kopfballduelle (erfolgreich) | 42 (45.2%) |
7.37 | PPDA | 11.87 |
116.4km | Laufdistanz* | 114.4km |
221 | Sprints* | 190 |
Auch der 1. FC Kaiserslautern stellte einen (eher zweifelhaften) Rekord auf: Mehr als 25% ihrer gespielten Pässe waren lange Bälle. Das ist Rekord für Teams gegen den FCSP in dieser Saison und zeigt, wie tief der FCK agierte und wie sehr er sich auf Kontersituationen fokussierte.
Ebenfalls ein zweifelhafter Rekord: 22 Fouls und sechs Verwarnungen gab es für ein Team in Spielen des FC St. Pauli auch noch nicht. Der Ligaprimus (Jahn Regensburg) begeht durchschnittlich 13 Fouls pro Partie. Somit sind die insgesamt 34 Vergehen (zwölf vom FCSP) in der Partie schon bemerkenswert hoch.
Bemerkenswert niedrig ist die Quote der gewonnenen Defensivduelle des FC St. Pauli. Nur knapp mehr als die Hälfte der direkten Duelle konnte das Team gewinnen (52.6%). Das scheint eigentlich alarmierend, aber die persönlichen Statistiken liefern gute Argumente dafür, warum das nicht unbedingt bedenklich ist.
Expected Goals
FC St. Pauli | 1. FC Kaiserslautern | |
0.9 / 0.9 / 0.7 | expected goals (xG) (wyscout / DFL / fotmob) | 0.9 / 0.9 / 0.6 |
0.3 | xG – 1. Halbzeit | 0.03 |
0.5 | xG – 2. Halbzeit | 0.5 |
0.6 | xG – herausgespielt | 0.2 |
0.1 | xG – Standards | 0.3 |
0.6 | xGOT* | 0.0 |
*xGOT: Expected Goals on Target (xGOT) misst die Wahrscheinlichkeit, dass ein gezielter Schuss zu einem Tor führt, basierend auf der Kombination aus der zugrunde liegenden Chancenqualität Expected Goals (xG) und der Endposition des Schusses im Tor. Dabei werden Schüsse, die platzierter sind und in den Ecken landen, besser gewertet als Schüsse, die direkt in die Mitte des Tores gehen.
Was bringt der gesamte Ballbesitz, die viele Dominanz, wenn es dem Team nicht gelingt in gute Abschlusspositionen zu kommen? Die expected Goals zeigen sehr eindeutig, dass sich der FCSP schwer tat, im letzten Drittel auch bis vor das Tor zu kommen. Die 14 Abschlüsse (nur zwei auf das Tor) waren dann doch zumeist eher von geringer Chancenqualität.
Bemerkenswert: Die Abschlussqualität (xGOT) des FCK wird mit 0.0 angegeben.
Entsprechend unzufrieden zeigte sich Fabian Hürzeler dann ja auch mit der „Konsequenz“ seines Team im letzten Drittel, monierte vor allem die nicht optimale Box-Besetzung, wenn das Team zu seinen vielen Flanken ansetzte. Und trotzdem war der FCSP in dieser Partie das überlegene Team, investierte wesentlich mehr und wurde dann, dank einer gewissen Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor, schlussendlich belohnt.
Einzelbewertung
Bisher hatte ich bei den Team-Ratings immer einen Wert offenlassen müssen, da fotmob in der Desktop-Ansicht keine Ratings für das Team stehen hat. Hilfreicher ist da der Blick in die App, weshalb ab sofort das Bild komplett angegeben werden kann.
Team | whoscored / sofascore / fotmob |
FC St. Pauli | (6.8 / 7.1 / 7.4) -> 7.1 |
1. FC Kaiserslautern | (6.3 / 6.6 / 6.4) -> 6.4 |
Spieler | |
Nikola Vasilj | (6.8 / 7.0 / 7.3) -> 7.0 |
Manolis Saliakas | (6.9 / 7.2 / 7.7) -> 7.3 |
Jakov Medić | (7.0 / 7.4 / 7.8) -> 7.4 |
Eric Smith | (7.3 / 7.4 / 7.9) -> 7.5 |
Karol Mets | (6.7 / 6.8 / 7.3) -> 6.9 |
Leart Paqarada | (6.8 / 7.3 / 7.6) -> 7.2 |
Jackson Irvine | (8.1 / 7.8 / 8.3) -> 8.1 |
Marcel Hartel | (6.6 / 6.8 / 7.4) -> 6.9 |
Connor Metcalfe | (7.4 / 7.3 / 7.9) -> 7.5 |
Lukas Daschner | (6.2 / 6.3 / 6.4) -> 6.3 |
Dapo Afolayan | (6.8 / 6.8 / 7.1) -> 6.9 |
Basierend auf den Statistiken ist Jackson Irvine der beste Spieler auf dem Platz gewesen. Der Grund dafür sind klar die direkten Duelle: Er hat neun von elf Defensivduellen gewonnen und dazu sechs Pässe abgefangen. Zudem hat er alle sechs Offensivduelle gewonnen – das macht zusammen 15 von 17 erfolgreiche Duelle. Ein beeindruckender Wert.
Richtig mithalten kann damit auf dem Platz niemand (Terence Boyd ist mit insgesamt elf erfolgreichen Duellen auf Platz zwei, die Quote ist aber deutlich schwächer). Und trotzdem ist Manolis Saliakas hervorzuheben, denn defensiv überzeugte auch er mit guter Erfolgsquote (9/11). Schade, dass er nach seinen beiden überzeugenden Auftritten zuletzt nun aufgrund seiner fünften Gelben Karte gesperrt ist.
Mit sehr interessiertem Blick habe ich den zweiten Startelfauftritt von Dapo Afolayan verfolgt. Und ich weiß auch nicht genau, wie dieser zu bewerten ist. 14 Offensivduelle hat er geführt (die meisten beim FCSP), aber nur vier gewonnen – ich frage mich, ob die beiden Beinschüsse als erfolgreich bewertet wurden (einmal landete der Ball direkt beim nächsten Gegner, einmal konnte Daschner nicht kontrollieren). Trotz dieser eher blassen Werte hat Afolayan einen enormen Impact auf das Spiel: Laut Bundesliga.de ist er der Spieler auf dem Platz, der am häufigsten von Gegenspielern unter Druck gesetzt wurde (19 Mal – Boyd auf Platz zwei mit 11 Mal). Bemerkenswert ist, was er trotz dieses Drucks für eine Pass-Effizienz vorweisen kann: Mit +1.4 hat er zusammen mit Eric Smith den besten Wert beim FC St. Pauli.
Stimmen
Nach dem Spiel ging es mit einigen Fragen bewaffnet in die mixed zone. Spürbar auf einem Hoch war Jackson Irvine nach dem Spiel, der ausgiebig mit den Kollegen flachste, ehe ich die Feierei wüst mit der Bitte um ein paar Worte von ihm unterbrach (Sorry!). Er zeigte sich vor allem mit der Intensität seines Teams zufrieden (wozu er ja einen nicht unerheblichen Teil beigetragen hat):
„It’s probably the most satisfying of all three [games]. It was a really tough game, a tough opponent. We knew exactly what to expect and the game went almost exactly as we imagined it would. We had to match that intensity and physicality and energy and then try and show quality in the important moments“
Jackson Irvine nach dem Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern
Ebenfalls nicht verwundert über die Spielweise des FCK war Marcel Hartel, der sich dann aber nach dem Spiel sehr entspannt zeigte: „Wenn sie meinen, so Fußballspielen zu wollen, dann können sie das gerne machen – aber die Punkte bleiben hier.“
Hartel erklärte zudem, wie alle anderen im Team auch, dass der Fokus auf die Defensive enorm hoch ist („Wir wollen unbedingt zu Null spielen.“). Mit der Defensivleistung zufrieden zeigte sich auch Leart Paqarada: „Es war viel Körperlichkeit, viel Intensität drin. Wir sind vorne kaltschnäuzig geblieben und haben hinten mehr oder weniger alles wegverteidigt.“
Mit richtig breiter Brust präsentierte sich natürlich Connor Metcalfe, der stolz seinen linken Fuß präsentierte („it gets better and better“) und abermals einige Fragen dazu beantworten musste, wie bewundernswert seine Transformation zum offensiven Außenbahnspieler ist: „I haven’t played that since I was eleven or twelve. I’m really surprising myself to be honest.“
Drei Siege in Folge, alle zu Null. Nimmt man die beiden letzten Testspiele hinzu, dann sind es sogar fünf Partien, in denen der FC St. Pauli ohne Gegentor blieb. Dieser defensive Fokus, den Fabian Hürzeler immer wieder betont, scheint aktuell voll und ganz aufzugehen. Entsprechend werden wir uns unter der Woche im Blog mal genauer mit dieser „Null“ beschäftigen. Bis dahin können wir aber erstmal die Worte von Jackson Irvine genießen, der fast eine Art Drohung an andere Clubs der Liga raussendete: „It’s only the beginning.“
// Tim
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Vielen Dank!
Hammer, wie schnell ihr immer seid.
Die Abstände nach oben und unten werden sich aber wohl morgen (wahrscheinlich) noch ändern.
Aber trotzdem einfach Wahnsinn wie das lief in den letzten Spielen.
Ups, falscher Faden. 🙁 Sollte zu Magdeburg