Selbstbewusst, klar, fordernd – Fabian Hürzeler geht vorweg

Selbstbewusst, klar, fordernd – Fabian Hürzeler geht vorweg

Der Cheftrainer des FC St. Pauli präsentierte sich in einer Presserunde enorm fokussiert und überzeugt – er gibt damit die Richtung vor, in die es für den FCSP gehen soll.
(Titelbild: Oliver Ruhnke/imago images/via OneFootball)

Fabian Hürzeler kontrolliert nicht nur das Geschehen seines Teams auf dem Platz, er versucht auch den Sprachgebrauch unter Kontrolle zu halten. Und so versuchte er den eigenen verbalen Ausrutscher dann auch gleich wieder einzufangen, als er in der Presserunde am Donnerstag das Wort „Freundschaftsspiel“ in Bezug auf den heutigen Test gegen Oldenburg verwendete. Es sei vielmehr ein „Testspiel“, denn „Freundschaftsspiele gibt es bei uns ja nicht“.

Klare Idee und hoher Anspruch

Natürlich wird Fabian Hürzeler nicht jedes Wort seiner Spieler und seines Funktionsteams kontrollieren. Er wird ihnen, abgesehen von fußballspezifischen Details, auch nicht vorschreiben, welche Wörter sie verwenden dürfen und welche nicht. Aber Hürzeler präsentierte sich in der Medienrunde genau so, wie es auch diese kleine Anekdote rund um das Wording für das Spiel gegen Oldenburg zeigte: Sehr selbstbewusst, enorm ehrgeizig, mit einer klaren Idee und hohen Ansprüchen an die Spieler.

+++ Infobox – In eigener Sache: Neue Bankverbindung +++
(Wieso? Hier erklärt)
Wenn Ihr uns bereits unterstützt, ändert bitte Eure Daueraufträge – wir haben ein neues Konto. Wenn Ihr schon vorhattet uns zu unterstützen, ist nun der perfekte Zeitpunkt, um damit zu beginnen.
Bank: Targobank / Kontoinhaber: MillernTon GbR
IBAN: DE97 3002 0900 5320 7004 32 / BIC: CMCIDEDDXXX

Alle Infos: Support Your MillernTon – Vielen Dank 🙂
+++ +++

Auffällig ist, wie deutlich und mit welchen Forderungen Fabian Hürzeler an seine Mannschaft herantritt. Man habe unter der Woche so trainiert, dass man im Vergleich zum Test gegen Dunfermline eine Steigerung im Spiel mit dem Ball erwarte. Auch beim Anlaufen solle das Team engagierter zu Werke gehen, denn man sei schon in der zweiten Woche der Vorbereitung und „entsprechend verlangen wir da auch mehr Intensität, mehr Konsequenz und mehr Kompaktheit.“ Und ganz grundsätzlich soll dieser Test auch gleich die Richtung vorgeben, in die es in dieser Saison gehen soll: „Wir wollen dominant auftreten – das ist auch die Philosophie, die wir auch in der Saison haben wollen.“

„Müdigkeit im Kopf ausschalten“

Fabian Hürzeler erzählt gerne von seiner Spielidee, von der Philosophie und den Prinzipien. Richtig schmallippig wurde er aber als er auf die Niederlage im Test gegen Oldenburg vor rund einem halben Jahr angesprochen wurde. Niederlagen täten ihm prinzipiell weh, versicherte er kurz, knapp und extrem glaubhaft. Entsprechend verlangt Hürzeler von seinem Team nicht nur spieltaktisch eine ganze Menge: Man habe die Niederlage „klar thematisiert“ und wolle „anders auftreten“. Dabei spielt das intensive Training der zweiten Vorbereitungswoche zwar eine Rolle, aber anders als man vielleicht denken würde: „Natürlich ist eine gewisse Müdigkeit dabei, aber es gehört auch zu unserer Mentalität diese Müdigkeit zu überlaufen, zu überspielen, das auch im Kopf auszuschalten – das verlange ich von meiner Mannschaft.“

Anpassungen der Spielidee an den Kader?

Inwiefern sich die Spielidee der erfolgreichen Rückrunde, die ohnehin bereits recht flexibel war, nun mit verändertem Kader anders gestalten wird? Gar nicht so sehr, versichert Hürzeler: „Ich habe jetzt über ein halbes Jahr nichts groß verändert an der Idee und das wird sich auch in Zukunft nicht groß verändern. Meine Spielphilosophie wird gleich bleiben.“
Ein wenig lässt er sich dann aber doch noch eine Hintertür offen. Denn natürlich „guckt man über den Tellerrand und versucht kleine Details anzupassen“, und man werde auch mal ein anderes System ausprobieren „weil wir auch andere Spielertypen haben“.

Hamburg, Deutschland, 21.04.2023, Fußball 2. Bundesliga - Fabian Hürzeler, Trainer des FC St. Pauli ist enttäuscht nach der Niederlage gegen den Hamburger SV - Copyright: Peter Böhmer DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.
Fabian Hürzeler verlangt von seinem Team und auch sich selbst enorm viel.
(c) Peter Boehmer

Fehlt es an Kreativität?

Genau dieser veränderte Kader könnte einer der Knackpunkte sein, wenn es um die Spielweise des FC St. Pauli geht. Denn mit Leart Paqarada und Lukas Daschner hat der FCSP zwei sehr kreative Spieler verloren, die auch beide im gleichen Raum auf dem Platz häufiger zu finden waren. Wer soll diesen Raum, dieses kreative Loch nun ausfüllen, Fabian Hürzeler?

„Meine Außenverteidiger werden auch weiterhin im Zwischenraum zu sehen sein, sie werden weiterhin sehr flexibel agieren. Das gehört auch zur Entwicklung der Spieler dazu. Da verlange ich von meinen Spielern, dass sie das auch machen. Sei es ein Stürmer wie Andreas Albers – ja klar ist das ein Zielspieler, der uns hilft in der Eröffnung, wenn wir Mann-gegen-Mann gepresst werden – aber von dem verlange ich, dass er im Spiel mit dem Ball, im kontrollierten Spielaufbau auch im Zwischenraum agiert. Das kann er auch. Lars Ritzka ist gut in der Linie, kann aber auch im Zwischenraum agieren, das gehört zur Entwicklung dazu. Deshalb: Die Idee bleibt die gleiche und wir haben genug flexible und kreative Spieler auf dem Platz.“

Fabian Hürzeler zur Frage, ob es dem Kader an Kreativität im Zehnerraum fehle.

Zum Abschluss der Antwort auf die Frage nach der womöglich fehlenden Kreativität, wurde dann auch der Anspruch Hürzelers an sich selbst deutlich: Es sei die Aufgabe des Trainerteams die Spieler in ihre bestmöglichen Positionen zu bringen. Klar ist aber auch, dass ein Spielertyp wie Lukas Daschner dem FCSP aktuell fehlt und die Fähigkeiten von Leart Paqarada auch nicht direkt von Lars Ritzka kopiert werden können. Entsprechend ließ Hürzeler dann noch ein Hintertürchen für mögliche Transfers offen: „Ich bin sehr zufrieden mit dem Kader, den ich aktuell habe. Aber wenn wir etwas sehen, was wir brauchen und es auf dem Markt entdecken – da muss aber nicht nur das Profil, sondern auch der Mensch passen – dann werden wir eventuell noch was machen.“

Noch besser werden als zuletzt

Der FC St. Pauli kann laut Hürzeler in dieser Sommervorbereitung auf jeden Fall auf ein „stabiles Fundament“ aufbauen, welches man in der Rückrunde der Vorsaison gelegt habe. Aber wozu wird das reichen, wenn andere Teams wie der HSV und Schalke Top-Transfers tätigen? Bei der Antwort auf diese Frage wird wieder das gestiegene Selbstbewusstsein und der erhöhte Anspruch deutlich: Hürzeler erzählt, dass er sich gerne „mit den Besten“ messe. Denn mit einer „intensiven Vorbereitung, einem klaren Plan und harter Arbeit“ müsse man sich sowieso vor keinem Gegner in der Liga verstecken. Das hätte das Team in der Rückrunde gezeigt und es sei auch der Anspruch in der kommenden Saison, dass der FCSP seinen Stil durchbringe.

Aber nur weil der FC St. Pauli die beste Rückrunde aller Zeiten gespielt hat, sei das noch nicht genug. Der Anspruch ist es noch besser zu werden: „Wir müssen gucken, dass wir die Leistung, die wir in der Rückrunde gezeigt haben verbessern und konstant unser Leistungsniveau auch in den Ergebnissen widerspiegeln.“
Die Presserunde nach rund zwei Wochen Sommervorbereitung machte deutlich, dass Fabian Hürzeler mit seinem Team und der Entwicklung zwar zufrieden ist, aber sich noch lange nicht am Ziel sieht. Er zeigte sich einmal mehr enorm ehrgeizig und vom eingeschlagenen Weg überzeugt, was nach der Rekord-Rückrunde auch nicht anders zu erwarten ist. Doch bevor alle in Euphorie verfallen, setzte der 30-jährige, dieses Mal ohne verbale Ausrutscher, wieder den Fuß auf den Boden:
„Reden ist die eine Sache. Aber Abliefern auf dem Platz ist das, was zählt. Das müssen wir erstmal zeigen.“

// Tim

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

Print Friendly, PDF & Email

2 thoughts on “Selbstbewusst, klar, fordernd – Fabian Hürzeler geht vorweg

  1. Nun bin ich vom Spiel gegen Oldenburg zurück; hier meine wichtigsten Eindrücke:
    In Hz 1 konnte Oldenburg hier und da gut mithalten, aber unsere IV hat als vorletztes Bollwerk super gestanden. Das vom Trainer geforderte Von-hinten-rausspielen wird minutiös umgesetzt und ist 2x (folgenlos) schiefgegangen, endete aber mehrmals als Abschluss vor dem gegnerischen Tor. Herausragende Spieler waren Dzwigala, Smith und Saad. Bemüht war Boukhalfa, hatte aber in Metcalfe einen eher schwächeren Partner.
    In Hz 2 war es ein Spiel auf ein Tor und es ging rustikaler zu. Die Intensität war höher als in Hz 1. Gefallen hat mir Amenyido, der als „Linksaußen“ zu wenig angespielt wurde. Er hat viel Spielwitz und gibt wie Afolayan zu spät ab. Beste Szenen hatte Ritzka, der läuferisch und gedanklich schneller war als seine Gegner. Unsichtbar war Eggestein.

    Allgemein: Tolle Stimmung, schönes Ambiente, alle Beteiligten sehr nahbar. Wie das bei uns auf dem Dorf nun mal so ist 😉 Konntest mit jedem schnacken.

    1. Super, danke für deine Einschätzung!
      Ich bin wirklich gespannt, wie es mit Ritzka weitergehen wird. Und auf Saad, da dort ein weiterer Entwicklungsschritt zu erwarten ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert