Hürzeler freut sich über Effizienz, Rapp nicht, Smith betont den „Ketchup-Effekt“ und Eggestein spricht über schwere Zeiten – die Stimmen zu FC St. Pauli vs. Holstein Kiel.
(Titelbild: Stefan Groenveld)
Mit 5:1 hat der FC St. Pauli gegen Holstein Kiel gewonnen. Vier der fünf Treffer waren solche, von denen die Spieler wohl noch häufiger träumen werden. Doch es war nicht nur die fast gnadenlose Effizienz (die Statistiken zum Spiel), sondern auch ein taktischer Vorteil, welcher den FCSP auf die Siegerstraße brachte (die Taktik-Analyse). Und vielleicht waren auch die Zeitpunkte der Treffer nicht ganz unwichtig, wie aus den Trainerstimmen erkenntlich wird.
Trainerstimmen
Rapp: „verdient verloren“
Kiels Trainer Marcel Rapp war ziemlich bedient, was angesichts des 1:5 aus seiner Sicht auch verständlich ist. Das Spiel selbst habe sich dabei massiv von den frühen Toren beeinflussen lassen: „Es ist keine neue Weisheit, dass Tore dem Spiel eine gewisse Richtung geben.“
Diese frühe Führung habe dem FC St. Pauli Selbstvertrauen gegeben, betonte Rapp. In der Folge war aber auch das eigene Verhalten ein Mitgrund für die Probleme des Kieler Spiels: „Der Gegner fand gut in die Zwischenräume. Das müssen wir uns schon ankreiden.“
Nach dem Wiederanpfiff konnte sein Team zwar auf 3:1 verkürzen, aber dann „gibt es wieder einen Schuss in den Winkel und es steht 4:1 – da ist es natürlich schwer, dem Gegner am heutigen Tag Paroli zu bieten.“ (Anmerkung: Auch wenn der Schuss von Ritzka nicht im Winkel landete, möchte ich dieser Aussage größtenteils zustimmen).
So müsse man „kritisch sein, warum die Zwischenräume so frei sind und warum wir aus dem Druck nicht rauskommen.“ Das Schlussfazit von Rapp: „Wir haben heute einfach gegen einen sehr effizienten Gegner verloren, auch verdient verloren. Auch wenn die Statistik eigentlich Wahnsinn ist.“
Hürzeler: „zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht“
Richtig zufrieden zeigte sich Fabian Hürzeler auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. Ursächlich dafür seien „nicht nur die Tore“, auch wenn er die Effizienz seines Teams hervorhob („die haben wir in den ersten Spielen missen lassen“). Vielmehr ging es ihm um „die Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben“. Hürzeler: „Wir waren unfassbar kontrolliert, dominant, gut positioniert und haben es dadurch geschafft, eine gute Passquote auf den Platz zu bringen und durch die kleinen Abstände waren wir auch gut im Gegenpressing.“
Auch Hürzeler ging auf die für den FCSP schwierigere Phase nach dem Anschlusstreffer ein, bezeichnete diesen als „Worst Case“. Doch dann habe sein Team eine gute Reaktion gezeigt, habe weiter Fußball gespielt, sei nicht hektisch geworden, habe den Gegner laufen lassen und sich so mit dem vierten Tor belohnt. Sein Fazit: „Wir wissen, dass wir ein gutes Spiel gemacht haben, dass wir effizient waren und zum richtigen Zeitpunkt die Tore gemacht haben. Entsprechend sollten wir weiter demütig bleiben und hart arbeiten, weil jetzt weitere hochkarätige Mannschaften auf uns zukommen.“
Spielerstimmen
Ja, ohne Jackson Irvine in der Mixed Zone muss ich mir da schon was überlegen. Aber dieses Mal war es relativ einfach: Johannes Eggestein stand das erste Mal seit November 2022 wieder in der Startelf. Seit wann er das wusste? „Nach dem Abschlusstraining“, erklärte er ausgepumpt und zufrieden in der mixed-zone, in welcher er sich ein wenig Zeit für meine Fragen nahm. „Ein wenig Zeit“ bedeutet in der Mixed Zone übrigens Äonen und das sorgte dafür, dass ich nahezu alle anderen Spieler verpasste (die Worte von Eric Smith konnte ich mir nur gegen jene von Eggestein ertauschen).
„Jojo hat sich das verdient“
Ganz konkret erklären konnte Eggestein aber nicht, warum er gerade gegen Kiel in der Startelf stand. „Ich glaube, ich habe ganz gut gepasst. (…) Und ich glaube, meine Trainingsleistung hat auch gestimmt.“
Da war es dann sehr praktisch, dass man auf der Pressekonferenz, die nach der Mixed Zone stattfindet, nochmal den Trainer fragen konnte. Hürzeler erklärte: „Wir wollten im Zwischenraum Spieler haben, die sehr gut mit dem Rücken zum Tor sind, die auch immer wieder Anspielstationen sein können. Jojo hat sich das in den Trainingswochen erarbeitet und verdient.“
Eggestein betonte, dass das Zusammenspiel mit Hartel, Saad und Afolayan auch schon im Training ganz gut klappte und dass da „ordentlich Energie auf dem Platz“ war und dieses offensive Gesamtpaket ganz gut zu Kiel gepasst habe.
Mit dem Spiel und seiner Leistung zeigte er sich zufrieden, eine Nachfrage nach dem fehlenden eigenen Treffer parierte er recht lässig: „Ich bin erstmal froh, dass ich mal wieder Minuten sammeln konnte und spielen durfte über 70 Minuten. Das war ja auch lange Zeit nicht der Fall. Deswegen bin ich sehr zufrieden. Die anderen haben heute die Tore gemacht, ich habe meinen Teil dazu beigetragen und das ist völlig in Ordnung.“
Jetzt aber mal Butter bei die Fische!
So. Genug Geplänkel. Genug der Vorrede! Nach drei leichten Fragen zur Aufstellung, zum Spiel und zur Zufriedenheit war es Zeit, die wirklich wichtige Frage zu stellen (wobei die Antworten von Eggestein zuvor auch schon brauchbar sind): „Wie ist es denn so, wenn man so lange außen vor ist? Und dann kommt auch noch Simon Zoller in den Kader!“ So ganz unerwartet dürfte ihn diese Frage natürlich nicht getroffen haben. Ich lasse die Antwort einfach mal komplett ungekürzt hier stehen:
„Einfach ist das nicht. Ich versuche geduldig zu bleiben, habe in der Zeit versucht, an mir zu arbeiten. Klar ist das dann schwierig, sich dann auch sportlich weiter zu entwickeln, wenn man nicht die Einsatzminuten bekommt, die man sich vielleicht selber verspricht. Dann versucht man das halt im Training zu machen. Im Kraftraum habe ich vielleicht nochmal ein bisschen mehr zugelegt. Mittlerweile haben wir auch echt viele gute Jungs dabei, sodass die Trainingsqualität insgesamt sehr gut und viel Konkurrenz da ist. Da kann man sich trotzdessen gut verbessern. Ich glaube ich habe versucht, geduldig zu bleiben. Mir wurde auch gesagt, dass da vielleicht meine Chance bald kommen wird. Natürlich auch durch die letzten Spiele, wo wir nicht so viele Tore geschossen und viel Unentschieden gespielt haben. Das hat mir dann auch nochmal den letzten Rest Hoffnung gegeben wieder die Chance zu bekommen. Heute war es soweit und da freut es mich natürlich, dass es dann gleich mit so einem Sieg geklappt hat.“
Smith und der Ketchup-Song-Effekt
Eric Smith sprach nach der Partie vom „Ketchup-Effekt“ (erst viel klopfen und es passiert nichts, dann kommt auf einmal ganz viel), den es in dem Spiel nach dem furiosen Beginn gegeben habe: „Als wir endlich das Tor erzielt hatten, fühlte es sich so an, als wenn wir alle genau wissen, was wir zu tun haben – die ersten 15 Minuten waren wohl mit die besten, die wir bisher in dieser Saison gespielt haben.“
Angesprochen auf seinen Freistoß-Treffer ließ Smith etwas in seinen Trainingsalltag blicken: „Ich trainiere Freistöße regelmäßig, etwa zweimal die Woche. Da stecke ich auf jeden Fall Arbeit rein.“ Die Einschätzung zur Güte seines Tores war dann aber Understatement at it’s best: „Ich denke, es war ein ganzer okayer Freistoß.“ (und ich denke es war ein ganz okayes Spiel, Eric!)
Smith betonte, dass dieser Ketchup-Effekt der verdiente Lohn sei („Wir arbeiten dieses Jahr wirklich sehr hart, um die Resultate zu erzielen.“) und der 26-jährige Co-Kapitän hofft, dass man aus diesem Erfolg nun Selbstvertrauen ziehen kann, denn: „Wir sind glücklich, gewonnen zu haben. Aber wir wissen, dass wir noch besser werden müssen, um in dieser Liga mithalten zu können. Das werden wir nächste Woche erneut versuchen. Da erwartet uns ein richtig schweres Spiel. Dafür müssen wir bereit sein.“
Am Samstagabend kommt dann Schalke 04 zum Topspiel ans Millerntor. Sowieso stehen nun „Los Topspiel-Wochos“ für den FC St. Pauli an. Die folgenden drei Ligaspiele finden jeweils samstags um 20:30 Uhr statt. Genau die richtige Primetime, um weitere Traumtore zu erzielen.
// Tim
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I would argue that Jojo is way better than Dapo in this position. (Albers qualities are so different that it would be pointless to compare). But I fear that this discovery might come too late now that the club has invested in Zoller.
A propos Ketchup. Freue mich für & mit Yannick wenn es im Millernton nein Millerntor mal Pommes Braun Weiß geben sollte. Aber es hat ja auch keine kanadischen Spieler…
Grüße & Forza.
Gerade gegen Mannschaften wie Kiel ist es einfach wichtig, den Gegner durch andauerndes Toreschießen zu zermürben. Das diese Taktik aufging zeigte sich insbesondere nach dem Anschlusstreffer.
Ich hoffe, dass wir diese Vorgabe des Trainers auch gegen Schalke umsetzten können.