Vorbericht: SV Elversberg – FC St. Pauli (12. Spieltag, 23/24)

Vorbericht: SV Elversberg – FC St. Pauli (12. Spieltag, 23/24)

Auf den FC St. Pauli wartet am Freitag im Saarland ein sehr formstarker Gegner. Die SV Elversberg ist mehr als „nur“ ein Aufsteiger. Der Vorbericht.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

Mehr als 2.000 Fans werden am heutigen Freitag den Gästeblock im Stadion an der Kaiserlinde in Elversberg füllen. Dieser ist damit ausverkauft. Als Zeitvertreib auf dem Weg dorthin möchte ich Euch das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Yannick mit Deniz empfehlen, die recht intensiv die bisherigen Spiele der Elversberger in der 2. Bundesliga betrachten.

Ein (kurzer) Blick zurück

Nur einmal trafen der FC St. Pauli und die SV Elversberg bisher aufeinander: In der ersten Runde des DFB-Pokals 20/21 verlor der FCSP mit 2:4 und durfte sich eigentlich noch darüber freuen, dass die SVE nicht mindestens ein halbes Dutzend Tore erzielte. Daran erinnert sich natürlich auch noch Fabian Hürzeler, auch wenn er es sicher nicht gerne tut. Denn es war sein erstes Pflichtspiel für den FC St. Pauli, damals als Co-Trainer von Timo Schultz.
Falls Ihr genauer wissen möchtet, welcher Gegner da heute auf den FCSP wartet: Ich habe mich ein wenig mit der jüngeren Historie der SV Elversberg und der Struktur im Verein beschäftigt (Das Wunder von Spiesen-Elversberg?)

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Es gelte „von Tag zu Tag abzuwarten, wer spielfähig ist“, erklärte Fabian Hürzeler auf der Pressekonferenz vor der Partie. Sicherlich werden die 120 (mit Nachspielzeit 133) Minuten vom Dienstag nicht aus allen Knochen raus sein. Das ist physisch unmöglich. Die Vorzeichen sind aber bei den meisten ganz gut: „Natürlich ist eine gewisse muskuläre Müdigkeit zu spüren bei den Spielern, aber alle waren gestern an der Kollaustraße und haben trainiert“, erklärte Hürzeler am Donnerstag.

Doch bei der Intensität des Trainings am Mittwoch, auf welches sich Hürzeler mit seiner Aussage bezog, gibt es von Spieler zu Spieler Unterschiede. Zwei hob er dann doch besonders hervor: Etienne Amenyido habe leichte Nackenprobleme und Eric Smith hat bekanntlich Adduktorenbeschwerden. Zwar hat Smith am Mittwoch sogar leichtere Ballübungen gemacht und er ist aktuell wohl einer der wenigen „Unersetzbaren“ beim FCSP. Aber es ist schwer vorstellbar, dass man bei ihm aufgrund seiner Vorgeschichte ein Risiko eingehen wird. Zu hoffen ist aber trotzdem, dass die Beschwerden ähnlich schnell verfliegen, wie sie es nach dem Paderborn-Spiel taten. Hürzeler stellte jedenfalls klar, dass Smith nicht zum Bankwärmen mitkommen würde: „Wenn er mitfährt, dann spielt er auch.“

SV Elversberg: Wer kann spielen, wer fehlt?

Die SV Elversberg muss auf drei Spieler am Freitagabend verzichten: Der zweitliga-erfahrene Innenverteidiger Marcel Correia wird noch lange aufgrund eines Kreuzbandrisses fehlen. Thore Jacobsen, bis Spieltag 10 Stammspieler im defensiven Mittelfeld, sitzt eine Gelbsperre ab und der zu Saisonbeginn richtig starke Wahid Faghir (Leihgabe aus Stuttgart, fünf Torbeteiligungen in sieben Spielen) hat weiterhin Oberschenkelprobleme.

Eine schlagkräftige Truppe wird die SVE natürlich trotzdem aufbieten. An den letzten Erfolgen, fünf Siege und zwei Unentschieden aus den letzten sieben Spielen, waren die drei fehlenden Spieler nur teilweise beteiligt. Bemerkenswert: Im aktuellen Kader befinden sich noch insgesamt elf Spieler, die auch bereits vor zwei Jahren Teil des Regionalliga-Kaders waren. Einige davon stehen auch regelmäßig in der Startelf.

Was hat die SVE zu bieten?

Formstarke Elversberger

Klar, der FC St. Pauli ist aktuell das formstärkste Team der Liga. Knapp dahinter kommt aber bereits Elversberg. Dieses Aufeinandertreffen ist also nicht weniger als das absolute Topspiel des Wochenendes – sowohl anhand der aktuellen Ergebnisse, als auch aufgrund der attraktiven Spielweise, die beide Teams zu bieten haben.

SPIESEN-ELVERSBERG, GERMANY - OCTOBER 20: team of SV Elversberg during the Second Bundesliga match between SV Elversberg and Eintracht Braunschweig at Ursapharm-Arena on October 20, 2023 in Spiesen-Elversberg, Germany. (Photo by Andreas Schlichter/Getty Images)
Zuletzt gab es viel zu feiern für die SV Elversberg (hier zum Beispiel den 3:0-Heimsieg gegen Eintracht Braunschweig)
(Andreas Schlichter/Getty Images/via OneFootball)

Der Blick auf den Saisonstart der Elversberger (ein Unentschieden und drei Niederlagen zum Auftakt), darf dabei nicht falsch eingeordnet werden. Sowohl gegen Hannover (2:2), als auch gegen Rostock (1:2) und Kaiserslautern (2:3) war das Team lange Zeit klar besser und fing sich jeweils noch zwei Gegentreffer, sodass es nicht mehr für drei Punkte reichte. Einzig die deutliche Niederlage gegen Düsseldorf (0:5) ist auch eine, in der Elversberg nicht mindestens einen Punkt verdient gehabt hätte.

Die Basis für die bisher geholten 18 Punkte aus elf Saisonspielen ist eine andere, als man sie vielleicht von einem Aufsteiger erwarten würde. „Sie spielen sehr mutig Fußball und die gesamte Mannschaft möchte spielerische Lösungen finden“, erklärt Fabian Hürzeler und zählt in der Folge die starken Mannschaftsteile der SVE auf: Stammtorhüter Nicolas Kristof habe „immer eine Idee mit dem Ball“, Semih Sahin und Robin Fellhauer seien „zwei sehr spielstarke Sechser, die immer den Ball fordern, immer Lösungen nach vorne kreieren“. Mit den beiden offensiven Außenbahnspielern Paul Wanner (Leihgabe von Bayern München) und Jannik Rochelt (den find ich persönlich klasse) habe Elversberg zwei Spieler, die „immer Lösungen finden im Zwischenraum, kreativ sind und es schaffen, Steckpässe zu spielen“ und ganz vorne ist mit Luca Schnellbacher (zwei Tore, vier Vorlagen) jemand, der „unheimlich intelligent Fußball spielt.“

„Die SV Elversberg ist eine Aufsteiger-Mannschaft, die aber nicht so spielt wie eine Aufsteiger-Mannschaft.“

Fabian Hürzeler über die SV Elversberg

In der Spielstruktur und der Spielidee ist die SV Elversberg zwar keine „Aufsteiger-Mannschaft“, wie Hürzeler erklärt (damit meint er Aufsteiger aus der dritten Liga). Der Blick in die Zahlen zeigt aber, dass man sie doch mit einer anderen Aufsteiger-Mannschaft vergleichen kann, vielleicht sogar muss. Der 1. FC Heidenheim schaffte es letzte Saison mit einer klaren Spielidee und enormer Intensität in die Bundesliga (und dank eines ganz, ganz späten Tores…). Damit ist ein Platz in der 2. Liga freigeworden, der zuvor jahrenlang von Heidenheim besetzt wurde: Jener der sprintstärksten Mannschaft nämlich. Die SV Elversberg führt diese Statistik an und auch jene der „intensiven Läufe“. Intensität ist also so etwas wie das Markenzeichen des Teams.

Lobeshymnen von Hürzeler

Aber da ist noch mehr, die klare Struktur nämlich, die Hürzeler hervorhebt. Das Team spielt zumeist in einem 4-2-3-1, seltener mal mit einem 4-3-3. Defensiv zieht man sich auch gerne mal zu einem kompakten 4-4-2 zusammen. Aus all diesen Formationen agiert die SVE relativ oft vertikal nach Ballgewinn oder in längeren Ballbesitzphasen. Bei der Anzahl an langen Bällen, progressiven Pässen und Schnittstellenpässen liegen sie mit ganz vorne im Ligavergleich (so wie es übrigens auch Heidenheim oft tat). Hürzeler erklärt, dass es sich dabei nicht um ein planloses „Langer Ball – zweiter Ball“-Gekicke handelt: „Wenn sie es schaffen, mit ihren Sechsern den Gegner rauszulocken, dann entstehen große Abstände und sie spielen sehr schnell und auch sehr präzise vertikal.“

Ähnlich lobend, so fasse ich das mal zusammen, damit das hier nicht ausartet, äußerte sich Hürzeler auch zum Umschaltverhalten und zur Defensivarbeit der SV Elversberg. Auf der PK wurde zum einen deutlich, wie intensiv sich der Cheftrainer des FC St. Pauli mit dem kommenden Gegner befasst hat und auch, wie groß der Respekt vor diesem Team ist. Und damit meine ich nicht das, für Hürzeler sowieso typische, übliche Starkreden des Gegners. Nein, es waren schon deutliche Lobeshymnen, die er in Richtung SVE verfasste. Und alle, die diese Saison schon ein Spiel der SVE gesehen haben, dürften ihn darin bestätigen.

Das beruht aber natürlich auf Gegenseitigkeit. Horst Steffen, der die Spielidee der Elversberger seit 2018 als Trainer entwickelt und damit zwei Aufstiege in Serie feierte, spielte das Lob zurück: „Was St. Pauli spielt, ist sehr reif und auch anpassungsfähig. Sie sind in allen Spielphasen sehr kontrolliert und organisiert. Neben der Einzelqualität, die die Spieler auf den Platz bringen, herrscht dort auch eine Struktur, die außergewöhnlich gut ist.“

Mögliche Aufstellung

Im Falle der SV Elversberg mache ich es sehr kurz. In den letzten beiden Spielen trat das Team mit einer unveränderten Startaufstellung an. Beide Partien wurden gewonnen und alle Spieler, die in der Startaufstellung standen, sind fit – ich sehe, zugegeben aus der Ferne, keine Anzeichen für personelle oder taktische Wechsel bei der SVE.

Erwartete Aufstellung beim Spiel SV Elversberg gegen FC St. Pauli

Und ehrlich gesagt kann ich beim FC St. Pauli auch nur ein wenig im Trüben fischen. Denn ohne zu wissen, wie die Spieler die lange Partie am Dienstag verkraftet haben, kann überhaupt nicht eingeschätzt werden, welche personellen Veränderungen es geben könnte. Einzig im Tor dürfte die Sache klar sein: Mit Nikola Vasilj kehrt der „Liga-Torwart“ wieder zurück. Dass Eric Smith spielt, erscheint eher unwahrscheinlich. Doch viele würden es umso mehr feiern, wenn sie morgen um 17:30 Uhr, wenn der Verein die Aufstellung verkündet, seinen Namen lesen. Trotzdem ist mit Adam Dźwigała in der Startelf zu rechnen. (Was auch irgendwie zur Frage führt, wieso David Nemeth eigentlich nur noch Innenverteidiger Nummer fünf zu sein scheint. In der GSN-Kaderanalyse haben wir uns der Frage schonmal genähert.)

Albers oder Maurides im Kader?

Eine spannende Sache aus taktischer Sicht gibt es noch, die beeinflusst womöglich auch den Kader: Die SV Elversberg agiert mit einer Viererkette, wie auch zuletzt Schalke und der KSC. Gegen beide Teams spielte der FC St. Pauli stark auf, als er seine Formation auf ein System mit zwei Spitzen umgestellt hat (gegen Schalke agierte Eggestein defensiv auf der Sinani-Position, offensiv als falsche Neun). Fabian Hürzeler erklärte, dass „man nicht pauschal sagen kann, dass das System immer auf eine Viererkette passt“, schloss aber nicht aus, dass man dieses in Elversberg zu Spielbeginn sieht (das tat er übrigens vor dem Schalke-Spiel).

Sollte sich der FCSP dafür entscheiden, mit zwei Angreifern zu spielen, dann dürfte es die Chancen für Andreas Albers und Maurides erhöhen, mal wieder beziehungsweise das erste Mal in dieser Saison im Spieltagskader zu stehen. Mindestens. Denn die SV Elversberg hat mit Frederik Jäkel einen Spieler, der 1,94m groß ist. Alle anderen fünf nominellen Startelfspieler für die Defensive sind 1,84m oder kleiner. Das könnte eine Chance sein für den FC St. Pauli. Die Statistiken zeigen zwar nicht, dass Elversberg besondere Schwächen in Luftduellen hat (sie zeigen aber auch, dass der FCSP stärker ist), aber manchmal können so kleine Details schon eine große Wirkung haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass einer der beiden Türme des FCSP zumindest im Kader stehen wird, halte ich für sehr hoch.

Ebenso hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Partie zwischen der SV Elversberg und dem FC St. Pauli nicht nur ein Top-Spiel, sondern auch eine hochintensive Angelegenheit wird. Denn bei den intensiven Läufen liegt der FCSP nur knapp hinter Elversberg. Beide haben einen riesigen Vorsprung auf den Rest der Liga. Bei der absolvierten Laufdistanz ist der FCSP sogar führend. So treffen also nicht nur die beiden formstärksten, sondern auch die beiden laufstärksten und von den Spielideen her vielleicht auch besten Teams der Liga aufeinander. Für mich, und sicher auch einige andere, reicht das bereits vollkommen aus, um die bisherigen Strapazen der Englischen Woche hinter sich zu lassen, den Muskelkater aus den, in meinem Fall, tippenden Fingern zu schütteln und komplett heiß auf dieses Spiel zu sein.

Forza!
// Tim

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