Vorbericht: FC St. Pauli – Hannover 96 (13. Spieltag, 23/24)

Vorbericht: FC St. Pauli – Hannover 96 (13. Spieltag, 23/24)

Am Freitagabend empfängt der FC St. Pauli Hannover 96. Es ist ein Spitzenspiel, wie nicht nur der Blick auf die Tabelle zeigt. Der Vorbericht.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

Es ist gar nicht so lange her, dass Hannover 96 am Millerntor zu Gast gewesen ist. Damals, im Februar 2023, war es aber alles andere als ein Spitzenspiel. Der FCSP hatte gerade einen erfolgreichen, aber glücklichen Rückrundenstart in Nürnberg gefeiert, befand sich aber noch in den unteren Tabellenregionen. Dahin unterwegs war Hannover 96 im Frühjahr 2023. Erst am 26. Spieltag konnte das Team den ersten Sieg in der Rückrunde einfahren. Sämtliche zarten Aufstiegshoffnungen, die aufgrund von Platz 5 nach der Hinrunde aufkeimten, endeten jäh. In jener Hinrunde lieferten sich beide Teams ein tolles Spiel am zweiten Spieltag der Saison, bei dem Jackson Irvine durch einen späten Kopfballtreffer den 2:2-Endstand markierte.

In der Saison davor war Hannover 96 ein ziemlicher Partycrasher. Zwei der neun Saisonniederlagen des FCSP gab es gegen Hannover, die in der Saison ansonsten wirklich wenig auf die Kette bekamen. Mit 42 Punkten blieben sie relativ knapp über dem Strich, konnten sich bei der Schwäche von drei anderen Teams bedanken, dass es gegen Ende nicht noch richtig knapp wurde im Abstiegskampf. Das 1:0 zu Hause und der, für den FCSP bittere, 3:0-Erfolg am Millerntor, haben da sehr geholfen.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Die gute Nachricht vorweg: Eric Smith wird aller Voraussicht nach gegen Hannover 96 wieder auf dem Platz stehen können. Er trainierte zu Wochenbeginn noch reduziert, wirkte dann aber beim Training am Dienstag bereits voll mit. Interessant: Im Trainingsspiel agierte er im defensiven Mittelfeld auf der Position von Jackson Irvine. Und damit zur schlechten Nachricht:

Denn der Kapitän wird gegen Hannover fehlen, nachdem er in Elversberg seine fünfte gelbe Karte gesehen hat. Zwar ist es nicht das erste Mal, dass Irvine in dieser Saison nicht mitwirken kann und er wurde damals auch sehr gut vertreten, trotzdem ist sein Ausfall natürlich einer, der besonders schwer wiegt.
Zwei größere Fragezeichen gibt es hinter den beiden Torhütern, Sören Ahlers und Sascha Burchert, die beide Probleme an den Adduktoren haben. Bei Ahlers ist das bereits länger der Fall, Burchert musste recht kurzfristig passen, sodass in Elversberg Kevin Jendrzej auf der Bank Platz nahm. Der 18-jährige war diese Saison bisher für die U23 und die U19 im Einsatz und dürfte am Freitag erneut am Millerntor auf der Bank sitzen.

Hannover 96: Wer kann spielen, wer fehlt?

Die Pressekonferenz von Hannover 96 vor dem Spiel gegen den FC St. Pauli findet am Donnerstag statt. Wer möchte und Zeit hat, kann sich diese um 10:30 Uhr live anschauen. Dort wird Cheftrainer Stefan Leitl dann auch einiges zum Personal berichten. Zum Beispiel, dass Stammtorhüter und Kapitän Ron-Robert Zieler nach kurzer krankheitsbedingter Pause wieder am Training teilnahm und vermutlich am Freitag zwischen den Pfosten stehen wird.

Ebenfalls wieder Teil des Teamtrainings war Cedric Teuchert, der mit acht Treffern aktuell Top-Torschütze des Teams ist (sechs (!) dieser Treffer waren Elfmeter). Unter der Woche aussetzen musste hingegen Linksverteidiger Brooklyn Ezeh (krank). Max Beuschkow und Monju Momuluh trainerten zudem individuell.

Jackson Irvine und Eric Smith im direkten Duell beim Training des FC St. Pauli
Einer dieser beiden Fußballgötter wird gegen Hannover sicher fehlen. Der andere könnte in die Startelf zurückkehren.
(c) Peter Boehmer

Was hat Hannover zu bieten?

Beste Offensive mit Auswärtsschwäche?

Hannover 96 stellt die beste Offensive der Liga mit bisher 26 erzielten Treffern. Nur in einem der zwölf Ligaspiele (0:1 gegen den HSV) blieb das Team ohne eigenen Treffer, nur dreimal erzielte man weniger als zwei Treffer in einer Partie. Das ist schon ziemlich stark und da wiegen dann auch die 15 Gegentreffer nicht ganz so schwer, sodass Hannover aktuell auf dem dritten Tabellenplatz liegt und von Fabian Hürzeler als „Favorit für den Aufstieg“ bezeichnet wird.

Etwas optimistisch aus Sicht des FCSP könnte die jüngste Auswärtsbilanz der Niedersachsen stimmen. In Düsseldorf, Wiesbaden und auf Schalke gab es für sie insgesamt nur einen Punkt zu holen. Doch sie deshalb als auswärtsschwach zu bezeichnen ist ein Trugschluss, wie Hürzeler erklärt: „Sie haben die letzten Auswärtsspiele sehr unglücklich verloren.“

Der Cheftrainer des FC St. Pauli erklärt, dass Hannover 96 ein Team sei, welches sich durch eine sehr besondere Spielweise auszeichne: „Sie pressen gerne sehr hoch, laufen früh an, haben dafür auch die Spielertypen.“ Dadurch, so Hürzeler, könne das Team eine „enorme Wucht“ entwickeln, sowohl mit als auch gegen den Ball. Ursächlich für diese Wucht sei unter anderem auch, dass sie durch das hohe Pressing viele Bälle in der gegnerischen Hälfte erobern würden.

Halstenberg, Köhn – und ein interessantes Spielsystem

Zu dieser Spielweise, die Hürzeler mit jener der SpVgg Fürth vergleicht, wo der FCSP ja auch ein paar Probleme hatte, gesellt sich eine hohe individuelle Qualität. Namentlich hebt Hürzeler vor allem Marcel Halstenberg und dessen Spiel mit dem Ball hervor: „Er kann ein Spiel lesen, aufbauen, hat ein super Spielverständnis und ist für diese Liga eigentlich zu gut.“ Halstenberg, der zum ersten Mal an seine alte Wirkungsstätte zurückkehren wird, wird von Wyscout, hinter einem gewissen Eric Smith, als bester zentraler Verteidiger der Liga geführt. Entsprechend sei es wichtig, dass der FCSP Druck auf ihn bekommt und ihm nicht zu viele Freiräume gibt, wie Hürzeler erklärt.

Einen weiteren sehr auffälligen Spieler gibt es im Trikot von Hannover 96: Derrick Köhn besticht auf der linken Außenbahn mit enormer Dynamik und stellt damit viele Gegner vor Probleme. Er hat die viertmeisten Dribblings aller Zweitligaspieler geführt und die zweitmeisten Flanken geschlagen. Damit sticht er nicht nur in der Liga, sonders besonders bei Hannover 96 hervor, die eigentlich eher wenige Flanken schlagen. Zwar lässt seine Flankengenauigkeit und auch die Erfolgsquote in den Dribblings noch Verbesserungspotenzial erkennen, doch Köhn zwingt die Gegner aufgrund seiner Spielweise immer zu einer Reaktion. Und bei aller Aufmerksamkeit für seine offensive und auffällige Spielweise wird übersehen, dass er ein enorm starker Zweikämpfer ist, wenn er defensiv in Position ist. Mit über 82 Prozent gewonnenen Defensivduellen ist er sogar aktuell der beste Zweikämpfer der gesamten Liga.

Deutschland, Hannover, 23.07.2022, Fussball 2. Bundesliga 2. Spieltag, Hannover 96 - FC St. Pauli in der Heinz von Heiden Arena Manolis Saliakas (FC St. Pauli) im Zweikampf mit Derrick Koehn (Hannover 96) Copyright: Peter Boehmer
Das Duell zwischen Manos Saliakas und Derrick Köhn wird sicher auch dieses Mal eines der wichtigsten beim Aufeinandertreffen zwischen dem FC St. Pauli und Hannover 96 sein.
(c) Peter Boehmer

Hohes Pressing, hohes Risiko?

Die Basis für das erfolgreiche Spiel von Hannover 96 bildet ein 3-4-3, welches in den Grundzügen recht ähnlich zur Formation des FC St. Pauli ist. Allerdings agiert Hannover ohne offensive Außenbahnspieler, sondern mit einem zentralen Mittelstürmer, der von zwei Halbstürmern flankiert wird. Die Außenpositionen übernehmen viel eher Derrick Köhn und Jannik Dehm als Schienenspieler. Sie sind also insgesamt etwas höher positioniert, als es die Schienenspieler beim FCSP sind. Das mag nach einem minimalen Unterschied klingen, hat aber recht deutliche Auwirkungen.

Das Team ist mit diesem 3-4-3 für das hohe Anlaufen der Gegner ziemlich gut positioniert. Meine Erwartung an dieses Spiel ist, dass genau diese Situationen, in denen Hannover hoch presst, elementar für den Spielausgang sein werden. Denn sicher machen sie das sehr gut, haben besonders in vorderster Reihe mit Teuchert, Voglsammer, Nielsen, Tresoldi oder Schaub richtig gute Spieler für so ein taktisches Verhalten.

Doch ist das Risiko mit hochschiebenden Schienenspielern im Pressing eben auch nicht zu verachten. Besonders dann, wenn sich der FCSP dagegenstellt, der ja mit zwei klaren offensiven Außenbahnspielern agiert und so die Dreierkette von Hannover maximal in die Breite ziehen dürfte, wenn Hannover da nicht einen anderen Plan entwickelt. Interessant ist auf jeden Fall, dass Hannover in dieser Saison Punkte vor allem gegen Teams gelassen hat, die mit einer klaren Besetzung der offensiven Außenbahnen agieren (z.B. HSV, Nürnberg, Fortuna, Kaiserslautern, Schalke).

Mögliche Aufstellung

Angesichts der letzten Ergebnisse und der personellen Situation bei Hannover 96, sind nur wenige Veränderungen in der Startelf zu erwarten. Wenn überhaupt, dann dürfte es sich dabei um die Besetzung der Offensive handeln. Wenn Cedric Teuchert zurückkehrt, dann könnte Havard Nielsen weichen. Das große Talent Nicolo Tresoldi hat sicher auch Startelfchancen, aber ob H96-Trainer Stefan Leitl dafür auf den technisch versierten Louis Schaub verzichten möchte? Andreas Voglsammer startete in den letzten vier Partien, hat seinen Platz aber auch alles andere als sicher. Da sind also fünf Spieler auf relativ ähnlichem Niveau unterwegs – und ich vermag überhaupt nicht zu sagen, wer da starten wird.

Erwartete Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli vs. Hannover 96

Vor Wochenbeginn galt es eigentlich schon als ausgemacht, dass Connor Metcalfe den gesperrten Jackson Irvine auf der Sechs ersetzen wird. So wie letztes Mal, als Irvine fehlte. Aber Metcalfe hinterließ einen guten Eindruck auf der offensiven Außenbahn und unter der Woche trainierte Eric Smith auf der Sechs. Auf der Pressekonferenz ließ Fabian Hürzeler die Besetzung der Position neben Marcel Hartel natürlich offen, erklärte, dass sowohl Smith, als auch Metcalfe, aber auch Carlo Boukhalfa infrage kommen würden.

Es ist tatsächlich eine schwierige Entscheidung, besonders wenn man die Situation gegen den Ball beachtet. Denn ob eine Doppelsechs mit Hartel und Metcalfe die beste Wahl ist, um die Räume vor der Abwehr gegen Hannover zu schließen? Auf der anderen Seite könnte der Bedarf einer klaren Besetzung der offensiven Außenpositionen des FCSP eben doch für Metcalfe auf der Sechs sprechen, damit Dapo Afolyan und Elias Saad vorne das Spiel breitmachen können. Also viel Lärm um Nichts: Metcalfe dürfte auf der Sechs starten.

Es bleibt abzuwarten, ob Hannover 96 sein, von Hürzeler so hervorgehobendes, intensives Pressing am Millerntor so oft wie sonst auch auspacken wird. Denn hoch zu pressen gegen den FCSP ist schon einigen Teams in dieser Saison nicht sonderlich gut bekommen. Sicher ist aber so oder so, dass der Tabellendritte dem Tabellenführer alles abverlangen wird. Freitagabend, Flutlicht, Top-Spiel – was will man mehr?!

Forza!
// Tim

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Sofern nicht anders markiert, stammen sämtliche Statistiken von Wyscout.

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3 thoughts on “Vorbericht: FC St. Pauli – Hannover 96 (13. Spieltag, 23/24)

  1. Moin, denke, das ist gut gegen einen Gegner zu spielen, der einen fordern wird. Man muss auf hohem Niveau agieren um erfolgreich zu sein. Ausfälle werden immer da sein, bei jeder Mannschaft. Wer es am besten kompensieren kann, der ist oben mit dabei. Bisher machen die Jungs das ziemlich gut. Man wird sehen zu was es reicht. drücken weiterhin die Daumen von hier aus Ratingen.

  2. dann würde ich mal sagen, wir packen nikola ordentlich in watte, damit er auch wirklich spielt. ich mag mir gar nich vorstellen, wie es mit unserem 18 jährigen talent wäre… nich, daß ich an seinen torhüterfähigkeiten zweifeln würde, aber ins aufbauspiel wird er ja wohl kaum eingebunden werden können, so wie nikola. schonmal gar nich, bei dem aggressiven anlaufverhalten der 96er offensive und dem druck, den er dadurch bekäme…
    teuchert is laut trainer leitl definitiv nich dabei.

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