Am Freitagabend wird der FC St. Pauli auf Schalke versuchen, weitere wichtige Punkte im Aufstiegskampf zu sammeln. Der Vorbericht.
(Titelbild: Stefan Groenveld)
Zur Vorbereitung hört gerne das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Casche mit Anna (FRÜF-Podcast), bei dem es natürlich hauptsächlich um die aktuell bescheidene Lage bei den Schalkern geht, pechschwarze Spielprognose inklusive.
Die An- und Abreise zum Stadion wird aufgrund eines Streiks im ÖPNV erschwert. Vom Bahnhof aus wird es für die Sonderzug-Mitfahrer*innen (und vermutlich auch alle weiteren FCSP-Anhänger*innen, die sich von dort zum Stadion begeben wollen) Shuttlebusse geben. Möglich macht das unter anderem der FC St. Pauli, der die Kosten dieser Aktion zur Hälfte trägt und sich damit für die lautstarke Unterstützung bei den Fans bedanken möchte.
Ein Blick zurück
Der FC St. Pauli trifft diese Saison bereits zum dritten Mal auf Schalke 04. Sowohl in der Liga (3:1), als auch im DFB-Pokal (2:1 n.V.) stand der FCSP am Ende als Sieger am Millerntor fest. An allen fünf FCSP-Toren in dieser Saison gegen Schalke direkt beteiligt: Marcel Hartel, mit zwei Vorlagen und drei eigenen Treffern. Auch beim letzten Auftritt des FCSP auf Schalke war Hartel beteiligt. In einer eher aussichtslosen Konstellation im Aufstiegskampf, lag der Covid-geplagte FC St. Pauli zur Halbzeit überraschend mit 2:0 in Führung. Doch Schalke drehte die Partie – und feierte am Ende jenen Aufstieg, den man beim FCSP am Saisonende verspielte. Aua.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Scott Banks fällt weiterhin sicher aus. Bei allen anderen ist maximal ein Fragezeichen hinter einem Einsatz. Elias Saad setzte zwar zu Wochenbeginn mit dem Training aus, wird aber einsatzbereit sein, wie Fabian Hürzeler auf der Pressekonferenz erklärte. Schwieriger ist die Situation bei Etienne Amenyido. Er konnte ein paar Tage nicht trainieren, Hürzeler erwartete ihn aber am Mittwoch wieder zurück beim Team-Training. Es ist offen, ob er am Freitag einsatzfähig ist.
Zoller erwartet Nachwuchs
Ebenfalls offen ist, ob Simon Zoller spielen kann. Der Grund ist aber erfreulich: Der Nachwuchs wird in den kommenden Tagen oder Stunden erwartet. Gleich vier Spielern beim FC St. Pauli droht übrigens eine Gelbsperre: Eric Smith, Connor Metcalfe, Manos Saliakas und Elias Saad müssen bei der nächsten Verwarnung ein Spiel aussetzen.
FC Schalke 04: Wer kann spielen, wer fehlt?
Auch beim FC Schalke 04 ist die Personalsituation sehr positiv. Innenverteidiger Leo Greiml fehlt aufgrund eines Kreuzbandrisses. Assan Ouedraogo musste längere Zeit pausieren, macht inzwischen aber wieder Teile des Team-Trainings mit. Für ihn kommt ein Einsatz am Freitag aber wohl noch zu früh. Zu Wochenbeginn musste zudem Tobias Mohr aufgrund eines Infektes mit dem Training aussetzen. Er dürfte aber wohl spielen können.
Was hat Schalke zu bieten?
Abstiegsangst geht um in Gelsenkirchen. Und die ist berechtigt. Der Bundesliga-Absteiger kam in dieser Saison nie aus der unteren Tabellenhälfte raus. Nach der Niederlage im Hinspiel gegen den FCSP lag man auf dem Abstiegsrelegationsrang. Das kostete Cheftrainer Thomas Reis den Job, Karel Geraerts übernahm, der konnte aber anfangs keine Wende herbeiführen.
FC Schalke 04 steht zu Recht unten
Doch kurz vor der Winterpause schien es endlich aufwärts zu gehen: Mit sieben Punkten aus drei Spielen ging es in den Jahreswechsel. So richtig nachhaltig ist das aber nicht gewesen. Zwei Siege aus den bisher sechs Rückrundenspielen sind zu wenig, um sich von den Abstiegsrängen wirklich entfernen zu können. Der Abstand zu Platz 16 beträgt aktuell bedrohliche vier Punkte. Die Statistiken zeigen, dass der FC Schalke 04 auch völlig verdient dort unten steht. Der viertniedrigste eigene xG-Wert und dritthöchste gegnerische xG-Wert stehen zu Buche. In Summe ist Schalke 04 nach diesen Zahlen hinter Osnabrück und Rostock das drittschlechteste Team der Liga.
Die Sorge vor dem negativen Durchmarsch ist also nicht unbegründet. Bei und nach dem 0:3 beim 1. FC Magdeburg am letzten Spieltag hängt der Haussegen in Gelsenkirchen jedenfalls schief. Der eigene Anhang stellte noch während der Partie den Support ein, nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Am Montag gab es dann eine Team-interne Aussprache. Ob diese aber geholfen hat, müsse man dann diesen Freitag sehen, erklärte Geraerts auf der Pressekonferenz vor der Partie.
Viele personelle Wechsel
Es wirkt alles so, als wenn dieses Team bisher noch überhaupt nicht so richtig zusammengefunden hat. Schalke 04 hat im Saisonverlauf die mit Abstand meisten Spieler eingesetzt (32). Nicht selten fand sich von Spiel zu Spiel ein halbes Dutzend neuer Spieler in der Startelf wieder. Eingespieltheit ist anders. So ist zum Beispiel die Offensive mit Spielern wie Top-Torschütze Karaman, dem schnellen Lasme, Rekordtorschütze Terodde, Super-Talent Topp und Winter-Neuzugang und Rückkehrer Churlinov ganz unterschiedlich, aber hochkarätig, besetzt. Doch fast jedes Mal sind diese Spieler neu zusammengewürfelt auf dem Platz zu finden. Drei Treffer in sechs Rückrundenspielen trotz dieser hohen individuellen Qualität sprechen eine deutliche Sprache.
Auch bei den Formation probierte man eifrig herum. In Magdeburg startete Schalke in einem defensiven 5-3-2 – und lag zur Pause hochverdient mit 0:3 hinten. Eine Umstellung auf ein 4-4-2 mit Mittelfeldraute folgte und der zweite Abschnitt sah bereits viel besser aus. Gegen den FCSP im Pokal agierte Schalke auch mit einer Fünferkette und machte es nach den Worten von Hürzeler ziemlich gut (der FC St. Pauli hatte aber mindestens ebenso gute Antworten darauf, wie ihr in der ausführlichen Analyse nachlesen könnt). Der FCSP-Cheftrainer erklärt: „Wir müssen uns auf beide Systeme vorbereiten,“ glaubt aber „dass sie Zuhause aktiv sein wollen und sich nicht nur passiv hinten reinstellen. Das spricht eher für eine Viererkette.“
Angeschlagener Boxer mit Zweikampfproblem
Systemunabhängig ist aber das wohl größte Problem von Schalke 04 das Verhalten in direkten Duellen. Das Team hat die schlechteste Zweikampfquote der Liga und ist dadurch besonders über die Außen anfällig, wenn die Gegner dort direkte Duelle forcieren.
Fabian Hürzeler warnt natürlich trotzdem vor Schalke 04, sprach von der Gefährlichkeit eines angeschlagenen Boxers und betonte die zweifelsohne hohe individuelle Qualität des Teams. Zudem hat Schalke die letzten beiden Heimspiele gewonnen, holte 19 seiner 26 Punkte zu Hause. Es wirkt tatsächlich so, als wenn am Freitag irgendwie alles passieren kann.
Mögliche Aufstellung
Ich gehe mit Fabian Hürzeler und tippe auf die Mittelfeldraute beim FC Schalke 04. Alles andere kannst Du ja nach dem Magdeburg-Spiel auch niemandem mehr verkaufen. Zumal auch Kiel mit der Mittelfeldraute für Probleme beim FC St. Pauli sorgte. Ob Schalke aber so gefestigt und hochwertig in den Abläufen sein wird wie Kiel, da sind Zweifel angebracht. Jedenfalls tippe ich auf die gleiche personelle Aufstellung, wie man sie zu Beginn der zweiten Halbzeit in Magdeburg sah.
Saad vor Rückkehr?
Elias Saad kann ist nach seiner Sperre zwar wieder einsatzbereit, dass er aber auch direkt wieder in die Startelf kommt, ist alles andere als gesichert. Denn Connor Metcalfe und Dapo Afolayan haben es in Kiel, zumindest offensiv, gut gemacht (beide jeweils an zwei Treffern beteiligt). Sollte Fabian Hürzeler aber Chancen für seine Farben in den direkten Duellen auf der Außenbahn sehen, dann dürfte Saad die Nase knapp vor Metcalfe haben. In jedem Fall hat der FC St. Pauli drei sehr gute Spieler für diese zwei Positionen. Ich tippe auf eine Einwechslung von Saad.
Insgesamt vier nominelle Mittelstürmer gibt es im Kader des FCSP – und alle könnten am Freitag erneut nicht zu Beginn auf dem Platz stehen. Denn Marcel Hartel füllte seine Rolle als falsche Neun gegen Kiel sehr gut aus. Das Duo im zentralen Mittelfeld, bestehend aus Aljosha Kemlein und Jackson Irvine habe offensiv ebenfalls gute Lösungen gefunden (was sie aber nicht immer gefunden haben, waren die Pressingauslöser, wie Hürzeler erklärte). Sollten die Trainer des FCSP auch gegen Schalke deutliche Vorteile einer agileren Spielweise ganz vorne und zwei hochschiebenden Achtern sehen, dann wird Hartel erneut vorne starten.
Gegner-Rausch verhindern
Das Ziel ist völlig klar: Auch auf Schalke möchte der FC St. Pauli etwas Zählbares mitnehmen, möglichst drei Punkte. Damit das gelingt, muss aber auf jeden Fall verhindert werden, dass sich der Gegner in einen solchen Rausch spielen kann, wie es den Kielern letzte Woche gelang. Die Wucht, die der FC Schalke 04 besonders Zuhause entfalten kann, ist aufgrund der individuellen Qualität enorm. Trotzdem ist die Favoritenrolle natürlich klar verteilt. Und der FCSP wird versuchen, dieser gerecht zu werden.
Forza!
// Tim
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