Dünne Personaldecke in der Offensive

Dünne Personaldecke in der Offensive

Beim FC St. Pauli ist die Kadersituation in der Offensive kritisch. Besonders auf den Außenbahnen fehlen wichtige Spieler. Und Simon Zoller ist erneut verletzt.
(Titelbild: Peter Boehmer)

Es dürften dieser Tage einige Spieler auf der Liste fehlen, wenn das Trainerteam des FC St. Pauli zum Trainingsspiel bittet. Zumindest stehen unter „offensive Außenbahn“ diverse Namen, die man bei Ligaspielen des FCSP dort sonst nicht findet. Das liegt zum einen an der Länderspielpause. Zum anderen aber auch an Verletzungen. Die Situation ist nicht unkritisch.

Boukhalfa und Afolayan brechen Training ab

Scott Banks fehlt verletzt. Erik Ahlstrand auch. Dazu ist Elias Saad für das kommende Spiel gesperrt (und auf Länderspielreise) – dass diese drei Spieler am Wochenende das Spiel gegen den SC Paderborn verpassen werden, ist sicher. Danel Sinani, Eric da Silva Moreira und Connor Metcalfe befinden sich aktuell noch auf Länderspielreise. So trainierten aktuell nur drei Spieler an der Kollaustraße, die in dieser Saison bereits auf der offensiven Außenbahn zum Einsatz kamen. Das Problem: Im letzten Satz ist ein „t“ zu viel im Wort „trainierten“.

Die Hoffnung, dass Dapo Afolayan nach seiner Bänderverletzung im rechten Sprunggelenk wieder auf den Platz zurückkehren kann, hat am Dienstag einen argen Dämpfer bekommen. Am Montag hatte er noch eine individuelle Einheit absolviert, in der auch der Fußball eine Rolle spielte. Am Dienstag absolvierte er Teile des Teamtrainings, musste im Anschluss aber seine individuelle Einheit abbrechen. Die Chancen auf einen Einsatz am Wochenende dürften damit stark gesunken sein.

Ein Spieler, der vor allem in der Rückrunde oft auf der offensiven Außenbahn als Einwechselspieler eingesetzt wurde, ist Carlo Boukhalfa. Ob er aber als Ersatz taugen kann am Wochenende, erscheint mindestens fraglich. Denn Boukhalfa musste die Einheit am Montag abbrechen und war am Dienstag gar nicht auf dem Trainingsplatz an der Kollaustraße zu sehen.

Amenyido und Sinani mit wenig Spielzeit

Somit bleibt von den nominellen offensiven Außenbahnspielern einzig Etienne Amenyido übrig. Der 26-jährige fehlte im Verlauf der Rückrunde aufgrund einer Muskelverletzung, hatte seine letzten Ligaminuten Anfang Februar gegen Fürth. Nun stand er vor der Länderspielpause wieder zweimal im Kader und sammelte Mitte März Spielpraxis in der U23. Seine Chance auf viel Einsatzzeit in der 2. Liga dürfte so groß sein wie lange nicht mehr.

Aber ein Amenyido alleine reicht natürlich nicht, um zwei Offensivpositionen zu besetzen. So dürfte es umso wichtiger sein, dass das Trio der Nationalspieler (Metcalfe, Sinani, da Silva Moreira) verletzungsfrei und fit zurückkehrt. Connor Metcalfe dürfte dann gesetzt sein, hat aber durch die Länderspiele eine Englische Woche hinter sich. Danel Sinani wurde das letzte Mal am 10. November 2023 in der 2. Bundesliga eingesetzt, stand zuletzt zwölfmal ohne Einsatz im Kader. Auch er sammelte im März immerhin Spielpraxis in der U23. Eric da Silva Moreira feierte zwar gegen Nürnberg sein Zweitligadebüt, das aber auf der Linksverteidigerposition. Trotzdem werden alle drei dringend benötigt am Wochenende.

Hamburg, 03.02.2024, 2. Bundesliga, FC St. Pauli - SpVgg Greuther Fürth Etienne Amenyido, Elias Saad und weitere Spieler des FC St. Pauli freuen sich über den 3:2-Sieg gegen die SpVgg Greuther Fürth. Copyright: Peter Boehmer
Eteinne Amenyido dürfte am Wochenende gegen den SC Paderborn nach längerer Zeit wieder für den FC St. Pauli in der 2. Bundesliga zum Einsatz kommen. // (c) Peter Boehmer

Auch Fragezeichen hinter Ritzka-Einsatz

Es muss somit über weitere Optionen bei der Besetzung der offensiven Außenbahnen nachgedacht werden. Eine denkbare Option hängt von der Rückkehr eines anderen Spielers ab. Denn der etatmäßige linke Außenverteidiger Philip Treu ist eines der „Schweizer Taschenmesser“ im Kader des FC St. Pauli, würde seinen Job sicher auch eine Position weiter vorne zuverlässig verrichten. Das könnte er aber nur, wenn Lars Ritzka rechtzeitig fit wird. Der laborierte ebenfalls an einer Muskelverletzung, konnte zu Wochenbeginn immerhin wieder Teile des Teamtrainings mitmachen. Ob das aber für einen Startelfeinsatz am Wochenende reicht, wodurch Treu nach vorne rücken könnte, ist fraglich.

Umstellung der Formation?

Was gibt es noch für Optionen für den FC St. Pauli, wenn es nicht genügend fitte Spieler für die offensive Außenbahn gibt? Man könnte einfach auf die Positionen verzichten, die Räume anders besetzen. Dem FC St. Pauli könnte helfen, dass er auf einer anderen Position im Kader enorm gut besetzt ist. Aljoscha Kemlein hat zu Beginn der Rückrunde bewiesen, dass er dem Team auf dem Platz weiterhelfen kann, musste aber zuletzt häufiger auf der Bank sitzen, weil an Jackson Irvine und Marcel Hartel einfach kein Vorbeikommen ist. Ein Umstellung der Formation hin zu einem Dreier-Mittelfeld mit einem Sechser und zwei Achtern oder einer Doppelsechs und einer Zehn wäre denkbar und könnte eine Alternative sein.

Simon Zoller wieder verletzt

Eine solche Umstellung der Formation weg von offensiven Außen würde jedoch auch bedeuten, dass der FC St. Pauli mit zwei Stürmern spielt. Hier tut sich im Kader aber das nächste Loch auf: Maurides und Andreas Albers sind nicht in Topform. Beide konnten bisher nicht überzeugen während der Saison. Und Simon Zoller fällt erneut verletzungsbedingt aus, hat sich eine „strukturelle Muskelverletzung“ im linken Oberschenkel zugezogen, wie der FCSP am Dienstag erklärte. Eine ganz bittere Nachricht.

Die Erwartungen an den 32-jährigen Angreifer, kurz vor Ende des Sommertransferfensters zum FC St. Pauli gekommen, sind zweifelsohne groß gewesen. Dass er es seitdem in sieben Monate auf nicht mehr als vier Kurzeinsätze gebracht hat, ist eine Enttäuschung, für ihn persönlich sicher besonders. Sein Körper macht aktuell einfach nicht mit. Ob Zoller dabei einfach Pech hat oder diese Situation vielleicht sogar zu erwarten war, darüber muss diskutiert werden.

Längere verletzungsbedingte Zwangspausen sind leider ein steter Begleiter von Simon Zoller. „Nicht so positiv ist die Verletzungsanfälligkeit, bei der hoffentlich die medizinische Abteilung des FC St. Pauli ganze Arbeit leisten kann, um Zoller zu dem zu machen, was sich nun viele von ihm erhoffen“, schrieben wir in seinem Spielerprofil. Aktuell gibt es leider mächtig Futter für die These, dass das hochintensive Training von Fabian Hürzeler nicht so recht zum Körper von Simon Zoller passt. Es ist zu hoffen, dass er diese Saison noch den Gegenbeweis antreten kann. Aktuell sieht es aber leider nicht danach aus.

Erneut gesamter Kader gefordert

So wird der FC St. Pauli mit einer äußerst dünnen Personaldecke in der Offensive gegen den SC Paderborn antreten. Egal, ob man bei der angestammten Formation bleibt oder diese umstellt, es fehlt an Personal. Ein solcher Engpass deutete sich auch vor der Länderspielpause an, damals allerdings in der Defensive. Am Ende führten Blitzheilungen von Karol Mets und Philipp Treu dazu, dass alles doch gar nicht so dramatisch war. Doch selbst wenn in der jetzigen Situation keine Wunderheilung zu erwarten ist: Das Team des FC St. Pauli hat in dieser Saison bisher immer beweisen können, dass es Lösungen für solche Probleme findet. Es wurde gezeigt, dass der Kader nicht nur in der Spitze, sondern auch in der Breite Top-Niveau hat. Dieser Beweis muss nun wieder erbracht werden.

// Tim

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9 thoughts on “Dünne Personaldecke in der Offensive

  1. Sollten wir wirklich den Aufstieg schaffen, bleibt abzuwarten was in der Offensive passieren wird. Maurides, Albers, Amenyido, Sinani und Zoller haben meiner Meinung nach keine Qualität für die Bundesliga. Bleibt abzuwarten wie lange die oben genannten Verträge haben, verlängern würde ich ich aber mit niemanden.

    1. Von den genannten Spielern hat auch keiner die Qualität in der 2.Bundesliga oben mitzuspielen. Umso stärker dass wir mit einem ohnehin kleinen Kader so eine super Saison spielen…

  2. Umstellung auf 3-5-2 und entweder mit Albers und Eggestein oder Amenyido und Eggestein spielen. Amenyido wäre zentraler ohnehin besser aufgehoben als auf der offensiven Außenbahn. Die Formation gegen Kiel und zu Beginn auf Schalke sah ohnehin schon sehr danach aus. Umsetzbar wäre das also.

  3. Ich verstehe die Problematik gar nicht. Ahlstrand und Banks waren die ganze Saison nie eine Option. Was nie da war, kann auch nicht fehlen. Wir haben dann aktuell vier Spieler für zwei Positionen. Dazu die Optionen mit dem Wechsel auf ein anderes System, in dem auch Amenyido eine Doppelspitze spielen kann. Auch da haben wir keine Personalsorgen. Albers die Form abzusprechen ist auch ein wenig gemein – durfte er diese doch nie zeigen 😉 Da Silva Moreira spielte doch in der Jugend hauptsächlich offensiv bei uns, oder? Wäre also eine gute Wechseloption im regulären System und bisher selten im Kader. Und Saad ist nur ein Spiel gesperrt und danach definitiv wieder da.

    Will sagen – ich sehe eigentlich keinen Grund für eine derartige Schlagzeile 😉 Ein Szenario „was wenn sich jetzt noch zwei verletzen“ kann man ja auf jeder Position aufbauen.

    1. Naja, zu Saisonbeginn durfte er sie zeigen, war teils wirklich nicht gut, teils hatte er Pech (zwei anerkannte Tore). seitdem aber hast du Recht, so richtig wurde er nicht mehr eingesetzt und gerade als wandspieler und als 2. Sturmspitze kann ich mir Albers sehr gut vorstellen!

  4. There is another possibility. Every now and then, Hartel has played on the left wing, too. Granted, these were more of a end-of-match situations, but since Keimlein is considered a reliable central midfield option, this could be a possibility. Now, since Hartel is such an important player in Hurzeler’s tactcs, this possibility would only be suitable if it fits the game plan against Paderborn, which I don’t know at all.

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