Vorbericht: Karlsruher SC – FC St. Pauli (28. Spieltag, 23/24)

Vorbericht: Karlsruher SC – FC St. Pauli (28. Spieltag, 23/24)

Am Samstagabend tritt der FC St. Pauli zum Spitzenspiel beim Karlsruher SC an. Die Personalsituation beim FCSP hat sich etwas entspannt, die Herausforderung ist trotzdem riesig.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

Im „Vor dem Spiel“-Gespräch hat sich Casche mit Jörn Kreuzer (der auch eine Verbindung zum FC St. Pauli hat) über die bisherige Saison des KSC unterhalten, aber auch einen ausführlichen Blick auf die Querelen in der Führungsebene der Karlsruher geworfen. Wer Bock auf Seifenoper hat, sollte auf jeden Fall reinhören.

Ein Blick zurück

„Nothing beats a late winner!“ – während des ersten Lockdowns hatten wir zu diesem Satz einen langen Artikel geschrieben. Dieser Artikel verdient sowieso mal ein Update und falls das kommt, dann wird da ganz sicher auch der Hammer von Philipp Treu einen Ehrenplatz finden. Der traf nämlich im Hinspiel gegen den KSC in der Nachspielzeit zum umjubelten 2:1. Dieses Ergebnis war letztlich verdient, aber auch damals wurde deutlich, dass der KSC alles andere als Laufkundschaft ist (Analyse).

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Zwar ist die personelle Situation (vielleicht) etwas besser, von einer Entspannung kann aber ganz sicher nicht die Rede sein. Der FC St. Pauli muss weiterhin auf Erik Ahlstrand, Simon Zoller, Carlo Boukhalfa und Scott Banks verzichten, die alle verletzungsbedingt fehlen. Fabian Hürzeler äußerte sich aber optimistisch, dass Banks in dieser Saison nochmal zum Einsatz kommen könnte (was bei allen anderen verletzten Spielern hoffentlich auch der Fall ist). Neben den verletzten Spielern werden auch Connor Metcalfe und Eric Smith in Karlsruhe fehlen. Beide müssen eine Gelbsperre absitzen.

Bereits einen Schritt weiter in Sachen Gelbsperre ist Elias Saad. Der musste gegen den SC Paderborn zuschauen, ist nun aber wieder einsatzbereit und wird auch dringend benötigt. Auch Dapo Afolayan könnte nach seiner Sprunggelenksverletzung zurückkehren. Er machte zu Beginn der Woche bereits wieder große Teile des Teamtrainings mit und es ist zu hoffen, dass es nicht so einen Rückschlag wie in der Vorwoche geben wird. Etwas größer ist das Fragezeichen hinter einem Einsatz von Philipp Treu, der zwar auch wieder auf dem Trainingsplatz ist, allerdings noch nicht so intensiv mitwirken konnte wie Afolayan.

Karlsruher SC: Wer kann spielen, wer fehlt?

Der Karlsruher SC ist fast schon traditionell auf der Innenverteidiger-Position von Verletzungen geplagt. Aktuell fehlen Robin Bormuth (Kreuzbandanriss) und Daniel O’Shaughnessy. Letztgenannter bangt wohl sogar um seine Karriere. Sein letztes Spiel für den KSC bestritt er im Mai 2022. Es folgte ein Wadenbeinbruch und inzwischen zwei Hüft-OP’s. Ob er nochmal für die Karlsruher auflaufen wird, ist fraglich.

Die Pressekonferenz des KSC vor der Partie am Samstag findet erst im Laufe des heutigen Freitags statt. Dort wird es auch eine Info geben, ob Winter-Neuzugang Nicolai Rapp wieder einsatzbereit ist. Er fehlte in den letzten beiden Spielen aufgrund einer Oberschenkelverletzung. Lars Stindl kam nach längerer Verletzungspause zuletzt gegen Schalke wieder zum Einsatz. Infos über weitere Ausfälle sind auf der Pressekonferenz nicht unbedingt zu erwarten. Das ist aus KSC-Sicht aber auch wichtig, da der Kader der kleinste der gesamten 2. Bundesliga ist.

Hamburg, Deutschland, 28.10.2023, 2. Bundesliga, Fussball - Die Spieler des FC St. Pauli feiern den Torschützen Philipp Treu nach seinem Treffer zum 2:1 gegen den Karlsruher SC - Copyright: Peter Boehmer DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.
Der Jubel nach dem 2:1 für den FC St. Pauli durch Philipp Treu in der Nachspielzeit kann sich sehen lassen. // (c) Peter Boehmer

Was hat der KSC zu bieten?

„KSC? Im Moment für mich Top 3 der Liga!“ – die Aussage von Fabian Hürzeler ist unmissverständlich. Der FCSP-Cheftrainer ist beeindruckt von dem, was die Karlsruher seit einigen Monaten auf den Platz bringen. Mit etwas mehr Fortune könnte man vielleicht sogar noch in den Kampf um den Aufstiegsrelegationsrang eingreifen. Dabei sah es kurz nach dem Hinspiel eher nach Abstiegsrelegationsrang aus.

Zwischendurch Platz 16

Die von vielen (auch von mir) als Geheimfavorit auf den Aufstieg gehandelten Karlsruher starteten gut in die Saison, holten sieben Punkte aus den ersten vier Partien. Von den folgenden acht Spielen konnte aber nur noch eines gewonnen werden. So fand man sich nach der 0:3-Heimniederlage gegen den SC Paderborn plötzlich auf Platz 16 in der Liga wieder. Das wirkte angesichts der eigentlich oft überzeugenden Leistungen etwas verstörend. Jörn erklärt im VdS-Gespräch, dass es in dieser Phase vor allem individuelle Fehler waren, die gute Ergebnisse verhinderten.

Unglaubliche offensive Power

Seit diesem Fall auf den Abstiegsrelegationsrang hat der Karlsruher SC nur noch zwei von 15 Ligaspielen verloren. Die Entwicklung ist bemerkenswert. Vor allem offensiv knallt das Team seitdem richtig einen aufs Parkett: Nur dreimal in diesen 15 Partien erzielte der KSC weniger als zwei eigene Treffer. Insgesamt gab es satte 38 Treffer für den KSC in diesen Spielen. Ein Grund für die offensive Wucht: Igor Matanović ist richtig gut in Form, steht inzwischen bei elf Ligatoren (Läuft bei Dir, Igor!). Auch Stürmerkollege Budu Zivzivadze ist in bestechender Form, erzielte in seinen letzten 13 Ligaspielen neun Treffer.

So hat sich der Karlsruher SC mit dieser durchaus aufregenden und wuchtigen Offensive ein wenig in Schlagdistanz zu Platz drei gebracht. Der Rückstand ist mit sieben Punkten zwar schon recht groß, aber durch Ausrutscher der Konkurrenz – und die gibt es ja bekanntlich immer – könnte da vielleicht noch was gehen.

Hamburg, Deutschland, 28.10.2023, 2. Bundesliga, Fussball, FC St. Pauli - Karlsruher SC im Millerntor-Stadion Connor Metcalfe (FC St. Pauli) im Zweikampf mit David Herold (Karlsruher SC). Jackson Irvine schaut im Hintergrund zu. Copyright: Peter Boehmer DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.
Connor Metcalfe wird dem FC St. Pauli dieses Mal gegen den KSC aufgrund einer Gelbsperre fehlen. // (c) Peter Boehmer

Viele hohe Bälle

Vor dem Hinspiel erklärte Fabian Hürzeler, dass es gegen den KSC wichtig sei ,„Druck auf den Ball zu kriegen auf den Außen, aber dann nicht den Zwischenraum zu öffnen.“ Denn die Karlsruher schlagen oft und gerne Flanken, die zweitmeisten der Liga nämlich. Diese finden auch oft Abnehmer (zweitbeste Quote der Liga), weil die Boxbesetzung ausreichend ist. Interessant ist dabei, dass der KSC den Dribblings aus dem Weg geht. Kein Team dribbelt so wenig, wie die Karlsruher, sie suchen eher die Flanken, anstatt bis an die Grundlinie zu gelangen.

Zurück zur Wichtigkeit von Igor Matanović: Denn hohe Bälle sind nicht nur als Flanken ein wichtiges Element des KSC-Spiels, sondern auch im Spielaufbau. Matanović ist dabei der zentrale Abnehmer, führt knapp elf Luftduelle pro Partie und mit bisher 227 die meisten aller Zweitligaspieler. Er macht das richtig gut: Der KSC spielt die meisten langen Bälle der 2. Bundesliga und weist dabei die zweitbeste Erfolgsquote auf. Auf dieses Element im KSC-Spiel, welches in der Hinrunde noch nicht so ausgeprägt war, sollte der FC St. Pauli also vorbereitet sein.

Bekommt Niko Stress oder nicht?

Ebenfalls vorbereiten sollte sich der FCSP auf das hohe Pressing der Karlsruher. Das ist zwar nicht dauerhaft und immer unter Volldampf, aber trotzdem sehr effizient. Fabian Hürzeler erklärte, dass eine der zentralen Fragen sei, ob der KSC auch Nikola Vasilj anlaufe (wie sie es im Hinspiel machten) oder aber, wie beim 7:0-Erfolg gegen Magdeburg, alles andere hoch zustellen und unter Druck setzen. Insgesamt verfolgt der KSC im Pressing den Plan, das Spiel des Gegners auf eine Außenbahn zu zwingen. Dort wird dann krass rübergeschoben, sodass eine KSC-Überzahl in Ballnähe entsteht. Hiermit war der KSC zuletzt sehr erfolgreich und auch im Hinspiel tat sich der FCSP mit diesem Pressingverhalten lange schwer. These: Wir werden viele Diagonalbälle des FC St. Pauli sehen.

Mögliche Aufstellung

Noch etwas hat sich beim Karlsruher SC im Vergleich zum Hinspiel verändert: Das Team agiert nun nicht mehr mit einer Mittelfeldraute, sondern mit einer Doppelsechs. Winterneuzugang Nicolai Rapp hatte sofort gezündet und war eine feste Größe neben Routinier Jerome Gondorf. Zuletzt wurde er auf dieser Position von Leon Jensen vertreten, der von den Fähigkeiten eigentlich etwas weiter nach vorne gehört. Abgesehen vom Tausch Rapp-Jensen sind keine weiteren personellen Wechsel zu erwarten.

Erwartete Aufstellung beim Spiel Karlsruher SC gegen FC St. Pauli KSC: Drewes - Jung, Franke, Beifus, Herold - Nebel, Jensen, Gondorf, Wanitzek - Matanovic, Zivzivadze FCSP: Vasilj - Dzwigala, Wahl, Mets - Saliakas, Irvine, Hartel, Ritzka - Afolayan, Eggestein, Saad
Erwartete Aufstellung beim Spiel Karlsruher SC gegen FC St. Pauli KSC: Drewes – Jung, Franke, Beifus, Herold – Nebel, Jensen, Gondorf, Wanitzek – Matanovic, Zivzivadze FCSP: Vasilj – Dźwigała, Wahl, Mets – Saliakas, Irvine, Hartel, Ritzka – Afolayan, Eggestein, Saad

Dźwigała wird Smith ersetzen

Beim FC St. Pauli wird es auf mindestens zwei Positionen Veränderungen geben: Die Sperre von Eric Smith dürfte Adam Dźwigała auf der rechten Innenverteidiger-Position in die Startelf befördern, Hauke Wahl übernimmt dann die Smith-Position in der Zentrale. Deutlich mehr Fragezeichen gibt es bei der Besetzung der rechten Offensivseite.

Klar, die Rückkehr von Dapo Afolayan macht die Frage nach der Besetzung der Metcalfe-Position eigentlich zu einem „No-brainer“. Aber auch nur dann, wenn Afolayan wirklich voll und ganz einsatzfähig ist. Andernfalls ist die Besetzung völlig unklar. Denn Rückkehrer Elias Saad spielte bisher ausnahmslos auf der linken Offensivseite, was auch viel besser zu seinen Fähigkeiten passt. Es wäre sehr ungewöhnlich, wenn er nun auf rechts zum Einsatz käme.

Wer spielt rechts vorne?

Doch wer kommt sonst infrage, wenn es weder Afolayan, Saad, Metcalfe noch Boukhalfa machen kann? Etienne Amenyido oder Danel Sinani bleiben da übrig. Oder Marcel Hartel rückt von der linken auf die rechte Offensivseite (was aber ebenfalls ungewöhnlich wäre). Für Sinani spräche, dass er als Linksfuß invers auf dieser Position agieren kann. Gegen ihn spricht, dass er ziemlich lange nicht in der 2. Bundesliga zum Einsatz kam. Sicher ist: Es wäre hilfreich, wenn Dapo Afolayan rechtzeitig fit wird.

Sicher ist auch: Das wird ein ganz schwieriges Spiel für den FC St. Pauli. Der KSC ist in guter Form und wird hochmotiviert in die Partie gehen, schielt natürlich mit mindestens einem Auge auf Platz drei, auch wenn sie es in der Öffentlichkeit anders behaupten. Worauf es für den FCSP in dieser Phase nun ankommt, hat Fabian Hürzeler recht eindrucksvoll anhand einer Erkenntnis auf der Kartbahn beschrieben (in der Pressekonferenz ab Minute 4:10). Es gilt den Schwall an verfrühten Glückwünschen zu ignorieren und auch im Wildpark drei Punkte zu holen.

Forza!
// Tim

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4 thoughts on “Vorbericht: Karlsruher SC – FC St. Pauli (28. Spieltag, 23/24)

  1. daß wir spitzenspiel recht gut können, haben wir in der rückrunde bisher wiederholt unter beweis gestellt. wenn wir unser potential ausschöpfen, unser leistungsvermögen abrufen und auf den platz bringen können, bin ich mit der erfahrung aus der bisherigen rückrunde mehr als zuversichtlich, die drei punkte aus baden mit nach hamburg zu nehmen. eins steht fest: jedes prozentpünktchen weniger als 100 am samstag auf dem platz, wird das unterfangen schwieriger machen… ick froi mir druff

  2. Wieso nicht Kemmlein in der Starrelf? Der hat zuletzt sehr überzeugt. Sein 1:0 wurde wohl irregulär aberkannt.

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