Am Sonntag empfängt Borussia Mönchengladbach den FC St. Pauli. Die Fohlen sind ein spielstarkes Team, welches aber durchaus anfällig sein kann.
(Titelfoto: Daniel Kopatsch/Getty Images/via OneFootball)
Yannick hat im „Vor dem Spiel“-Gespräch des FC St. Pauli in Gladbach mit Niko vom Pfostenbruch-Podcast über die Entwicklungen bei Borussia Mönchengladbach gesprochen. Hört da gerne rein.
Ein Blick zurück
Der ist überraschend gut und wurde bereits von Maik in der „Lage am Millerntor“ ausführlicher beschrieben. Allerdings: Beim Blick auf die Aufeinandertreffen zwischen dem FC St. Pauli und Borussia Mönchengladbach in allen anderen Wettbewerben als der Bundesliga, sieht es ziemlich bescheiden für den FCSP aus.
Doch die Bundesligaspiele zwischen dem FCSP und Gladbach waren überaus erfolgreich: Die letzten beiden Spiele, Saison 10/11, wurden gewonnen. Davor gab es zweimal in Folge ein Unentschieden (01/02). In Gladbach verlor der FC St. Pauli zuletzt ein Bundesligaspiel tatsächlich vor mehr als 35 Jahren. Das darf gerne auf mindestens 36 Jahre anwachsen.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Die Liste an Spielern, die am Sonntag in Gladbach nicht einsatzfähig sind, ist lang – und könnte leider sogar etwas länger sein als befürchtet. Connor Metcalfe, Elias Saad, Robert Wagner, Scott Banks und Simon Zoller fallen sicher aus, genauso wie die drei Torhüter Sascha Burchert, Sören Ahlers und Ben Voll.
Dickes Fragezeichen hinter Karol Mets
Neu hinzukommen auf die Liste könnte Karol Mets. Der Innenverteidiger hat Probleme an der Patellasehne. „Da müssen wir sehen, wie schnell wir das hinkriegen,“ erklärte Alexander Blessin auf der Pressekonferenz vor der Partie und klang dabei nicht allzu optimistisch. Eine Tendenz, ob Mets es noch rechtzeitig zum Spiel fit wird, gibt es nicht, so Blessin. Aktuell sieht es nicht nach einem Einsatz aus, aber man hoffe, dass ein weiterer Tag eine Besserung bringt.
Zu Beginn der Woche hatte auch Andreas Albers auf dem Trainingsplatz gefehlt. Er ist aber wieder zurück und wird auch in Gladbach dabei sein. Gleiches gilt für Eric Smith und Philipp Treu, die „die letzten zwei Einheiten voll mittrainiert“ haben und „voll zur Verfügung stehen.“ So ist das Lazarett des FC St. Pauli zwar so stark gefüllt, wie seit Jahren nicht. Ende letzter Woche, als eine Rückkehr von Smith und Treu nocht nicht sicher war, sah das aber noch deutlich schlechter aus.
Borussia Mönchengladbach: Wer kann spielen, wer fehlt?
Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den FC St. Pauli gab es von Gladbachs Cheftrainer Gerardo Seoane ein fettes Dankeschön in Richtung Athletik- und Medizin-Abteilung. Der Grund? Mit Außenverteidiger Luca Netz fehlt den Fohlen am Sonntag nur ein einziger Spieler. Innenverteidiger Nico Elvedi wird nach längerer Verletzungspause wieder zurückkehren in den Kader.
Was haben die Fohlen zu bieten?
Borussia Mönchengladbach kommt aus einer Saison, die fast im absoluten Horror endete. Drei Spieltage vor Schluss betrug der Vorsprung auf Platz 16 nur mickrige vier Punkte. Und ehrlich gesagt hätte Mönchengladbach aufgrund schwacher Leistungen diesen Platz dann auch irgendwie verdient gehabt. Trotz dieser eher enttäuschenden Saison hielt man an Seoane als Trainer fest und setzte bei den Transfers auf Erfahrung. Mit Kevin Stöger, Philipp Sander und Tim Kleindienst wurde viel Erfahrung ins Team geholt. Besonders Kleindienst ist voll eingeschlagen und inzwischen auch Nationalspieler.
Gladbach schleppt sich in Saison 24/25
Der Start in die Saison 24/25 verlief dann auch mehr als holprig. Von den ersten sechs Spielen gingen vier verloren. Und entsprechend standen zumindest medial im Oktober bereits alle Zeichen auf einen vorzeitigen Abschied von Seoane als Trainer. Doch es folgten acht Punkte aus den folgenden vier Ligaspielen (Blessin: „Die letzten Spiele haben sie schon starke Leistungen gezeigt.“). So konnte sich Borussia Mönchengladbach vor der Länderspielpause auf den neunten Tabellenplatz schieben. Doch das Gefühl bleibt, dass das in Gladbach alles ein eher fragiles Gebilde ist.
Beim Blick auf den Kader fragt man sich aber, wie das überhaupt sein kann. Denn das Team von Borussia Mönchengladbach ist an einigen Stellen richtig stark besetzt. In der Offensive, so erklärt es auch Alexander Blessin, gibt es nicht nur Kleindienst (sechs Treffer, vier Vorlagen), der gegnerische Abwehrreihen vor Probleme stellen kann. Auch Robin Hack ist dazuzuzählen, ohne dessen acht Treffer in seinen letzten neun Ligaspielen der Vorsaison die Wahrscheinlichkeit eines Gladbacher Volldesasters viel höher gewesen wäre. Auf der anderen offensiven Außenbahn ist Franck Honorat gesetzt, der drei Kleindienst-Tore auflegte und zwei selbst erzielte (nach Kleindienst-Vorlage). Ich persönlich bin ein großer Fan der spielerischen Eleganz und Kreativität von Alassane Pléa, der in der Offensivzentrale agiert.
„Müssen ihre Offensive in den Griff bekommen“
Diese Offensive zählt definitiv zu den Top6 der Bundesliga und dürfte auch im weiteren Saisonverlauf für einige Tore sorgen. Entsprechend ist auch Blessin voller Respekt, als er über Borussia Mönchengladbach spricht und mahnt, dass der FC St. Pauli nahtlos an die gute Defensivleistung aus dem Spiel gegen den FC Bayern München anknüpfen müsse: „Wenn man ihnen Raum lässt, dann haben sie wahnsinnige Qualitäten. Daher müssen wir schnell wieder in den Rhythmus kommen. Wir müssen genau wieder beim Bayern-Spiel ansetzen. Wir müssen ihre Offensive in den Griff bekommen.“
Wie also bekommt man die Offensive von Borussia Mönchengladbach in den Griff? Auffällig war in den bisherigen Ligaspielen, dass es das Team oft mit Überladungen der Außenbahnen versucht. Dabei gesellen sich neben den oft hochstehenden Außenverteidigern noch der offensiven Außenbahnspieler und ein Sechser, sowie auch gerne Kleindienst oder Plea mit auf eine Seite und erzeugen so eine Überzahl in Ballnähe. Das könnte das im Zentrum sehr kompakte 5-4-1/5-2-3 des FC St. Pauli vor Probleme stellen, weil eine Unterzahl in diesen Zonen droht.
Muss man sich also auf Seiten des FC St. Pauli etwas lösen vom Zentrumsfokus bei der Arbeit gegen den Ball? Alexander Blessin erklärt, dass man die eigene Defensivstruktur „nicht grundlegend ändern“ wird, auch wenn „wir es uns einfach machen und mit einer 1-gegen-1-Zuordnung spielen könnten.“ Doch das, so der FCSP-Cheftrainer, sei „nicht unser Spiel.“ Denn wichtiger sei es, dass die Abstände im eigenen Team nicht zu groß werden: „Wenn du ihnen diese Möglichkeiten und diese Räumen gibst, dann haben sie echt gute Abläufe und da ist es schwierig das Tempo zu verteidigen.“ Diesen Fehler habe Werder Bremen (Blessin: „die normalerweise immer einen richtig guten Plan haben“) gemacht und verlor in Gladbach 1:4. Man darf aber durchaus davon ausgehen, dass FCSP-Innenverteidiger oder -Sechser öfter als zuletzt auf den Außenbahnen aushelfen müssen.
Viel los bei Gladbach – vor beiden Toren
Die Überladung auf den Außenbahnen, welches eine breite Aufstellung der beiden BMG-Sechser beinhaltet, birgt aber auch Risiken für die Fohlen. Denn gelingt es nach einem Ballverlust nicht den Ball direkt im Gegenpressing zurückzuerobern oder zumindest die Situation zu entschärfen, dann ist das Gladbacher Defensivzentrum etwas offener, als es für das defensive Umschaltspiel gesund ist. So ist es auch wenig verwunderlich, dass Borussia Mönchengladbach zwar vorne viele Chancen hat, aber eben auch einiges zulässt. Das Team hat bisher die viermeisten eigenen Torschüsse zustandegebracht, aber auch die viertmeisten zugelassen. Wenig verwunderlich also, dass Blessin in Bezug auf die Gladbacher Ballbesitzphasen erklärt: „Gerade im Aufbauspiel sehen wir auch unsere Möglichkeiten.“
Es ist also zu erwarten, dass sich der FC St. Pauli erst einmal anschauen möchte, was Borussia Mönchengladbach mit dem Ball gegen den zuletzt gut organisierten eigenen Defensivverbund zustande bringt. Grundsätzlich, das haben die bisherigen Spiele des FCSP gezeigt, kam man immer ganz gut damit zurecht, wenn der Gegner den Ball haben möchte. Ist genau das eine Chance für den FC St. Pauli, Alexander Blessin? „Mit Sicherheit. Wenn man die zehn bisherigen Spiele Revue passieren lässt, dann kann man das schon so sagen. Wir wollen uns da nicht verstecken, wollen so griffig und eklig sein, dass es schwierig für sie wird sich Chancen zu erspielen.“
Allerdings wird man dieses Spiel nur erfolgreich gestalten können, wenn man defensiv genauso gut und griffig arbeitet wie gegen die Bayern, offensiv aber eine Schippe drauflegen kann, erklärt der FCSP-Cheftrainer: „Wir wollen bessere Momente mit dem Ball erzeugen. Da gibt es vielleicht mehr Möglichkeiten als gegen Bayern.“
Mögliche Aufstellung
Auf Seiten von Borussia Mönchengladbach dürfte es nur wenig Anlass geben, um die Startelf zu verändern. Das bedeutet auch, dass Nico Elvedi nach seiner Verletzung eher nicht direkt in die Startelf zurückkehren wird, denn Marvin Friedrich hatte es zuletzt gut gemacht im Verbund mit dem eh überragenden Ko Itakura. Auch die Formation ist ziemlich klar: Gladbach wird in einem 4-2-3-1 agieren, mit Julian Weigl als klaren defensiven Sechser, während Rocco Reitz öfter den Weg nach vorne suchen wird.
Möglicher Mets-Ersatz? Völlig offen!
Auf die Frage, wer denn beim FC St. Pauli im Fall der Fälle als Ersatz für Karol Mets infrage kommt, betonte Alexander Blessin, wie wichtig es gewesen sei, dass man in der Länderspielpause den Test gegen Braunschweig hatte. Weil nur dadurch Spieler wie David Nemeth und Adam Dzwigala die notwendige Spielpraxis bekommen haben. Über beide Spieler sagte er, dass sie es „gegen Braunschweig gut gemacht“ haben. David Nemeth war zudem bereits vor dem Braunschweig-Test zwei Spiele bei der U23, daher sei er „gut im Rhytmus drin.“ Zwar hatte zuletzt eigentlich immer Adam Dźwigała die Nase vorn, wenn es darum ging jemanden aus der Stamm-Innenverteidigung zu ersetzen, doch glaubt man den Worten von Blessin auf der PK, dann ist es dieses Mal deutlicher offener, wer bei einem Mets-Ausfall in die Startelf rücken wird.
Erik Ahlstrand trainiert sich in den Vordergrund
Richtig dünn ist der Kader des FC St. Pauli aktuell auf den offensiven Außenbahnen besetzt (Artikel dazu: Defensiv stark, aber vorne fehlt was). Die Ausfälle von Saad, Banks und Metcalfe wiegen schwer. Zuletzt hatte Wagner dort ausgeholfen, der nun aber auch verletzt fehlen wird. Somit scheinen Guilavogui und Afolayan auf diesen Positionen gesetzt, wenngleich mit Danel Sinani und Erik Ahlstrand denkbare Optionen vorhanden sind. Gerade für Ahlstrand hatte Blessin auf der PK lobende Worte übrig. Denn der 23-jährige sei zwar zu Saisonbeginn „etwas weiter entfernt“ gewesen, habe diese Situation aber angenommen und über die U23 wichtige Spielpraxis gesammelt. Genau das habe ihm „brutal gut getan“, erklärt Blessin, der Ahlstrand attestierte, dass er sich nun durch gute Trainingsleistungen (auch unterstützt von vielen Ausfällen) in eine gute Position gebracht habe: „Es ist vielleicht genau der richtige Zeitpunkt ihn auch mal reinzuwerfen.“
So fährt der FC St. Pauli mit einem etwas ramponierten Kader zum Auswärtsspiel nach Mönchengladbach. Erwartet wird er dort von einem vollen Gästeblock und einem Gegner, der zwar durchaus eine hohe Qualität im Offensivbereich mitbringt, diese aber auch ein bisschen auf Kosten der eigenen Torverteidigung geht. Das ist eine Spielweise, die dem FCSP vielleicht sogar ein bisschen entgegenkommt, wie sich an den Partien in Freiburg und Sinsheim erkennen lässt. Damit ein ähnlicher Erfolg wie bei diesen Spielen auch im Borussia-Park gefeiert werden kann, muss aber neben einer sattelfesten Defensive auch die Offensive zustechen, wenn sich die Gelegenheit bietet.
Forza!
// Tim
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Auswärtssiege können wir, heute kommt einer dazu. Immer weiter!