Vorbericht SV Darmstadt 98 – FC St. Pauli

Vorbericht SV Darmstadt 98 – FC St. Pauli

0:1, 0:3, 1:2, 0:4 – Das sind die letzten Ergebnisse aus Sicht des FC St. Pauli am Böllenfalltor. Seit die Lilien zur Saison 14/15 in die 2.Liga aufgestiegen sind, gab es überhaupt aus acht Spielen nur einen einzigen Sieg (zuhause) und ein Torverhältnis von 3:13. Das ist natürlich alles völlig wumpe, denn so ein historischer Vergleich ist wenig aussagekräftig um das kommende Spiel zu bewerten. Aber es erklärt, warum sich bei vielen FCSP-Fans schon leichte Resignation breitmacht, wenn überhaupt der Name Darmstadt fällt (bezeichnend, dass wir damals mit einer Niederlage dort den Klassenerhalt schafften).
Hört Euch zur Vorbereitung auf jeden Fall das VdS-Debüt von Casche an, der mit Matthias vom HochundWeit-Podcast über den SV Darmstadt sprach.
(Titelbild: Uwe Anspach/Pool via Getty Images/via OneFootball)

FCSP: Wer kann spielen, wer fehlt?

Sicher nicht dabei sein wird Guido Burgstaller, der aber seine OP gut überstanden hat, was in jedem Fall viel wichtiger ist. Wir wünschen gute Genesung!
Zusätzlich fehlen weiterhin Christopher Buchtmann, Ryo Miyaichi, Luis Coordes, Marvin Senger und Jannes Wieckhoff. Das Lazarett ist damit nicht leerer, sondern etwas voller geworden. Im Vergleich zu vorherigen Jahren ist es aber (noch) recht leer. Timo Schultz findet dafür auf der PK aber auch deutliche Worte für all diejenigen, die daraus eine Story machen wollen, dass es gerade verhältnismäßig wenige Verletzungen gibt. („Es werden Verletzungen kommen.“)
Zurückgekehrt ins Team-Training, bzw. erstmals seit seiner Verpflichtung dabei, ist James Lawrence. Timo Schultz hob seine Qualitäten hervor, aber wies auch gleich darauf hin, dass er lange Zeit nicht richtig Fußball gespielt hat. Ob es für einen Kaderplatz reichen wird, ließ er offen. Das wird vermutlich davon abhängen, ob Christopher Avevor in Darmstadt spielen kann, der eine leichte Blessur aus dem Nürnberg-Spiel hat.

Doch es gibt trotzdem ein Problem im Kader: Die beiden Spieler für die offensive rechte Seite (Myaichi und Wieckhoff) sind aktuell beide im Krankenstand. Luis Coordes, der diese Position theoretisch auch spielen könnte, ist verletzt. Damit bleibt eigentlich nur Kevin Lankford übrig, der jedoch in dieser Saison nur sehr wenig Spielzeit bekam. Grundsätzlich wäre auch Luca Zander da vorstellbar, aber irgendwie ist das unwahrscheinlich. Allein aufgrund dieser Unterbesetzung auf der rechten Seite ist es sehr wahrscheinlich, dass der FCSP auch in Darmstadt wieder mit einer Dreierkette spielen wird.

Die PK vor dem Spiel bot dieses Mal aber auch wissenswertes abseits der üblichen Einschätzung des Gegners und der Frage wer fit ist und wer nicht. Timo Schultz wurde zur Laufstärke seines Teams befragt und dank dieser Frage führte er aus, dass er von den abgespulten Kilometern nicht sonderlich viel hält, sondern die Anzahl an Sprints und intensiven Läufen sehr viel wichtiger findet.

Auch seine Ausführungen zur Arbeit mit Sportpsychologe Christian Spreckels waren sehr spannend („Für mich läuft das unter dem Aspekt der Leistungsoptimierung, das hat nichts mit einem roten Sofa und Problemen zu tun.„). Schultz hob die Expertise von Spreckels hervor („absoluter Experte im Leistungssport“) und erwähnte auch ganz deutlich, was er allgemein von der Arbeit im mentalen Bereich hält („Ich bin der festen Überzeugung, dass man nicht nur den Körper, sondern auch den Kopf trainieren kann.„). Ich bin sehr froh, dass wir endlich mal einen Trainer haben, der diesem Bereich offen und vorurteilsfrei gegenübersteht (Jos Luhukay verriet gleich zu Beginn seiner Amtszeit, dass er von dieser Arbeit nicht viel hält…).

Timo Schultz gab auf der PK auch abseits der Spielvorbereitung interessante Einblicke in seine Arbeit beim FCSP.
(c) Peter Boehmer

SVD: Wer kann spielen, wer fehlt?

Noch entspannter als beim FCSP ist aktuell die Verletzungssituation in Darmstadt: Mathias Wittek fehlt seit längerer Zeit (Kreuzbandriss bereits in der Vorsaison), war aber ohnehin nicht Stammkraft. Schmerzlicher ist da schon der mögliche Ausfall von Victor Pálsson, der eine Knieblessur von der Länderspielreise mitgebracht hat. Diese ist zwar fast auskuriert, allerdings hat er gestern zum ersten Mal seit sieben Tagen am Team-Training teilgenommen. Ein Einsatz des defensiven Mittelfelders ist fraglich, wie Markus Anfang auf der Pressekonferenz verlauten ließ.

Fehlen tut auch ein wenig die Spielpraxis. Denn das letzte Spiel bestritt der SV Darmstadt 98 vor fast drei Wochen, da das Spiel in Osnabrück aufgrund der angeordneten Quarantäne ausfallen musste. Aber nach der langen Ruhe folgt dann auch gleich eine englische Woche (nächsten Mittwoch steht das verlegte Spiel in Osnabrück an).

Was hat der SVD zu bieten?

Erst einmal müssen wir feststellen, dass der SVD anscheinend weniger zu bieten hat, als sich Markus Anfang gewünscht hat. Im Interview mit der Frankfurter Rundschau hat er das sehr deutlich gemacht („Ich hätte mir, ehrlich gesagt, gewünscht, dass wir viele Sachen anders umgesetzt hätten.„). Das ist schon ne ziemlich klare Ansage.
Trotzdem ist es sicher nicht so, dass Darmstadt nichts zu bieten hätte. Das letzte Spiel wurde doch recht überzeugend gegen Nürnberg gewonnen. Auch bei beiden Spiele zum Auftakt gegen Sandhausen (2:3 verloren) und zuhause gegen Regensburg (0:0) waren die Lilien das bessere Team.

Das liegt vor allem daran, dass der SVD ein sehr eingespieltes Team ist, welches letzte Saison nach einer formidablen Rückrunde den 5. Platz belegte (mit 32 Punkten Platz 2 in der Rückrundentabelle). Nennenswerte Abgänge gab es nicht, mit Lars Lukas Mai und Nicolai Rapp wurden zwei Spieler aus der 1.Liga geliehen, die auch direkt zum Stamm gehören.

Einer der stärksten Stürmer der Liga? Auf jeden Fall physisch ganz unangenehm für seine Gegenspieler: SVD-Stürmer Serdar Dursun.
(Photo by Martin Rose/Bongarts/Getty Images/via OneFootball)

Wenn ich einen Spieler hervorheben müsste, dann würde ich Serdar Dursun nennen, der allein schon aufgrund seiner Physis einer der besten Stürmer der Liga ist und eine gegnerische Abwehrkette schon ziemlich beschäftigen kann. Deswegen gab es im Sommer auch einige Gerüchte um einen möglichen Wechsel (Hannover 96, Union Berlin und eine ganze Riege türkischer Top-Klubs waren wohl interessiert).
Aber auch das Mittelfeld hat einen Spieler zu bieten den ich persönlich sehr schätze: Marvin Mehlem. Ne ganz feine Klinge spielt der, erinnert mich immer ein wenig an Mats. Neben Mehlem dürfte der „ewige“ Tobias Kempe im zentralen Mittelfeld spielen (seit 2014 im Klub, mit der Unterbrechung eines schwierigen Jahres in Nürnberg).

Nachdem ich ganze Jahre damit zubrachte mich am Anti-Fußball des SV Darmstadt 98 abzuarbeiten, habe ich ehrlich gesagt nur schleppend mitbekommen, dass der Klub sich unter der Leitung von Dimitrios Grammozis sehr stark weiterentwickelt hat. Bei der Vorbereitung auf das Spiel gegen Nürnberg ist mir der Satz von FCN-Coach Robert Klauß hängen geblieben („Darmstadt spielt einen sehr guten Fußball. Dass wir heute gegen sie nicht alles verteidigen können, weil die einen sehr guten Fußball spielen, war klar.„). Denn inzwischen setzt der SVD auf sehr viel Ballbesitz, möchte ein Spiel dominieren, ohne dabei die berühmte Kompaktheit zu verlieren. Das bekommen sie aktuell ganz gut hin.

Mögliche Aufstellung

Sollte Victor Pàlsson tatsächlich nicht spielen können, dann dürfte Nicolai Rapp die Position auf der Sechs einnehmen. Die Innenverteidigung würden dann höchstwahrscheinlich Immanuel Höhn und Lars Lukas Mai stellen. Ansonsten gibt es aufgrund der spielerisch überzeugenden Darstellungen nicht viel Grund für Wechsel. Einzig auf der Position des rechten Außenverteidigers scheint die Entscheidung zwischen Patrick Herrmann und Matthias Bader noch nicht gefallen. Das ist dann ein ziemlich klares 4-1-4-1, welches Markus Anfang bisher in jedem Spiel der neuen Saison hat spielen lassen. Und seine Aussagen in der PK deuten darauf hin, dass es da nicht viele Änderungen geben wird („Aber auch wir sind sehr weit, können auf verschiedene Varianten reagieren und auch selbst agieren, in dem wir unser Spiel durchbringen.„).

Die mögliche Aufstellung. Aber wahrscheinlich wird alles ganz anders kommen…

Änderungen in der Aufstellung wird es sicher beim FCSP geben, denn der Ausfall von Guido Burgstaller muss kompensiert werden. Aus meiner Sicht eher unwahrscheinlich, dass die Position von Burgstaller direkt ersetzt wird. Es dürfte eher eine leichte Umstellung geben. Denkbar wäre eine Viererkette, die auch ganz gut die doch recht offensiven Außen bei Darmstadt auffangen könnte. Allerdings sehe ich bei einer Viererkette die rechte offensive Außenposition nicht besetzt. Egal, ob dass ein 4-5-1, 4-4-2 oder 4-3-3 werden würde, es fehlt eben diese rechte offensive Außenposition im Kader. Gegen Nürnberg hat Daniel-Kofi Kyereh diese Position nach der Umstellung auf die Viererkette eingenommen. Das war merklich nicht seine Lieblingsposition und daher ist es fraglich, ob wir das noch einmal sehen werden.

Wenn der FCSP die Philosophie vom Nürnberg-Spiel grob fortsetzt, dann dürfte es auch wieder eine Dreierkette geben. Allerdings vermute ich, dass Marvin Knoll für Guido Burgstaller neu ins Team rücken wird, als klarer Sechser hinter dem kreativen Rudel aus Finn Ole Becker, Rodrigo Zalazar und Kofi Kyereh. Durchaus denkbar ist das auch deswegen, da Knoll sehr hilfreich bei der Störung der Kreise von Serdar Dursun sein könnte. Das wird ohnehin ein wichtiges Duell, welches vermutlich Philipp Ziereis ausführen wird.
Wenn der FCSP die Philosophie vom Nürnberg-Spiel noch genauer fortsetzt, dann könnte Lukas Daschner den Ausfall von Guido Burgstaller kompensieren. Stellt Euch das mal vor: Becker, Zalazar, Daschner und Kyereh auf dem Platz…
Oder aber, da die rechte Außenposition nicht besetzt werden kann: Richtig old-school mit Mittelfeld-Raute bestehend aus Knoll, Becker, Zalazar und Daschner. Da würde dann womöglich Paqarada als LV spielen (und Dittgen nicht in der Startelf sein). Aber ich bin mir nicht so richtig sicher, ob der FCSP damit wirklich effektiv auf das Spiel der Lilien reagiert und auch nicht, ob eine Mittelfeldraute überhaupt mal trainiert wurde diesen Sommer. Daher ist das wohl eher ne Spinnerei.

Wie üblich wird es aber sicher ganz anders kommen. Der SVD wird anders auflaufen und auch der FCSP hat ganz andere Pläne als mein Kleinhirn schmieden kann. Ich finde das weiterhin großartig, dass man eigentlich nie so richtig weiß, wie der FCSP am Wochenende spielen wird, selbst als jemand, der das sportliche Geschehen sehr genau beobachtet. SVD-Trainer Markus Anfang machte das auch sehr deutlich auf der PK („St. Pauli hat viele Möglichkeiten aufzustellen und in der Grundordnung zu variieren„). Lassen wir uns also überraschen.

Forza!

// Tim

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