Vorbericht: Dynamo Dresden – FC St. Pauli (26.Spieltag, 21/22)

Vorbericht: Dynamo Dresden – FC St. Pauli (26.Spieltag, 21/22)

Am Samstag tritt der FC St. Pauli bei Dynamo Dresden an. Auf dem Papier scheint es eine klare Angelegenheit zu sein, denn der Tabellen-3. trifft auf den Tabellen-16. – aber so einfach ist das natürlich nicht. Dynamo Dresden ist durch einen Trainerwechsel und die Rückkehr eines zentralen Spielers sehr viel stärker einzuschätzen und stellt für den FCSP eine richtig hohe Hürde dar.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Im „Vor dem Spiel“-Gespräch hat sich Michael mit dem langjährigen Dynamo-Fan Uwe unterhalten. Hört mal rein! Da geht es u. a. auch um die Rückkehr des aktiven Supports im Stadion am Samstag, was sicher einen Einfluss auf das Spiel haben wird.
Zudem wird es erstmalig zum Spiel in Dresden unsere Live-Begleitung a.k.a. „Tickeri-Taka“ von Lorenz Adlung geben. Schaut am besten mal während des Spieltags bei uns vorbei.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Timo Schultz berichtete auf der Pressekonferenz, dass es keine großen Veränderungen im Lazarett des FC St. Pauli gibt. Das bedeutet, dass Christopher Avevor, Jannes Wieckhoff, Sebastian Ohlsson, Maximilian Dittgen, Etienne Amenyido, Philipp Ziereis und James Lawrence auch gegen Dresden ausfallen werden. Ob wir von diesen Spielern noch vor der Länderspielpause welche wiedersehen werden, muss stark bezweifelt werden. Immerhin: Eric Smith trainiert wieder mit und ist eine Option für den Kader am Wochenende. Fehlen wird allerdings kurzfristig Afeez Aremu, der positiv auf das Coronavirus getestet wurde.

Dass es keine großen Veränderungen gab, ist aber auch ein gutes Zeichen. Denn die Flut an Muskelverletzungen und Adduktorenproblemen etc., scheint fürs erste gestoppt. Denn es befinden sich keine neuen Spieler mit solchen Verletzungen im Lazarett. Und der „zweite Anzug“ in der Defensive mit Irvine und Beifus zeigte zuletzt, dass er ziemlich gut sitzt. So gut, dass ich da gar nicht mehr von „Ersatz“ oder „zweiter Anzug“ sprechen möchte.

Deutschland, Hamburg, 03.10.2021, Fussball 2. Bundesliga 9. Spieltag, FC St. Pauli - Dynamo Dresden im Millerntor-Stadion Afeez Aremu (FC St. Pauli) im Zweikampf mit Agyemang Diawusie (Dynamo Dresden)
Afeez Aremu wird dem FC St. Pauli aufgrund eines positiven Coronatests vorerst nicht zur Verfügung stehen.
(c) Peter Böhmer

Dynamo Dresden: Wer kann spielen, wer fehlt?

Sicher fehlen wird Alexander Schmidt, der vor wenigen Wochen aus seinem Job als Trainer in Dresden entlassen wurde. Guerino Capretti, jahrenlang erfolgreich beim SC Verl, übernahm den Job noch vor dem Spiel gegen Werder Bremen letzte Woche (eher unglücklich 1:2 verloren).

Zwei Langzeitverletzte gibt es aktuell im Kader von Dynamo Dresden: Torwart Patrick Wiegers und Außenstürmer Panagiotis Vlachodimos fallen weiterhin aufgrund von Kreuzbandrissen aus. Zurückgekehrt von eben jener Verletzung ist Innenverteidiger Tim Knipping, dessen Wichtigkeit sowohl Capretti, aber auch Timo Schultz betonten (später mehr zu ihm). Capretti berichtete auf der Pressekonferenz zudem, dass Sebastian Mai, Chris Löwe und Luca Herrmann beim Spiel gegen den FCSP fehlen werden. Fraglich ist auch der Einsatz von Stammtorwart Kevin Broll, der zuletzt von Anton Mitryushkin vertreten wurde.

Was hat Dynamo zu bieten?

Ein Auf und Ab: Nach richtig gutem Start in die Saison (wie es für Aufsteiger ja fast üblich ist), ging es Stück für Stück bergab in der Tabelle. Diesen Abwärtstrend konnte auch ein Zwischenhoch mit drei Siegen aus vier Spielen kurz vor Weihnachten nicht aufhalten. In diesem Jahr ist Dynamo Dresden noch sieglos.

Pizza-Grafik der Kern-Statistiken von Dynamo Dresden nach 25 Spieltagen der Saison 21/22

Der Blick auf die vorherigen Leistungen in der Saison ist durch den kurzfristigen Trainerwechsel sehr viel weniger wert, als bei anderen Klubs üblich. Denn Capretti hat das System doch schon relativ deutlich umgestellt.
Auffällig ist aber trotzdem, dass Dynamo defensiv stärker ist, als offensiv. Ganze zehn Spiele in dieser Saison beendete das Team ohne eigenes Tor. Nur in fünf von 20 Spielen gelang mehr als ein Tor. Entsprechend stellt das Team mit 24 Saisontoren die zweitschwächste Offensive der Liga.
Timo Schultz beschreibt das Team kurz und knapp als „eine Mannschaft die richtig powern kann und eine extreme Zweikampfstärke hat“ (nur zwei Teams haben eine bessere Zweikampfbilanz als Dresden). Das ist definitiv auch noch unter Capretti der Fall.

Bei den Problemen in der Offensive wird umso klarer, wie wichtig Stürmer Christoph Daferner für das Team ist. Zehn Saisontore hat er erzielt, zwei weitere vorbereitet, ist also an der Hälfte der Dresdener Tore direkt beteiligt. Timo Schultz beschreibt ihn als Spieler, der sich „rumtreibt„, als jemanden, der auch gerne auf die Flügel ausweicht, ganz anders also als zum Beispiel Philipp Hofmann, mit dem die FCSP-Innenverteidigung zuletzt zu tun hatte. Er betonte aber auch, dass Daferner offensiv nicht allein für die Musik zuständig ist („die drei da vorne, Daferner, Schröter und Königsdörffer, gehören schon zu den Besseren, was die Liga zu bieten hat„) und auch seinen hohen Wert für die Defensive. Daferner (erst 24 Jahre alt) ist aus meiner Sicht ein Spieler, der in der nächsten Zeit mindestens auf Zweitliga-Niveau kicken wird.

Was Daferner vorne ist, ist Knipping hinten. Der gute Saisonstart von Dynamo Dresden hing auch mit der Fitness von Abwehr-Chef Tim Knipping zusammen. Der riss sich aber, nach überragenden Leistungen, am vierten Spieltag das Kreuzband. Da stand Dresden noch auf dem zweiten Platz mit zehn Punkten aus vier Spielen. Guerino Capretti betonte, dass das Team von Knippings „Wucht in den Zweikämpfen“ profitiere. Schultz sagte Ähnliches und warnte fast schon ein wenig vor Knippings Stärken bei Standards. Es ist aus Sicht des FC St. Pauli alles andere als gut, dass Knipping recht überraschend nach seiner schweren Verletzung so früh wieder ins Team zurückkehrte und gegen Bremen dann auch gleich die volle Spielzeit auf dem Platz stand.

Deutschland, Hamburg, 03.10.2021, Fussball 2. Bundesliga 9. Spieltag, FC St. Pauli - Dynamo Dresden im Millerntor-Stadion Heinz Moerschel (Dynamo Dresden) - Daniel Kofi Kyereh (FC St. Pauli) - Ransford-Yeboah Koenigsdorffer (Dresden)
In der Defensive ist Dynamo Dresden enorm unangenehm, wie Kofi Kyereh hier gerade feststellt.
(c) Peter Böhmer

Auch wenn ich hier nun gerade zwei Spieler hervorgehoben habe, so muss Dynamo Dresden noch ein wenig mehr als andere Mannschaften als Team betrachtet werden. Gerade die Zweikampfstärke und die stabile Defensive sind ein Produkt einer sehr geschlossenen Team-Leistung. Der FC St. Pauli hat in dieser Saison bereits zweimal gegen Dresden gespielt und profitierte beim ersten Aufeinandertreffen sicher vom enorm schnellen Treffer durch Buchtmann, sodass Dresden sich etwas mehr öffnen musste. Wie unangenehm dieses Team sein kann, erlebte der FCSP dann beim 3:2-Sieg nach Verlängerung wenige Wochen später. Dynamo Dresden war damals das erste Team seit langer Zeit, dem es gelang die Offensive des FCSP ins Schlingern zu bringen.

Ein kurzfristiger Trainerwechsel stellt für die kommenden Gegner immer ein Problem dar. Denn meist ist völlig unklar, wie der neue Trainer sein Team einstellt. Die vorherigen Spiele sind dadurch eher unbrauchbar für eine taktische Gegneranalyse. Aber direkt das erste Spiel unter Caprettis Leitung zeigte, dass es wohl doch einiges an Material für die Analyse gibt. Beim SC Verl nämlich. Dort war Capretti jahrelang Trainer (auch Lars Ritzka spielte unter seiner Führung). Und dort hat er ein offensives 4-3-3 spielen lassen.
Genau diese Formation war auch im Spiel der Dresdener gegen Werder Bremen zu sehen, inklusive ähnlicher Laufwege und Pressingauslöser. Falls ihr Lust habt auf eine sehr tiefe Analyse dieses Spiels, dann schaut gerne mal beim Blog von Nick Nestler vorbei, den wir auch kürzlich zu Dynamo Dresden interviewt haben (da hat er sich auch zur Offensivschwäche des Teams geäußert).

Mögliche Aufstellung

Dynamo Dresden dürfte also in einem 4-3-3 gegen den FC St. Pauli antreten. Capretti sagte auf der PK, dass er diese Woche im Training einen Fokus auf der Arbeit gegen den Ball gelegt habe. Gerade das war auch im Spiel gegen Werder Bremen eine der signifikantesten Veränderungen, wie ihr im oben verlinkten Blog von Nick Nestler lesen könnt.
Auch beim Personal gibt es nur wenige Fragezeichen. Linksverteidiger Chris Löwe wurde in Bremen von Guram Giorbelidze vertreten und im Tor war Anton Mitryushkin zu finden. Beides dürfte auch gegen den FCSP wieder der Fall sein. Die Verletzung von Sebastian Mai reißt nur scheinbar ein Loch auf der Sechs. Denn Mai war „nur“ die Vertretung für den gelb-gesperrten Kapitän Yannick Stark, der auf die Sechs zurückkehren dürfte.

Erwartete Aufstellung im Spiel Dynamo Dresden gegen den FC St. Pauli

Beim FC St. Pauli rechne ich mit der identischen Startelf wie zuletzt gegen den KSC. „Warum sollte da auch was dran verändert werden, hat doch gut geklappt?“ ist die einfache und leicht bekömmliche Version. Aber auf einigen Positionen wären Veränderungen denkbar. Auf anderen sind Veränderungen schlicht unmöglich, weil die Spieler fehlen.

Ersteres ist auf der rechten Halbposition der Fall. Dort könnte Finn Ole Becker anstelle von Christopher Buchtmann starten. Buchtmann habe laut Schultz gegen den KSC ein gutes Spiel gemacht, aber zur Wahrheit gehört auch, dass nichtmal Nikola Vasilj weniger Ballkontakte als Buchtmann hatte. Seine Aggressivität gegen den Ball (eigentlich seine Aggressivität gegen alle) könnte trotzdem den Ausschlag geben. Timo Schultz sagte zu einem Einsatz von Buchtmann auf der PK, es gebe „keine Argumente, die dagegen sprechen„. Für Buchtmann sprechen sicher zwei seiner drei Saisontore. Die erzielte er nämlich in den Spielen gegen Dresden.

Es spricht ebenfalls nur sehr wenig dagegen, dass Jackson Irvine wieder auf der Sechs spielt (Smith ist wohl noch nicht wieder ganz fit, Aremu fällt aus, Benatelli ist irgendwie außen vor) und noch viel weniger, dass Simon Makienok wieder neben Guido Burgstaller starten wird. Schultz betonte noch einmal die Wichtigkeit von Makienok für das Spiel des FCSP und das er durch seine körperliche Präsenz ein Gegenpol zu den „Zockern“ in seinem Team sei, den die Abwehrspieler im Aufbau noch viel häufiger suchen sollen.

Das wohl größte Fragezeichen bei der Aufstellung gibt es in der Innenverteidigung. Jakov Medić ist gesetzt, aber neben ihm könnte entweder erneut Marcel Beifus ran oder aber Adam Dźwigała, der auch immer Leistung brachte, wenn er auf dem Platz stand. Vor wenigen Wochen hätte ich wohl massive Bauchweh gehabt, aber nun muss ich feststellen, dass der Ausfall von Ziereis und Lawrence dank dieser beiden Spieler wesentlich unkritischer ist, als ich anfangs dachte. Ich denke, dass erneut Beifus starten wird. „Never change a winning team“ und so.

Und wo wir gerade bei guten alten Traditionen sind: Wusstet ihr eigentlich, dass Guido Burgstaller noch nie, wirklich nie, für den FC St. Pauli in Dresden getroffen hat. Kein Hattrick, kein Doppelpack, kein Fallrückzieher, nicht ein einziges Törchen hat er erzielt. Das ist schwach, richtig schwach, Guido. Ich glaube, dass kannst du nicht.

Forza!
//Tim

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