Lage am Millerntor – 19. September 2022

Lage am Millerntor – 19. September 2022

Boah, Montag, ey. Ich möchte über die Profis des FC St. Pauli nicht reden, erfreue mich aber umso mehr an der Deutschen Meisterschaft im Blindenfußball – und drumherum gibt es auch wieder genug zu besprechen.

FCSP News

0:2 bei Jahn Regensburg

Tja, das war ziemlich ernüchternd. Mit 0:2 (0:2) verlor der FC St. Pauli in Regensburg und nur wenige dürften trotz mehr als zwei Dritteln Ballbesitz, 14:7 Torschüssen und 5:1 Ecken der Meinung sein, dass diese Niederlage nicht gerechtfertigt gewesen sei.
Hätte, hätte, wenn, dann… hilft alles nichts. Klar, wenn der Freistoß am Anfang rein geht, kann man nicht mehr 0:2 verlieren. Wenn der Elfer nicht gepfiffen wird, verläuft das Spiel vielleicht auch anders. Unterm Strich aber steht eben wieder eine Auswärtsniederlage, wieder zwei Gegentreffer – und das bei einem Team, welches zuletzt in sechs Spielen kein Tor erzielte.

Zum Elfmeter: Ist da eine Berührung, kann man den geben? Ja, klar.
Ist das im Laufduell eine Berührung, wie sie in solch einem Spiel öfter vorkommt und davon meist ungeahndet bleibt, insbesondere, wenn der Ball dann eh schon ins Aus trudelt? Ja, absolut.
In keinem Fall ist das für mich eine klare Fehlentscheidung – und selbst wenn (wovon auszugehen ist) Schiedsrichter Winter den Kontakt nicht wahrgenommen hat, ist dieser Eingriff durch Felix Zwayer hier eher das viel beschworene „Suchen nach einem Fehler“ als das vermeiden von klaren Fehlentscheidungen, wofür der VAR eigentlich gedacht sein sollte. Wie so oft ist hier aber nicht der VAR als solches das Problem, sondern die konkrete Umsetzung. Hilft aber jetzt auch nichts mehr.

Tim wird im Laufe des Montagvormittags einen Bericht folgen lassen, am Dienstag folgt dann die Einzelkritik.

Länderspielpause

Es wird ja trotz aller tabellarischen Tiefen langsam zur Gewohnheit, dass in unserem Kader durchaus internationale Qualität beheimatet ist, dabei wird die Liste gefühlt immer länger. Am kommenden Wochenende steht die einzige Länderspielpause der Hinrunde an, folgende Spieler begeben sich dann auf Reisen:

  • Jackson Irvine & Connor Metcalfe
    Ein Double-Feature gegen Neuseeland steht für Australien an, zunächst ein Heimspiel in Brisbane, anschließend das Auswärtsspiel in Auckland.
  • Leart Paqarada & Betim Fazliji
    Yepp, auch Paqarada steht nach kleinerer Pause wieder im Kader des Kosovo, musste aber gegen Regensburg verletzt ausgewechselt werden. Daher ist aktuell unklar, ob er die Reise wirklich anttreten wird. In der Nations League ginge es für die beiden nach Nordirland und gegen Zypern.
  • Nikola Vasilj
    Im gleichen Wettbewerb geht es für Nikola Vasilj gegen Nordmazedonien und nach Rumänien
  • Jakov Medić & Igor Matanović
    Man vergisst ja oft, wie jung Medić noch ist. Jedenfalls wurde er für die U23 Kroatiens berufen, während Matanović zur U20 reist.

Und auch zu den Jugend-Nationalteams wird eingeladen: Selcuk Rinal fährt zur U18 der Türkei, Eric da Silva Moreira und Tim Jonas Hoffmann zur U17 des DFB. // fcstpauli.com

Trainingsplan

Für all jene Spieler, die nicht mit Nationalteams auf Reisen sein werden, steht diese Woche Training an der Kollaustraße auf dem Plan. Am heutigen Montag, sowie Mittwoch und Donnerstag ist die Einheit öffentlich. Treffpunkt des Teams ist jeweils um 10:00 Uhr. Das Training startet dann immer rund eine Stunde nach dem Treffpunkt. // fcstpauli.com

Lage der Liga

Die tabellarische Situation ist in ihrer Gesamtzusammensetzung so unerfreulich, dass ich das alles heute mal ausblende. Dass jetzt auch noch Braunschweig, Fürth und Bielefeld anfangen zu gewinnen, macht das alles nicht besser.
Unerfreulicher Höhepunkt war der Becherwurf des Nürnberger Gästeblocks in Darmstadt, als Lilien-Spieler und Ex-Nürnberger Tobias Kempe von einem Hartplastikbecher im Nacken getroffen wurde – und wenn man die Zusammenfassung der Sportschau anschaut, war das auch kein einzelner, verirrter Becher. Darmstadt führte da bereits 2:0, Kempe schüttelte das fairerweise weg – die Strafe für Nürnberg dürfte trotzdem hoch werden.

FC St. Pauli von 1910 e. V.

Deutscher Meister im Blindenfußball

Yeah! 4:0, Titelverteidigung, Torschützenkönig, Bester Spieler – what a weekend!
Das Team des FC St. Pauli feiert einen souveränen 4:0-Sieg im quasi-Finale gegen den MTV Stuttgart und wird so Deutscher Meister, zum dritten Mal insgesamt.
Alle Infos inkl. Saisonrückblick findet ihr im dazugehörigen Artikel, u.a. ist dort auch Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs verlinkt, wo ab 18m50s auf den Spieltag geblickt wird.

Regionalliga Nord

Das wird jetzt doppelt ärgerlich:
Beginnen wir mit der 1. Frauen, die bei Holstein Kiel lange davon ausgehen durfte, drei Punkte mitzunehmen. In der 2. Minute nämlich war Julia Hechtenberg durch und überwand die Kieler Torhüterin zur frühen Führung, die dann auch bis in die Nachspielzeit halten sollte – ehe es nach Ecke in der 92. Minute dann doch noch den 1:1-Ausgleich gab.
Fotos dazu gibt es auf Facebook:

Nächstes Wochenende steht dann am Sonntag (13.00h, Feldarena) das Derby an, der HSV gewann gestern spät (89.) mit 1:0 beim VfL Jesteburg und steht so mit (erwartbar) Absteiger SV Henstedt-Ulzburg und (überraschend) Aufsteiger TSB Barmke nach drei Spieltagen verlustpunktfrei an der Tabellenspitze.

Einen ähnlichen Spielverlauf gab es für die U23:
Die gastierte vor 3.100 Fans beim Tabellenführer VfB Lübeck an der Lohmühle und konnte in der 18. Minute durch einen Freistoß von Franz Roggow in Führung gehen. Hier war es die 91. Minute, in der die Gastgeber durch Kimmo Hovi noch zum späten Ausgleich kamen.
Ganz starke Leistung beim noch ungeschlagenen VfB – die durchaus Mut macht für die weitere Saison und den guten Start bestätigt. Mit elf Punkten aus neun Spielen ist das eigentlich auch alles im Rahmen, allerdings steigen aus der 19er-Liga fünf Teams ab und der 15. ist aktuell Phönix Lübeck – mit ebenfalls elf Zählern. Ausgeglichenes Feld also, in dem man am besten kommenden Samstag im Heimspiel gegen den TSV Havelse wieder punktet. Dieses findet, wie letzte Woche bekannt gegeben, um 16.00h am Millerntor statt, also alle hin da!

Fanszene News

Female St. Pauli Stories #7: USP

Podcasts. Schwierig, für viele. Und dann auch noch so lange!
Wenn Ihr Euch diesem Medium gegenüber bisher aber noch nie öffnen konntet, so wäre diese Episode eine, für die Ihr das endlich mal tun solltet. Herunterladen auf das Smartphone und beim spazieren gehen oder laufen oder einkaufen oder Wohnung putzen – wahlweise natürlich auch am Rechner, wenn man nebenbei noch irgendwelche Excel-Tabellen oder sonstwas pflegen muss.
Worauf ich hinaus will: Die neue Folge von Debbies „Female St. Pauli Stories“ hat mit Leah, Laura und Svenja drei Frauen von USP zu Gast – und die gut zwei Stunden (ja…) sind allerbeste Podcast-Unterhaltung über die Faszination Fußballfan im Allgemeinen, Ultras im Speziellen und die weibliche Sichtweise darauf im Besonderen.

Döntjes

Darmstadt gibt keine Trikots mehr an Schild-Kinder

Ja, schwieriges Thema.
Will man den kleinen Kindern, die mit so viel Herzblut die Schilder für ihre Idole basteln, wirklich die Freude nehmen? Nein, natürlich nicht.
Ist es trotzdem richtig, die Vielzahl an Schildern einzudämmen, weil man auch vermehrt das Gefühl hat, dass dahinter eher Mama und Papa mit einem gut funktionierenden ebay-Account stecken? Ja, absolut.
Jedenfalls hat das Team von Darmstadt 98 nun bekannt gegeben, dass man der Flut von Schildern eher hilflos gegenübersteht und daher nun konsequenterweise diese Schilder nicht mehr bedienen wird. Vorher hatten auch Vereine wie Ajax Amsterdam schon ähnliches mitgeteilt.

Söhne einer ehrenwerten Frau und das Drei-Stufen-Modell des DFB

Fans von Borussia Mönchengladbach haben am Wochenende wieder einmal gezeigt, dass sie nicht zu den hellsten Kerzen auf der Torte zählen. Wer im Jahre 2022 immer noch meint „Hurensöhne“ als Beleidigung auf Tapeten oder Banner bringen zu müssen, sagt damit viel mehr über sich selbst aus als über Andere.
An dieser Stelle entzündet sich jetzt aber eine Diskussion, die niemandem so richtig hilft, denn jetzt beginnt das Unterteilen von Beleidigungen in platt und diskriminierend, mit unterschiedlicher Wertigkeit.

Schiedsrichter Patrick Ittrich sorgte für eine Unterbrechung und Entfernung des Banners. Im Interview bei Sky verwendete er später die Buzzwords vom „rechtsfreien Raum“ und merkte an, dass ja auch Kinder im Stadion sind. Ittrich ist in seinem anderen Beruf Polizist für Verkehrserziehung, weshalb der Begriff „rechtsfreier Raum“ aus seinem Mund einerseits eine andere Wertigkeit hat, ich mir sämtliche „Denkt denn niemand an die Kinder?“-Gags aber mal erspare.
„Rechtsfrei“ ist das Stadion nämlich natürlich nicht, dies sollte auch Ittrich klar sein, insbesondere als Polizist. Diesen Begriff so zu verwenden ist insbesondere mit seinem beruflichen Background mal mindestens „unglücklich“. Klarer formuliert: Es ist gefährlich, wenn diese Formulierung so von ihm gewählt wird.

Davon ab: Die Frage bleibt, ob die Verwendung des Begriffs „Hurensöhne“ ohne konkreten Bezug zu einer Person als abstrakte Beleidigung oder eben als Diskriminierung zu verstehen ist – und das alles in der ohnehin ja meist eher nicht mehr sachlich zu diskutierenden Gemengelage rund um RaBa Leipzig, in der sich alle bekanntlich schnell in ihre entsprechenden Gräben verziehen.
Der DFB hat dies in seinem Drei-Stufen-Plan wie folgt definiert:

Der Drei-Stufen-Plan soll nicht bei Beleidigungen oder anderen grob unsportlichen (aber nichtdiskriminierenden) Verhalten angewendet werden. In solchen Fällen kann das Spiel auch künftig weiterlaufen und gegebenenfalls, wie bisher, sportgerichtliche Ermittlungen nach dem Spiel eingeleitet werden. Eine inflationäre Anwendung hätte eine Bagatellisierung von Diskriminierungen zur Folge und würde bewusste Spielmanipulationen ermöglichen.

DFB.de (pdf)

Max Eberl (ehemaliger Manager der Borussia und aktuell bei RaBa im Gespräch) wurde nicht explizit genannt, dürfte aber klar der Adressat des Banners (und bereits einiger anderer zuvor, bei denen er auch benannt wurde) gewesen sein. Die Diskriminierung und der Sexismus richten sich bei „Hurensohnverein“ natürlich nicht gegen ihn, was es aber auch nicht besser macht.
Bei welchem Begriff ein Einschreiten des Schiedsrichters berechtigt ist, dürfte individuell sehr unterschiedlich sein – und nein, so sehr ich mich auch generell über Kommentare freue, Ihr müsst da jetzt kein „Best of“ an Beleidigungen und Diskriminierungen in die Kommentarspalte packen. Dass es diese Diskussion darüber aber überhaupt gibt, ist als solches bereits sehr schade.

Rote Karte nach neun Sekunden

„Trainer, ich hab noch was vor…“
Ja, okay, so wird das wohl nicht gewesen sein, aber die Rote Karte für eine Notbremse nach nur neun Sekunden bringt den Ex-Schalker Jean-Clair Todibo von OGC Nizza immerhin in die Schlagzeilen.
Nizza unterlag durch ein Tor von Nabil Bentaleb (ebenfalls ehemals S04) in der 43. Minute gegen Angers mit 0:1, obwohl die Gäste nach einer Gelb-Roten Karte in der 62. Minute ebenfalls nur zu zehnt das Spiel beendeten.

„Sagt mal… darf der Schiri das überhaupt? So früh?“ – „Nein, in den Regeln steht, Notbremsen zählen erst nach 30 Sekunden!“
// (c) CLEMENT MAHOUDEAU/AFP via Getty Images via OneFootball

Hier klatscht es keinen Beifall…

Ich schrieb ja schon mal, dass ich die Art der Trauer vieler Briten um Queen Elizabeth II. nicht so richtig nachvollziehen kann. Aber: Angesichts von Menschen, die sich stundenlang in eine Schlange stellen, um einem geschlossenen Sarg die letzte Ehre zu erweisen, muss ich auch zugeben, dass es ganz offensichtlich Menschen gibt, die das komplett anders wahrnehmen. Trauer ist sehr individuell, so sei es also.
In der schottischen Premier League sollte es dann am Wochenende statt der sonst häufig üblichen Schweigeminute eine Minute des Applauses geben, gerade in Großbritanniens Stadien ebenfalls durchaus üblich. Während das Stadion von St. Mirren und auch alle Spieler also brav klatschten, entrollte sich im Celtic Block das Banner: „If you hate the Royal Family – clap your hands“, was dann auch mit dem entsprechenden Gesang begleitet wurde. (Foto u.a. beim Independent.) // Twitter

Zu guter Letzt

„Und Ihr haltet jetzt alle die Klappe!“ // Twitter

Forza St. Pauli!
// Maik

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5 thoughts on “Lage am Millerntor – 19. September 2022

  1. Bezeichnend, dass die zwei Regensburger Hauptakteure Viet („ausgerechnet“) und Albers dann auch gleich mal in der Elf des Tages stehen beim Kicker.

    Kann ich die Pommes-Diskussion nochmal sehen?

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