Am Sonntag empfängt der FC St. Pauli am Millerntor Hannover 96. Die Niedersachsen verfügen über eine sehr hohe individuelle Qualität und überzeugen zudem mit einer sehr robusten Spielweise. Auf den FCSP wartet entsprechend eine ziemlich hohe Hürde. Der Vorbericht.
(Titelbild: Peter Böhmer)
Zur Vorbereitung auf das Spiel sei Euch wie immer das „Vor dem Spiel“-Gespräch empfohlen. Dieses Mal hat Luca mit Tim über Martin Kind und die Hinrunde von Hannover 96 gesprochen.
Der Blick zurück ist leider ganz anders als jener auf die vorherigen Spiele gegen den 1. FC Nürnberg. Denn gegen Hanover 96 gab es in den letzten Jahren eher wenig zu feiern:
- Ziemlich gut
Das Hinspiel im Niedersachsenstadion startete und endete mit Glücksgefühlen: Johannes Eggestein traf früh zur Führung und Jackson Irvine traf kurz vor Schluss zum Ausgleich, nachdem Hannover in der Zwischenzeit doppelt traf, inkl. einem diskutablen Elfmeter. - Einfach oder Kopflos
Einen ziemlich herben Dämpfer im Aufstiegskampf (inklusive doppelt verschossenem Elfmeter) gab es als Hannover 96 zum letzten Mal am Millerntor zu Gast war. 0:3 hieß es am Ende (gegen eine Dreierkette, klar…). - Taktikanalyse
Was tun, wenn Du ein enttäuschendes Spiel gesehen hast und Dir schlicht kein Titel einfällt? Richtig, einfach „Taktikanalyse“ nennen… - Flaute
Die Saison 20/21 war eigentlich schon vorbei, als Hannover 96 ans Millerntor zum Geisterspiel kam. Entsprechend dieser Gemengelage war auch das Spiel, bei vor allem Dennis Smarsch, Marvin Ducksch und James Lawrence auffällig wurden. - Taktikanalyse und ungeahnte Glücksgefühle
Und wenn man sich vor Freude kaum noch halten kann, dann fällt die Titelfindung manchmal auch schwer, sodass ich mich im Januar 2021 auch für die wenig kreative „Taktikanalyse“ entschied, die aber immerhin noch garniert wurde. - Und wie schon Freitag in der Lage erwähnt: Den letzten Heimsieg gegen Hannover gab es 1994, durch Tore von Leonardo Manzi und Martin Driller.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Auch für das Spiel am Sonntag werden David Nemeth, Luca Zander und Etienne Amenyido ausfallen. Auch Christopher Avevor spielt für das Wochenende keine Rolle. „Leichte Blessuren“ hat Adam Dźwigała aus dem Nürnberg-Spiel davongetragen, sagte Fabian Hürzeler auf der Pressekonferenz und geht daher nicht davon aus, dass der Innenverteidiger gegen Hannover zur Verfügung stehen wird.
Die Ausfälle der drei Innenverteidiger Nemeth, Avevor und Dźwigała wiegen aber nicht ganz so schwer, denn mit Betim Fazliji (nach Sperre) und Eric Smith (nach Krankheit) sind zwei Innenverteidiger einsatzbereit, die gegen den FCN nicht spielen konnten. Auch alle weiteren Spieler im Kader sind laut Hürzeler einsatzbereit. Allerdings gibt es noch ein kleineres Fragezeichen hinter Maurides, der nach dem Testspiel gegen Oldenburg leichte Knieprobleme hatte und zwei Tage nicht trainierte. Hürzeler ging zwar davon aus, dass er am Freitag wieder ins Training einsteigen konnte, aber leise Zweifel sind angebracht.
Hannover 96: Wer kann spielen, wer fehlt?
Richtig gut ist die Personalsituation in Hannover: Abgesehen von Frankfurt-Leihgabe Antonio Foti, der sich unter der Woche eine Kapselverletzung zugezogen hat, stehen 96-Coach Stefan Leitl am Wochenende sämtliche Spieler zur Verfügung. Somit ist auch klar, dass Top-Torschütze Cedric Teuchert (sieben Treffer) einsatzbereit sein wird, der letzte Woche noch mit einer Kopfverletzung ausgewechselt werden musste.
Was hat Hannover zu bieten?
Hmm, es ist ganz schwer zu fassen, was für ein Gegner am Millerntor aufschlagen wird. Hannover 96 hat mit Sicherheit einen der besten Kader der 2. Bundesliga, doch dieser wurde größtenteils vor der Saison neu zusammengebastelt und auch auf der Trainerposition kam mit Leitl jemand Neues hinzu. Entsprechend ist es wenig verwunderlich, dass es hier und dort noch ruckelt. Und trotzdem hat das Team nach 18 Spieltagen zumindest noch Kontakt zu den Aufstiegsplätzen.
Diesen Kontakt nach oben möchten die Niedersachsen auch weiterhin behalten. Stefan Leitl nimmt aber vor der Partie etwas den Wind aus den Segeln und betont, dass es dabei nicht um den Aufstieg gehe, sondern eher um eine Art Prozess den das Team durchlaufe. Angesichts von aktuell acht Punkten Rückstand auf den Tabellendritten scheint das auch angebracht.
Hannover hatte einen schleppenden Start in die Saison (nur ein Punkt aus den ersten drei Spielen – beim 2:2 gegen den FCSP), konnte dann aber fünf von sechs Spielen gewinnen und pendelt seitdem irgendwo am unteren Ende des oberen Tabellendrittels herum.
Auffällig ist, dass sich das Team relativ wenige Gegentore fängt. Nur zweimal gab es in dieser Saison drei oder mehr Gegentreffer, zuletzt allerdings zum Rückrundenauftakt beim 1:3 zuhause gegen Kaiserslautern. Ein Grund für die wenigen Gegentreffer ist sicher Ron-Robert Zieler im Tor (den Martin Kind am liebsten losgeworden wäre), der zusammen mit Marcel Schuhen (Darmstadt) von wyscout als aktuell bester Torhüter der Liga geführt wird. So kommt es dann auch, dass das Team nach gegnerischem xG-Wert nur auf Platz elf, nach Gegentoren aber auf Platz drei liegt.
In der Robustheit liegt die Kraft
Und aufgrund der defensiven Stärke ist Hannover 96 auch nicht unbedingt auf offensive Übermacht angewiesen. Das Team erzielte in den letzten sieben Ligaspielen nur sieben Tore, holte aus diesen Spielen aber immerhin elf Punkte. In den Offensiv-Statistiken liegt das Team eher unterm Durchschnitt, was angesichts der hohen individuellen Qualität (Nielsen, Teuchert) vor der Saison nicht unbedingt zu erwarten war.
Fabian Hürzeler hebt bei Hannover 96 vor allem die Körperlichkeit hervor und erwartet, dass sich das Team auch darauf fokussieren wird:
„Hannover ist eine Mannschaft, die über Intensität kommt, die eine unfassbare Robustheit hat. Wir rechnen damit, dass sie eine ähnliche Spielanlage wie Nürnberg haben und viel auf zweite Bälle gehen werden.“
Fabian Hürzeler über Hannover 96
Personell hebt Hürzeler die robuste Dreierkette von Hannover 96 hervor, die auch über ein hohes Tempo verfüge. Auf den Außenbahn dürften Sei Muroya und Derrick Köhn zum Einsatz kommen, die spieltaktisch und im Passspiel (Muroya), aber auch bei Dribblings und in Sachen Geschwindigkeit (Köhn) klar ihre Stärken haben. Ich persönlich bin ein Fan von Max Besuschkow, der im zentralen Mittelfeld agiert. Aber das schreibe ich jedes Mal, wenn er gegen den FCSP spielt und nie konnte er dann überzeugen. Ich hoffe das bleibt auch Sonntag so.
Mögliche Aufstellung
Bei den Pressekonferenzen mit Fabian Hürzeler ist auffällig, wie gut er die Gegner bereits kennt. Das könnte daran liegen, dass er als Co-Trainer federführend für die Gegneranalyse verantwortlich war oder aber daran, dass er sich früher und intensiver vorbereitet. Oder aber einfach daran, dass er etwas offener mit den Erkenntnissen umgeht. Das mag ich. Gegen den FCN erzählte Hürzeler sehr detailiert, wie er die Nürnberger erwartet und das Gegenspieler Castrop eine zentrale Rolle im taktischen Bereich einnimmt, wenn es darum geht, wann und ob der FCN eine Fünferkette bildet.
Lange Bälle, zweite Bälle
Genau so wie von Hürzeler prophezeit kam es dann auch beim Spiel in Nürnberg. Und auch auf der Pressekonferenz vor dem Hannover-Spiel ließ er sich in die Karten schauen: „Wir rechnen damit, dass vorne im Sturm Weydandt spielt“. Der 96-Angreifer würde damit in die Startelf rücken, nachdem er zum Rückrundenauftakt nur von der Bank kam (und Nicolo Tresoldi ersetzte). Weydandt erfüllt mit 1,95m Körpergröße eher den Anspruch an einen Wandspieler als Tresoldi (1,83m) und passt damit besser zur erwarteten Spielweise mit langen und zweiten Bällen. Ansonsten sind personelle Veränderungen nicht zu erwarten.
Afolayan vor Startelf-Debüt?
Auf Seiten des FC St. Pauli rechne ich mit zwei personellen Veränderungen: Eric Smith dürfte nach überstandener Krankheit wieder auf die zentrale Innenverteidiger-Position zurückkehren und soll dem Aufbauspiel des FCSP weiterhelfen. Smith dürfte Jakov Medić auf die rechte Seite verdrängen, der dort dann aller Voraussicht nach Adam Dźwigała ersetzen dürfte.
Eine weitere Veränderung könnte ein Starteinsatz von Dapo Afolayan sein. Laut Hürzeler habe Afolayan „sehr gut trainiert“ (was er aber auch allen anderen Spielern bescheinigte), ließ die Antwort zu einem möglichen Startelfeinsatz aber offen. Sollte es aus medizinischer Sicht keine Bedenken geben, so gibt es aus meiner Sicht keinen Grund Afolayan nicht starten zu lassen, da er der Offensive einen ganz anderen Impuls (Tempo, Dribblings) geben kann. Ich habe da mega Bock drauf!
Sollte er starten, wird wohl Connor Metcalfe aus der Anfangsformation rausrotieren und Lukas Daschner auf die rechte Offensivseite wechseln.
(k)ein Fußballfest?
So sehr der Auswärtssieg in Nürnberg auch half, um sich in der Tabelle nach oben zu arbeiten, so eng geht es trotzdem noch in der unteren Tabellenhälfte zu. Drei Punkte gegen Hannover täten dem gesamten Projekt enorm gut, zumal das Team in Nürnberg spielerisch nicht überzeugen konnte. Sicher ist, dass dieses Spiel, wie auch jenes in der letzten Woche, aufgrund der Formationen sich nicht unbedingt als fußballerischer Leckerbissen ankündigt. Das ist mir aber auch weiterhin ziemlich wumpe, wenn dabei am Ende drei Punkte für den FC St. Pauli herausspringen.
Forza!
// Tim
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