Am Samstag empfängt der FC St. Pauli mit Arminia Bielefeld ein individuell starkes Team, welches knietief im Abstiegskampf steckt. Beim FCSP könnte eine taktische Umstellung anstehen. Der Vorbericht.
(Titelbild: Peter Böhmer)
Zur Vorbereitung ist Euch wärmstens das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Yannick mit Eva-Lotta Bohle zu empfehlen, die nicht viel weniger als DIE Expertin der 2. Bundesliga ist und gewohnt sachlich, aber dann doch auch ziemlich ernüchtert von einer schwierigen Arminia-Saison erzählt.
Ein Blick zurück
Hinten kackt die Kuh
Nach dem Derbysieg im Herbst 2022 schied der FC St. Pauli unter der Woche dramatisch im DFB-Pokal in Freiburg aus. Wenige Tage später konnte das Team zum Ende der Partie dann nichts mehr entgegensetzen, als Arminia Bielefeld nach schwacher erster Hälfte plötzlich aufdrehte. Die 0:2-Niederlage war so etwas wie die Blaupause der Hinrunde.
Die perfekte Rückrunde 1/17
Bekanntlich verbrachte Arminia Bielefeld zwei Jahre in der ersten Liga. In der Aufstiegssaison 19/20 gab es gegen den FC St. Pauli aber nicht so viel zu holen. Kurz vor Weihnachten sorgte ein Doppelpack von Henk Veerman und ein Treffer von Victor Gyökeres für einen klaren 3:0-Erfolg gegen ein ebenso klares taktisches Konzept der Bielefelder (Eure Seufzer bei den Namen Veerman und Gyökeres habe ich übrigens laut und deutlich gehört!).
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Bielefeld away
Als die Saison 19/20 noch nicht begonnen hatte, warf sie bereits für den FC St. Pauli eine Art dunklen Schatten voraus: Jos Luhukay hatte eigentlich den gesamten Verein kurz vor dem 1. Spieltag auf einer Pressekonferenz angezählt und entsprechend waren diese Aussagen auch eines der bestimmenden Themen rund um den Saisonauftakt in Bielefeld. Christian Conteh sorgte mit seinem Premierentreffer für einen verdienten Punktgewinn.
Ein wenig Neues von den Alten
Sowieso Jos Luhukay und Bielefeld: Im April 2019 feierte er sein Debüt als Trainer des FC St. Pauli im Spiel gegen die Arminia. Dort verdiente sich der FCSP dank einer taktischen Umstellung einen Punkt. Doch bereits in den Wochen danach, also noch während der Rückrunde 18/19 zeigte der FCSP richtig schlechte Leistungen, die sich dann leider durch die gesamte Luhukay-Ära zogen.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Zu Beginn der Woche trainierte Leart Paqarada reduziert. Fabian Hürzeler erklärte aber, dass Paqarada am Donnerstag wieder trainieren wird und dann auch am Samstag einsatzfähig ist. Das ist bei Marcel Beifus nicht der Fall. Er ist krank und wird entsprechend nicht im Kader stehen. Sicher fehlen wird auch Eric Smith, der eine Gelbsperre absitzt.
Ansonsten hat sich an der Kader-Situation nur wenig verändert. Igor Matanović, der letzte Woche im Pressebereich des Volksparkstadions zugegen war, fehlt genauso wie die Sturm-Kollegen Maurides und Etienne Amenyido. Zudem fehlt David Nemeth in der Defensive, der allerdings Anfang der Woche einen Schritt nach vorne machte und vorsichtig wieder ins Teamtraining einsteigen konnte.
Arminia Bielefeld: Wer kann spielen, wer fehlt?
Verzichten muss Arminia Bielefeld ganz sicher auf Marc Rzatkowski – aufgrund der 5. Gelben Karte. Der inzwischen 33-jährige verpasst damit erneut eine Rückkehr ans Millerntor, nachdem er beim Gastspiel von Schalke in der Vorsaison aufgrund eines Infekts nicht im Kader stand.
Zwei weitere Fragezeichen gibt es bei den Bielefeldern, wie Trainer Uwe Koschinat auf der Pressekonferenz erzählte: Janni Serra hat eine „leichte Reizung im Kniebereich“, Koschinat war aber optimistisch, dass er einsatzfähig ist. Bei Masaya Okugawa (14 Torbeteiligungen in dieser Saison; Sprunggelenksprobleme) klang das weniger zuversichtlich.
Was hat Arminia zu bieten?
In dieser Saison auf jeden Fall Schlagzeilen. Mit Uwe Koschinat ist inzwischen der dritte Trainer an der Seitenlinie zu finden. Zu Beginn der Spielzeit stand dort Uli Forte, der noch im Sommer freigestellt und dessen Vertrag in dieser Woche aufgelöst wurde. Für ihn übernahm nach gerade einmal vier Ligaspielen (vier Niederlagen – unter anderem gegen alle drei Teams, die nun knapp hinter Bielefeld in der Tabelle stehen) Daniel Scherning, der zuvor recht erfolgreich den VfL Osnabrück trainierte.
Zwei Trainer und Arabi weg
Zwar konnte das Team unter der Leitung von Scherning ein paar Punkte holen, aber gemessen an der individuellen Qualität des Kaders waren 21 Punkte aus 19 Spielen viel zu wenig – Anfang März musste Scherning schon wieder gehen. Für ihn übernahm Uwe Koschinat, der mit acht Punkten aus vier Partien startete, nun aber die letzten beiden Spiele verlor und besonders zuletzt gegen Hannover nicht zufrieden sein konnte mit der Leistung seines Teams.
Drei Trainer in einer Saison sind alles andere als ein guter Arbeitsnachweis eines Sportchefs. Entsprechend wurde vor rund einem Monat auch die Trennung von Sport-Geschäftsführer Samir Arabi bekanntgegeben, der seit 2011 bei der Arminia tätig war und unter dessen Leitung der Club zwei Jahre in der Bundesliga spielte.
Schwachpunkt Defensive
Der Blick auf die Pizza-Grafik zeigt ziemlich klar, welches der wunde Punkt von Arminia Bielefeld ist: Das Team stellt die zweitschlechteste Defensive der Liga mit 52 Gegentreffern. Zuletzt vor 14 Spielen konnte die Null gehalten werden. In den letzten fünf Partien gab es jeweils mindestens zwei Gegentreffer.
In der Offensive rangiert das Team hingegen im Liga-Mittelfeld, was mindestens der individuellen Qualität des Kaders entspricht, wie auch Fabian Hürzeler feststellt:
„Klos ist ein unheimlich guter Wandspieler, macht die Bälle gut fest, legt sie gut ab für die nachrückenden Spieler Hack und Okugawa, die extrem schnell sind, individuell sehr gut, mit gutem Dribbling und gutem Abschluss. Im Zentrum sind sie sehr laufstark mit Consbruch, der immer wieder nachrückt, auch mit in die Box geht.“
Fabian Hürzeler zur Offensive von Arminia Bielefeld
Tiefstehende Arminia?
Trotz dieser doch sehr gewaltigen offensiven Power, zu der auch noch der enorm schnelle Bryan Lasme und Janni Serra (Doppeltorschütze im Hinspiel) zählen, rechnet Hürzeler eher mit einem „ähnlichen Gegner wie Braunschweig, der tief stehen und umschalten wird“. Entsprechend warnt er auch direkt, dass man „nicht den gleichen Fehler“ wie im letzten Heimspiel machen dürfe. Denn er erwartet, dass Bielefeld „lange die Null halten“ möchte und deshalb „versuchen wir eher Lösungen mit dem Ball gegen einen tiefstehenden Gegner zu finden.“
Die Aussage von Hürzeler, dass er Bielefeld tiefstehend erwartet, verwundert mich ein bisschen. Denn in den letzten Spielen unter der Leitung von Uwe Koschinat stand die Arminia alles andere als tief, versuchte den Gegner bereits in deren Hälfte am Spielaufbau zu stören. Doch die letzten beiden Partien, vor allem die 1:3-Niederlage gegen Hannover 96 zeigte, dass dieses höhere Anlaufen nicht so gut klappt. Das Team bot immer wieder Räume, sobald die erste Pressingreihe überspielt wurde. Und vielleicht erwartet Hürzeler auch genau deshalb, weil das höhere Anlaufen nicht so gut lief für Bielefeld, dass das Team nun tiefer stehen wird.
Mögliche Aufstellung
Fraglich ist, in welcher Formation und mit welchem Personal Arminia Bielefeld am Millerntor antreten wird. Durch den Ausfall von Rzatkowski ist auf jeden Fall ein Platz im zentralen Mittelfeld frei, wenn das Team wie zuletzt in einem 4-3-3 agieren möchte. Da würde dann vermutlich Sebastian Vasiliadis in die Startelf rücken, wenngleich er doch eher eine defensivere Rolle spielt als Rzatkowski und dann eigentlich nicht so richtig zu passen scheint.
Umstellung auf Dreierkette eine Option
Da auch Okugawa auszufallen droht, könnte es auch zu einer sehr viel größeren Umstellung kommen. Denn als Rzatkowski und Okugawa das letzte Mal in der Startelf fehlten (beim 2:2 gegen Fortuna Düsseldorf am 27. Spieltag), agierte das Team in einem 3-4-1-2 mit Robin Hack (schon zehn Saisontreffer) als Zehner hinter zwei Stürmern. Neben Klos hat sich Bryan Lasme mit Leistungen für einen Startelfeinsatz empfohlen, wenngleich Koschinat auf der PK hervorhebt, dass er vielleicht „wertvoller von der Bank“ sein könnte.
In jedem Fall steht ein etwas größeres Fragezeichen hinter der taktischen und personellen Situation bei Arminia Bielefeld, wie auch ganz allgemein hinter der Leistungsfähigkeit des Teams. Sicher ist, dass dringend Punkte benötigt werden, da der Vorsprung auf einen direkten Abstiegsplatz aktuell nur einen Punkt beträgt. Die Gefahr eines Durchreichens von der ersten bis in die dritte Liga ist ziemlich real in Bielefeld.
Mit Viererkette und Eggestein?
Wenn man sich in Erinnerung ruft, wie die Lösungen des FC St. Pauli im Spiel gegen Braunschweig aussahen, dann kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass der FC St. Pauli von seiner Fünferkette abweichen wird. Denn Eric Smith fehlt für den Spielaufbau und daher ein zentrales Element des 5-2-3 für das Ballbesitz-Spiel. Entsprechend sind andere Lösungen gefragt und eine erfolgreiche hieß im letzten Heimspiel die Umstellung auf ein 4-4-2 in der zweiten Halbzeit (aufgrund der Bewegungen von Hartel sah das zeitweise auch stark nach einem 4-3-3 aus).
Personell würde ein 4-4-2 bedeuten, dass ein zweiter Stürmer auf dem Platz stünde. Wenn wir uns erneut am Braunschweig-Spiel orientieren, dann heißt dieser Johannes Eggestein. Allerdings ist das abhängig von den gegnerischen Innenverteidigern. Sofern diese etwas robuster daherkommen, spricht es für den agileren Eggestein. Wenn nicht, dann würde David Otto starten.
Im Gegensatz zum Braunschweig-Spiel rechne ich nicht damit, dass Afeez Aremu in einem 4-4-2 starten würde. Zwar benötigt diese Formation eine klare Sechs, aber diese Rolle könnte eher Jackson Irvine einnehmen, sodass Connor Metcalfe auf der linken Außenbahn zum Einsatz kommt und dort ein fleißiges „Bäumchen-Wechsel-Dich“ mit Marcel Hartel spielen kann. Entsprechend würde Dapo Afolayan erneut auf der rechten Außenbahn agieren. Der Eindruck aus den letzten beiden Spielen hat gezeigt: Das kann er.
Derbyniederlage durch Tore aus den Kleidern schießen!
Ja, ich schiebe auch Frust vor mir her. Die Niederlage im Derby tut noch richtig weh, der vergebenen Chance wird man vermutlich noch einige Zeit hinterherschauen. Und so hat sich an der ein oder anderen Stelle schon ein kleines Motivationsloch aufgetan. Aber wisst ihr, ich habe richtig Bock, dass das mit Toren zugeschüttet wird. Arminia Bielefeld kann nichts dafür, dass sie direkt nach dem HSV auf dem Spielplan stehen. Die haben halt einfach Pech, dass sie jetzt den gesamten Derbyfrust abkriegen. Und davon gibt es eine ganze Menge.
Forza!
// Tim
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Jaaa, genau, Frust wegballern!
Die Rauten verlieren gegen ihren Angstgegner Magdeburg und dann sind wieder nur noch 6 Punkte Abstand, auf die Vorstädter ist verlass!
Never give up!