Vorbericht: SpVgg Greuther Fürth – FC St. Pauli (3. Spieltag, 23/24)

Vorbericht: SpVgg Greuther Fürth – FC St. Pauli (3. Spieltag, 23/24)

Am Samstag tritt der FC St. Pauli zum Spiel bei der SpVgg Greuther Fürth an. Das Kleeblatt ist in starker Verfassung, trotz eines deutlichen Umbruchs im Kader. Der Vorbericht.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Zur Vorbereitung auf das Spiel empfehle ich das „Vor dem Spiel“-Gespräch, bei dem sich Luca mit Mario, dem Capo von „Ultras Stradevia 907 Fürth“ unterhalten hat und das nicht nur über Fußball.

Ein Blick zurück

„Clasico“ der 2. Bundesliga

Wenn der FC St. Pauli auf die SpVgg Fürth trifft, dann ist es ein Duell zweier „ewiger“ Zweitligisten. Fürth spielt seine 34., der FCSP seine 32. Saison in der 2. Bundesliga. Kein Club hat mehr Jahre in dieser manchmal tristen, manchmal schönen, aber sicher immer spannenden Spielklasse verbracht als diese beiden Clubs. Entsprechend ist das Aufeinandertreffen so gesehen ein Spitzenspiel: Fürth ist Spitzenreiter in der ewigen Tabelle der 2. Bundesliga, der FCSP liegt auf dem 2. Rang.

Doch nicht nur die vielen Spieljahre in der 2. Liga führen dazu, dass dieses Spiel durchaus als Spitzenspiel bezeichnet werden kann. Denn der FCSP und auch Fürth spielen beide ein starkes Jahr 2023, wobei Fürth da doch deutliche Abstriche gegen das Team von Fabian Hürzeler machen muss. Betrachtet man aber die „Zorniger“-Tabelle (34 Punkte in 23 Spielen), dann zählt auch das Kleeblatt vorne mit rein.
Sowieso ist das Spiel das häufigste in der 2. Bundesliga seit Einführung der eingleisigen 2. Liga (Fortuna Köln spielte gegen Wattenscheid 09 und Hannover 96 je 40x in der 2. Liga, aber jeweils mehr als sechs Partien fanden in der zweigleisigen 2. Liga statt). Satte 36 Mal trafen beide Teams seit der Saison 1997 aufeinander. Macht also 18 Saisons, die sie seitdem gemeinsam in der Liga spielten.

Fürth? Aufstieg und Tiefpunkt

Zu Gast sein im Sportpark Ronhof bedeutet auch für viele, sich daran zu erinnern, wie das damals war, am 02. Mai 2010, als der FCSP durch einen 4:1-Erfolg in Fürth den Aufstieg sicherte. Ganz anders geartet ist sicher der 03. Januar 2021, als das Team dort mit 1:2 verlor und die Fürther sogar merklich Kraft sparen konnten. Und sowieso: Seit Dezember 2016 hat der FCSP nicht mehr in Fürth gewinnen können, das 2:2 aus der Vorsaison stellte sogar den ersten Punktgewinn am Ronhof seitdem dar. Ist also mal wieder an der Zeit da drei Punkte mitzunehmen.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Für das Spiel in Fürth muss der FC St. Pauli, wie schon seit einiger Zeit, auf die Offensivkräfte Maurides und Etienne Amenyido verzichten. Beide standen am Mittwoch wieder auf dem Trainingsplatz, Maurides absolvierte sogar leichte Ballübungen. Es wird aber sicher noch Wochen dauern, ehe beide wieder einsatzbereit sind. Zudem wird Innenverteidiger Karol Mets fehlen, aufgrund seiner Zwei-Spiele-Sperre nach seinem Platzverweis gegen Düsseldorf.

Ansonsten ist der Kader prall gefüllt: Am Mittwoch standen 22 Feldspieler auf dem Trainingplatz. Auch der aktuellste Neuzugang Scott Banks, der bereits gegen Delmenhorst auf der Bank saß, „wird definitiv auch wieder im Kader sein“, sagte Fabian Hürzeler auf der Pressekonferenz vor dem Spiel.

SpVgg Fürth: Wer kann spielen, wer fehlt?

Sogar noch besser ist die personelle Situation beim Kleeblatt: Neuzugang Orestis Kiomourtzoglou befindet sich noch im Aufbautraining. Ansonsten stehen Trainer Alexander Zorniger alle Spieler im Kader zur Verfügung. Ein Kader, der im Vergleich zur Vorsaison einige Leistungsträger verloren hat. Doch es scheint, dass diese Verluste durch starke, vielleicht sogar stärkere Neuzugänge kompensiert werden konnten.

Mit Tobias Raschl, Max Christiansen, Ragnar Ache, Sebastian Griesbeck und Marco John haben gleich fünf Stammspieler aus der Vorsaison den Verein verlassen. Neu dabei sind unter anderem die Angreifer Tim Lemperle (geliehen aus Köln) und Dennis Srbeny (Paderborn), sowie der zentral agierende, hochtalentierte Robert Wagner (Leihe aus Freiburg) und Torwart Jonas Urbig (ebenfalls geliehen aus Köln), womit ein Großteil der Abgänge aus der Vorsaison bisher kompensiert wurde.

Hamburg, Deutschland, 11.03.2023 - Oladapo Afolayan (FC St. Pauli) im Duell mit Damian Michalski (SpVgg Greuther Fürth) - Copyright: Stefan Groenveld
Nicht unwahrscheinlich, dass auch dieses Mal Dapo Afolayan und Damian Michalski in direkten Duellen aufeinandertreffen werden.
(c) Stefan Groenveld

Was hat das Kleeblatt zu bieten?

Der Saisonstart war vielversprechend: Mit 5:0 gewann das Team gegen den SC Paderborn. Ein absolut überzeugender Auftakt, allerdings waren die Paderborner auch bereits nach zehn Spielminuten nur noch zu zehnt unterwegs. Eine Woche später verlor das Team knapp bei Holstein Kiel mit 1:2. Fabian Hürzeler erklärte aber, dass Fürth „auch gegen Kiel eine sehr, sehr gute Partie gespielt hat.“

Warme Worte gen FCSP

Alexander Zorniger fand auf der Pressekonferenz vor dem Spiel eine ganze Menge lobende Worte für den FC St. Pauli. Er sagte: „St. Pauli ist neben Magdeburg die Mannschaft, die am klarsten in ihrer Struktur und Spielweise ist. (…) und ist vielleicht sogar die erfolgreichste Mannschaft derzeit im deutschen Fußball.“ Er betonte zudem, dass sich das Team durch eine sehr geduldige Spielweise auszeichne, welches sich wenig aus der Ruhe bringen lasse.

Das ist natürlich schön zu hören aus Sicht des FC St. Pauli, aber vielleicht auch eine Art Einlullen vor der Partie. Und bei all den warmen Worten wird verkannt, dass auch der Spielstil des Kleeblatts sehr markant und klar erkennbar ist. Vielen dürfte da noch das Spiel aus der Rückrunde der Vorsaison in Erinnerung sein, als Fürth am Millerntor verdient führte und auch in Unterzahl noch mächtig dagegenhielt (Spielbericht: Die glückliche Sieben).

Merkmal Anlaufverhalten

Fabian Hürzeler beschreibt die auffällige Spielweise so: „Die Kompaktheit, das ball-orientierte Pressing, das Gegenpressing, dass sie schnell umschalten, ist schon sehr auffällig.“ und erwartet das Team entsprechend ähnlich wie vor wenigen Monaten am Millerntor, weil „es ihre DNA, ihre Philosophie ist.“
Bezeichnend: Auf eine Frage auf der PK zur offensiven Spielweise der Fürther („Ist es einfacher gegen ein Team zu spielen, welches im Aufbau teilweise ähnliche Mechanismen hat?“), antwortete Fabian Hürzeler erstmal mit Fokus auf ihre defensiven Abläufe: „Keine Ahnung, ob es einfacher ist, das werden wir dann sehen. Sie haben gute Muster im Angriffspressing, aber auch, wenn sie einen Tick tiefer stehen. Sie wissen genau welche Abläufe gefragt sind, um dann auch den Ball zu erobern.“

Aber natürlich hat die SpVgg Fürth auch im kontrollierten Spielaufbau ein paar Ideen. Wie auch im Spiel gegen den Ball, ist hier das Tempo von entscheidender Bedeutung. Hürzeler: „Sie haben Spieler mit viel Tiefgang, wie Lemperle und Sieb, die den Speed haben um hinter die Kette zu kommen. Dann haben sie Zocker drin mit Green und Hrgota, die sich auch immer wieder nach außen fallen lassen.“

Um in diese Bereiche zu kommen, bauen die Fürther laut Hürzeler sehr variabel auf, mal mit einer Dreier-, mal mit einer Viererkette, wenn einer der Innenverteidiger breit zieht. Ziel sei es dabei, eine Überzahl im Zentrum zu kreieren. Das Kleeblatt bildet dabei auch mal eine Art 4-2-2-2 und diese Grundordnung erinnert in Teilen dann an den FCSP und sowieso alles an den Fußball, den Roberto de Zerbi bei Brighton spielen lässt.

Mögliche Aufstellung

Bei der SpVgg Fürth deutet vieles darauf hin, dass sich an der personellen Aufstellung wenig ändert. Einzig hinter Gideon Jung in der Innenverteidigung setzte Zorniger ein Fragezeichen, sagte, dass ihm die letzten „eineinhalb Spiele“ von Jung nicht so gut gefallen haben. Für ihn könnte, der für einen Innenverteidiger sehr torgefährliche, Damian Michalski ins Team rücken. Ansonsten kopiere ich einfach die Startaufstellung aus dem Kiel-Spiel.

Erwartete Aufstellung beim Spiel SpVgg Greuther Fürth gegen FC St. Pauli
Erwartete Aufstellung beim Spiel SpVgg Greuther Fürth gegen FC St. Pauli

Beim FC St. Pauli wird sich im Vergleich zum letzten Ligaspiel auf jeden Fall personell etwas ändern müssen. Es wird nach einem Ersatz für Karol Mets gesucht. Hürzeler: „Es gibt drei Optionen: Adam Dźwigała, David Nemeth und eine Viererkette. Wir haben noch etwas Zeit, um das zu entscheiden.“ Die Entscheidung hänge auch von den Trainingsleistungen der beiden Innenverteidiger ab, erklärt Hürzeler und betont zudem, dass man auch schauen müsse, was gegen Fürth die beste Option ist. Die Vorteile für beide Spieler führt er auch gleich mit an: „Adam ist immer sofort da, wenn er gespielt hat. Er kennt unsere Spielidee und ist ein sehr zuverlässiger Verteidiger, der auch mit dem Ball seine Stärken hat. Wer David vor seiner Verletzung gesehen hat, weiß wie gut er spielerisch und was für ein moderner Verteidiger er ist, der zudem sehr zweikampfstark ist.“

Umstellung auf Viererkette?

Tja, da hat Fabian Hürzeler mehr oder weniger im Nebensatz etwas in meinem Kopf losgetreten. Könnte der FCSP gegen Fürth tatsächlich mit einer Viererkette agieren? Was wären die Vorteile, wenn man so umstellt? Sicher sei, dass nicht beide, Dźwigała und Nemeth, zusammen starten werden, soviel verriet er. Eine Viererkette würde bedeuten, dass Eric Smith konsequenter vorne im Sechserraum bleibt, auch gegen den Ball. Das könnte dann auch die Schaltkreise von Branimir Hrgota vielleicht etwas mehr behindern, wobei dieser laut Hürzeler auch gerne auf die Außenbahnen ausweicht. Ich tippe darauf, dass die Viererkette situativ vorhanden sein wird, je nachdem wie Hrgota sich bewegt, der FCSP aber primär auf eine Fünferkette setzt – mit Dźwigała als Mets-Ersatz.

Auf zwei weiteren Positionen sind Veränderungen im Vergleich zum Düsseldorf-Spiel denkbar: Auf der rechten Außenbahn könnte Connor Metcalfe durch Danel Sinani oder Dapo Afolayan ersetzt werden. Einen Startelf-Einsatz von Scott Banks halte ich für unwahrscheinlich. Afolayan könnte aber auch erneut im Sturmzentrum zum Einsatz kommen. Beim Training am Mittwoch hat er, wenn ich das auf die Entfernung richtig gesehen habe, zentral agiert beim Abschluss-Spiel. Allerdings auch in jenem Team, welches nicht die Spieleröffnung trainierte, also so gesehen den Gegner simulierte. Und sowieso: Macht es gegen ein so hoch pressendes Team vielleicht auch Sinn nicht nur per Seitenverlagerung das Pressing zu überspielen, sondern auch mit Chip-Bällen vor die gegnerische Kette? Dann wäre Andreas Albers der richtige Spieler im offensiven Zentrum. Es bleiben also fette Fragezeichen. Ich gehe mit Albers zentral und Afolayan außen (auch wenn es wehtut Metcalfe auf die Bank zu setzen).

Reifeprüfung

„Das war eine Intensität, die wir so noch nicht kannten gegen unser Spiel“ – so sagte es Fabian Hürzeler auf der Pressekonferenz nach dem letzten Aufeinandertreffen mit der SpVgg Fürth. Die Spielweise, die hohe Intensität, besonders im Anlaufverhalten des Kleeblatts (Zorniger: „Wenn du gegen sie nicht ein Höchstmaß an Aktivität hast, dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann sie zuschlagen.“), sie stellt für den FC St. Pauli eine richtig große Herausforderung dar. Und eine Reifeprüfung, was die Fortschritte bei eigenem Ballbesitz angeht. Fabian Hürzeler ist jedenfalls überzeugt, dass das Team im Aufbauspiel weiter ist, als beim letzten Spiel gegen Fürth:

„Was mich positiv stimmt, ist unsere Entwicklung. Ich denke, dass wir jetzt einige Schritte weiter sind, uns mit dem Ball deutlich gesteigert haben und auch individuell besser geworden sind. Wir sind auch flexibler geworden, finden bessere Lösungen, das haben wir auch im Spiel gegen Düsseldorf gesehen.“

Fabian Hürzeler zur Entwicklung der eigenen Spielweise mit dem Ball

Gegen die SpVgg Fürth sei es „wichtig Ruhe zu bewahren“, betont Hürzeler „Wir dürfen uns nicht von der Hektik anstecken lassen. Dementsprechend ist nicht nur gefragt spielerisch Lösungen zu finden, sondern auch mental darauf vorbereitet zu sein.“
Das ist sicher leichter gesagt als getan. Ich persönlich freue mich schon seit Wochen auf genau dieses Spiel. Weil zwei Teams aufeinandertreffen, die ganz klare Ideen von Fußball verfolgen und dieses Spiel besonders im taktischen Bereich richtig viel zu bieten haben wird. Am besten am Ende mit drei Punkten für den magischen FCSP.

Forza!
// Tim

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3 thoughts on “Vorbericht: SpVgg Greuther Fürth – FC St. Pauli (3. Spieltag, 23/24)

  1. Moin Tim,
    hältst du es für möglich, dass mit der Viererkette nicht auch Ritzka-Smith-Wahl-Saliakas gemeint sein könnte. Dann könnte Metcalfe in den 6 bzw. 8er Raum rücken. Würde auch dazu passen, dass er gegen Atlas für Jackson ins Spiel kam und somit sich an seine Rolle im Zentrum (für die er ja eigentlich auch geholt wurde) gewöhnen konnte?
    Ansonsten, ja ein Spiel auf das ich mich auch sehr freue. Auch, da ich in Fürth immer eine große Gastfreundschaft erleben durfte und es einfach eine der schöneren Auswärtsfahrten ist.
    Also vorwärts magischer FC!
    Nils

    1. Ja, das halte ich grundsätzlich für möglich und ich glaube das meinte Hürzeler auch auf der PK. Allerdings sehe ich beim Duo Smith/Wahl derat Tempo-Nachteile gegen Sieb/Lemperle, dass ich das gegen Fürth für unwahrscheinlich halte.

      1. Wobei Smith in der Endgeschwindigkeit unser schnellster IV ist (mit über 34 km/h). Die Geschwindigkeit spräche übrigens für Dzwigala, der schneller als Nemeth und Wahl ist. Letzterer ist übrigens der langsamste aus dem zentralen Abwehrbereich und verfügt auch nicht gerade über einen guten Antritt. Dafür hat er natürlich seine Stärken im Spielaufbau. Defensiv ist er gegen tempoharte, dribbelstarke Spieler eigentlich keine Option für einen der beiden äußeren IV-Positionen in der Dreierkette, zudem hat er wenigstens in Kiel letztes Jahr immer wieder auch mal Patzer im Spielaufbau gehabt, wenn er unter Druck geriet. Aber ich denke, er ist wohl dennoch gesetzt, zumal ich Nemeth noch keinen S11-Einsatz zutraue.

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