„Jetzt ist die Zeit gekommen, um abzuliefern!“

„Jetzt ist die Zeit gekommen, um abzuliefern!“

Vor dem Rückrundenstart präsentiert sich Fabian Hürzeler selbstbewusst. Er sieht den FC St. Pauli für den Aufstiegskampf gewappnet.
(Titelbild: Peter Boehmer)

Am Donnerstag vor dem Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern stand Fabian Hürzeler auf der Pressekonferenz Rede und Antwort (hier geht es zum Vorbericht zur Partie). Neben Fragen zum Gegner ging es dabei natürlich um den möglichen Aufstieg, seinen Vertrag und welche Rolle der Kopf in dieser Situation spielt. Der FCSP-Trainer formulierte dabei wohl so deutlich wie nie Ansprüche und Erwartungen an sich und das eigene Team, welche eigentlich nur mit dem Aufstieg erfüllt werden können.

Intensives Trainingslager

Die Winterpause war kurz, aber heftig. „Wir haben eine gute Zeit gehabt,“ erklärt Hürzeler. Die Einheiten seien intensiv gewesen, man habe viel inhaltlich auf dem Platz gearbeitet, aber auch Zeit gehabt, um neben dem Platz zu arbeiten „um uns auf die anstehenden Herausforderungen und Widerstände, die uns in der Rückrunde erwarten, vorzubereiten.“
Dass zum Abschluss des Trainingslagers das Testspiel gegen den VfL Osnabrück mit 1:3 verloren ging, schlage dabei nicht so sehr ins Gewicht. Denn zum einen „reduzieren wir ein Trainingslager nicht auf ein Testspiel“ und man habe in diesen insgesamt 150 Minuten Spielzeit „viel davon gesehen, was wir trainiert haben.“

Nun ist die Zeit des reinen Trainierens vorbei, mit dem Spiel am Samstag stehen wieder Wettkämpfe an. Und genau jetzt gilt es die gute Ausgangsposition auch zu nutzen. Hürzeler: „Natürlich wollen wir von Anfang an da sein. Wir kommen aus einer kurzen Winterpause, wollen zeigen, welchen Anspruch wir haben.“
Welchen Anspruch Hürzeler damit meint, ergibt sich aus den Worten, die der FCSP-Trainer rückblickend auf die Hinrunde von sich gibt: „Die Hinrunde war okay. Aber jetzt geht es richtig los. Es war ein wenig Vorgeplänkel, Du hast dich in Position gebracht. Aber jetzt ist die Zeit gekommen, um abzuliefern.“

„Wollen zeigen, welchen Anspruch wir haben“

Mit Abliefern sind in diesem Fall ganz klar Erfolge in Form von drei Punkten gemeint. Der FC St. Pauli blieb in der Hinrunde zwar ungeschlagen, holte aber mehr Unentschieden als Siege. Damit dürfte Schluss sein, wenn man den Worten von Fabian Hürzeler Glauben schenkt: „Wenn wir weiterhin so gut Fußball spielen, wenn wir weiterhin so gut verteidigen, dann bleiben die Ergebnisse nicht so wie in den letzten Spielen.“
Die Basis für eine erfolgreiche Rückrunde soll in der Tor-Verteidigung liegen. Denn der FCSP werde laut Hürzeler „immer in der Lage sein vorne etwas zu kreieren.“ Daher „wird das große Credo sein, möglichst viele Zu-Null-Spiele zu haben.“

Es ist im Profifußball eine echte Seltenheit geworden, dass Trainer so klar und deutlich Ansprüche formulieren, wie Fabian Hürzeler es vor dem Rückrundenstart getan hat. Oft hört man sowas nicht aus Understatement oder Selbstschutz, aus der Sorge heraus, dass man diesen selbst formulierten Ansprüchen nicht genügen kann. Nun aber saß da am Donnerstag im Presseraum des FC St. Pauli ein Cheftrainer, der wohl so klar wie noch nie jemand beim FCSP zuvor das Ziel Aufstieg formuliert, ohne das Wort selbst in den Mund zu nehmen. An Selbstbewusstsein mangelt es nicht. Und angesichts der Leistungen, die das Team in der Hinrunde verlässlich abgerufen hat, ist das völlig richtig so.

Deutschland, Hamburg, 29.11.2023, Fussball 2. Bundesliga Fabian Hürzeler, Trainer des FC St. Pauli, auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den Hamburger SV Copyright: Peter Boehmer
Auf der Pressekonferenz vor dem Kaiserslautern-Spiel mit einem, der Situation angemessenen, Selbstbewusstsein ausgestattet: Fabian Hürzeler
(c) Peter Boehmer

Vom Gejagten zum Jäger

Fabian Hürzeler kennt die aktuelle Situation des FC St. Pauli bereits. Er kennt es, wenn sich aus einer sehr guten Hinrunde fast zwangsläufig Ansprüche für die Rückrunde ergeben. Dennoch formuliert er klare Unterschiede zwischen der Situation in der Saison 21/22 und der jetzigen: „Damals waren wir Erster, jetzt sind wir Zweiter. Wir sind nicht die Gejagten, wir müssen jagen. Das hört sich banal an. Das ist aber eine andere Denkweise, mit der wir an die Sache herangehen.“

Sowieso spiele der Kopf bei dem Vorhaben eine wichtige Rolle. Das Team kann sich dabei auch auf Aufstiegserfahrung verlassen. Simon Zoller (mit Bochum), Sascha Burchert (mit Fürth und Hertha) und Marcel Hartel (mit Union und Bielefeld) gelangen bereits Bundesliga-Aufstiege. Auch Dapo Afolayan (mit Bolton), Andreas Albers (mit Silkeborg), Etienne Amenyido (mit Osnabrück) und sogar Hürzeler selbst (als Trainer mit Piepinsried) gelangen bereits Aufstiege.

Ob diese Erfahrungen auch jetzt hilfreich sind? Hürzeler erklärt: „Ich glaube unterbewusst sind das Erfahrungen, die du rausziehst und der Mannschaft mitgibst. Was haben wir in bestimmten Momenten gebraucht, was war entscheidend? Da versuchen wir schon auf Muster zu kommen. Ich glaube, dass Du immer Parallelen ziehen und entsprechend auch Lehren daraus ziehen kannst.“

Vertrag bleibt großes Thema

Bei der Antwort auf die Frage nach der Aufstiegserfahrung kam Hürzeler übrigens ganz von alleine zurück auf die Situation vor zwei Jahren („Übrigens zieht man die Lehren auch aus Niederlagen, wie vor zwei Jahren. Nur weil ich Co-Trainer war, heißt es ja nicht, dass ich nicht mitgelitten und da lange dran geknabbert habe.“). Man kann nur hoffen, dass der FC St. Pauli, aber auch Hürzeler selbst aus der Situation von vor zwei Jahren im Hinblick auf offene Vertragsverhandlungen gelernt haben – der Vertrag von Hürzeler lief, damals wie heute, am Saisonende aus – und sich das nicht zu einer Hängepartie wie im ersten Halbjahr 2022 entwickelt. Hürzeler betont, dass man sich beeilen möchte: „Ich und auch der Verein und die Verantwortlichen wollen möglichst schnell Klarheit in die Thematik.“ Ein echtes Vorankommen in den Verhandlungen scheint es aber zuletzt nicht gegeben zu haben.

Lehren aus Aufstiegen, Lehren aus verpassten Aufstiegen. Sowieso dreht sich beim FC St. Pauli unter Fabian Hürzeler eigentlich alles um die individuelle Entwicklung (hört gerne in den Podcast mit ihm rein). Immer geht es darum „Messages“ oder „Learnings“ aus Situationen zu ziehen. So geht der 30-jährige Cheftrainer dann auch die Rückrunde an: „Auch jetzt können wir als Team im nächsten halben Jahr viel lernen.“ Doch nach kurzer Redepause kommt bei ihm das Selbstbewusstsein und der Anspruch wieder durch: „Natürlich hoffentlich mit einem positiven Ausgang.“

// Tim

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11 thoughts on “„Jetzt ist die Zeit gekommen, um abzuliefern!“

  1. Also ich für meinen Teil merke, wie ich zunehmend genervt von der offenen Vertragssituation, bzw. dem Umgang mit dieser bin. Man hört immer nur „Wir wollen so schnell wie möglich Klarheit“, auch aus Hürzelers Mund. Dann soll er sich halt seine (vermeintliche) Forderung nach einer Ausstiegsklausel nach dieser Saison klemmen.
    Man hat ihm hier als Co-Trainer die Chance im Profifussball gegeben, anschließend einen riesigen Vertrauensvorschuss gewährt und ihn, einen unerfahrenen 30-jährigen, bei einem kriselnden aber ambitionierten Zweitligsten zum Cheftrainer gemacht. Und jetzt will er, nach nur einer kompletten Saison als Cheftrainer im Unterhaus (in der wohlgemerkt zu diesem Zeitpunkt noch GAR NICHTS erreicht wurde – außer einem verkackten Aufstieg in der vorherigen Saison *hüstel*) auf Biegen und Brechen sofort Bundesligatrainer werden – mit oder ohne den FCSP?
    Bei allem Respekt vor der ohne Zweifel bislang guten Arbeit: Ich persönlich finde das extrem unsympathisch und egoistisch. Da kann man natürlich jetzt sagen „so what, das ist nun mal so im Profifußball“. Aber es passt an sich so gar nicht dazu, wie er sich hier in der Vergangeheit präsentiert hat – als der bescheidene, bodenständige und demütige Kumpeltyp Fabi, der den Verein und seine Werte so toll findet, es als „Privileg“ bezichnet hier arbeiten zu dürfen, und den deswegen alle so lieb haben. Das ist dann halt einfach Quatsch und man sollte sich schnellst möglich, selbst wenn es auf wundersame Weise doch zu einer Verlängerung kommt, von diesem Mythos verabschieden. Sein persönlicher Erfolg und Aufstieg scheint trotz alledem wichtiger zu sein als der des Vereins. Das ist legitim im Profifußball, bleibt aber unsympathisch und für mich nicht St.-Pauli-like.

    Bei mir hat er auf jeden Fall in den letzten Wochen massiv an Sympathie verspielt und ich wäre mittlerweile weit weniger traurig, wenn der Verein jetzt klare Kante zeigt, ein Ultimatum setzt und anfängt, sich nach Nachfolgern umzuschauen.

    Sorry für den Rant, aber ich ärgere mich darüber, dass die gute sportliche Performance schon wieder diesen Nebengeräuschen und so einem Geschachere um Veträge belastet wird. Das braucht echt niemand.

    1. Moin, ich persönlich bin der Meinung wir sollten hier alle ein wenig entspannter sein. Ich finde einen „Rant“ braucht es nicht deswegen.
      Was ist den passiert? Ein junger, mit uns erfolgreicher Trainer der zum Teil herausragenden Fussball bei uns spielen lässt hat noch nicht verlängert.
      Ok, das ist für uns nicht ideal, aber auch kein Weltuntergang.
      Ich bin weit entfernt hier von Außen beurteilen zu können an was oder wem das liegt.
      Wollen wir nicht uns nicht vielmehr auf die anstehende Rückserie mit dem magischen FC unter seiner Leitung freuen? Ich jedenfalls bin heiss drauf und gespannt wie wir unser Spiel in der Rückserie durchbekommen und ob wir dieses Niveau halten können.
      Forza St Pauli !!!

    2. Scheisst auf Verträge im Profifußball, die sind eh die in Word eingefügten Unterschriftenscans nicht wert, die der/die Praktikant*in für lau (ohne Vergütung) hingepfuscht hat (bzw den einen Rechtsklick zur elektronischen Signatur).

      Morgen erstmal den FCK weghauen.

      Forza

  2. Every press conference will now be an arm wrestling contest between Hurzeler and Borneman. I am worried I don’t have enough pop-corn because it seems it’s not over soon.

  3. Man muss aber auch nicht auf biegen und brechen seinen Arbeitgeber die Treue schwören.
    Kann ja auch sein das es nicht um Geld, sondern um die Entwicklungs möglichkeiten des Vereins geht.

    Alles Spekulationen. Ich bin gespannt wo man Mitte Februar stehen wird.

    Egal wie, Hürzeler steht nun im Rampenlicht. Gut Moderiert hat er das nicht bekommen.

  4. So Oke, schmeiß den Trainer (Fabi) jetzt mal mit € voll…..dieser Trainer muss gehalten werden !
    Hartel und Eggestein haben vor zwei Jahren, auf 5m keinen Möbelwagen getroffen…viele andere auch nicht
    Hürzeler hat bisher alle besser gemacht….einen klaren Plan.
    Also jetzt bewegt euch im Vorstand.
    Forza magischer FC
    Gruß Hinne

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