Platz 18 gegen Platz 17 – wir kommen nicht umhin das Spiel der Würzburger Kickers gegen den FC St. Pauli als Kellerduell zu bezeichnen. Do-or-die, bereits am 12. Spieltag. Heute tritt der FCSP am Dallenberg an und nur ein Sieg wird dazu führen, dass auch beim FCSP unterm Weihnachtsbaum etwas mehr Entspannung als Geschenk verpackt liegen wird, als es die akteulle Tabellensituation vermuten lässt.
(Titelbild: Peter Boehmer)
+++ Update 11:10h +++
Das Spiel in Würzburg fällt aus, im Funktionsteam des FWK gab es einen positiven Fall und das gesamte Team wurde in Quarantäne gesetzt. Allen Beteiligten alles Gute. (FC Würzburger Kickers)
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Schaut einfach in den Vorbericht der letzten Wochen. Oder den davor. Oder davor. Die Verletztenliste des FC St. Pauli ist seit Wochen konstant. So sehr, dass ich heute einfach mal auf die Namen verzichte und nur ein „plus Philipp Ziereis“ hinzufüge. Der wurde ja bereits frühzeitig beim Spiel gegen Aue ausgewechselt und wird vermutlich auch am Wochenende gegen Fortuna Düsseldorf nicht mehr zum Einsatz kommen.
Wie üblich, wenn es zwischen den Teams regelmäßig Transfers gibt, werden auch heute Abend Spieler aufeinandertreffen, die mal in den gegnerischen Farben aufgelaufen sind. Niklas Hoffmann auf Seiten der Würzburger ist zum Beispiel zu Beginn der letzten Saison erst wie Phönix aus der Asche in der Startelf aufgetaucht, aber nach wenigen Spielen in eben jene wieder verschwunden und dann im Winter nach Würzburg gewechselt und hat dort maßgeblichen Anteil am Aufstieg in die 2.Liga gehabt.
Über den Umweg Dresden ist Rico Benatelli von Würzburg zum FC St. Pauli gelangt. Für die Kickers hat er 15/16 in der 3. und 16/17 in der 2.Liga gespielt. Und für Benatelli ist es aktuell nicht nur eine englische Woche, es ist auch eine Woche der Spiele gegen Ex-Klubs. Denn bevor er für Würzburg spielte, war Benatelli zwei Jahre bei Erzgebirge Aue. Was ich beim Stöbern durch sein Profil noch herausgefunden habe: Rico Benatelli hat in der 2.Liga schon ganze 15 Tore erzielt. Damit ist er hinter Christopher Buchtmann (17) und Guido Burgstaller (33) der Spieler des FCSP mit den meisten Toren in der 2.Liga. Da seid ihr sicher auch so baff wie ich, während ich diese Zeilen schreibe, wa?!
Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel äußerte sich Timo Schultz auch zur Torwart-Frage und gab bereits jetzt zu erkennen, dass Svend Brodersen gegen Würzburg und wohl auch gegen Düsseldorf im Tor stehen wird. So zumindest deute ich die Aussage „In einer Englischen Woche werden wir keine dauerhaften Entscheidungen treffen.„
Recht ähnlich äußerte Schultz sich zu Igor Matanovic. Mit der Aussage „Ich hätte mir ein Tor für ihn gewünscht, hätte aber auch nichts dagegen, wenn er sich das für Würzburg aufgehoben hat.“, ist nämlich auch ziemlich klar, dass Matanovic auch gegen Würzburg spielen wird. Unwahrscheinlich, dass das nicht von Anfang an der Fall ist. Denn trotz oder gerade wegen der englischen Woche ist von einem Einsatz Matanovics auszugehen (Schultz verweist nicht umsonst darauf, dass er „ein junger Spieler“ ist, der „schneller regeneriert als ein älterer Spieler.„).
Würzburger Kickers: Wer kann spielen, wer fehlt?
Sicher nicht dabei ist Ewerton, der rotgesperrt noch das Spiel gegen den FCSP aussetzen muss. Auch der angeschlagene Douglas (es wäre wichtig, wenn der spielt, aus Sicht des FCSP…), Nzuzi Toko und Lars Dietz könnten ausfallen.
Allein schon anhand der Ausfallliste wird die Problemzone der Würzburger Kickers deutlich: Mit Ewerton, Douglas und Dietz drohen drei zentrale Verteidiger auszufallen.
Es ist also viel zu tun für Kickers-Trainer Bernhard Trares. Der ist selbst erst seit gut einem Monat Trainer in Würzburg. Davor war Marco Antwerpen Trainer (der nach dem Aufstieg mit Braunschweig entlassen wurde). Allerdings für gerade einmal fünf Spiele. Denn zu Saisonbeginn war Michael Schiele der Trainer, dem die Verantwortlichen „vertrauten“: Nach gerade einmal zwei Ligaspielen wurde Aufstiegstrainer Schiele entlassen (hat dann als Trainer des SV Sandhausen vorletzte Woche gegen Würzburg gewonnen). Und kurz nach der Verpflichtung von Bernhard Trares wurde dann Aufstiegsheld Sebastian Schuppan zum Sportchef ernannt.
Klingt nach ziemlichem Kuddelmuddel und das ist es auch. Verantwortlich hierfür ist Felix Magath, der in dem flyeralarm-Investoren-Konstrukt die hire&fire-Mentalität noch mehr auslebt, als zu Zeiten als der sein Kader auf Schalke größer war als die aktuellen Schulden der Knappen. Unwahrscheinlich, dass das auf Dauer Erfolg bringt.
Was hat Würzburg zu bieten?
Neben dem Chaos an der Seitenlinie haben die Würzburger Kickers bisher erst vier Punkte zu bieten. Von 11 Ligaspielen wurden neun verloren. Sämtliche Prognosen aufgrund des Kaders scheinen damit einzutreten: Die Würzburger Kickers spielen einzig gegen den Abstieg in dieser Saison.
Allerdings trifft das vor allem auf die Abwehr der Kickers zu. Denn in den letzten sieben Spielen haben die Kickers immer mindestens ein Tor erzielt. Das Problem ist eher die wackelige Defensive. Als ich letzte Woche mal Einblick in InStat-Daten haben konnte, ist mir fast die Kinnlade runtergeklappt:
Denn mit ordentlich Zynismus scheint es vor allem für den FC St. Pauli eine schlechte Nachricht zu sein, wenn Innenverteidiger Douglas nicht spielen kann. In der Statisitk „Fehler, die zu Gegentoren führten“ steht Douglas ziemlich weit vorne und hat damit bis zum letzten Wochenende fast die Hälfte aller Würzburger Gegentore laut InStat mitverschuldet.
Zugegeben, diese Statistik ist sicher etwas unfair dem Spieler gegenüber, denn die Würzburger gehen grundsätzlich mit ihrem aggressiven Pressing ein hohes Risiko. Und bei so einer recht offenen Stellung sehen dann besonders die Verteidiger häufig nicht gut aus, was dann aber daran liegt, dass sie sich häufig Überzahlsituation ausgesetzt sehen. Frag mal bei Hummels und Boateng während der WM 2018 nach.
Mit 26 Gegentoren aus 11 Spielen stellt Würzburg die schlechteste Defensive der Liga. Douglas hin oder her, die wackelige Defensive ist auch dem System geschuldet. In diese Kerbe sollte der FCSP reinschlagen.
Mögliche Aufstellung
Kommen wir zu meinem Lieblingsabschnitt der Vorberichte: Dem völlig aus der Luft gegriffenen Raten der Aufstellungen. Die Formation der Kickers dürfte ein 3-4-2-1 sein. So haben sie zumindest in den letzten drei Spielen unter Trares agiert. Timo Schultz fasst das Spiel von Würzburg ganz gut zusammen: „Würzburg hat eine sehr kompakte und physisch gute Mannschaft, die aggressiv gegen den Ball arbeitet und gut umschaltet.“ – Wobei ich die physische Stärke nicht ganz so sehe, vor allem nicht im Mittelfeld (und ohne Douglas und Ewerton auch nicht so richtig in der Abwehr).
Aus Sicht des FC St. Pauli ergibt sich durch die Verletzung von Ziereis zwangsläufig eine personelle Veränderung im Vergleich zum Spiel gegen Aue. Es wäre verwunderlich, wenn Daniel Buballa die Ziereis-Position nicht einnehmen würde. Ebenso verwunderlich wäre es, wenn die Viererkette aufgelöst wird. Dazu hat es bisher zu gut funktioniert (das Braunschweig-Spiel mal ausgenommen).
Wobei gerade gegen die auf das Zentrum orientierte Offensive der Würzburger eine Umstellung auf eine Dreierkette durchaus Sinn ergeben könnte. Allerdings dürfte dann entweder Paqarada oder Dittgen zum Einsatz kommen. Ich erwarte jedoch beide in der Startelf. Zum einen, weil Leart Paqarada es gegen Aue wirklich gut gemacht hat. Und auch wenn ich Dittgen noch stärker als Joker einschätze, so ist gegen eine Dreierkette die Besetzung der Außenpositionen schon nicht unwichtig. Das Tempo von Dittgen ist dabei fast unverzichtbar. Die zwei Tore aus den letzten beiden Spielen sprechen ebenfalls für einen Einsatz von Dittgen. Allerdings: Gegen Osnabrück und Aue war er kaum aufzuhalten, als er frisch in der 2.Halbzeit ins Spiel kam, was dann eher für eine Joker-Rolle spricht. Erstmal werden die Akkus der Gegner leergelaufen und dann stellste denen so einen Tempo-Spieler gegenüber. Klingt auch nach einem guten Plan.
Ich bleibe aber bei der Vermutung, dass Dittgen bereits starten wird. Damit dürfte Boris Tashchy wieder aus der Startelf rausrotieren. Mit Paqarada/Dittgen auf der einen und Ohlsson/Kyereh auf der anderen Seite würde dann auch ziemlich schnell klar werden, dass im Flügelspiel ein ziemliches Ungleichgewicht entstehen dürfte, da Kofi eher ins Zentrum zieht als Dittgen. Somit ergibt sich dann eine Art „Fake-Raute“ im Mittelfeld, bei der die Stärken aller Spieler am besten zur Geltung kommen können, ohne das Positionen unbesetzt sind.
Keine Veränderungen wird es wohl im zentralen Mittelfeld geben. Warum auch? Das Trio Becker/Zalazar/Benatelli hat definitiv Potenzial für eine unangenehme zentrale Maschine für jeden Gegner, das hat das Spiel gegen Aue gezeigt. Gegen die Würzburger Kickers können sie das gerne nochmal nachweisen. Basierend auf dem aktuellen Tabellenstand könnt ihr das „können“ mit einem „müssen“ ersetzen.
Forza!
// Tim
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