Was‘ los, 2. Bundesliga (nach 22 Spieltagen)

Was‘ los, 2. Bundesliga (nach 22 Spieltagen)

Fast zwei Drittel der Saison sind rum. Spätestens jetzt können anhand der xG-Werte vorsichtig Prognosen für die Rest-Saison gestellt werden. Aber was heißt hier eigentlich „vorsichtig“? Ich haue mal ein paar Thesen an die MillernTon-Redaktionstüren.
(Titelbild: Peter Boehmer)

These: Die drei ersten Plätze am Saisonende belegen der Hamburger SV, die SpVgg Greuther Fürth und… Hannover 96

Das sind die drei Teams, die nach der Summe ihrer xG-Werte und auch nach den xPoints auf den ersten drei Plätzen landen würden.

Der Hamburger SV darf sich bei seiner Offensive bedanken, dass er aktuell sogar ein wenig mehr Punkte eingefahren hat, als nach xP möglich. Denn in der Offensive hat der HSV rund zehn Tore mehr erzielt, als es Chancen dafür gegeben hat (Vergleich xG mit real erzielten Toren). Das ist ziemlich deutlich die größte Überperformance der Liga in der Offensive (auf Platz 2 folgt Aue mit knapp 3 Toren).

Nicht so optimal läuft es bei Hannover 96, die knapp fünf Punkte weniger holten als nach xP wahrscheinlich (die vier Top-Teams der Liga haben alle mehr geholt als nach xP wahrscheinlich). Der Grund hierfür könnte Marvin Ducksch und Hendrick Weydandt lauten. Zumindest haben beide Spieler zusammen 13 Saisontore auf dem Konto, aber hätten nach xG bereits 19 haben können. Das ist schon erheblich unterm Schnitt.

Etwas nachgelassen hat die SpVgg Greuther Fürth. Zwar hat das Team von den letzten sieben Spielen keines verloren (4S, 3U), aber gerade die beiden letzten Auftritte samt glücklicher Punktgewinne gegen Kiel und beim HSV geben Anlass zu Zweifeln (xG aus beiden Spielen: 0.9-4.7). Die einst und lange deutlich beste Offensive der Liga hat inzwischen namhafte Konkurrenz bekommen. Beide Teams kommen aus Hamburg: Der HSV hat Fürth bei den real erzielten Toren überholt (schon seit längerem) und der FCSP stellt aktuell nach xG-Werten die zweitbeste Offensive der Liga und ist richtig nahe dran an Fürth. Das sah vor ein paar Wochen noch ganz anders aus.

…in Wirklichkeit ist es aber der VfL Bochum, der hochgeht

…weil Bochum einfach eine richtig stabile Spielanlage hat und damit konstant überperformed. Ich weiß gar nicht, wo ich mit der Aufzählung der Klasse der Bochumer Spieler anfangen soll. Robert Zulj habe ich schon genug beleuchtet, auch in anderen Teilen des Teams verbergen sich Top-Spieler der Liga auf ihrer Position: Torwart Manuel Riemann wird auf Rang zwei der Liga geführt. Maxim Leitsch ist auf Rang drei und Armel Bella-Kotchap auf Rang fünf aller Innenverteidiger. Danilo Soares liegt auf Platz zwei der Außenverteidiger (Cristian Gamboa „nur“ auf Rang 17, was mich schon wundert). Im defensiven Mittelfeld wird Anthony Losilla ligaweit auf Rang drei geführt (aufgrund seiner Zweikampfstärke) und Robert Tesche auf Rang fünf (aufgrund seiner offensiven Impulse). Damit sind alle sieben defensiven Spieler in der Startelf des VfL Bochum echte Extra-Könner ihres Fachs in Liga zwei. Sowas kann kein anderer Zweitligist auch nur ansatzweise vorweisen. Beeindruckend.

What a Team der VfL Bochum is!
(Lars Baron/Getty Images/via OneFootball)

These: Die Absteiger heißen Eintracht Braunschweig, VfL Osnabrück und… Erzgebirge Aue

Puuh, Osnabrück, die Serie ist inzwischen echt schon richtig heftig: Acht Niederlagen am Stück sind es. Ich werde aber noch einen draufpacken und schreiben: Das war bereits vorher in den xG-Werten zu erkennen, dass es Euch noch in den Abstiegssog ziehen wird. Denn bereits nach 15 Spieltagen stellte Osnabrück die drittschwächste Offensive der Liga und die fünftschwächste Defensive. Allerdings wurden diese schwachen Werte durch überdurchschnittliche Chancenauswertung ausgeglichen. Schaut man sich mal die Vergleichs-Tabellen der real erzielten Tore mit den xG-Werten von vor wenigen Wochen und jetzt an, so wird deutlich, dass dieser Ausgleich nicht mehr vorhanden ist.
Und während alle anderen Teams ganz unten Unterperformer sind, spielt der VfL Osnabrück genau das, was nach xG zu erwarten ist. Aus Datensicht ergibt das eine ganz schlechte Prognose.

Das schwächste Team nach expected Points ist aber nicht Osnabrück, es ist Eintracht Braunschweig. Und ehrlich gesagt ist es schon echt verboten, was die in der Liga anbieten: Wenigste Torschüsse, schlechteste Passquote, geringster Ballbesitz, wenigste Pässe ins Angriffsdrittel, schwächstes Team in der Luft, nach xG schwächste Offensive – und das sind nur die Statistiken bei denen sie das schwächste Team der Liga sind. Es gibt noch unzählige bei denen sie „nur“ das zweit- oder drittschwächste Team sind.
Es war schon vor der Saison klar, dass Eintracht Braunschweig eine schwere Spielzeit vor sich haben würde. Mit Daniel Meyer als Trainer hatte ich jedoch etwas mehr Spielkultur erwartet als es aktuell der Fall ist. Mir fehlt da die Fantasie, dass das noch besser wird.

In den Wahnsinn treibt mich Woche für Woche Erzgebirge Aue. Die sind mit großem Abstand das schwächste Team der Liga nach xG-Werten (und das schon seit immer). Vor allem in der Defensive lassen sie viel zu viel zu. Aber Aue hat unglaubliche 14(!) Tore weniger gefangen, als nach xG zu erwarten wäre. Vierzehn Tore! Das ist ein wahnwitziger Wert. Und es ist hauptsächlich Martin Männel, dem dieser Wert zu verdanken ist. Durchschnittlich ein halbes Tor weniger fängt sich Aue pro Spiel mit Männel im Tor. Macht 11 Tore nach 22 Spielen. Bei einem aktuellen Torverhältnis von 31:30 könnt ihr Euch ja in etwa ausrechnen, was das bedeuten würde, wenn Männel nicht im Tor stehen würde.
Zusätzlich ist Aue auch ein Überperformer in der Offensive und hat drei Tore mehr erzielt als nach xG wahrscheinlich. Die machen mich echt fertig!

Seit neuestem Rekordspieler und zweifelsohne das beste, was das Erzgebirge zu bieten hat: Martin Männel
(Matthias Kern/Getty Images/via OneFootball)

…in Wirklichkeit sind es aber die Würzburger Kickers, die runtergehen

Die sind nämlich die größten Unterperformer der Liga und bei fast zehn Punkten weniger als nach xP möglich, kann man inzwischen fast nicht mehr von Pech schreiben, sondern muss ganz generell überlegen, ob die Unterperformance nicht so etwas wie die maximal mögliche Performance der Kickers ist.

These: Spannenden Fußball gibt es beim… FC St. Pauli

Wenn ich als neutrale:r Zuschauer:in Zweitliga-Fußball schauen möchte und Tore und Torraumszenen liebe, dann muss ich mir Spiele des FC St. Pauli anschauen. Die stellen die zweitbeste Offensive und zweitschwächste Defensive der Liga nach xG-Werten. Zusammen ergibt das den höchsten xG-Wert der Liga und damit eine Art eingebaute Torgefahr-Garantie.
Auf Rang zwei der Liga folgt Darmstadt 98. Beide Teams haben ja am letzten Wochenende im direkten Aufeinandertreffen gezeigt, was ein hoher xG hüben wie drüben bedeutet: Ein berauschendes Fußballspiel. In der Tabelle folgen Aue (hauptsächlich dank eines hohen gegnerischen xG), der KSC und Bochum.
Eher abschalten sollten neutrale Zuschauer:innen bei Spielen von Eintracht Braunschweig, SV Sandhausen, dem 1. FC Heidenheim (es sei denn sie spielen gegen den FCSP, da lautet die Bilanz nach zwei Spielen 5:8 Tore) und Fortuna Düsseldorf.

Was kommt?

Schaltet ein am Freitag bei Darmstadt gegen KSC! Da passiert dann vermutlich genauso viel wie am gesamten Sonntag, wenn Braunschweig (gegen Nürnberg) und Sandhausen (gegen Osnabrück) im Einsatz gegen direkte Konkurrenten sind und Heidenheim und Düsseldorf aufeinandertreffen.
Samstag treffen sich dann Hannover und Fürth im Topspiel. Auch Bochum und Kiel sind da im Einsatz. Aber klar, das Wochenende ist sowieso nur ein Vorgeschmack auf den kommenden Montag, wenn die Stadtmeisterschaft ausgespielt wird.

// Tim

(sämtliche Daten kommen von wyscout)

Alle Beiträge beim MillernTon sind gratis. Wir freuen uns aber sehr, wenn Du uns unterstützt.

MillernTon auf BlueSky // Mastodon // Facebook // Instagram // Threads // WhatsApp // YouTube

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert