Unruhe zur Unzeit

Unruhe zur Unzeit

Seit Wochen scheint es beim FC St. Pauli intern zu rumoren. Es geht um auslaufende Verträge und Prämien. Es ist bereits schlimm genug, dass interne Details in den Medien gut zu verfolgen sind. Schlimmer ist aber, dass sie mindestens als Ausrede für einen eventuell verspielten Aufstieg dienen könnten, wenn nicht sogar tatsächlich die entscheidenden Prozentpunkte kosten. Das ist, gelinde gesagt, frustrierend.
(Titelbild: Peter Böhmer)

Platz 12 in der Rückrundentabelle. Jenes Team, welches in der Hinrunde die Gegner meist in Grund und Boden spielte, ist in der zweiten Saisonhälfte nur noch ein Schatten seiner selbst. Je länger die Rückserie dauert, umso unerklärlicher wird, wie es zu diesem Leistungsabfall kommen konnte. Klar, Verletzungen auf der Rechtsverteidiger- und Sechser-Position spielen eine Rolle. Genauso wie gegnerische Dreierketten. Sicherlich hat der FCSP in der Hinrunde auch ein wenig über seinen Verhältnissen gespielt und erlebt nun das Gegenteil. Timo Schultz sagte mal bei uns im Podcast, dass kritische Themen immer dann hochkochen bzw. dreckige Wäsche immer dann gewaschen wird, wenn es sportlich nicht läuft. Nun also, bitteschön.

In den letzten Wochen wurde medial mehr und mehr darüber geschrieben, dass es auch aufgrund interner Querelen zu einem Leistungsabfall gekommen sein könnte. Spätestens nachdem Timo Schultz vor dem Spiel gegen Sandhausen auf der Pressekonferenz ungewohnt deutlich auf die Frage nach auslaufenden Verträgen antwortete („Schade, dass da seit Dezember nichts passiert ist.„) war allen klar, dass es sich bei dem Thema nicht nur um eine medial aufgebauschte Angelegenheit handeln würde. Aber das scheint nicht das einzige Thema zu sein: Dem Vernehmen nach gibt es auch mindestens Kommunikationsprobleme zwischen Spielerseite und sportlicher Leitung in Sachen Prämienzahlungen. Das sind Dinge, die viel zu präsent sind und sie kommen zur Unzeit. Und leider ist es nichts, was in der medialen Öffentlichkeit spekuliert und von außen hereingetragen wird. Es ist sogar eher anders herum.

Wo ist eigentlich das Problem?

Auslaufende Verträge und stockende Verhandlungen über Prämien gehören zum Fußball dazu. Es wäre sehr verwunderlich, wenn allein die Tatsache, dass ein paar Verträge enden (neun Spielerverträge sind es – das ist für Zweitligaverhältnisse nicht viel) und Verhandlungen über Prämien stocken, für interne Misstöne sorgen. Als Gegenbeispiel dienen da Holstein Kiel und Greuther Fürth in der Vorsaison. Auch dort liefen einige Verträge aus und trotzdem gelang es beiden Clubs unter den ersten Drei zu landen. Was also soll bitte das Problem beim FC St. Pauli sein?

Deutschland, Hamburg, 23.04.2022, Fussball 2. Bundesliga 31. Spieltag, FC St. Pauli - SV Darmstadt 98 im Millerntor-Stadion Die Mannschaft vom FC St. Pauli nach dem Tor zum 0:2 enttaeuscht
Momentan wird mehr aus dem Innenleben des FC St. Pauli bekannt, als allen lieb ist.
(c) Peter Böhmer

Das ist von außen nicht zu beantworten und jede Spekulation darüber ist eine zuviel. Klar ist aber: Hier findet gerade mindestens misslungene interne und externe Kommunikation statt. Die führte dazu, dass die Außendarstellung so schlecht ist, wie es die sportlichen Leistungen in der Rückrunde teilweise sind. Der Profikader und die sportlich Verantwortlichen geben momentan nicht das Bild eines für ein gemeinsames Ziel kämpfendes Team ab. Und das ist freundlich ausgedrückt.

Zum einen wurde von wem auch immer an das völlig falsche Medium berichtet, wie die stockenden Verhandlungen zu Prämien aussehen. Der Bericht ist so detailliert und wurde bisher vom FC St. Pauli nicht widerrufen, sodass man von einem hohen Wahrheitsgehalt ausgehen muss. Da frage ich mich einfach nur: Was soll die Scheiße? Warum musste in dieser Situation, es geht immerhin um den Aufstieg in die Bundesliga, aus der Kabine heraus geplaudert werden? Auch hier könnte nur spekuliert werden, woher genau die Info stammt. Die Frage ist, wer ein Interesse daran haben könnte, diese Info weiterzugeben. Aber es ist ganz sicher, dass solche Infos alles andere als hilfreich sind, um sich einzig auf das sportliche Geschehen zu konzentrieren.

Update:
Gestern Abend war Andreas Bornemann zu Gast beim Sport1-Doppelpass (mit dem schönen Beinamen „Maschinensucher“) und hat sich dort zu dem Thema geäußert. Die Aussagen zu den Geschehnissen um die Prämiendiskussion dürften nicht als Schlichtung herhalten:

Verwundert hat mich, dass ich davon in der Zeitung lesen musste wer bei mir im Büro war. Das kommt ja schon ab und zu vor und ist auch sicherlich nicht ganz so verkehrt. Aber es passt so ein bisschen in die Szenerie, in die Chronologie rein. (…) Wie schlau es ist nach dem Nackenschlag in Sandhausen am darauf folgenden Tag nach einer Aufstiegsprämie zu fragen… wie sagt man so schön: Timing kann man nicht lernen.

Andreas Bornemann im Sport1-Doppelpass

Von Wohlfühloase weit entfernt

Des Weiteren landeten auch am Montag nach dem Spiel sehr detaillierte Infos in den Medien: In einem Bericht des kicker wurde geschrieben, dass die Vertragssituationen inzwischen sehr viel klarer sind, als wochenlang vermutet: Die Verträge von Philipp Ziereis, Christopher Buchtmann, James Lawrence, Sebastian Ohlsson, Jannes Wieckhoff und Rico Benatelli sollen dem Bericht zufolge nicht verlängert werden. Bei Simon Makienok, Maximilian Dittgen und Adam Dźwigała sei noch keine Entscheidung über eine Verlängerung gefallen. Zudem stehe eine Einigung mit den beiden Co-Trainern Fabian Hürzeler und Loïc Favé kurz bevor.

Auch diese Info ist so detailliert, dass es sich dabei kaum um zufällig aufgeschnappte oder investigativ zusammengesetzte Teile handeln dürfte. Es wäre mehr als verwunderlich, wenn es sich nicht um bewusst gestreute Infos handelt. Allein deshalb, weil der kicker nicht dafür bekannt ist, halbgare oder unbestätigte Infos zu verarbeiten, eher im Gegenteil. Nein, alles deutet darauf hin, dass diese Infos beim kicker platziert wurden. So bleibt auch hier die Frage nach dem „Warum“?

Aus Vereinssicht erscheint es sogar sinnvoll, die Info zu streuen darüber, mit wem verlängert werden soll und mit wem nicht. Denn dadurch könnten Spekulationen zu dem Thema beendet werden und die Berichterstattung dürfte wieder mehr auf den Fußballplatz gelenkt werden. Es stellt sich aber die Frage, wie das die Spieler selbst finden, wenn das an die Öffentlichkeit gelangt und vor allem, wie es der Verein bis zu diesem Punkt kommen lassen konnte (einen Erklärungsansatz gibt es in diesem Artikel). Der Eindruck, der nun bei nicht Wenigen entstanden ist: Es wäre besser gewesen, wenn diese Thematik schon vor Wochen, auch in der Öffentlichkeit, geklärt worden wäre. So wurde aber, drei Spiele vor Saisonende, ein Fass aufgemacht, aus dem es schon seit Wochen raussuppt und dessen Inhalt gerade jetzt niemand trinken möchte.

Deutschland, Duesseldorf, 11.12.2021, Fussball 2. Bundesliga 17. Spieltag, Fortuna Duesseldorf - FC St. Pauli in der Merkur Spiel-Arena Philipp Ziereis (FC St. Pauli) - Maximilian Dittgen (FC St. Pauli) und Guido Burgstaller (FC St. Pauli) bedanken sich nach dem Spiel bei den Fans
Gut möglich, dass nächste Saison keiner der drei Spieler in der vorderen Reihe noch beim FC St. Pauli spielt.
(c) Peter Böhmer

Spekulationen nicht beendet

Noch viel mehr stellt sich aber die Frage, warum eine Person gar keine Erwähnung findet. Denn über einen weiteren auslaufenden Vertrag, dem von Torwart-Trainer Mathias Hain, ist in dem Bericht nichts zu lesen. Unwahrscheinlich, dass das einfach vergessen worden ist. Wenn noch keine Entscheidung getroffen wurde, dann hätte das ebenso dort stehen können, wie im Falle der drei Spieler, deren Zukunft beim FCSP noch ungeklärt ist. Die Spekulationen dürften also nicht abreißen. Warum wird das also nicht kommuniziert?

Es ist mehr als ernüchternd, dass diese Themen in den letzten Wochen überhand genommen haben. Eigentlich haben wir uns alle die totale Aufstiegseuphorie gewünscht. Stattdessen bröckelt die Fassade ganz gewaltig. Natürlich auch deshalb, da es sportlich alles andere als rund läuft. Zum Vorschein kommt ein Club, in dem es rumort und bei dem es viel mehr um Geld zu gehen scheint, als es meine romantische Fußballseele wissen möchte. Das ist sehr frustrierend.

Ob dies die Leistung auf dem Platz beeinträchtigt, kann natürlich nicht geklärt werden. Aber es passt einfach sehr gut ins Bild von einem Fußballteam, welches sich sein eigenes Loch schaufelt, weil es mindestens ein Kommunikationsproblem hat. Die Außendarstellung ist aktuell jedenfalls ziemlich dürftig (die interne Kommunikation anscheinend auch).
Timo Schultz hatte zuvor immer betont, dass aus seiner Sicht unklare Vertragssituationen keinerlei Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit nehmen würden. Er erklärte das damit, dass viele Spieler diese Situation kennen und sie mit Leistung im Training und in den Spielen die besten Argumente für ihre Zukunft sammeln würden. Das sehen wir auch so. Aber ob das wirklich alle so sehen, erscheint fraglich.

Ich bin jedenfalls mächtig angefressen über die jetzige Situation. Darüber, dass Infos wiederholt nach außen dringen. Darüber, dass hinter den Kulissen der Fokus nicht zu 100% auf dem möglichen Aufstieg zu liegen scheint. Ja, mir ist auch klar, dass in einem Profifußball-Kader nicht immer alles eitel Sonnenschein ist. Soll es ja auch nicht, denn die Wohlfühloase will hier auch niemand. Aber allein die Tatsache, dass solche Infos an die Öffentlichkeit gelangen, deutet auf ernsthafte interne Querelen hin. Es ist mehr als wünschenswert, dass zumindest in den Wochen bis Saisonende Ruhe einkehrt und sich alle voll und ganz den weiterhin erreichbaren Zielen widmen.
// Tim

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19 thoughts on “Unruhe zur Unzeit

  1. Moin Tim,
    alles was du da gerade beschreibst kann irgendwie gut sein. Aber es zeigt halt leider nur, dass unsere Profimannschaft in großen Teilen halt auch nur eine ganz „normale“ Mannschaft ist und weit weg von unseren romantischen Vorstellungen vom Fußball. Das wir die Kommunikation evtl. ungünstig finden (nett ausgedrückt), insbesondere das durchstechen an Springer, liegt ja an uns. Aber für mich ist alles was du schreibst mehr oder weniger ganz normaler Betrieb. Da du jetzt auch auf Springer hingewiesen hast, wie schon jemand anders in einem Kommentar, habe ich mir das Leid angetan und diesen Bericht mal gelesen. Und denke nur so what. Da hat die Mannschaft die große Chance aufzusteigen und hatte bis Samstag trotz einer elenden Rückrunde noch alles selbst in der Hand und dann haben sie nicht die intrinsischen Motivation, um alles zu geben, um ihr persönliches Ziel – Aufstieg – zu schaffen. Weil noch nicht klar ist, ob ich am Ende 15000 oder 20000€ oder was auch immer an Prämien bekomme, bin ich nicht mehr in der Lage alles zu geben? Also Geld und nicht Erfolg die Motivation? Darum stecke ich Infos an Springer durch? Da bin ich jetzt zu viel Romantiker, aber auch Sportler und muss eindeutig sagen – nee das ist mir alles zu billig. Für mich war Samstag ein Spiel, wo es keinen Trainer (oder Geld) für irgendeine Motivation gebraucht hätte, da hätte ich von der Mannschaft ein Feuerwerk erwartet aber nach dem Spiel wird gesagt wir waren überrascht, wie aggressiv (motiviert) Darmstadt von Beginn an war. Tja da hat wohl eine Mannschaft von Beginn an die Chance gesehen und die andere leider nicht. Ich erwarte von der Mannschaft in den nächsten 3 Spielen nichts anderes als alles von Beginn an zu geben, danach können wir uns dann gerne über die Aufstiegsprämie unterhalten, die es dann ja geben wird, vorher will ich davon gar nichts mehr hören.

  2. Ich glaube, wären wir in der Rückrunde besser und wären mit etwas Vorsprung auf Platz 1 oder 2, wären alle diese Punkte gar kein Thema. Das kocht jetzt hoch, weil der sportliche Erfolg fehlt. Und das ist völlig normal. Und: Es gibt ja auch eine Gruppe Mensch, die meist viele Interna kennt und keine Bindung zum Gefüge (Verein, Mannschaft) hat und somit aus reinem Selbstzweck agiert – der Spielerberater (gibt es Spielerberaterinnen?). Dagegen kann man als Verein wenig machen, außer selber in die Offensive gehen. Aber will man sich treiben lassen?

    Ich behaupte mal, für die Spieler ist das alles völlig normal – das kennen die doch seit frühester Jugend.

    Was Matze Hain betrifft – da würde mich eine Verlängerung sehr überraschen, gehört er für mich doch eigentlich gefühlt zum „alten St. Pauli“, von dem man sich doch Stück für Stück getrennt hat (siehe Truller). Und mal ehrlich – ich habe nicht das Gefühl, das irgendein Keeper bei uns in den letzten Jahren besser geworden ist. Ich habe da aber eindeutig zu wenig Ahnung von – daher bewusst das Wort „Gefühl“.

    Fazit: In meinen Augen wird da jetzt geschrieben, da Zeitungen eben schreiben würden. Das darf einfach keine Ausrede sein, diese Situation hat im Prinzip doch jede Mannschaft aktuell.

    1. Moin das mit den Beratern oder nennen wir es mal Interessensgruppen, auf die der Verein keinen oder kaum Einfluss hat finde ich einen sehr guten Punkt.
      Ob die im Bericht erwähnten Punkte kein Thema wären, wenn wir sportlich „besser“ dastehen würden glaube ich nicht einmal – nur die Auswirkungen wären andere. Jetzt wird es ja insbesondere von einigen Medien (die ja grundsätzlich bei uns nicht mehr gefüttert werden solten) dazu genutzt, um erst einmal überhaupt eine Story zu haben und schlechte verkaufen sich immer besser als positive. Und es wird als Grund für den Einbruch benannt. Wenn die Situation etwas anders wäre, wäre die Story vermutlich in etwa – St Pauli Spielern ist die Prämie völlig egal, der alte Roar ist wieder da…….

      Bei Matze Hain bin ich so etwas von bei dir.

  3. Hi Tim,
    ich frag mich: wie will man es besser machen? Es bleiben weiterhin Großteile der Kommunikation hinter internen Türen. Prämiendiskussion hin oder her- das ist für mich nicht Grund für schlechte Leistungen- und passt auch nicht zu den wirklich guten Spielen gegen Bremen und Darmstadt (wenn auch die Punktausbeute nicht gut war). Es gab genug Spiele und Möglichkeiten mehr Punkte zu sammeln (z.B. Sandhausen).Hätten wir nur diese 3 Spiele positiver bestritten, wären das 7 Punkte mehr auf dem Konto und wir würden über ganz andere Dinge sprechen. Hätte, würde und könnte… ich weiß… Aber ich sehe keinen wirklichen Zusammenhang und ich will den auch nicht gelten lassen. Wir sollten aufpassen und uns auf diese medialen Spielchen nicht einlassen. Ich glaube die unklare Situation über die Ligazugehörigkeit ist nicht zu unterschätzen- ich gehe aber eigentlich ehrlicherweise auch davon aus, dass mit den Spielern – deren Verträge auslaufen, über die komplizierte Lage schon frühzeitig gesprochen wurde- so schätze ich Herrn Bornemann ein. Bezüglich Schulles Aussage auf der PK glaube ich, dass sich seine Antwort nur auf seine Co-Trainer bezog und weniger auf Spieler. Lasst uns nicht nicht Nebenschauplätze größer machen als sie sind. Wir haben noch drei Spiele. Die können wir gewinnen. Und dann steigen wir auf – egal was jetzt berichtet wird. VG Krille

    1. Du hast völlig recht, den Einfluss dieser Themen auf die Ergebnisse schätzen wir auch gering ein.
      Und letztlich ist es auch das „normale“ Gebaren in einem Profiklub. Nerven tut es trotzdem und ich denke, dass eine zeitigere Reaktion der sportlichen Leitung für weniger Unruhe hätte sorgen können.

  4. Puh,

    Für mich sind diese Themen tatsächlich Grund Nummero Uno für die sportliche Leistung und dann Ergebnisse…

    Wenn ich nicht weiß ob mein Vertrag verlängert wird, entsteht Unsicherheiten egal ob ich das kenne oder nicht.

    Wenn ich weiß dass mein Vertrag nicht verlängert wird, such ich (der Berater) nen neuen Verein und/oder ich beweise mich, dass ich doch noch ne Chance auf nen neuen Vertrag bekomme.
    In dem Moment wo klar ist, dass man bei einem anderen Verein spielt, gibts 2 Möglichkeiten: Vollgas um sich gut zu verabschieden oder gesund bleiben/professionelles Verhalten an den Tag legen, aber nicht 110% (was nötig wäre bei der Konkurrenz Situation in der Liga)

    Finde ich auch nur menschlich und nachvollziehbares Verhalten

    Egal, weiter, Forza Forza Forza

  5. Moin Tim,
    Ich bin ja sonst ein grosser Fan von Deinen Artikeln. Hier bin ich aber komplett anderer Meinung. Ich denke, Du suchst die „Schuld“ , zumindest in Teilen des Artikels, an der falschen Stelle (Bornemann).

    Meine Hypothesen:
    (1) Unsere Abwehr ist nicht bundesligareif, sondern hoechstens zweitligamittelklasse (sowohl Koennen als Wille/Einsatz)–das kostet uns grade den Aufstieg (statt sich in Paesse und Schuesse zu werfen, heben unsere Abwehrspieler die Hand und reklamieren Hand/Abseits)
    (2) Das ist auch kein Wunder, weil genau die Abwehr Teil des „alten“ StPauli ist.
    (3) Bornemann hat sich committed, dass er die Mannsschaft (inkl teil des Trainerteams) sukzessive austauschen will. Das ist immer ein schwieriger Prozess aus verschiedenen Gruenden ( u.a. weil es Widerstaende der Berater gibt die oft hochmanipulativ agieren–remember Ziereis nach Liverpool?), entsprechend sind vorherige Sportdirektoren daran gescheitert–was zu Verlaengerung von Vertraegen von Ziereis etc gefuehrt hat
    (4) Egal wie Du als Sportdirektor agierst, du bist der Boese: (a) Kommunzierst Du frueh, dass mit Ziereis, Hain etc nicht verlaengert wird, bist Du Schuld an der mangelnden Motivation der Abwehrspieler im Fruehjahr (dann hattest du das jetzige Theater 3 Monate frueher); (b) Kommunzierst Du spaet, dass mit Ziereis, Hain etc nicht verlaengert wird, bist Du Schuld an der mangelnden Motivation der Abwehrspieler im Saisonentspurt. Einen Tod musst Du sterben, wie Schulle immer sagt.
    (5) Daher liegt die Haupt-Verantwortung fuer das jetzige Theater nicht beim SD, sondern (a) im strukturellen (Teamreorganisation nach jahrelanger Fehlplanung) und (b) bei bestimmten Spielern und ihren manipulativen Beratern

    Ich persoenlich bin sehr froh, dass wir Bornemann haben und dass er sich traut, unpopulaere Entscheidungen zu treffen.

    1. Da geh ich voll mit! Die schlechte sportliche Entwicklung auf die Vertragssituation zu schieben halte ich für eine viel zu einfache Erklärung.
      Es kommt halt viel zusammen grade:
      Formschwäche Einzelner Spieler (Medic, Burgstaller), fehlende Qualität (gesamter Abwehr außer Paqa, Aremus Spielaufbau, Amenyidos Technik, Torgefahr der 8er, …) Verletzungen (vor allem auf der 6 und LV), fehlendes Spielglück (4 Mal Pfosten gegen ?, Bremer Handtor,..), taktische Anpassung der Gegner (3er Kette) und dann teilweise fehlende Einstellung. Das betrifft aber nicht wirklich die ohne Vertrag. Ziereis, Lawrence, Benatelli, Ohlsson, Wieckhoff, Becker, Dittgen, Buchtmann haben in den letzten Wochen eh kaum eine Rolle gespielt und Makienok kann man wohl kaum fehlenden Einsatz vorwerfen

    2. Moin Zet,
      da bin ich grundsätzlich voll bei dir und ich hoffe, dass aus dem Text klar hervorgegangen ist, dass ich die „Schuld“ nur bedingt bei den sportlich Verantwortlichen suche (ich schreibe ja auch bewusst, dass ich das Verhalten nachvollziehen kann). Denn, wie Du es auch darstellst, ist es die „Wohlfühloase“, die wir hier nicht mehr haben wollen, die auch jetzt noch Stück für Stück aufgebrochen werden muss. Und grundsätzlich sehe ich keinen Zusammenhang zwischen Leistungsfähigkeit und auslaufenden Verträgen, wie ja auch im Text geschrieben steht.
      Ja, als Sportchef musst Du sicher immer der Böse sein, das ist klar. Ich denke trotzdem, dass die Kommunikation hier unglücklich verlaufen ist und es bei frühzeitiger öffentlicher Kommunikation nicht so hoch gekocht wäre. Aber das ist nur meine Vermutung. Kann ihm natürlich auch genauso vorgeworfen werden, wenn es danach sportlich nicht läuft, so wie du es auch beschrieben hast.

      1. Im Prinzip sind wir dann relativ nah aneinander dran (was mir nach dem lesen des Texts nicht so deutlich war). Der Dissens ist dann bzgl der Kommunkation. Aber auch hier vermute ich eher andere als den Sportchef als querschiessende Akteure (Berater, Spieler, unzufriedene Ehemalige, quickbaitende Medienleute). Bsp: Als mit Truller nicht verlaengert wurde, gab es mehrere Male traenenruehrige Artikel in den Medien wie gemein das Nichtverlaengern war–obwohl Timo Schulz seinerzeit, da bin ich ziemlich sicher, professionell mit Truller kommunziert hatte.

  6. Das ist doch als Diskussion sowas von hanebüchen, dass ich nur bedingt verstehe, dass auf den Diskussionszig aufgesprungen wird. Es ist ja auch kein unbekanntes Phänomen, dass gegen Ende der Vertragslaufzeit oder nach schwierigen Phasen von Leuten wie Buchtmann oder Ziereis die Medien involviert werden. Aber im Ernst: maximal zwei oder drei der noch nicht verlängerten Spieler konnten überhaupt mit einer realistische Chance auf Verlängerung rechnen. Und wer auf die Namen auch nur flüchtig guckt, sieht das sofort. Und kann sich entscheiden, über wen er sich ärgern möchte. Ich bin ganz froh, dass die Leute, über die ich mich da ärgere, am Ende der Saison endlich weg sind – früher wäre besser gewesen.

    Das einzige, was überhaupt zu hinterfragen gewesen wäre, ist die Sache mit Fave und Hürzeler.

    1. Was ich im Artikel hinterfrage ist der Zeitpunkt der Kommunikation, nicht die Entscheidung selbst. Und was ich kritisiere ist das Durchstecken an Infos an die Medien. Auch die Reaktion von Bornemann, bei Sport1 detailliert und fast schon höhnlisch den Mannschaftsrat zu kritisieren, finde ich eher nicht so gut.

      1. Tim, da bin komplett anderer Meinung und komplett bei Slarti–und das ist es auch was ich insgesamt an Deinem Artikel kritsiere :

        Bornemann kommt fuer mich nicht „hoehnisch“ rueber–eher sehr frustriert. Und aus meiner Sicht auch voellig zurecht. Es scheint ja zu stimmen, dass einige aus dem Mannschaftsrat–nach dem Sandhausespiel !!!– beim Sportchef auftauchten um Aufstiegspremien zu verhandeln.
        Fuer mich ist das ein Offenbarungsseid: Ziereis und einige andere (nicht Burgi–den hat Bornemann explizit gelobt) beschaeftigen sich nicht mit zu 100% mit dem Aufstieg und ihrem Unzulanglichkeiten im Abwehrverhalten, die zum 1:1 in Sandhausen gefuehrt haben (und anderen vermeidbaren Gegentoren), sondern mit Aufstiegspraemien???!!!
        Das ist kein „Kommunikationsproblem“, sondern ein Einstellungsproblem der betreffenden Spieler. Und das gilt es zu kritisieren, aus meiner Sicht!

  7. Ich kann mich dunkel daran erinnern, dass es beim FCSP schon einmal eine Zeit gab, bei der Prämien, Verträge und Torwarttrainer eine Rolle spielten. Irgendwie erzeugt das bei mir ein kleines Deja-vu. Und so eine Ausrede für Ergebnisse wird doch wohl hoffentlich niemand ernsthaft vortragen wollen.

    Und was ich dazu noch sagen möchte: es lebt sich als Fan viel entspannter, wenn man solche Medien gar nicht liest. Gut, dann kriegt man nur durch den Millernton mit, dass das scheinbar gerade ein Thema ist – aber da man da eh nichts ändern könnte, ist das auch nichts, worüber ich mich als Fan ärgern müsste. Da gibt es aktuell wichtigere Themen als irgendwelche Boulevardmedien, die eh immer Unruhe sähen wollen, wo vielleicht gar keine Unruhe herscht. Stimme insofern Torben von 10:14 Uhr.zu…

  8. Unruhe auch untereinander? Weiß ja nicht, ob ich diesen Eindruck exklusiv habe, aber in den letzten Spielen fällt mir eine Zunahme des Genörgels untereinander auf dem Spielfeld auf. Ob das nun eine Folge des Frustes über die ausbleibenden Erfolgserlebnisse, die unklaren oder unbefriedigenden Zukunftsaussichten des einen oder anderen ist, kann ich nur spekulieren.
    Jedenfalls empfinde ich es so, dass Fehler von anderen noch in der Hinrunde mit einem „kannjamalpassieren“-Lächeln begleitet wurden, weil unterm Strich ja doch erfolgreich gespielt wurde. Jetzt wird imho doch mehr gemeckert oder auch mit erhobenem Reklamierarm stehengeblieben, da werde ich persönlich immer sehr an den Sportkameraden Bouhaddouz erinnert, dessen abfällige Gesten den Kollegen gegenüber mir stets ein Ärgernis waren. Mag alles nicht stimmen, aber ich versuche mir zu erklären, warum diese an sich doch tolle Mannschaft sich mit dem Arsch alles umschmeißt, was sie sich in der ersten Saisonhälfte aufgebaut hat.
    Klar, diese idealisierte 11 Freunde müsst ihr sein Nummer wirds im Profifußball nicht geben, aber wenn da nicht einige Kopfschalter umgelegt werden, kommst du halt gegen Saisonende in einen Strudel, der dann am Ende nicht zu dem Ziel führt, das viele sich so sehr wünschen.

    Alles noch drin. 3 Spiele, 9 Punkte, Stuttgart in der Reli raushauen und vor Stellingen bleben: Zack – Alle zufrieden.

  9. Das Alles und noch viel mehr … OK, nicht nur ein bisschen sondern extrem aus dem Zusammenhang gerissen.

    Wir wollen Spieler, die sich mit dem Verein identifizieren – hat eigentlich einer der wenigen Dienstälteren den Staffelstab von Schnecke übernommen und erklärt den Neuen, was das ist hier bei uns? (bzw. was es in meinen verträumten Vorstellungen sein sollte) Den früher obligatorischen Stadtteilrundgang haben jedenfalls die wenigsten aus dem aktuellen Kader erlebt. Bei den übrigen gab es vielleicht Sprachprobleme und/oder es interessierte sie nicht wirklich; manche sollen wohl tatsächlich kommen, weil ein mittelmäßiger deutscher Zweitligist ein Sprungbrett für die Kariere sein könnte.
    Ich kann mir vorstellen, dass manche Spieler gekommen und sogar schon wieder gegangen sind ohne jemals einen Fuß ins Viertel gesetzt zu haben (abgesehen vom Stadion natürlich).

    Bezeichnend war für mich die Angst in den Gesichtern der Spieler, nach einem verlorenen Spiel zu den Fans zu gehen, als wieder (mehr) Zuschauer zugelassen waren.

    Ich habe den Eindruck, dass die Verantwortlichen – ich nenne hier absichtlich keine Namen – professionell arbeiten wollen. Natürlich, gern, bloß keine Wohlfühloase, aber was ist das für eine Angst davor, dass dieser Begriff aus der Schublade geholt wird, sobald der interne Umgang nicht knallhart ist? (Mir ist schon klar, dass mit Spielerberatern in der Regel anders umgegangen werden muss, und dass auch einige Spieler ziemlich abgezockt sind. Der angemessene Umgang gehört dann aber bei der sportlichen Leitung für mich zum Anforderungsprofil in der Kategorie Menschenkenntnis.)

    Da kommt zum Beispiel ein talentierter Spieler aus Volendam, einem Ort mit ca. 20.000 Einwohnern (ja, ich weiß, nicht soo weit von Amsterdam), der mit 24 Jahren!! das erste Mal in eine andere Stadt wechselt, nämlich nach Heerenveen (ca. 50.000 Einwohner). Der kommt nun also nach Hamburg und landet in Langenhorn, Frau und Kind bleiben in den Niederlanden, nach einer guten Hinserie verletzt er sich schwer, Reha in den Niederlanden, Rückkehr nach Hamburg, er spricht kein Wort Deutsch mehr, von den Verantwortlichen die ihn geholt haben ist keiner mehr da und Jos, na ja … Der kommt hier nicht klar. Ich hätte da einige Ansatzpunkte gesehen.

    Auch Fußballspieler sind verschieden, manche Spieler brauchen mehr Unterstützung als andere wenn sie zum Beispiel auf so etwas wie den Hamburger Wohnungsmarkt treffen.

    Da zu sagen „Das ist im Fußball so, die (Spieler) kennen das nicht anders“ oder „Das sind Profis, die müssen alleine zurechtkommen“ ist mir zu einfach. Heißt denn „Dieser Verein ist anders“ nur, dass wir uns um viele Dinge außerhalb des Fußball(stadion)s kümmern, oder heißt das auch, dass wir uns hier auch um die Bedürfnisse der Spieler kümmern? Ich fange an zu zweifeln, ob es unter den jetzigen sportlichen Verantwortlichen (die derzeitige finanzielle Situation mal ausgeblendet) so etwas wie eine Vertragsverlängerung für Ziereis nach Kreuzbandriss und während der Reha gegeben hätte.

    Wir wollen, dass unsere Spieler sich anders verhalten, als die Spieler anderer Mannschaften, aber woher soll das kommen, dieses „andere“. Auf der Suche nach neuen Spielern geht es nach den üblichen Kriterien und es werden wohl höchstens absolute Arschlöcher aussortiert. (Weiß ich jetzt gar nicht, ob da noch mal einer drüber guckt und sagt: Den können wir im Verein bzw. dem überwiegenden Teil der Fans nicht vermitteln. Oder der entscheidet, dass es ausreicht, wie sich Rodrigo für sein unsägliches Posting aus Auschwitz entschuldigt hat.)
    Wenn sie dann hier sind müsste es also eine Möglichkeit für sie geben zu erfahren dass manches hier anders ist. Nicht nur irgendein Job in einer tollen Stadt.

    Vielleicht war das aber auch schon immer so, und es ist nur eine Glorifizierung der Vergangenheit, wenn ich denke, dass früher bei St. Pauli vieles besser war. Dass es ein Rückgrat der Mannschaft aus Spielern gab, die für länger als eine Vertragslaufzeit hier waren, dass es deshalb nicht so schlimm war, wenn Spieler innerhalb der Stadt wechselten, wie der Torwart, der den Elfmeter von Ulf Kirsten gehalten hat, oder der Typ aus Würzburg, dass wir auch mal das Glück hatten, dass Dietmar Jacobs seinen Unfall im Tor nicht ein paar Wochen früher hatte (dann hätten wir Jens Duve sicher nicht bekommen) und so weiter. Machen wir uns nichts vor; „unsere“ Spieler sind auch früher schon mit denen der Rauten in ihrer Freizeit unterwegs gewesen. Einer führt jetzt sogar gemeinsam mit so einem ein Geschäft.

    Bei dem derzeitigen Wanderzirkus wundert es mich nicht, dass Finn Ole Becker offenbar keinen in der Mannschaft und/oder im Verein hatte, der ihm klar gemacht hat was für ein Scheißverein Hoffenheim ist. Und dass es einen Unterschied macht, für welchen Verein er spielt, dass es einen Unterschied macht, für St. Pauli zu spielen.

    So, genug jetzt.

    Inkonsequenz ist meine größte Schwäche, deshalb nun also doch noch dies: Es macht mir Angst zu hören, dass im Dezember mit Simon Makienok gesprochen wurde (in Sachen Vertrag). Abgesehen von sehr wichtigen Toren hatte er damals nicht viel Spielzeit als Argument für einen neuen Vertrag.

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