Der FC St. Pauli hat sich dazu entschieden Timo Schultz als Cheftrainer freizustellen und führte dabei einzig sportliche Gründe an. Mit etwas Abstand wollen wir uns diese mal genauer anschauen.
(Titelbild: Peter Böhmer)
Wohl noch nie hat ein Wechsel auf der Trainerposition beim FC St. Pauli zu einem solchen Echo geführt. Timo Schultz musste Anfang Dezember seinen Stuhl räumen, ebenso Co-Trainer Loïc Favé. In der Mitteilung zur Entlassung, aber auch in der Folge stellten Andreas Bornemann und Oke Göttlich immer wieder sportliche Gründe für die Entscheidung in den Vordergrund, was dann auch mehr oder weniger direkt auf die Reputation von Schultz auswirkt. Nun, nachdem sich die Lage ein wenig beruhigt zu haben scheint, möchten wir die genannten sportlichen Gründe für die Schultz-Entlassung mal genauer unter die Lupe nehmen.
Um sich mit diesen genannten Gründen zu befassen, müssen wir sie erst einmal sammeln:
In der Mitteilung zur Entlassung wurde Folgendes angeführt: „Wir haben schon seit Längerem verschiedene Muster bei den sportlichen Problemen erkannt, dazu gehören die fatale Auswärtsschwäche, eine fehlende Balance zwischen Defensive und Offensive, mangelnde Weiterentwicklung, aber auch die fehlende Fähigkeit, Spiele nach Rückstand zu drehen„, erklärt Bornemann dort.
Zudem hatte Bornemann im vereinsinternen Interview kurz nach Ende der Sommer-Transferphase Ansprüche in Sachen Weiterentwicklung gestellt. Er sagte, dass „die Torlast“ verteilt werden soll, sowohl auf verschiedene Spieler, aber auch mehr Torgefahr aus dem Mittelfeld erzeugt und die Standardquote nach oben geschraubt werden soll. Zudem betonte er, dass sich das Team weniger Gegentore fangen soll. Auch in diesem Interview wurde die Wichtigkeit der „Balance zwischen Offensive und Defensive“ hervorgehoben.
Standards? Top!
Fangen wir mal mit den einfachen Themen an. Zu Beginn der Saison wurde formuliert, dass der FC St. Pauli nach Standardsituationen stärker wird. Nach der Hinrunde muss klar festgehalten werden: Das ist passiert. Der FCSP zählt zu den besten, je nach Parameter sogar zu dem besten Team der Liga in Sachen Standards. Nach Ecken erzielte das Team sechs Tore in der Hinrunde, nur Darmstadt (acht Treffer), Kaiserslautern und Heidenheim (je sieben) haben mehr. Gemessen an den xG-Werten nach Eckbällen gibt es deutlich kein besseres Team als den FC St. Pauli. Auch nach Freistößen hat das Team bereits einige Tore erzielt (z.B. gegen Nürnberg und Hannover). Auf der Gegenseite hat sich der FC St. Pauli nur ein einziges Gegentor nach einer Ecke gefangen – das ist der Spitzenwert der Liga.
Ein weiterer Punkt war es die Torgefahr aus dem Mittelfeld zu erhöhen. Auch das ist gelungen. Marcel Hartel und Jackson Irvine haben in der Hinrunde jeweils drei Treffer erzielt. Für Hartel ist das bereits ein persönlicher Rekord in den Bundesligen, obwohl die Saison gerade einmal Halbzeit hat. Irvine traf 18/19 (sechs Tore, 38 Spiele) und 16/17 (zehn, 42 Spiele) häufiger, die Torquote dürfte aber auf ein ähnliches Ergebnis hinauslaufen.
Was aber nicht geschafft wurde: Die Torgefahr auf mehr Schultern in der Offensive zu verteilen. Mit Eggestein (fünf), Daschner (drei), Amenyido und Otto (ein Treffer) haben zwar bereits vier verschiedene Angreifer getroffen, aber eben zahlenmäßig nicht ansatzweise die Quoten von Burgstaller und Kyereh erreicht. Das führt mehr oder weniger direkt zum nächsten Punkt.
Kader stärker?
Für einige Verwunderung sorgte eine Aussage von Andreas Bornemann im Interview mit sky, wenige Tage nach der Entlassung von Timo Schultz. Dort erklärte er, dass der FC St. Pauli „in der Grundsubstanz vielleicht eine stärkere Mannschaft in vielen Bereichen“ habe als noch in der Vorsaison. Ausgenommen wurde mehr oder weniger der Angriff. Bornemann erklärte, dass das Fehlen eines gewissen Spielertyps bereits im Sommer bekannt gewesen sei und man noch aktiv werde, was mit der Verpflichtung von Maurides inzwischen geschehen ist. Die Aussage mit der Kaderstärke ist interessant, denn sie dürfte bei der Bewertung der Arbeit von Timo Schultz eine wichtige Rolle gespielt haben.
Dieser Punkt ist sicher zu den am schwersten nachzuvollziehenden zu zählen, egal, ob man nun von einem stärkeren oder schwächeren Kader sprechen mag. Denn es ist kaum messbar, wie stark ein Team wirklich ist. Welche Parameter möchte man dafür nutzen? Den Tabellenstand? In diesem Fall natürlich nicht. Den Marktwert oder das Gehalt? Völliger Quatsch! Statistische Leistungsparameter? Ja, abgesehen von erzielten und gefangenen Toren zeigen die bei nahezu allen auf, dass das Team besser geworden ist. Die Aussage von Andreas Bornemann dürfte aber zum Teil auf subjektiven Eindrücken bestehen und das Feedback auf diese Aussage zeigt, dass da nicht alle zustimmen.
Potenzial vorhanden!
Aber auch das Global Soccer Network folgt dieser Aussage, dass sich der Kader verbessert hat. Der GSN-Index des Teams wurde zu Saisonbeginn mit 59.03 beziffert. In der Vorsaison lag dieser Wert bei 57.12, ist also recht deutlich gestiegen. Bitte beachtet: Der Index an sich sagt nicht viel über die aktuelle Performance aus (der Grund dafür ist im verlinkten Artikel genauer ausgeführt).
Wenn man mit der Annahme startet, dass der Kader in der jetzigen Saison sogar noch stärker als in der Vorsaison ist, dann wird klar, warum die Verantwortlichen mit den Leistungen so unzufrieden sind. Wobei Leistung in diesem Fall das Endergebnis der Spiele meint. Das Global Soccer Network hat auch dargestellt, dass der potenzielle GSN-Index im Vergleich zur Vorsaison angewachsen ist, sogar deutlicher als der aktuelle. Und da kommen wir zu einem der weiteren genannten sportlichen Gründe: Spielerentwicklung.
Potenzial abgerufen?
Zweifelsohne hat sich der FC St. Pauli enorm viel Talent in den Kader geholt. Abgesehen von Sascha Burchert war keiner der im Sommer neu verpflichteten Spieler älter als 25 Jahre. Andersrum waren sieben der abgewanderten Spieler älter als 28 Jahre – der FCSP hat in jedem Fall massiv an Erfahrung verloren. Die meisten der Neuverpflichtungen haben enormes Potenzial, aber die Frage ist, wann dieses abgerufen werden kann. Hätte man hier schon im ersten halben Jahr einen enormen Leistungssprung erwarten können/müssen? Und was macht es mit einem Kader, wenn so viel Erfahrung verloren geht?
Fehlende Erfahrung wird auch dann relevant, wenn es um Rückschläge geht. Genau dieser Umgang mit Rückschlägen wurde als einer der Entlassungsgründe genannt. Nun dürften sicher die meisten der Aussage folgen, dass ein erfahrenes Team besser mit Rückschlägen umgehen kann, als ein relativ junges. Mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren der eingesetzten Spieler stellt der FC St. Pauli das jüngste Team der Hinrunde (zusammen mit dem HSV). Ähnliche Alter weisen noch die Teams von der SpVgg Greuther Fürth und dem 1. FC Magdeburg auf (je 25.1 Jahre).
Von den drei Teams mit ähnlicher Alterstruktur ist es einzig dem HSV in der Hinrunde gelungen ein Spiel nach einem Rückstand noch zu gewinnen. Fürth holte insgesamt sechs Punkte nach Rückstand, Magdeburg drei, beide konnten aber keines der Spiele gewinnen. So auch der FCSP, der insgesamt fünf Punkte nach Rückstand holte. Nach Führung haben sie übrigens insgesamt neun Punkte verloren, Magdeburg zwei, Fürth 15(!).
Umgang mit Rückständen?
Auch wenn der Vergleich mit der Alterstruktur hinkt und die Verantwortlichen beim FCSP betonen, dass es um das gesamte Kalenderjahr 2022 geht, so wird deutlich, dass man einen Zusammenhang nicht ausschließen kann. Wer würde nicht zustimmen, dass der FC St. Pauli große Moral bewiesen hat nach dem Rückstand gegen Paderborn, in Düsseldorf in Unterzahl und im letzten Spiel beim KSC? Aus meiner Sicht ist die „Fähigkeit nach Rückständen zurück zu kommen“ ein äußerst weicher Faktor, da Ergebnisse nicht immer das Spiel widerspiegeln.
Zurück zur Spielerentwicklung: Oke Göttlich sagte, dass sich alle einig gewesen seien, dass Igor Matanović einen Entwicklungsschritt machen werde. Unabhängig davon: Es ist vielleicht nicht so klug als Vereinsverantwortlicher bei der kritischen Betrachtung, wie sich Spieler entwickelt haben, einen einzelnen Spieler herauszupicken. Und trotzdem ist dieser Punkt natürlich wichtig. Denn vor der Saison wurde anscheinend nicht nur festgesetzt, was sich im Team verändern soll, sondern auch, welche Spieler die nächsten Schritte machen. Zum Beispiel von Matanović, Daschner und Amenyido wurde sicherlich mehr erwartet. Da muss klar hinterfragt werden, warum da kollektiv der nächste Schritt ausgeblieben ist. Die Erklärung von Andreas Bornemann in der Mitteilung zur Entlassung lässt darauf schließen: Die fehlende Entwicklung wird Timo Schultz angelastet (und Loïc Favé, der maßgeblich für die individuelle Spielerentwicklung verantwortlich war).
Auswärtsschwäche?
Auch ein weiterer genannter Entlassungsgrund könnte mit fehlender Erfahrung zusammenhängen: Seit Februar 2022 hat der FC St. Pauli auf fremden Plätzen nicht mehr gewonnen. Mit dieser Thematik haben wir uns bereits vor einigen Wochen eingehender befasst. Das Ergebnis: Der FCSP ist marginal auswärtsschwach. Nimmt man nicht die Ergebnisse, sondern tiefergehende Zahlen wird das Bild deutlicher: Zuhause (Tore: 1.6 – 0.8; xG: 1.8 – 0.9; Schüsse: 16.8 – 9.9) lief es in der Hinrunde sehr viel besser als auswärts (Tore: 1.1 – 2.1; xG: 1.4 – 1.1; Schüsse: 12.3 – 10.1).
Die Auswärtsschwäche ist aber nur auf den ersten Blick ein harter Faktor gegen Timo Schultz. Klar, die Ergebnisse passen nicht. Aber die Gründe dafür zu benennen ist einmal mehr richtig schwer. Angesprochen auf die schwachen Leistungen auf fremden Plätzen, erzählte Timo Schultz auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Fortuna Düsseldorf, dass verschiedene Versuche unternommen werden, um Dinge zu verändern. Gebracht hat es, zumindest in Sachen Ergebnisse, nichts. Die sportliche Leitung hat in diesem Fall entschieden, dass Timo Schultz das hätte besser machen können. Ich bin sehr gespannt darauf zu erfahren, was genau hätte besser gemacht werden können.
Fehlende Balance?
Ein weiterer sportlicher Grund ist die „fehlende Balance zwischen Defensive und Offensive“. Aus meiner Sicht ist das der schwierigste Punkt und auch jener, an dem ich zu dem Ergebnis komme, dass Timo Schultz Dinge hätte besser machen können.
Vorweg aber: Wenn ein Team die drittmeisten Torschüsse abgibt (xG: Platz sechs) und die wenigsten zulässt (xG: Platz eins), dann sollten auch andere Ursachen in Betracht gezogen werden. Womit wir wieder bei der Abschlusseffizienz (vier Tore weniger als nach xG wahrscheinlich) und Fähigkeiten der Torverhinderung (acht Gegentore mehr als nach xG wahrscheinlich) wären. Hier muss die Frage nach der Qualität im Kader gestellt werden (Es fehlt an den Enden).
Zu konservativ?
Und trotzdem muss auch hinterfragt werden, warum der FC St. Pauli so lange brauchte, bis endlich die eigene Dreierkette gespielt wurde. Ich würde Timo Schultz als eher konservativen Trainer einschätzen. Als jemanden, der lieber einmal länger an einem Prinzip festhält, als schnell sein System und seinen Ansatz zu verändern. Die erfolgreiche Umstellung auf eine Dreierkette zum Ende der Hinrunde hat gezeigt: Das Team kann das.
Die von Schultz propagierte „Sicherheit des einen Systems“ wurde womöglich als zu wichtig erachtet. Eine frühere Entwicklung hin zu mehr Flexibilität hätte vermutlich geholfen, zumal ich zu gerne die Dreierkette Nemeth-Smith-Medić mal auf dem Platz gesehen hätte. Und genau hier setzt dann aber auch wieder das schwierige KuddelMuddel an Gründen ein. Hat der FC St. Pauli unter der Leitung von Schultz womöglich ein sehr stabiles und erfolgreiches System mit dem 3-5-2 gefunden in dem es nur an Ergebnissen fehlte, weil sich fast zeitgleich beide Stamm-Innenverteidiger verletzt haben? Eine Antwort darauf kann es nicht geben ohne Gegenprobe.
Lösungen gegen Dreierketten?
In diese Diskussion gehört auch die Frage, die Oke Göttlich im kicker-Interview stellte: Warum findet das Team keine Lösungen gegen gegnerische Dreierketten? Natürlich hat das mehrere Gründe und eine gefundene Lösung ist nicht gleichbedeutend damit, dass Spiele auch gewonnen werden. Und trotzdem muss sich Schultz diese Frage auch selbstkritisch beantworten. Genauso wie die Frage, warum sich einige Spieler unter seiner Leitung im letzten halben Jahr nicht wie gewünscht entwickelt haben (was allerdings bei Spielern wie Aremu, Smith und Hartel schon der Fall ist).
Nur sportliche Gründe?
Ihr merkt, ich habe ein Problem damit die Entlassung von Timo Schultz auf rein sportliche Gründe zu reduzieren, wie es Oke Göttlich und Andreas Bornemann tun. Ich folge der Argumentation in großen Teilen nicht. Das Risiko eines Trainerwechsels geben selbst die genannten Gründe aus meiner Sicht einfach nicht her. Denn ein neuer Trainer, von dem die Verantwortlichen überzeugt sind, dass er es besser kann als Schultz, ist offensichtlich noch nicht gefunden worden. So ist der Verein ein Risiko eingegangen, welches nur aufgrund von sportlichen Gründen eher nicht sinnvoll erscheint.
Nun ist aber für alle nicht neu, dass es beim FC St. Pauli intern nicht ganz so harmonisch zuging, wie man es in einer perfekten Welt gerne hätte. In den Medien wurde die Beziehung zwischen Schultz und Bornemann gar als „toxisch“ beschrieben und dargestellt, wie die Position von Schultz sukzessive geschwächt wurde.
Ob sich der Verein mit einer Entlassungs-Erklärung à la: „Es gab unüberbrückbare inhaltliche Differenzen zwischen sportlicher Leitung und Trainer“ auch so viel Kritik auf sich gezogen hätte, wie es nun nach der Erklärung mit rein sportlichen Gründen der Fall ist? Das darf zumindest bezweifelt werden.
Klar, Timo Schultz genießt in der Öffentlichkeit großes Ansehen, größeres vermutlich, als Andreas Bornemann. Entsprechend kritisch wäre die Frage: „Warum nicht Bornemann?“ zurückgeschallt, wenn man von inhaltlichen Differenzen gesprochen hätte. Aber für so eine Erklärung hätten viele Personen nach dem ersten Impuls sicher mehr Verständnis aufbringen können. Denn es gibt auch gute Argumente dafür bei der Variante „Es kann nur einen geben!“ an Andreas Bornemann festzuhalten. Argumente, die den Trainer nicht als den Alleinschuldigen in der Öffentlichkeit zurücklassen. Argumente, denen sicher nicht alle folgen, aber die dann zumindest für etwas mehr Verständnis gesorgt hätten.
// Tim
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Sofern nicht anders markiert, stammen sämtliche Statistiken von Wyscout.
Wieder mal eine sehr gelungene mit Fakten gefütterte Ansicht der Dinge, Tim. Ich stimme zu 100% zu. Vielen Dank für eure geile Arbeit, da können sich viele Journalisten eine Scheibe von abschneiden.
Die ganzen Details und Statistiken können doch die entscheidenden Umstände nicht ausmerzen:
Mit Timo Schultz als Trainer ist der fcsp nach der Hinrunde nur einen Punkt vom letzten Platz entfernt.
Mit Timo Schultz als Trainer ist der fcsp trotz exzellenter Ausgangslage im Sommer nicht aufgestiegen.
Danke für den Beitrag. Ich kann fast alles so unterschreiben.
Was mich mit etwas Abstand übrigens extrem ratlos zurück lässt ist die Tatsache, dass Schulles Entlassung von den Herren Göttlich und Bornemann ja wahrscheinlich (hoffentlich) nicht spontan umgesetzt wurde. Warum hat man dann keinen ausgearbeiteten Plan B in der Tasche? Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir immer noch einen Interimstrainer ohne A-Lizenz. Das ist doch (wieder mal) ein Versagen der sportlichen Leitung – nach den Mängeln in den letzten zwei Transferperioden gleich der dritte dicke Bock. Wie sollen denn so solide Spieler zu uns kommen, wenn die aktuell keine Ahnung haben, wie es hier im neuen Jahr weitergeht. Stattdessen haben wir nun einen Jugendspieler, einen Regionalligaspieler und einen Wandervogel (Marcao 2.0?).
“Ich habe ein Problem damit die Entlassung von Timo Schultz auf rein sportliche Gründe zu reduzieren, wie es Oke Göttlich und Andreas Bornemann tun.”
@Tim – wir auch und deswegen sind die meisten Fans so unglücklich. Göttlich soll die Grunde nennen warum er Bornemann über Schulle wählte. Leider, ich vermute, sind Okes Grunde auch alles außer sachlich.
Da bin ich gar nicht so sicher, dass „die meisten“ ein Problem mit der Entlassung haben. Der Unterschied scheint mir beispielsweise zu sein, dass die beiden Gruppen völlig unterschiedlich in der Öffentlichkeit agieren. Während sich die „Pro Schultz“-Fraktion teilweise durch die sozialen Netzwerke geradezu wütet, Petitionen startet und zur Nichtentlastung des Präsidiums für das vergangene Geschäftsjahr aufruft, und gewählte Gremien sowie Vereinsangestellte gar in übelster Manier diffamiert, verhält sich die Gegenseite weitgehend ruhig. Es mag dafür unterschiedliche Gründe geben, wieso es so ist. Einer könnte sogar sein, dass Schultz als verdienter St. Paulianer gesehen wird, aber seine Performance als Trainer derart kritisch gesehen wurde, dass seine Entlassung als mindestens schlüssig gesehen wird? Es könnte auch sein, dass die Entlassung als ein richtiger Schritt gesehen wird, ohne dass Schultz als allein Verantwortlicher gesehen wird? Oder aber es könnte sein, dass es nicht viel zu bringen scheint, Argumente mit anderen auszutauschen, die selbst unter einer Verpflichtungsnachricht eines U19 Spielers, oder einer Aktion des Vereins für einen guten Zweck, ihrer Gefühlswelt freien Lauf lassen?
Ich wäre mit solchen Mengenangaben wie „die meisten“ jedenfalls sehr vorsichtig.
Ein sehr guter Kommentar zur Gesamtlänge.
Sehe ich ähnlich.
Ganz wichtiger Punkt: Es ist klar, dass nur die Schultz- Seite aufmuckt.
Denn nur diese fordert aufgrund der Veränderung ja diverse Dinge ein.
Nie war die Chance nachhaltig etwas aufzubauen so groß wie mit Schulle. Und wenn auch er Fehler gemacht hat wie mit der zu späten Flexibilisierung 3er/4er-Kette — so what? Darf er sich denn nicht auch entwickeln? Wir sind 3 Punkte von Platz 10 weg und haben noch 17 Spiele. Wenn man aber schon in so einer Situation wie dieser in seinen Hosen schlottert, dann braucht es coolere Leute. Boller for President
Viel Kuddelmuddel und einige weiche, teils auch subjektive, Faktoren haben bei der Entlassung von Schulle sicher eine Rolle gespielt.
Ich teile allerdings die Einschätzung der sportlichen Führung, dass der Kader an vielen Positionen an Qualität dazugekommen hat und in Summe (mit Ausnahme Sturm) auch besser geworden ist. Auch der Wert Erfahrung lässt sich meiner Meinung nach und entgegen Deiner Darstellung nicht am Alter festmachen. Als Beispiel: Mbappé hat glaube ich für sein recht junges Alter schon einiges an Erfahrungen sammeln dürfen.
Es kommt also nicht primär aufs Alter an, sondern vielmehr auf den erlebten Erfahrungsschatz. Und beim Stichwort Bundesligaerfahrung oder auch Zweitligaerfahrung haben wir glaube ich keine Defizite. Und da sind logischerweise Spieler wie Metcalfe, Irvine und Vasilij noch nicht ausreichend berücksichtigt, da sie auch über vielseitig andere Erfahrungen verfügen.
Auch wenn wir guten Fußball spielen, teile ich die Einschätzung der sportlichen Führung, dass die Balance zwischen Angriff und Defensive nicht stimmt. Gemessen an xG-Werten oder Torschussstatistiken, müssten wir ganz vorne in der Tabelle stehen. Tun wir aber nicht, da viele unserer Torschüsse definitiv keine großen Torchancen sind und wir im Gegenzug (zu) viele Hochkaräter zulassen. Gegnerische Teams wissen vor einem Spiel gegen uns schon, dass sie mindestens zwei, drei dicke Chancen bekommen werden und können sich so vermehrt um die eigene Defensive kümmern.
Zum Thema Balance: Wir könnten auch deutlich seltener aufs gegnerische Tor schießen und hätten wahrscheinlich nicht signifikant weniger Tore erzielt. Stattdessen mehr Ressourcen in stärkere Defensivarbeit investieren können. Diese fehlende Balance kann man dem Trainer schon ankreiden.
Auch wurde nach Rückständen oft zu konservativ oder zu spät gewechselt. Auch das kann man in der Betrachtung der Balance mit einbeziehen. Liege ich hinten, sollte ich vorne mehr investieren.
Klar ist auch, dass die Trennung nicht nur sportliche Gründe hat und logisch auch, warum dennoch nur sportliche Gründe kommuniziert werden.
Trotzdem muss man nüchtern betrachtet auch fair gegenüber unserer sportlichen Führung sein und festhalten, dass es einige sportliche Gründe für Schulles Entlassung gibt.
Nochmal zum Thema Statistik: Die einzige Statistik, die wirklich zählt, sind Tore. Und davon haben wir entweder zu wenige erzielt oder zu viele hinnehmen müssen. Oder am Ende auch beides.
Es gibt vor allem sportliche Gründe gegen Bornemann und dem Göttlichen. Beide lange im Amt und nichts bewegt ausser Trainer Wechsel!
War Göttlich nicht einmal angetreten, um dem „Leistungsgedanken“ wieder mehr Gewicht zu verleihen und „Kontinuität“ zu schaffen? Wenn ich mich recht erinnere, hat er dies seinerzeit sogar als wichtig(st)e Voraussetzung für einen Top 25 – Platz angesehen, in die St. Pauli doch gehöre.
Kontinuierlich waren unter Göttlich jedoch nur der Anspruch und die Trainerwechsel… ich glaube, in den letzten 10 Jahren waren wir am Ende zwei-, maximal dreimal in dem Bereich und mindestens genauso oft kurz vor dem Abstieg.
Unabhängig von den aktuellen Diskussionen sollte sich Göttlich an seinen eigenen Ansprüchen messen… die waren nämlich keineswegs unrealistisch! Nur geliefert hat er eben nicht.
Du sprichst mir (wie eigentlich immer) aus dem Herzen, Tim, nur dass du mein subjektives Empfinden mit Daten unterfütterst. Und ich bleibe dabei: Wenn Schulle den entsprechenden Ersatz für die Abgänge bekommen hätte (wer ist dafür zuständig?) stünden wir heute nicht da wo wir stehen. Und wenn jetzt nachjustiert wird und es dann aufwärts geht, dann lag bzw liegt es nicht am Trainer. Ich finde die Entscheidung immer noch grundlegend falsch und bin sauer über die Art und Weise der Entlassung.
Lieber Robert,
Mit Bornemann als Sportdirektor ist der FC St.Pauli nach der Hinrunde nur einen Punkt vom Tabellenende entfernt.
Mit Bornemann hat der FC St.Pauli im Sommer trotz einer exzellenten Ausgangslage den Aufstieg verspielt.
Das gleiche gilt für Oke Göttlich als Präsident! Was soll mir das also sagen?
Ich bin zwar nicht Robert, aber demnach hätte Oke wohl erst Bornemann und Schultz feuern müssen und dann sich selbst. Das wäre bestimmt ganz prima geworden.
Nach einigem zeitlichen Abstand kann ich die Beurlaubung/Entlassung von Schultz verstehen, aber sie irgendwie immer noch nicht so richtig einordnen. Mir fehlt vorte allem der Plan, jetzt mit einem anderen/neuen Trainer an diesen erkannten problematischen Schrauben zu arbeiten. Das kann doch dann auch nicht einer aus dem bestehenden Team sein? Irgendwas passt hier nicht. Und es gefällt mir nicht.
Danke für ein weiteres Mosaik, das hoffentlich irgendwann diese trübe Zeit des Vereins beenden wird.
Aber noch sind viel zu viele
too blind to see
Moin,
immer diese xG Werte ;-). Aber was sagen die eigentlich in der jetzigen Situation aus? Nach diesen Werten hat A.B. ja eigentlich auch einen guten Kader zusammengekauft. Nach den Werten ist das ja alles gar nicht so schlecht. Was wäre hier los (damit meine ich den St Pauli Kosmos), wenn wir mal die xG-Werte kurz ausblenden? Eine Mannschaft die Phasenweise überragend gespielt hat. Aber auch eine Rückrunde und jetzt eine Hinrunde, die von den Ergebnissen einfach mega schlecht waren. Und was wäre dann, wenn der Trainer in dieser Situation nicht Schulle, sondern z.B. Jos Luhukay gewesen wäre? Dann hätte Tim vermutlich genau diesen Bericht geschrieben und 99% derer. die jetzt diese Zahlen als Fakten dazu nehmen, dass die Entlassung von Schulle falsch ist, hätte dann gesagt ja die xG-Werte, aber schau dir mal die Tabelle an. In meinen Träumen, hab ich mit Schulle in 15 Jahren nach dem CL-Sieg ein leckeres Bier (ja bis dahin hätten wir auch einen vernünftigen Biersponsor, sind ja Träume) auf dem Stadionvorplatz getrunken. Es bleibt ja ausser Frage, dass Schulle vom Typ her einfach zu uns passt. Uns es steht auch ausser Frage, dass Schulle wieder einen guten Fußball (Phasenweise) bei St. Pauli eigeführt hat. Es bleiben aber auch die Tabellenstände der letzten beiden Runden. Wenn es nicht Schulle wäre, hätten wir die ganzen Emotionen aus meiner Sicht nicht. Sportlich kann ich mit der Entscheidung mitgehen, die Art und Weise lässt mich jedoch Fragend zurück. (aber vermutlich auch nur, weil es Schuile und nicht Jos Luhukay ist)
Bei der ganzen nachbetrachtung, ist für mich die Entlassung immer noch falsch. Vom tabellenplatz her gesehen verständlich, aber spielerisch waren die schon schlechter. aufgegeben haben sie nie. Einstellung stimmte immer. Glaube es waren oft individuelle Fehler die zu Chancen oder Toren führten. sowie vorne mangelnde Chancenverwertung. Es paßt auch nicht schulle erst den Vertrag bis , wie weit auch immer zu verlängern und ihn dann für viele völlig überraschend zu entlassen. Bekannte aus Hamburg können es nicht verstehen
.Wünschen dem Team weiter viel Erfolg. Wir sind dabei so weit uns möglich. Grüße aus Ratingen nach Hamburg. forza St.Pauli
Man darf nicht vergessen das ein neuer Abwehrspieler zu Saisonbeginn gleich verletzt zu St.Pauli kam mit Nemeth….Es war der Plan mit Dreierkette zu spielen mit Medic Nemeth und Smith….leider war Medic oft nicht am oberen Leistungsniveau wie in der Vorsaison….wohl auch wegen Angebot von Stuttgart….mit einem Wechsel in die Bundesliga….Nemeth verletzt und auch Smith hatte Gesundheitliche Probleme…..so war Schulle immer gezwungen in der Abwehr was zu verändern…..das ist auch ein grund warum wir Gegentore leicht bekommen haben…..auch ein Paquarada hatte nicht die Form der Vorsaison und liebäugelt mit einem Wechsel…..das Mittelfeld hat sich entwickelt mit Irvine und auch Hartel…..wir haben auch einen enorm Ballsicheren Daschner der auch aus dem Mittelfeld Torgefahr ausstrahlt ….musste aber auch als Stürmer aushelfen…..unser Sturm ist unerfahren und sehr Jung….etwas Erfahrung ( Makinok) hätte uns wohl gut getan…..ist aber wohl nicht gewünscht gewesen von A.B. …..wir haben oft gut gespielt aber Pech und Unvermögen vor dem Tor gehabt und hinten sehr leichte Gegentore bekommen…..oftmals haben wir auch offensiv zu spät gewechselt…….das könnte man Schulle vielleicht vorwerfen….jetzt sind es nur 1 Punkt zu Platz 18 und 3 Punkte zu Platz 10 und noch 17 Spiele…..Das ganze hat nichts mit der Sporlichen Seite zu tun sondern eher im zwischenmenschlichen Bereich von Schulle und Bornemann die zu der Entlassung geführt hat meiner Meinung nach…..weil Hürzeler noch da ist den Bornemann zum Interims Trainer gemacht hat …..das zeigt mir das es zwischen Sporlichen Leiter schulle und Bornemann nicht mehr stimmte….Das ist glaube ich der wahre Grund der Entlassung von Schulle….das hätte man auch so Kommunizieren können…..das hätte man noch vielleicht verstanden….das schwächste Glied ist der Trainer und nicht der Sportdirektor…..der darf Fehler machen ein Trainer nicht….Bornemann müsste aus Sporlichen gründen auch seinen Hut nehmen…..er hat auch sehr großen Anteil an der jetzigen Tabellensituation….
Ein Aremuh hat sich übrigens sehr gut entwickelt
Ich kann ja nur für mich sprechen und für mich bleibt die Entlassung ein Fehler.
Ich sah durchaus eine Entwicklung. Spätestens ab dem Derby stand mit der Dreierkette doch eine ganz andere Mannschaft auf dem Platz. Ich war im Stadion und ich war auch in Freiburg im Stadion, wo die Mannschaft erneut ein sehr gutes Spiel abgelieferte.
Auf den Rückschlag in Bielefeld, wenige Tage später, hätte man (ich) wetten können: 120 starke Minuten gegen einen Erstligisten, mit unglücklichem Ausscheiden am Ende, so etwas hinterlässt Spuren. Zumal einige Spieler schon in Freiburg am Ende auf dem Zahnfleisch gingen.
Das gute Spiel gegen den starken Tabellenführer Darmstadt folgte. Wir waren die bessere Mannschaft, hatten die besseren Chancen, die Lilien einen außergewöhnlich guten Torhüter.
In Düsseldorf wäre trotz Unterzahl ein Punkt hochverdient gewesen.
Lediglich das Heimspiel gegen Kiel, drei Tage später, war etwas enttäuschend. Aber da muss man doch nur mal schauen, wer da neben Smith in der Innenverteidigung spielte. Dass da eher zu vorsichtig agiert wurde, war für mich absolut okay. Die Bank ausgedünnt, kaum echte Alternativen.
Und trotzdem zeigte die Mannschaft nur vier Tage später in Karlsruhe eine bärenstarke Leistung. Trotz katastrophaler Abwehrpatzer. Und nochmals zur Erinnerung. Mit Medic und Nemeth fehlte weiterhin das Herz der Innenverteidigung, Fazliji war zudem gesperrt. Trotz tölpelhaften Verhaltens bei den ersten Gegentoren brach die Mannschaft nicht ein und gab stattdessen Gas. Auch nach dem 1:3. Und dann nochmals nach dem 3:4.
Eigentlich lief in diesem Spiel fast alles gegen uns. Der KSC kommt mit fünf Torschüssen auf vier Treffer, doch die Mannschaft zeigt richtig gute Moral und am Ende der englischen Woche auch richtig guten Offensiv-Fußball in der Fremde.
Für mich war dieses Spiel, zusammen mit dem Derby, weiterer Wendepunkt hin zum Guten. In der Hoffnung, dass nach der Winterpause zumindest Medic wieder auf dem Platz stehen würde. Dass im Sturm endlich die erhoffte und dringend benötigte Verstärkung kommen würde. Und im Wissen, dass die Mannschaft auch Dreierkette kann.
Stattdessen wird bei der Bewertung der Rückrunde der vergangenen Saison überraschend großes Gewicht beigemessen, fast so, als stünden noch immer die gleichen Spieler (Routiniers) auf dem Platz. Und immer ist Schulle der Sündenbock. Die aufkommende Unruhe zum Ende der zurückliegenden Saison, gepaart mit einigen haarsträubenden Schiedsrichterentscheidungen (auch diese Saison, ich sage nur Zwayer in Hannover und als VAR gegen Regensburg), hatte aber nichts mit der Arbeit des Trainerteams zu tun.
Und nochmals: ich (also ich persönlich) bin vor allem deshalb enttäuscht, weil ich mir sicher war, dass wir mit Schulle eine Langzeitlösung gefunden hatten. Ich bleibe auch dabei, dass Schulle meiner Meinung nach seinen Weg gehen und früher in der Bundesliga auftauchen wird, als es unser Verein tun wird. Leider werden wir ihn hier wohl nicht mehr als Trainer sehen.
Da wurde eine Riesenchance vertan.
Vielen Dank Tim, für den Artikel. Der deckt sich / ergänzt meine Wahrnehmung und Einschätzung.
Schade, dass es auf der MV dazu keine/kaum weitere Erkenntnisse gab.
Da bleibt dann wohl nur zu spekulieren.
Meine Vermutung ist inzwischen, dass es zusammen schlichtweg nicht mehr weiter ging und sich für einen von beiden entschieden werden musste. Tja, und da hat unser Ex-Trainer dann halt den Kürzeren gezogen.
Danke für den guten Artikel.
Ich habe den Verdacht, dass Bornemann zwar exzellent in Transfers ist (Ausnahme: dieser Sommer), aber genauso schwach im zwischenmenschlichen und kommunikativen Bereich.
– Von den bitter enttäuschten Ex-Spielern, die er anscheinend ohne die üblichen warmen Worte ziemlich abrupt vor die Tür gesetzt hat (in der Häufung ist die Verärgerung sicher nicht ganz ohne Grund)
– über die Diskussion um Prämien und Vertragsverlängerungen, die in der letzten Rückrunde für Unruhe gesorgt hat (ich war nicht dabei, aber auch hier wäre eine gute, offene Kommunikation und ein guter Draht zu den Spielern sicher nützlich gewesen).
– über regelmäßige Weirdo-Interviews wie das im August, in dem er minutenlang erörtert, dass es vorteilhaft ist mehr Tore zu schießen als zu kassieren
– bis hin zum befremdlichen Fingerpointing in der Causa Schultz
Vielleicht sollte man Bornemann lieber mit ein paar Analystennerds und einem Haufen Fußballsoftware in ein Büro packen und für alle Aufgaben, für die man mehr emotionale als strategische Intelligenz benötigt, jemand anderen installieren?