Was geht für den FC St. Pauli 23/24?

Was geht für den FC St. Pauli 23/24?

Der Saisonstart steht für den FC St Pauli unmittelbar bevor. Wie liefen Vorbereitung, (bisherige) Transferphase und Testspiele? Und was ist vom FCSP in der Saison 23/24 zu erwarten?
(Titelbild: Peter Böhmer)

Ich bin aktuell noch im Urlaub und haue daher alle Eindrücke der Vorbereitung in einem großen Artikel raus. Ein die Lektüre begleitender Kaffee wird empfohlen.

Ach ja, der Saisonstart steht bevor. Für Fans ist das eine Zeit für die ganz, ganz großen Träume. Egal, wie die Vorsaison war. Egal, ob der halbe Kader die gesamte Vorbereitung verletzt verpasste, die besten Spieler den Club verlassen haben, der neue Torwart in den Testspielen mehrfach übel patzte und der neue Offensivspieler sein letztes Tor vor sechs Jahren erzielte (dafür aber in der, Achtung, Champions League! – nämlich in der ersten Qualirunde für den slowakischen Vizemeister gegen den Meister aus Andorra). Alles ist noch möglich. Alle Spiele werden noch gespielt.
Erst mit der 0:6-Niederlage bei der grauen Maus der Liga, dürften Aufstiegsträume bereits zum Saisonauftakt platzen. Inwiefern dieses Szenario auf den FC St. Pauli zutrifft? Nun, bis auf das mit den Träumereien passt eigentlich nichts an diesem Absatz zum FCSP im Sommer 2023.

Training

Es ist keine Seltenheit, dass die Spieler des FC St. Pauli im Training auch mal zwei Stunden lang höchst intensiv zur Sache gebeten werden. Natürlich bedeutet mehr Belastung auch ein höheres Risiko von Verletzungen. Beim FCSP aber scheinen das Training und die medizinische Überwachung aktuell perfekt aufeinander abgestimmt zu sein. So ist es sehr erfreulich, dass man in den handelsüblichen News-Seiten mit Infos zur 2. Bundesliga aktuell von vielen Clubs zu lesen bekommt, dass sich „xyz einen Muskelschrabbellwhatever-Einriss zugezogen hat“ – aber vom FCSP gab es zuletzt höchstens ein „trainiert individuell“. Von schwerwiegenden Verletzungen blieb das Team (bisher, Daumen sind gedrückt) verschont. Dieser Umstand ist enorm viel wert.

Formation

In den ersten Testspielen zeigte sich der FC St. Pauli in einer neuen Formation: Ein 4-2-2-2 wurde einstudiert, bei dem der zentrale Innenverteidiger konsequent in den Sechserraum vorrückte, sodass einer der formalen Sechser nach vorne auflösen konnte. Zudem probierte sich das Team bei dieser Formation mit zwei Angreifern. Beim erfolgreichen Test gegen Sabah FK wurde aus dem 4-2-2-2 aber ein 4-3-3, welches in den Abläufen bei Ballbesitz ziemlich ähnlich gespielt werden kann. Und dieses 4-3-3 wiederum, ist dem 5-2-3 in den Grundpositionen sehr ähnlich: Die Formationen unterscheiden sich nur in der Positionierung des zentralen Defensivspielers, der entweder vor der Abwehrkette (4-3-3) oder in der Abwehrkette (5-2-3) zu finden ist.

Mehr Flexibilität

Ursächlich für das Austesten des 4-2-2-2 war vermutlich, dass der FCSP in dieser Vorbereitung erst spät Jackson Irvine, Marcel Hartel und Eric Smith zeitgleich aufstellte. Denn wenn die alle einsatzbereit sind, dann gibt es einfach keine andere Option: Der Kapitän und die beiden Co-Kapitäne haben eine Startelfgarantie. Diese Rollen haben sich die drei nicht nur durch gute Teamführung, sondern vor allem auch durch Leistung verdient. In einem 4-3-3 mit Smith als aufbaustarkem Sechser und dem Duo Irvine/Hartel als Achter, die in die offensiven Halbräume vorschieben, finden sich diese drei Spieler auf den für sie besten Positionen wieder.

Mehr Offensivpower = mehr Selbstvertrauen

Es ist bemerkenswert, dass sich Fabian Hürzeler und sein Trainer-Team für eine leichte Veränderung der Formation bzw. der taktischen Grundausrichtung entschieden haben. Zwar kann recht schnell aus einem 4-3-3 ein 5-2-3 werden, aber Smith verbleibt nun viel häufiger im Sechserraum, fällt seltener in die Kette zurück und interpretiert die Rolle offensiver, was durchaus auch als gewachsenes Zutrauen in die eigenen Stärken des Teams verstanden werden darf. Auch die Prinzipien und Laufwege im Spielaufbau sind dann doch etwas anders geworden: Die Außenverteidiger rücken viel konsequenter in den Halbraum vor der Abwehr ein und öffnen so u.a. direkte Passwege von der Innenverteidigung zur offensiven Außenbahn. Das gesamte Konstrukt beim Spielaufbau sorgt dafür, dass der Gegner oft ungewollt tief hinten reingedrängt wird. Es deutet sich eine Saison mit sehr viel Ballbesitz für den FCSP an.

Die taktische Umstellung zeigt auch, dass man sich beim FCSP nicht mit den Erfolgen aus der Rückrunde zufrieden gibt, sondern immer besser werden möchte. Aber sie ist auch eine Reaktion auf das Fehlen der Spielstärke von Leart Paqarada. Ein 4-3-3 könnte so etwas wie die pragmatische Lösung von Hürzeler & Co sein, damit sich möglichst viele Spieler auf ihren individuell besten Positionen wiederfinden. In jedem Fall ist der FC St. Pauli in diesem Sommer taktisch flexibler geworden. Und dürfte im Saisonverlauf (noch) spieldominanter auftreten als letzte Saison.

Marcel Hartel holt aus, gleich wird er zum 1:0 im Test gegen Hapoel treffen.
Gleich klingelt’s. // (c) Peter Böhmer

Testspiele

Trotz der taktischen Anpassungen, konnte der FC St. Pauli in den Testspielen nahezu durchgehend überzeugen. Gegen Dunfermline FC (3:0), den VfB Oldenburg (6:0), Randers FC (4:1), sowie den Spielen im Trainingslager gegen den FC Lustenau (7:1), Sabah FK (4:1) und Arminia Bielelfeld (2:0) und auch im letzten Test gegen Hapoel Tel Aviv (3:0) gab es durchgehend Siege. Das allein sagt schon viel aus über das Level mit dem der FCSP in der Vorbereitung unterwegs war.

Passende Auswahl für neue Abläufe…

Doch was sind Testspiele wert bzw. wie hoch ist deren Aussagekraft? Die Qualität der Testspiel-Gegner ist nicht ganz so hoch wie noch in der Wintervorbereitung, als der FCSP gegen Union Berlin, FC Lugano, Borussia Mönchengladbach und den FC Midtjylland überzeugen konnte. Aber die Teams sind auch alles andere als Fallobst, überhaupt nicht.

Viel wichtiger ist ohnehin, dass der FCSP seine Abläufe gut hinbekommt. Und da ist es vielleicht genau richtig, dass die Gegner nicht so ganz die Qualität derer aus der Winter-Vorbereitung hatten, vielleicht war es sogar genau so geplant. Denn nur so dürfte es möglich gewesen sein, das sehr dominante Ballbesitzspiel mit leicht veränderten Prinzipien auszutesten. Fabian Hürzeler erklärte hierzu nach dem letzten Testspiel: „Die Gegner standen zumeist sehr tief gegen uns. Ähnliches wird uns auch während der Saison regelmäßig erwarten.“

…und den Saisonauftakt

Im Winter hingegen galt der Fokus eher dem Einstudieren der defensiven Abläufe (diese wurden in den Sommertestspielen fast gar nicht gefordert), was mit spielstärkeren Gegnern eben besser funktioniert. Trotzdem: Ein richtiger Belastungstest für das Aufbauspiel gegen einen hochwertigen Gegner, der mutig und offensiv presst, fehlte. Diesen wird es erst im Laufe der Saison geben (vermutlich erstmals am 3. Spieltag gegen Fürth), nur dass es dann eben kein Test mehr ist. Zum Auftakt gegen Kaiserslautern dürften perfekt einstudierte Offensivabläufe hingegen ziemlich wertvoll sein. Und wer sich an den letzten Auftritt von Fortuna „ich will hier gar kein Tor erzielen“ Düsseldorf am Millerntor erinnert, dürfte das auch für den zweiten Spieltag so sehen.

Transfers

Mit Hauke Wahl, Philipp Treu, Danel Sinani und Andreas Albers hat der FC St. Pauli bisher vier neue Spieler verpflichtet. Zudem wurde die Kaufoption für Karol Mets gezogen. Bennet Winter und Lennart Appe haben seit diesem Sommer Profiverträge und trainieren mit. Luca Günther hat sich im Laufe der Vorbereitung bei den Profis festgespielt. Macht also sieben Neuzugänge (Mets war ja vorher schon da). Auf der Gegenseite gab es mit Lukas Daschner, Leart Paqarada, Luca Zander, Jannes Wieckhoff, Betim Fazliji, Marcel Beifus, Franz Roggow, Christopher Avevor, Dennis Smarsch und Igor Matanovic bisher zehn Abgänge, mit David Otto steht der elfte wohl kurz bevor. Da Avevor zuletzt nur bei der U23 trainierte, fehlten dem FCSP also zehn Spieler auf dem Trainingsplatz. Sieben kamen bisher dazu – der Kader wurde also bisher etwas verkleinert.

In der Breite verbessert

Mit den Zugängen von Wahl und Sinani hat der FC St. Pauli zwei Spieler mit Startelfpotenzial in seinen Kader geholt. Auf Positionen, die eh bereits gut besetzt waren. In der Innenverteidigung gibt es ja auch mit David Nemeth einen Quasi-Neuzugang. So wurden die Abgänge von Fazliji und Beifus mit der Verpflichtung von Hauke Wahl und der Rückkehr von David Nemeth kompensiert. Das ist ein klares Upgrade.

Dafür, dass es zu Beginn des Jahres 2023 die Position des offensiven Außenbahnspielers noch gar nicht gab, hat der FCSP sich hier innerhalb kürzester Zeit brutal stark aufgestellt. Mit Sinani, Saad, Afolayan und Metcalfe ist der Kader hier in der Breite richtig gut besetzt. Besonders Saad hinterließ in der Vorbereitung einen fantastischen Eindruck. Metcalfe dürfte zudem die erste Wahl auf der Acht sein, sollten Hartel oder Irvine einmal ausfallen. Gegen Hapoel wurde in der zweiten Halbzeit aber auch Hauke Wahl als Teil des Mittelfeld-Trios ausgetestet. Und diese Tatsache führt mich, bevor wir schauen was dem Kader noch fehlt, direkt zu der Frage, für wen die Aussichten auf Einsatzminuten während der Vorbereitung schlechter geworden sind.

Hinten dran

Denn Hauke Wahl kam für Andreas Albers in der zweiten Halbzeit gegen Tel Aviv in die Partie. Ein Defensivspieler für einen Stürmer also. Dadurch schoben Smith und Hartel weiter vor. Gerade Hartel als falsche Neun und damit einziger Mittelstürmer auf dem Platz ist dann doch eine sehr ungewöhnliche Maßnahme. Erst recht, wenn man bedenkt, dass Johannes Eggestein zu diesem Zeitpunkt noch auf der Bank saß. Er konnte sich dann erst sehr spät bei der Generalprobe vor dem Zweitligastart zeigen. Während Wahl also so etwas wie die erste Wahl (haha) bei Wechseln sein dürfte, wirkt es, als wenn Eggestein im internen Bewerbungsverfahren um Startelfplätze einfach nicht vorankommt. Auch dann nicht, wenn Maurides und Amenyido noch fehlen.

Lange Schatten hinter den Säulen

Recht ähnlich dürfte Afeez Aremu seine Situation bewerten. Da Wahl ebenfalls die Sechser-Position spielen kann, ist der Konkurrenzkampf hier noch größer geworden. Den hohen Ansprüchen an spielerische Fähigkeiten, so wie Smith und Wahl sie erfüllen, kann Aremu zwar auch, aber leider nur selten beständig genügen. So spielt bei ihm auch immer ein wenig Risiko mit. Und das ist gerade auf dieser Position ziemlich ungern gesehen. Somit ist Aremu eigentlich seit seiner Vertragsverlängerung kurz vor Jahresende 2022 irgendwie hinten dran.

Hinter den klaren Stammspielern Hartel, Smith und Irvine findet auch Carlo Boukhalfa einfach keinen Platz in der Sonne. Seine Chancen auf Einsatzzeit sind sogar noch etwas geringer als jene von Aremu, da die erste Wahl auf der Achter-Position hinter dem Duo Hartel/Irvine wohl Connor Metcalfe ist, der auch weiterhin mit großen Entwicklungsschritten voranschreitet und dessen Bankplatz (sofern Afolayan fit ist), sicher zu den schmerzhafteren gehört.
Beide, Boukhalfa und Aremu, dürften sich ihrer Situation vollends bewusst sein. Und falls sie das bis Samstag nicht waren, dann dürfte ihnen die Tatsache, dass sie die einzigen nicht eingesetzten Feldspieler (neben Nachwuchsspieler Max Marie) im Kader waren, die Augen geöffnet haben.

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Konkurrenzkampf links

Im Gegensatz zu den beiden zentralen Mittelfeldspielern, sammelte Lars Ritzka gegen Hapoel zumindest ein paar Einsatzminuten. Zufriedenstellend dürfte das für ihn nicht unbedingt sein. Denn auch wenn Fabian Hürzeler kürzlich den Konkurrenzkampf auf dieser Position als offen bezeichnete: Im Laufe der Vorbereitung hat sich Philipp Treu im internen Wettbewerb um die Position hinten links durchgesetzt. Gerade die spielerischen Ansprüche mit dem Einrücken in den Halbraum sprechen für Treu. Ritzka startet wohl also auch in seine dritte Saison beim FC St. Pauli als Spieler, der mit seiner Rolle als Back-up klarkommen muss. Womöglich wird er es dieses Mal anders empfinden, da zu Beginn der Vorbereitung vieles darauf hindeutete, dass er einen Schritt hin zu mehr Spielzeit machen würde.

Lars Ritzka dirigiert beim Test gegen Hapoel seiner Vorderleute.
Im Vordergrund, leicht verschwommen, marschiert Hauke Wahl nach vorne.
Bisher eher seltenes Bild: Lars Ritzka auf dem Platz. // (c) Stefan Groenveld

Bereits reagiert auf die trüben Aussichten in Sachen Spielzeit hat David Otto, den es nach nur einem Jahr beim FCSP wohl nach Sandhausen zieht und der am Samstag bereits im Kader fehlte. Ob noch weitere Spieler aus gleichen Beweggründen einen Wechsel anstreben? Das ist alles andere als auszuschließen. Genauso wenig sollte ausgeschlossen werden, dass auch Leistungsträger den Verein noch verlassen könnten.

Was fehlt noch?

Nein, kein Linksverteidiger. Durch die taktische Umstellung wurde die notwendige Omnipräsenz eines spielstarken Linksverteidigers, also jene Rolle von Leart Paqarada, aus dem Drehbuch gestrichen. Das Spiel des FCSP ist damit etwas unabhängiger von einzelnen Spielern geworden. Allerdings hat sich durch den Abgang von Lukas Daschner ein Loch ganz vorne ergeben, welches nach aktuellen Eindrücken noch nicht geschlossen werden konnte.

Ein Stürmer fehlt erneut

Die aktuelle Situation erinnert irgendwie an vorigen Sommer, als kurz vor Saisonstart viele einig waren, dass der FC St. Pauli noch einen Stürmer benötige. Mit Andreas Albers wurde bisher ein neuer Angreifer verpflichtet. Er verkörpert eine klassische Neun, die gut in das System passen dürfte. So wirklich überzeugen konnte er aber bisher nicht, und damit auch die zweifelnden Töne im Zuge seiner Verpflichtung nicht verstummen lassen. Das wäre aber ziemlich hilfreich, da er eine der wenigen Konstanten vorne im Angriff ist.

Andreas Albers wird im Test gegen Hapoel von einem Verteidiger gestoppt.
Bisher noch zu häufig ausgebremst: Andreas Albers // (c) Peter Böhmer

Denn mit Etienne Amenyido und Maurides hat er zwei Konkurrenten, die beide lange Zeit kein Spiel mehr bestritten haben. Amenyido konnte aber auch auf dem Platz bisher nur selten wirklich überzeugen. Maurides hinterließ eine Halbzeit lang in Magdeburg einen tollen Eindruck, aber das war es halt auch schon. Bleiben noch Johannes Eggestein, über dessen Situation bereits geschrieben wurde, und Bennet Winter, der sicher bereits ein hohes Level mitbringt, aber seine weiteren Schritte vermutlich erstmal in der U23 gehen wird.

Es ist unklar, welche Pläne es zur Angriffsposition gibt, ob da vielleicht ein-zwei Transfers nicht wie geplant stattfinden konnten oder sich da noch etwas verändern wird. Angesichts der Eindrücke aus der Vorsaison und der Vorbereitung muss aber klar festgestellt werden, dass diese Position in Sachen Qualität nicht mit dem Rest des Kaders mithalten kann. Lösungen mit Marcel Hartel als falsche oder Jakov Medic als echte Neun, sind allenfalls Notnägel und zeigen, wie groß der Bedarf ist.

Prognose

Gerüst vorhanden

Die Stabilität des FC St. Pauli ist enorm. Dem Team ist es dieses Mal gelungen, nach guter Vorsaison den Großteil an Spielern zu halten. Dieser Kader repräsentiert auf fast allen Positionen ein Top-Zweitliganiveau. Und die Vorbereitung zeigte, dass anscheinend auch die Form aus der Rückrunde mit in den Sommer genommen werden konnte. Die für erfolgreichen Zweitligafußball so wichtige Kontinuität, sie ist beim FCSP 23/24 zweifelsohne vorhanden und so bieten sich in dieser Hinsicht perfekte Voraussetzungen für eine gute Spielzeit.

Doch bevor wir alle bereits vor dem ersten Ballkontakt der Saison in Jubelstürme oder gar Feierlaune ausbrechen: Dem FC St. Pauli fehlt wohl auch weiterhin ein richtig starker Stürmer. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Torjäger mindestens enorm hilfreich sind, um aufsteigen zu können. Ob Andreas Albers hier die Lösung ist, sollte aufgrund der Eindrücke aus den Testspielen angezweifelt werden. Unmöglich ist es aber auch nicht, da er vom Profil schon sehr gut in das Spiel des FC St. Pauli passt (Maurides übrigens auch, aber der muss erstmal wieder ins Teamtraining einsteigen). Die ersten Saisonspiele werden zeigen, wie groß der Bedarf auf dieser Position ist. Das Blöde daran: Diese Spiele zählen halt genauso viel, wie jene am Saisonende, es ist keine Zeit mehr zum Austesten.

Die Konkurrenz

Der Blick richtet sich nach oben. Die Lust ist groß in dieser Saison von Beginn um den Aufstieg mitzuspielen. Das wird natürlich alles andere als einfach, denn es gibt da 17 andere Clubs, die im besten Fall ganz oben mitspielen wollen. Welchen Teams ist das am ehesten zuzutrauen?

Natürlich gehören die beiden Absteiger nahezu automatisch zu den Teams, die sich um solche Plätze mit Nachdruck bewerben. Mit dem FC Schalke 04 und Hertha BSC sind aber zwei Teams runtergekommen, bei denen die Vorzeichen unterschiedlicher nicht sein könnten. Denn Schalke spielte bereits in der Rückrunde der Vorsaison eine gute Rolle (Platz acht in der Rückrundentabelle). Das Team hat sich durch den Abstieg zwar massiv verändert und ist sicher auch nicht so stark wie noch vor zwei Jahren, als sie den direkten Wideraufstieg schafften. Aber auf mindestens einer Position sind sie erstklassig besetzt: Cheftrainer Thomas Reis, der mit dem VfL Bochum vor zwei Jahren aufstieg, hat den Schalkern im Jahr 2023 neues Leben eingehaucht. Schalke ist klar zu den Aufstiegsfavoriten zu zählen.

Hertha bröckelt noch

Bei Hertha BSC, dem zweiten Absteiger, ist es alles andere als klar. Das Team fällt aktuell noch auseinander. Einige Spieler sitzen auf fetten Verträgen, der Club ächzt unter einer immensen Schuldenlast und die Vorbereitung verlief alles andere als ruhig und zufriedenstellend. Zwar ist der Kader qualitativ hochwertig, aber das war er auch schon in den Vorjahren und hat nicht dazu geführt, dass ein Abstieg verhindert werden konnte. Bei Hertha scheint fast alles möglich zu sein, auch ein Aufstieg also. Die Vergangenheit hat aber gezeigt, dass Absteiger mit neu zusammengewürfelten Kadern besonders am Saisonstart große Probleme haben. Davon ist auch bei Hertha auszugehen. Und ob sich dieser Club dann fangen wird bleibt abzuwarten.

Auch in seinem sechsten Jahr ist der Hamburger SV zum Kreise der Aufstiegsfavoriten zu zählen. Ob er das aber auch im sechsten Anlauf versemmeln wird, dürfte davon abhängen wie gut das Team die Probleme der Vorsaison in den Griff bekommt. Die Vorbereitung legte diese eher noch weiter offen. Die Testspiele waren üppig mit Gegentoren bestückt und genauso üppig ist das Lazarett aktuell besetzt. Der Saisonstart könnte bereits eine kritische Phase sein. Ein Mitfavorit auf den Aufstieg bleibt das Team natürlich trotzdem (oder um es mit den Worten von Maik zu sagen: „Natürlich steigen die auf“).
Mit dem SC Paderborn, Fortuna Düsseldorf, eigentlich auch Hannover 96 und vielleicht Holstein Kiel gibt es noch einige weitere Bewerber um die ersten drei Plätze. Und dann gibt es da ja auch meist den einen Club, den vorher niemand so wirklich auf dem Zettel hatte. Wie immer gilt: Sicher ist nichts, möglich ist alles in der 2. Bundesliga.

Die FC St. Pauli-Spieler bejubeln im Test gegen Hapoel das 2:0 durch Manolis Saliakas.
Jubelnde FCSP-Spieler – ein Symbolbild für die Saison 2023/24? // (c) Stefan Groenveld

Aufstieg möglich?

Ich hab große Lust auf die neue Saison – sowohl sportlich, als auch persönlich. Aus persönlicher Sicht freue ich mich auch dieses Jahr wieder wie Bolle darauf den FC St. Pauli journalistisch zu begleiten. Das ist ein großes Privileg und ich werde das auch weiterhin mit einer gehörigen Portion Herzblut tun.

Viel wichtiger aber die eine Frage: Kann der FC St. Pauli wirklich aufsteigen? Klar, es gibt Baustellen. Und natürlich werden die Gegner nicht durchgängig an die Wand gespielt werden. Aber ja, ein Aufstieg ist möglich und auch alles andere als unrealistisch. Das Team ist sicher zu den Top6 der Liga zu zählen und wird da auch landen, eine exaktere Prognose ist einfach nicht seriös machbar. Und vielleicht ist es ja eines dieser Jahre, in denen es mal von vorne bis hinten perfekt durchläuft, das Team von schweren Verletzungen verschont bleibt und die Sturm-Thematik gelöst wird. Vielleicht ist die Saison 23/24 ja die eine, auf die wir alle schon so lange warten. Die perfekten Grundlagen für solche Träume hat der FC St. Pauli mit einer tollen Rückrunde und einer überzeugenden Vorbereitung jedenfalls geschaffen.

Forza!
// Tim

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14 thoughts on “Was geht für den FC St. Pauli 23/24?

  1. Wieder alle wesentlichen Punkte und offenen Fragen sachlich analysiert, aber ersetze Kiel durch KSC und ich stimme auch dem Top 6 Prinzip zu…

  2. Eure Meinung zu Aremu teile ich nicht. Immer, wenn der mal drei Spiele am Stück machen durfte, war er super souverän, und als Ballverteiler sehe ich ihn als unseren Besten. Seine Seitenwechsel macht ihm bei uns keiner nach. Ich habe das Gefühl, dem hängt noch sehr seine Anfangszeit mit einigen Fehlern an, und wenn er dann wieder ein paar starke Spiele macht, tun alle überrascht und sagen: „Oh, der hat sich aber entwickelt.“ Ich denke, der braucht einfach Vertrauen und 1-2 Spiele um Sicherheit zu bekommen, dann ist er unser bester Sechser. Ich verbleibe mit einem freundlichen AREMU! I LOVE YOU!

    1. Das sehe ich ähnlich, wobei ich Smith klar davor sehe – Eric ist stabiler in der Form, souveräner im Spiel, robuster im Zweikampf und seine Passqoute lag schon in der Saison bevor er zu uns kam bei (ich glaube es waren) ~95% und Freistöße kann er auch.

  3. Vielen Dank für den gutem Artikel aber bei den Abgängen zähle ich 10 feste Abgänge nicht neun wie ihr schreibt

    1 Lukas Daschner
    2 Leart Paqarada
    3 Luca Zander,
    4 Jannes Wieckhoff,
    5 Betim Fazliji,
    6 Marcel Beifus,
    7 Franz Roggow,
    8 Christopher Avevor,
    9 Dennis Smarsch und
    10 Igor Matanovic

    evtl

    11 David Otto

  4. Moin Tim,
    Deinen Rat zu einer Tasse Kaffee habe ich „versemmelt“…..denn ich habe Deine Texte soeben durchgehend verschlungen
    Da war keine Zeit für ein „Kaffepäuschen“
    Allzu groß ist die Vorfreude auf diese Saison
    Ich war in Südtirol (Passeiertal) und werde auch den Saisonstart am live Betzenberg verfolgen
    Im Anschluß an diese Saisoneröffnung freue ich ich wieder auf Deine Analysen….schön, dass Du weiter mit Herzblut dabei bist !!
    In diesen Sinne
    Forza FCSP

  5. Super Analyse.
    Als Klub, der aus dem Nichts kommt, habe ich Magdeburg auf dem Zettel. Super Rückrunde, guter Trainer und interessant zusammengesetzter Kader. Auf die bin ich richtig gespannt.

    1. Die Situation schön zusammengefasst und mir geht es ähnlich. Ich habe richtig Lust auf diese Saison, das Team macht einfach richtig Spaß. Danke fürs einheizen!

      Zur LV Position:
      mir hat Treu gut gefallen, aber mir fehlt auf links ein echter linksfuß, wenn er gemeinsam mit Saad auf der linken Seite spielt. Gegen Hapoel war auffällig, dass gute Möglichkeiten zur Flanke liegen gelassen wurden, weil lieber nach Innen auf den starken Fuß gezogen wurde. Die Situation ist dann verpufft. Würde Treu daher lieber auf rechts sehen, aber da kommt er an Manolis nicht vorbei. Echtes Luxusproblem, aber gerade wenn man mit Albers oder Maurides spielt verschenktes Flankenpotential, wenn keiner eine ordentliche Flanke schlägt von links.

      1. Ritzka – sehe ich eigentlich aufgrund seines Spiels auch gleichwertig ein. Er kommt eben von außen, was zu Maurides (sehe ich als eins wenn fit) und Albers passt. Wobei man nicht vergessen darf, dass wir gern vor der Ecke des 16ers den Ball übergeben und Hartel dann raus geht. Wir sehen es bald, juhu

  6. Sehr schöne Analyse und so empfinde ich es auch. Große Lust und Vorfreude, im Grunde sehe ich keinen Verein, der extrem weiter vorne sein wird, demzufolge von Platz 1-4 sollten wir einlaufen. Alles andere wäre schon sehr enttäuschend. Wichtig wird ein guter Start sein und ohne große Verletzungssorgen durchkommen.

  7. Danke für die gewohnt treffliche Analyse. Zu den Favoriten würde ich noch Karlsruhe zurechnen und außerdem erwarte ich Albers stärker als du dies offenbar tust.
    Forza FCSP!

  8. Warum hast du Danel Sinani nicht für das offensive Zentrum genannt? Im Vergleich mit Daschner würde da vieles für diese Variante sprechen.
    Zum anderen vermute ich, dass auf dieser Position tatsächlich noch etwas passieren könnte, allerdings dafür noch Kapital (Verkauf von Medic) benötigt wird.

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