Prognose: Eintracht Braunschweig – FC St. Pauli

Basierend auf den Modellen von Joost van der Leij schauen wir auf die Partie zwischen dem FC St. Pauli und Eintracht Braunschweig. Mit einer nicht so schönen Prognose.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

Bereits letzte Woche haben wir uns mit Joost van der Leij, der als Daten-Scout unter anderem für den FC Twente Enschede arbeitet, zu den Neuzugängen des FC St. Pauli ausgetauscht. Sein Fazit: Dem FC St. Pauli fehlt es vor allem an Torgefährlichkeit. Nun schaut van der Leij daten-basiert auf das Spiel zwischen Eintracht Braunschweig und dem FC St. Pauli.

Entscheidend für die Daten und auch die Prognosen, die van der Leij mit seinen Modellen erstellt, sind die Aufstellungen beider Teams. Hier wurde die Aufstellung genutzt, die auch im Vorbericht zu finden ist. Denn in die Prognose gehen die Stärken der einzelnen Spieler ein, zusammen mit der Formation und der Stärke der direkten Gegenspieler. Daher ist zu beachten: Wenn die von mir und Jussi (mit dem ich die Startelf der Braunschweiger abgestimmt habe) vermuteten Aufstellungen nicht mit der wirklichen Aufstellung übereinstimmen, dann würde das, ggf. massive, Auswirkungen auf die gesamte Prognose von van der Leij haben.

FBM-Score: Vorteil FC St. Pauli

Grundsätzlich werden die Eigenschaften der einzelnen Spieler in drei Kategorien ermittelt, um zu einer Prognose zu kommen: Der Defensive, dem Passspiel und der Offensive.
Bevor aber die beiden Aufstellungen miteinander verglichen werden, werfen wir erst einmal einen Blick auf die von van der Leij errechneten FBM-Scores (hier detailliert erklärt) beider vermuteten Startaufstellungen:

Es gibt auf beiden Seiten jeweils einen herausragenden Spieler. Beim FC St. Pauli ist das Eric Smith, dessen Beitrag zum Spiel des FCSP bereits im Artikel letzte Woche hochgelobt wurde (wie ihr seht, ist der Score von Smith gefallen. Die Zahlen, die ich letzte Woche im Artikel präsentiert habe, stammen von der Woche zuvor, in der Zwischenzeit gab es zwei Ligaspiele – van der Leij sagt hierzu, dass Smith bisher eine eher schwache Saison spielt). Gefolgt wird Smith von Jackson Irvine und Nikola Vasilj, Karol Mets, Hauke Wahl, Lars Ritzka und Manos Saliakas – also die gesamte Defensive wird besser bewertet als jeder Offensivspieler des FCSP.

Bei Eintracht Braunschweig ist der Spieler, der am meisten beiträgt, vermutlich etwas überraschend, Danilo Wiebe. Besonders, da Wiebe letzte Woche noch als Ersatz für Brian Behrendt in der Innenverteidigung agierte und zuvor sogar nur eingewechselt wurde. Gegen den FCSP wird er höchstwahrscheinlich den gesperrten Jannis Nikolaou im defensiven Mittelfeld vertreten. Und auf dieser Position (das ist wichtig, denn wenn er als Innenverteidiger spielen würde, dann sähe sein FBM-Score anders aus) kann er einen enorm großen positiven Beitrag zum Spiel der Braunschweiger leisten.

Vorteile in der Defensive

Basierend auf den Modellen von Joost van der Leij hat FC St. Pauli mit seiner Startaufstellung einen Vorteil in der Defensive, wenn man die Stärken und Positionen der einzelnen Spieler berücksichtigt. Hier wird es besonders interessant: Das Modell von van der Leij ergibt, dass Braunschweig in der Defensive einen „weak spot“ hat. Die rechte Seite (mit Marx und Behrendt) fällt im Vergleich zum Rest der Defensive klar ab. Dies könnte der FCSP zu seinem Vorteil nutzen.

Übrigens: Auch beim FC St. Pauli gibt es eine schwächere Defensivseite. Es ist die von Lars Ritzka und voraussichtlich Karol Mets. Dies habe aber keinen Effekt auf das Spiel, da die rechte Offensivseite der Braunschweiger laut van der Leij nicht stark genug ist, um diesen Vorteil auszuspielen. Anders könnte dies für Elias Saad auf der linken Offensivseite aussehen.

Passlinien stören

Die Team-Analyse ergibt, dass Eintracht Braunschweig bessere Passspieler in seinem Kader hat, als der FC St. Pauli – allerdings auch schlechtere. Insgesamt hat damit der FCSP einen Vorteil im Passspiel, da die Startelf zwar nicht individuell, aber als Team über das bessere Passspiel verfügt.
Aus den Modellen von van der Leij ergibt sich, dass Eintracht Braunschweig eine klare Passlinie durch das Zentrum auf die offensive linke Seite hat (Ujah). Diese gelte es für den FCSP zu durchbrechen. Und das kann gelingen, weil der FC St. Pauli seine besten Verteidiger im Mittelfeld hat (Hallo Jackson Irvine!). Auch hier ergibt sich also ein leichter Vorteil für den Gast. Beim FCSP hingegen gibt es keine so klare Passlinie, weil das Team hier insgesamt breiter aufgestellt ist.

Braunschweig offensiv gefährlicher

Bevor wir nun aber bereits verfrüht den Auswärtssieg feiern: Eintracht Braunschweig hat einen klaren Vorteil in der Offensive. Ujah und Wiebe erzeugen laut van der Leij die meiste Torgefahr, während es beim FCSP mit starken Abstrichen Irvine und Saad sind. So muss sich der FCSP besonders auf die Torgefährlichkeit von Ujah einstellen. Eine Erkenntnis, die man sicher auch völlig ohne jeden Datenpunkt hätte erlangen können.

Die Analyse van der Leijs zur offensiven Power des FC St. Pauli ist allerdings ziemlich vernichtend. Saad und Irvine, sowie Smith wird die höchste Torwahrscheinlichkeit attestiert, Andreas Albers, Dapo Afolayan und auch Marcel Hartel wiederum eine sehr niedrige. Das passt auch mit der Aussage von ihm zusammen, dass es dem FCSP klar an Torgefährlichkeit in der Offensive fehlt.

Unentschieden höchstwahrscheinlich

Was ergibt sich nun aus diesen Zahlen? Ein ziemlich klares und torarmes Bild. Das wahrscheinlichste Ergebnis ist ein 1:0-Erfolg für Eintracht Braunschweig (35% Wahrscheinlichkeit). Gefolgt wird dieses Szenario von zwei Unentschieden, einem 1:1 (30%) und einem 0:0 (25%). Es ist also am wahrscheinlichsten, dass der FCSP auch das vierte Ligaspiel in Folge mit einem Unentschieden beendet. Bei all diesen Ergebnissen kann man sich ganz sicher vorstellen, wie die Stimmung rund um den FC St. Pauli im Anschluss an das Spiel wäre. Alle anderen Ergebnisse haben zusammengenommen eine Wahrscheinlichkeit von 10%.

Ich möchte ganz ehrlich sein: Wir sollten diese Analyse kritisch hinterfragen. Oder unsere eigene Wahrnehmung. Ist Danilo Wiebe offensiv wirklich so stark? Ist die Offensive des FCSP wirklich so schwach? Ja klar, werden da vermutlich viele rufen. Aber ist sie wirklich so schwach, dass Eric Smith torgefährlicher als fast alle Offensivspieler des FCSP ist? Ich finde, dass dieses Prognose-Modell höchst interessant ist. Aber den Belastungstest muss es für das Spiel zwischen Eintracht Braunschweig gegen den FC St. Pauli erst noch bestehen. Und ich hoffe ehrlich gesagt, dass das nicht der Fall sein wird.

// Tim

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