Vorbericht: FC St. Pauli – Eintracht Braunschweig (22. Spieltag, 23/24)

Vorbericht: FC St. Pauli – Eintracht Braunschweig (22. Spieltag, 23/24)

Am Sonntag empfängt der FC St. Pauli formstarke Braunschweiger am Millerntor. Der FCSP wird in der Königsdisziplin gefordert. Der Vorbericht.
(Titelbild: Stefan Groenveld)

Im „Vor den Spiel“-Gespräch unterhielt sich Yannick mit Thomas über den aktuellen Lauf von Eintracht Braunschweig, warum das zu Saisonbeginn noch ganz anders aussah und wer der kleine Bruder von Eric Smith sein könnte.

Miese Bilanz

Machen wir uns nichts vor: Eintracht Braunschweig liegt dem FC St. Pauli bisher nicht. Die Braunschweiger können, sicher nicht ohne Stolz, von sich behaupten, dass sie der einzige Club sind, der schon zweimal gegen den FC St. Pauli unter der Leitung von Fabian Hürzeler gewonnen hat. In der Vorsaison beendeten sie die zehn Spiele andauernde Siegesserie des FCSP. Es folgte ein Unentschieden in der Hinrunde 23/24 und eine Niederlage im Testspiel. Ein Angstgegner? Zumindest ein Gegner, der den FC St. Pauli immer wieder vor Probleme stellen kann.

FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?

Die personelle Situation beim FC St. Pauli ist aktuell sehr, sehr gut. Scott Banks fehlt weiterhin aufgrund seines Kreuzbandrisses und Etienne Amenyido ist aufgrund muskulärer Probleme nicht mit nach Mallorca gereist und dürfte deshalb ebenfalls keine Option für den Kader am Sonntag sein.

Zoller, Ahlstrand und Irvine im Kader?

Ansonsten sind alle weiteren Spieler im Kader des FCSP einsatzbereit und entsprechend eine Option für den Spieltagskader am Wochenende. Die zuvor fehlenden Simon Zoller, Jackson Irvine und Erik Ahlstrand haben die gesamte Trainingswoche mittrainieren können. Hürzeler zeigt sich mit diesem proppevollen Kader sehr zufrieden, weil man diesen auch benötigt: „Ich habe die Qual der Wahl was den Kader angeht. Aber das ist das, was ich will, weil wir den Konkurrenzkampf brauchen. Das wird uns nach vorne bringen.“

Eintracht Braunschweig: Wer kann spielen, wer fehlt?

Auch bei Eintracht Braunschweig ist die Kadersituation (fast) durchweg positiv. Rechtsverteidiger Jan-Hendrik Marx wird aufgrund einer Wadenverletzung fehlen. Zudem, und das ist dann doch ein herber Verlust, sah Robin Krauße im Spiel gegen den Karlsruher SC seine fünfte gelbe Karte in dieser Saison. Damit muss Braunschweig auf seinen aktuellen Kapitän verzichten, da der etatmäßige Kapitän Jannis Nikolaou zuletzt seinen Stammplatz verloren hat.

Was haben die Braunschweiger zu bieten?

Lebenszeichen. Und zwar ziemlich deutliche. In Form von fünf Siegen aus den letzten sechs Spielen. Davon war noch Anfang Dezember nicht auszugehen. Eintracht Braunschweig sah damals wie ein sicherer Absteiger aus. Kümmerliche acht Punkte nach 15 Spielen hatten sie geholt, balgten sich einzig mit dem VfL Osnabrück um den unrühmlichen Titel des schwächsten Teams der 2. Bundesliga.

Braunschweig, Deutschland, 01.09.2023, 2. Bundesliga, Fussball - Marcel Hartel (FC St. Pauli) mit dem Ball im Spiel gegen Eintracht Braunschweig - Copyright: Peter Boehmer DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.
Im Hinspiel biss sich der FC St. Pauli lange Zeit an der Braunschweiger Defensive die Zähne aus. Am Ende reichte es nur zu einem Unentschieden.
(c) Peter Boehmer

Abstieg stand irgendwie schon fest

Bereits Ende Oktober wurde Jens Härtel als Cheftrainer entlassen, nachdem es nur fünf Punkte aus zehn Spielen zu holen gab. Der bis dahin als U23-Trainer aktive Marc Pfitzner, der zuvor auch als Spieler in Braunschweig war, übernahm für zwei Partien, in denen es zwei Niederlagen gab. Alles, wirklich alles, deutete auf einen Abstieg hin. Nun aber sagt Fabian Hürzeler: „Eintracht Braunschweig ist ein sehr guter Gegner, wenn nicht sogar eine der Top-Mannschaften der zweiten Liga.“
Was zur Hölle ist da in Braunschweig passiert?

Mitte November stand plötzlich Daniel Scherning als Cheftrainer an der Seitenlinie. Scherning hatte in der Vorsaison Arminia Bielefeld trainiert, kam damals einige Spiele nach Saisonstart – und musste einige Spiele vor Saisonende schon wieder gehen. Ausgerechnet gegen seinen Ex-Club, den VfL Osnabrück, feierte Scherning sein Debüt als Trainer von Braunschweig. Angesichts der Tabellensituation schon sowas wie das früheste Abstiegsendspiel ever. Eintracht Braunschweig führte, fing sich in Unterzahl spät den Ausgleich, nur um in der achten Minute der Nachspielzeit doch noch das Siegtor zum 3:2 zu erzielen.

Wandlung mit Scherning und Bičakčić

Wenn man denn so möchte, dann wird dieser Moment in jeder Story im Falle eines Klassenerhalts sicher als der große Wendepunkt beschrieben werden. Ist es ja auch, vor allem, wenn man sich den Torschützen zum 3:2 anschaut. Das war nämlich Ermin Bičakčić, der 2012/13 Stammspieler und Leistungsträger beim Braunschweiger Aufstieg gewesen ist, nach dem Abstieg aus der Bundesliga aber oben verblieb, bei der TSG Hoffenheim nämlich. Seit Sommer war er vereinslos, fand dann Ende September den Weg in die alte Heimat zurück.

Doch der 34-jährige Innenverteidiger ist nicht der einzige Spieler, der unter Scherning regelrecht aufblüht. Da wäre zum Beispiel der schnelle Marvin Rittmüller, der eine bemerkenswerte Energie auf den Platz und vor allem auf der rechten Seite ins Spiel bringt. Von der Seite in die Mitte ist Fabio Kaufmann unter Scherning gewechselt, spielt nun auf der Position hinter den Spitzen und erzielte vier seiner fünf Tore in seinen letzten sieben Ligaspielen. Und dann ist da noch Rayan Philippe. Der enorm schnelle Mittelstürmer spielte in der Hinrunde kaum eine Rolle, setzte aber mit je zwei Torbeteiligungen in den ersten drei Rückrundenspielen ein fettes Ausrufezeichen.

Defensiv kompakt, vorne mit viel Tempo

„Eintracht Braunschweig hat einen sehr guten Mix aus einer defensiven Kompaktheit und einer sehr guten Umschaltphase, wenn sie den Ball gewinnen.“ Fabian Hürzeler ist voll des Lobes, wenn er über den kommenden Gegner spricht. Die Braunschweiger haben tatsächlich einen äußerst klaren Fokus auf das offensive Umschaltspiel gelegt und sind damit aktuell sehr erfolgreich. Das liegt zum einen daran, dass sie die sich ihnen bietenden Chancen nun nutzen (laut xG liegen sie ligaweit auf Platz 5 – die Anzahl an erzielten Toren war aber lange Zeit die schlechteste der Liga). Aber sie setzen diesen Fokus auf Umschaltmomente auch einfach noch deutlicher um.

Hamburg, Deutschland, 16.04.2023, Fussball, 2. Bundesliga - Oladapo Afolayan setzt zum Torschuss an im Spiel gegen Eintracht Braunschweig - Copyright: Peter Boehmer DFL regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video.
Mit einer bitteren 1:2-Niederlage gegen Eintracht Braunschweig endete die famose Siegesserie des FC St. Pauli in der Vorsaison. Ob sie nun, rund zehn Monate danach, mit einem Erfolg eine neue starten?
(c) Peter Boehmer

„Sie haben sehr viel Tiefgang vorne, viel Speed mit Kaufmann, mit den Außenspielern Donkor und Rittmüller,“ erklärt Fabian Hürzeler. Besonders die Entwicklung von Rittmüller und Philippe zu Stammspielern, beide enorm schnell, passt sehr gut zu diesem Umschaltfokus. Zudem hat das Team defensiv an Stabilität gewonnen, unter anderem durch Bičakčić. Und so erwarte man das Team dann auch am Millerntor, erklärt Hürzeler: „Sie werden versuchen, über ihre Kompaktheit zu Ballgewinnen zu kommen und schnell über ihre zwei Stürmer umzuschalten.“

Auf den FC St. Pauli wartet daher mal wieder eine knifflige Aufgabe. Gegen kompakte Gegner komme es auf die „Balance“ an, zwischen Tiefgang und einer guten Positionierung im Zwischenraum, sagt Hürzeler, „denn wenn Du einfache Ballverluste hast, dann können sie schnell umschalten. Da brauchen wir eine sehr gute Restfeldverteidigung.“ Das bedeutet, dass die Spieler enge Abstände zueinander haben müssen, damit sie ein enges Netz spannen und damit ideal für Konterabsicherung und Gegenpressing positioniert sind.

Mögliche Aufstellung

Bei Eintracht Braunschweig stellt sich die Frage, wer Robin Krauße im zentralen Mittelfeld ersetzen wird. Im „Vor dem Spiel“-Gespräch fällt oft der Name von Hampus Findell, der aber noch keine einzige Spielminute gesammelt hat im Trikot der Braunschweiger. Eine defensive Variante wäre sicher, wenn Jannis Nikolaou oder Sebastian Griesbeck für Krauße in die Startelf käme. Die eher offensivere Variante wäre Niklas Tauer, auf den ich auch tippe. Ansonsten sind keine personellen Veränderungen in der Startelf zu erwarten.

Erwartete Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli gegen Eintracht Braunschweig. FCSP: Vasilj - Wahl, Smith, Mets - Saliakas, Kemlein, Hartel, Treu - Metcalfe, Eggestein, Afolayan EBS: Hoffmann - Kurucay, Bicakcic, Ivanov - Rittmüller, Helgason, Tauer, Donkor - Kaufmann - Philippe, Gomez
Erwartete Aufstellung beim Spiel FC St. Pauli gegen Eintracht Braunschweig.
FCSP: Vasilj – Wahl, Smith, Mets – Saliakas, Kemlein, Hartel, Treu – Metcalfe, Eggestein, Afolayan
EBS: Hoffmann – Kurucay, Bičakčić, Ivanov – Rittmüller, Helgason, Tauer, Donkor – Kaufmann – Philippe, Gomez

Beim FC St. Pauli wollte sich Fabian Hürzeler in Sachen personellen Veränderungen in der Startelf nicht so recht in die Karten schauen lassen, sagte: „Man kann kleinere Anpassungen machen, aber wie die aussehen werden, da sind wir uns noch nicht im Klaren.“
Ich rechne mit genau einer personellen Veränderung in der Startelf: Connor Metcalfe könnte Elias Saad ersetzen. Dadurch würde wohl Dapo Afolayan auf die linke Offensivseite wechseln. Warum ich darauf tippe? Weil Afolayan aktuell in sehr guter Form ist und Metcalfe als Linksfuß besonders gegen tiefstehende Gegner eine wichtige Rolle einnehmen könnte. Und denkt mal dran, wie es für bereits müde Gegenspieler sein muss, wenn dann nach rund einer Stunde Spielzeit ein frischer Elias Saad den Platz betritt…

Viel Power auf der FCSP-Bank

Zu hoffen ist, dass Jackson Irvine und Simon Zoller zumindest wieder Teil des Kaders sein werden. Da Irvine aber eine kürzere und Zoller eine sehr lange Pause vom Trainings- und Spielbetrieb hatte, ist für beide eher nicht mit einem Platz in der Startelf zu rechnen. Auch hier erhöht der Gedanke an solche Spieler auf der Bank meinen Herzschlag.

Nach der Niederlage in Magdeburg steht für den FC St. Pauli nun also ein schweres Heimspiel gegen einen formstarken Gegner aus Braunschweig an. Die Gäste werden sicher tiefstehen und auf Konter lauern – seit jeher die Königsdisziplin für Gegner, so ein Spiel zu kancken – damit hatte der FCSP vor der Winterpause ein paar Probleme. Allerdings, sagt Fabian Hürzeler, sei es kein Problem gewesen, sich Chancen zu erspielen, sondern diese in genügend Treffer umzusetzen. Das wird dann am Sonntag hoffentlich gelingen, denn durch einen Erfolg kann dem Team ein weiterer ganz wichtiger Schritt in Richtung Bundesliga gelingen.

Forza!
// Tim

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