Der FC St. Pauli erwartet am Samstag Fortuna Düsseldorf am Millerntor. Es ist, wie zuletzt oft bei Duellen beider Teams, ein Spitzenspiel. Der Vorbericht.
(Titelbild: Stefan Groenveld)
Zur Vorbereitung hört gerne in das „Vor dem Spiel“-Gespräch von Michael mit Robert rein.
Aufgrund des tödlichen Unfalls, der sich letzte Woche am Millerntor ereignete, wird es vor Anpfiff eine Schweigeminute geben. Auch wir vom MillernTon wünschen den Hinterbliebenden viel Kraft.
Ein Blick zurück
Nicht einmal drei Monate ist es her, als es genau ein Ergebnis im Duell beider Teams nicht geben durfte: Ein Unentschieden. Nur mit einem Sieg hätte eines der beiden Teams noch in den Kampf um Platz drei eingreifen können, es wurde aber ein 0:0 und damit war der HSV der Sieger dieser Partie, ohne mitgespielt zu haben. In der Hinrunde hatte der FCSP bei der Fortuna erst in Unterzahl richtig guten Fußball gespielt, sich aber aufgrund der brutalen Effizienz der Düsseldorfer nicht mit einem Punktgewinn belohnen können.
Nach einer aufreibenden Rückrunde ging es am letzten Spieltag der Saison 21/22 leider um gar nix mehr, sodass der 2:0-Erfolg gegen die Fortuna eine Randnotiz im Zeichen des Abschieds wurde. Wenige Monate zuvor war der FC St. Pauli noch als stolzer und hochverdienter Herbstmeister nach Düsseldorf gereist, musste sich dort aber mit einem 1:1 zufriedengeben.
Ganz zarte Aufstiegshoffnungen gab es auch im Jahr zuvor, doch der FC St. Pauli verlor deutlich in Düsseldorf und musste auch das Rechnen einstellen, die Saison war mehr oder weniger gelaufen. Dass es überhaupt so weit kam, damit war 16 Spiele vorher nicht unbedingt zu rechnen, denn der FCSP steckte kurz vor Weihnachten 2020 in einer handfesten Krise und verlor auch das Heimspiel gegen die Fortuna.
FC St. Pauli: Wer kann spielen, wer fehlt?
Drei Spieler werden sicher fehlen für die Partie gegen Düsseldorf: Maurides und Etienne Amenyido, sowie Adam Dźwigała. Alle drei haben aber immerhin ab und an Kontakt an der Kollaustraße, drehen Runden, mal mehr mal weniger intensiv.
Ebenfalls nur Runden drehte Jackson Irvine während der Trainingswoche. Auch Connor Metcalfe fehlte. Fabian Hürzeler erklärte aber auf der Pressekonferenz vor der Partie kurz und knapp: „Bei beiden sieht es gut aus.“ – ob das auch bedeutet, dass beide wieder in der Startelf stehen, darauf werde ich dann später eingehen.
Fortuna Düsseldorf: Wer kann spielen, wer fehlt?
Nur ein einziger Spieler wird der Fortuna beim FC St. Pauli nicht zur Verfügung stehen: Tim Oberdorf – Bruder einer sehr, sehr guten Fußballerin – ist an Pfeifferschem Drüsenfieber erkrankt und wird dem Club wohl noch einige Zeit fehlen.
Nur ein Ausfall ist eine ziemlich gute Quote, aber für Daniel Thioune ist es auch besonders wichtig, dass es wenige Ausfälle gibt. Denn mit nur 22 Spielern hat Fortuna Düsseldorf aktuell einen wirklich sehr kleinen Kader und kann sich Ausfälle eigentlich nicht leisten.
Was hat die Fortuna zu bieten?
Irgendwie ist das alles recht ähnlich: Auch die Fortuna hatte, genauso wie der FC St. Pauli, einen Auftakterfolg zu feiern. In einem eher chancenarmen Kick wurde letzte Woche Hertha BSC mit 1:0 durch ein Tor von Ex-FCSP-Kicker Daniel Ginczek besiegt. Und ähnlich wie auch Fabian Hürzeler („Ich verlange von meiner Mannschaft, dass wir einen Schritt nach vorne machen, was die Intensität gegen den Ball, aber auch das Spiel mit dem Ball angeht“), hat auch Daniel Thioune noch einige Bereiche im Spiel seines Teams gesehen, in denen noch Luft nach oben ist („Das Balltempo hat mir nicht gefallen. (…) Wir hatten wenige gegenläufige Bewegungen und die bespielbaren Räume nicht erkannt.“).
Signifikante Abgänge
Nach der letzten Saison haben die Fortuna gleich mehrere namhafte Spieler verlassen: In der Offensive sind mit Rouwen Hennings (SV Sandhausen) und vor allem Dawid Kownacki (Werder Bremen) zwei starke Spieler gegangen, die das Spiel des Teams teilweise über Jahre geprägt haben. Zudem wechselte Kristoffer Peterson nach Israel zu Hapoel Beer Sheva. Defensiv fehlen mit Innenverteidiger Christoph Klarer (Darmstadt 98) und Michal Karbownik (Leih-Ende) ebenfalls zwei zentrale Spieler.
Das bedeutet aber nicht, dass Fortuna Düsseldorf im Vergleich zur Vorsaison schwächer geworden ist. Erneut ist eine Parallele zum FCSP zu erkennen, betont Fabian Hürzeler: „Ich vergleiche das mit unserer Situation: Das Gerüst ist bei ihnen zusammengeblieben.“
Maßgebliche Anteile des Gerüsts sind laut dem FCSP-Trainer die Spieler der defensiven Achse mit Torwart Florian Kastenmeier („Überdurchschnittlich gut mit Ball am Fuß“), Innenverteidiger und Kapitän Andre Hoffmann („Strahlt große Ruhe aus“), sowie der Doppelsechs mit Ao Tanaka und Marcel Sobottka („Zwei Sechser, die wahnsinnig intelligent spielen, immer wieder Räume finden, Lösungen nach vorne suchen und in engen Spielsituationen die Ruhe bewahren und viel Erfahrung haben.“)
„Spieler wissen, wie man Spiele gewinnt“
Fabian Hürzeler hob bei seinen Worten über Fortuna Düsseldorf natürlich auch die Offensivkräfte hervor mit Iyoha, Klaus und Ginczek. Interessant ist für mich persönlich, dass er eine Stärke der Fortuna beschrieb, die eher im mentalen Bereich zu finden ist: Das Team wisse „wie man Spiele gewinnt“ – genau diese Worte wählte er auch im Mai dieses Jahres, als Fortuna am Millerntor zu Gast war. Aber was meint er damit eigentlich genau? Was macht Spieler so stark, wenn sie Erfahrung im Gewinnen von Fußballspielen haben, Fabian Hürzeler?
„Es ist die Erfahrung auf gewisse Situationen reagieren zu können, auch auf gewisse Atmosphären. Aber es ist auch die Ruhe – wenn es hektisch wird, dann weiter Fußball zu spielen, klar beim Plan zu bleiben – da strahlen solche Spieler einfach etwas aus, auch in den persönlichen und entscheidenen Duellen auf dem Platz.“
Fabian Hürzeler erklärt, was aus seiner Sicht eine der großen Stärken der Fortuna-Spieler ist.
Erneute Abweichung?
Daniel Thioune ist bereits seit Anfang 2022 Trainer von Fortuna Düsseldorf und das sehr erfolgreich. Hierbei stand zumeist eine Vierekette auf dem Platz. Thioune lässt sein Team eigentlich immer mit einer Art 4-3-3 oder 4-2-3-1 auflaufen. Bereits in der Rückrunde der Vorsaison, aber besonders in der Sommer-Vorbereitung, hat der FC St. Pauli den Eindruck erweckt, dass ihnen Spiele gegen Viererketten etwas leichter fallen. Denn da können sie ihre offensiven Außenbahnspieler einfacher in direkte Duelle bekommen, sofern die Teams ähnlich agieren wie z.B. Hapoel Tel Aviv. Aber natürlich ist dieses Spiel nicht schon im Vorwege aufgrund taktischer Unterlegenheit des Gegners entschieden, auch wenn ich das gerne so hätte.
Denn Fortuna Düsseldorf hat lange Zeit nicht mehr mit einer Viererkette gespielt – zumindest gegen den FC St. Pauli nicht. So war auch das Rückspiel der Vorsaison irgendwie (k)eine Besonderheit, als die Fortuna am Millerntor eine Fünferkette aufbot und den FCSP damit vor Probleme stellte. Thioune jedenfalls ließ sich verbal zumindest schonmal eine Hintertür für diese Umstellung offen: Angesprochen darauf, ob er Jamil Siebert oder Jordy de Wijs neben Andre Hoffman in der Innenverteidigung aufbieten wird antowrtete er: „Auch eine Dreierkette ist nicht ausgeschlossen.“
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Mögliche Aufstellung
Ich lege mich da fest und erwarte Fortuna Düsseldorf mit einer Dreierkette gegen den FC St. Pauli. Fraglich ist, wer dafür weiter vorne weichen muss. Wenn die Fortuna ähnlich mannorientiert agieren möchte, wie im Spiel vor drei Monaten gegen den FCSP, dann könnte es die beiden Außenverteidiger Gavory und Zimmermann treffen. Das Duo Klaus/Iyoha bildete zumindest letztes Mal am Millerntor die Schiene bei der Fortuna (wobei Zimmermann schon ein Härtefall für die Bank wäre). Ich tippe da echt ins Blaue und schwurbel mir da aber trotzdem eine Fünferkette zurecht.
Kommt Dapo?
Auf Seiten des FC St. Pauli ist mit mindestens einer personellen Veränderung zu rechnen: Oladapo Afolayan hinterließ nach seiner Einwechslung gegen Kaiserslautern einer sehr guten Eindruck und könnte deshalb einen leichten Vorteil gegenüber Connor Metcalfe haben, der ja zudem mit dem Training aussetzen musste. Dieser Wechsel ist also erwartbar.
Je nachdem welche Eigenschaften Fabian Hürzeler von seinen Schienenspielern verlangt, könnte sich auch etwas auf der linken Seite verändern. Lars Ritzka hat gegen den FCK einen ordentlichen Eindruck hinterlassen, mehr aber auch nicht. Philipp Treu könnte, vor allem, wenn es um das Aufbauspiel geht, leichte Vorteile haben. Ich fürchte für meine Vorberichte, dass die Besetzung dieser Position auch im Saisonverlauf sehr schwer vorherzusagen ist, tippe aber erneut auf Ritzka.
Eine weitere Option wäre es mit Marcel Hartel als falsche Neun zu starten (Danel Sinani wäre grundsätzlich auch eine Option), wodurch dann wohl Hauke Wahl in die Startelf kommen würde und Andreas Albers auf der Bank Platz nehmen müsste. Ob wir diese Variante sehen, dürfte sicher davon abhängen, in welcher Formation Fortuna Düsseldorf erwartet wird. Denn sollten sie erneut ähnlich mannorientiert verteidigen wie im letzten Aufeinandertreffen, dann bietet Albers genau das, was im Mai diesen Jahres noch fehlte: Eine Exit-Strategie. Ich rechne mit der Düsseldorfer Fünferkette und daher auch mit Albers in der Startformation.
Ich gehe trotzdem davon aus, dass Hauke Wahl starten wird…
Update: Nicht im Kader stehen wird Jakov Medić, der für Transferverhandlungen freigestellt wurde.
Fabian Hürzeler erwartet von seinem Team vor allem mehr Intensität im Vergleich zum Spiel gegen Kaiserslautern. Die wird auch notwendig sein, um gegen eine solch abgezockte und meist sehr effizient spielende Truppe wie Fortuna Düsseldorf erfolgreich zu sein. Ich habe jedenfalls große Lust auf das Spiel, habe große Lust den FC St. Pauli wieder am Millerntor zu sehen und hätte nichts dagegen einzuwenden nach Spielende weiter was von „die perfekte Saison ist noch möglich“ zu erzählen.
Forza!
// Tim
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Mit der Dreierkette würde Thioune alle verfügbaren IV direkt auf den Platz stellen, zumal Wenn Sobottka im DM spielen sollte.
Ich befürchte, dass wir mit Albers in der Startformation nicht wirklich besser aussehen werden, da er im Kombinationsspiel doch abfällt und die Wahrscheinlichkeit sich körperlich gegen die IV durchzusetzen nicht gerade groß ist. Gerade gegen einen kompakten, destruktiven Gegner muss man erstmal zum Strafraum kommen bevor über den Abschluss nachgedacht werden kann. Unsere letzte 1.HZ gegen F95 sah da schon recht gut aus. Ich erwarte auch eher, dass sie im zentralen Mittelfeld Überzahl schaffen werden, um dort aus Balleroberungen umzuschalten. Ich würde daher tatsächlich Sinani bevorzugen auch wenn das nicht getestet worden ist. Er könnte sich in die 8er und 10er Räume fallen lassen, um sich der IV zu entziehen und Räume zu öffnen. Gleichzeitig würde er die Überzahl im ZM aufheben und mehr Dynamik ins Positionsspiel bringen. Das war mir gegen den FCK deutlich zu statisch.
Hast du Medic schon verkauft?
macht wohl gerade den Medizincheck bei Ajax…