Das Jahr 2020 neigt sich unweigerlich dem Ende. Wird auch Zeit, dass es vorbeigeht, denn nicht nur aus Sicht des FC St. Pauli kann es eigentlich im nächsten Jahr nur besser werden. Nutzen wir die Tage vor Weihnachten mal dazu einen Blick zurück auf die sportlichen Ereignisse des Jahres zu werfen.
(Titelbild: Stefan Groenveld)
Die Jahrestabelle 2020 spricht eine ganz deutliche Sprache: Der FC St. Pauli ist punktemäßig das schlechteste Team aller Zweitligisten, die sowohl 19/20 als auch 20/21 in der Liga waren. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich diese Entwicklung nicht erwartet habe. Aber auch ich muss der Wahrheit, also in diesem Fall der Tabelle, schonungslos ins Gesicht blicken: Der FCSP hat zum Ende des Jahres bereits Gewissheit, dass 2021 viel besser werden muss.
Januar 2020
Rückblickend kann man festhalten, dass das Jahr 2020 schon denkbar beschissen anfing: Anfang Januar wurde der Wechsel von Mats Møller Dæhli zum KRC Genk bekanntgegeben. Dies sorgte bereits früh im Jahr bei mir für großen Herzschmerz. Es sei „schwer einschätzbar, wie groß der sportliche Verlust ist“ schrieb ich im Herzschmerz-Artikel zu seinem Wechsel. Nun, knappe zwölf Monate später kann ich es einschätzen. Der sportliche Verlust wiegt schwer. Und da Mats in Genk eine schwere Zeit hat (schafft es nur selten in den Kader und eigentlich nie auf den Platz), hofft er sicher auch darauf, dass 2021 besser werden wird. Am 3. Januar 2021 öffnet das Transferfenster – #FreeMats!
Das Pflichtspiel-Jahr 2021 startet übrigens genauso wie das Jahr 2020: Mit einem Auswärtsspiel in Fürth. Im Januar 2020 verlor der FCSP dort mit 0-2 und schau an, eine gute Konterabsicherung fehlte auch schon Anfang 2020. Hoffen wir mal, dass es 2021 alles anders läuft.
Februar 2020
Besser in der Jahrestabelle der 2.Liga ist übrigens der VfB Stuttgart platziert. Und das obwohl sie zwölf Spiele weniger als der FCSP bestritten haben…
Im Februar 2020 war Stuttgart am Millerntor zu Gast und VfB-Sportdirektor Sven Mislintat stellte ob des grottigen Zustands des Rasens am Millerntor fest, dass es Gras nur in anderen Stadionbereichen gibt. Auf diesem schwierigen Geläuf überzeugte der FCSP sogar gegen den VfB Stuttgart und Henk Veerman erzielte ein beeindruckendes Tor.
Neun Tage später saß ich zusammen mit Bobby auf zwei engen Plätzen in Kiel und reportierte für das AFM-Radio eine der aufreibendsten Schlussphasen, die ich je erlebt habe: Der FC St. Pauli spielte gegen formstarke Kieler nach Rückstand groß auf, kassierte nach einer Ecke aber den erneuten Rückstand. In der Nachspielzeit gab es dann Elfmeter für uns, Henk verschoss, aber es gab noch direkt folgend einen indirekten Freistoß. Den verschoss Gyökeres und Henk vergab den Nachschuss. Keine Punkte, aber immerhin das Goldenen Stück Scheiße gehörte uns.
Nur drei Tage später gastierte Dynamo Dresden am Millerntor. Auf dem Platz gab es ein 0-0, welches der FCSP schlicht hätte gewinnen müssen. Aber darüber redete im Anschluss niemand mehr, da sich, wie bei Spielen gegen Dresden üblich, der Gästeblock von seiner beschissensten Seite zeigte.
Entsprechend lassen wir das Zitat von Leo Østigård nochmal hier stehen: „Das fühlt sich wie eine Niederlage an. Wir sind so viel besser als Dresden gewesen. Die kommen her, spielen Scheißfußball und tun das unseren Fans an nach dem Spiel. Ich bin so wütend. Das ist ein Scheißverein mit Scheißfans.„
Der Blogbeitrag von mir wurde übrigens erst von Maik und dann noch ein weiteres Mal von Philip zensiert, da ich aus deren Sicht zu viele Verbindungen von Fakälien zu Gehirnen der Dresdner Fanszene zog. Mit etwas Abstand sollte man sich ja beruhigt haben. Beim Schreiben dieser Zeilen, kommt mir jedoch schon wieder die Galle hoch.
Aber eine Woche später war das alles schon wieder vergessen. Die Verteidigung der Stadtmeisterschaft stand an und zu Tausenden spazierten wir gemeinsam gen Mordor (könnt ihr Euch das noch vorstellen? Volle Gästeblöcke?). Es wurde ein unvergesslicher Nachmittag an dessen Ende wir als Stadtmeister wieder in unser Viertel zogen. Wir lassen mal die Erinnerungen an das 1-0 von Veerman hier stehen
Der Gästeblock implodierte von einem auf den anderen Moment, erlebte die völlige Ekstase, Schockwellen durchfuhren ihn, Menschen darin spürten nach Jahren wieder, dass sie kein metallener Haufen sondern ein Ding mit Gefühlen sind. Wie Henk sich nach seinem Tor mit ausgebreiteten Armen vor die tobende Masse stellt… magisch.
März 2020
Nach dem Derbysieg gewinnt der FC St. Pauli das folgende Heimspiel gegen Osnabrück. Es war das letzte Heimspiel vor vollen Rängen. Zwei Siege in Folge und vor allem Zuschauer*innen in den Stadien – lang ist der März her. Aus spielerischer Sicht war dieser Sieg übrigens eines meiner Highlights 2020.
Eine Woche später fand für Gästefans das vorerst letzte Spiel mit offenem Gästeblock statt. Und es war auch das Ende einer für den FCSP bis heute nicht mehr erreichte Serie: Durch das Unentschieden in Sandhausen konnte der FCSP vier Spiele hintereinander nicht verlieren.
Kurz davor nahmen wir ein langes Interview mit Jos Luhukay auf. Damals, es wirkt wie aus einer anderen Zeit, ging es noch um ganz banale Themen und das allumfassende Thema Coronavirus war noch ganz weit weg.
Kurze Zeit später folgte der Lockdown und die Unterbrechung der Saison. Entsprechend haben wir uns in der Folge mit Geisterspielen und der Frage, ob die Saison überhaupt beendet werden sollte beschäftigt (und noch weitere Artikel zu späten Siegtoren, epischen Niederlagen und der Aufstiegssaison).
Mai 2020
Nachdem im April gar nicht gespielt wurde, waren die Fallzahlen so weit runter und die Hygienekonzepte durchgewunken, dass wieder Fußball gespielt werden konnte. Das erste Spiel gegen Nürnberg war kein Leckerbissen, aber durch den 1:0-Sieg konnte der FCSP seine Serie auf fünf Spiele ausbauen.
Es folgte ein deftiges 0-4 in Darmstadt, die damit unweigerlich auf das hinzeigte, was den FC St. Pauli in der Folge erwarten durfte: Der Rest der Saison entwickelte sich zu einem einzigen Krampf, es war kaum noch auszuhalten.
Das 0-0 zuhause gegen Heidenheim stellte dabei noch eine der besseren Vorstellungen dar, auch wenn ich im Blog mich erst einmal ob der Trostlosigkeit eines leeren Millerntors selbst langweilte, bevor ich einen Spielbericht schrieb. Hätte ich gewusst, dass gegen Heidenheim im Mai das letzte Zu-Null-Spiel des Jahres 2020 sein würde…
Juni 2020
Was mir zu dem Zeitpunkt nicht klar war: Es sollte mein letzter Spielbericht der Saison werden. Nach einem krampfigen Unentschieden in Karlsruhe, bei dem der FCSP nichts mehr wollte als nicht zu verlieren, folgte eine enttäuschende Niederlage in Bochum und plötzlich lag der FCSP mit nur noch fünf Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang auf Platz 14 in der Tabelle. Ich hatte bereits mit der Saison abgeschlossen und fragte mich, wie es weitergehen kann.
Mit dem Sieg zuhause gegen Erzgebirge Aue (ja, sowas soll es geben) wurde zwar tabellarisch der Grundstein für eine weitere Saison in der 2.Liga gelegt, aber von dem Spiel blieb vor allem der denkwürdige Auftritt von Jos Luhukay in Erinnerung. Der faltete Henk Veerman auf dem Weg in die Kabinen lautstark und für sämtliche Außenmikros im Stadion hörbar zusammen. Zuvor hatte Veerman nach seinem Führungstor den Stare-Down klar gewonnen.
Die deutliche 4:0-Niederlage in Hannover und im Anschluss eine denkwürdige PK von Jos Luhukay sorgten dann auch bei mir dafür, dass das Fass überlief. Ich hatte genug von der Saison. Aus sportlicher Sicht war das einer meiner persönlichen Tiefpunkte des FC St. Pauli.
Mit einem 1-1 zuhause gegen Regensburg und einer 5:3-Niederlage in Wiesbaden verabschiedete sich der FC St. Pauli in die Sommerpause. Und er verabschiedete auch Jos Luhukay. Das war schon nach dem 33. Spieltag klar, wurde dann aber erst nach Saisonende offiziel vermeldet.
Juli & August 2020
Im Sommer stand dann ein großer Umbruch im Kader an: Wir mussten schweren Herzens Jan-Philipp Kalla verabschieden. Mit Leo Østigård, Victor Gyökeres, Waldemar Sobota, Johannes Flum, Henk Veerman, Dimitrios Diamantakos, Christian Conteh, Matt Penney und Marc Hornschuh verließen noch weitere Spieler dauerhaft den Verein.
Nach langem Warten verkündete der Verein dann, dass Timo Schultz ab sofort als Chef-Trainer an der Seitenlinie stehen wird, woraufhin wir einen Text veröffentlichen konnten, der uns große Freude bereitete. Mit ihm kamen auch zwei neue Co-Trainer: Loïc Favé und Fabian Hürzeler.
Aber nicht nur das, im Sommer kamen viele neue Gesichter ans Millerntor. Auf Daniel-Kofi Kyereh folgten Leart Paqarada, Dennis Schmarsch, Maximilian Dittgen, Rodrigo Zalazar, Lukas Daschner, Afeez Aremu, Simon Makienok und später noch James Lawrence und Guido Burgstaller.
Ich möchte ganz ehrlich sein: Ich habe ziemlich positiv in die neue Saison geschaut. Ich war überzeugt davon, dass wir zwar nicht um den Aufstieg mitspielen werden, aber immer irgendwie zwischen den Plätzen 7 und 12 rumtingeln würden. So richtig schön langweilig. Ein Übergangsjahr eben. Es kam anders.
September 2020
Den ersten herben Dämpfer erlebte die Saison bereits in den ersten 45 Minuten des ersten Spiels. Der FC St. Pauli wurde von der SV Elversberg in der 1. Runde des DFB-Pokals nicht viel weniger als vorgeführt. Die Vorfreude auf die neue Saison wich einem ziemlichen Schock, denn das Spiel in Elversberg war sicher eines der Schlechtesten an die ich mich je erinnern kann.
So kam der Saisonauftakt in Bochum mit einiger Ungewissheit im Vorwege. Und obwohl sich zuerst alle Befürchtungen bestätigten, zeigte der FCSP zum Ende des Spiels eine lange nicht gesehene Moral und holte einen Punkt bei, wie man spätestens jetzt weiß, einem Aufstiegsfavoriten.
Und es kam noch besser: Dank einer enormen Effizienz (wie sehr wir uns die in anderen Spielen gewünscht hätten!) gewann der FCSP sein Heimspielauftakt gegen Heidenheim. Der Ligaauftakt ist damit geglückt, die Sorgen vorerst vertrieben. Was wir nicht ahnten: Damals Ende September siegte der FC St. Pauli zum letzten Mal im Jahre 2020.
Oktober 2020
Auf den Sieg gegen Heidenheim folgte eine ärgerliche, weil unverdiente Niederlage in Sandhausen. Maik wurde dabei noch von ganz anderen Dingen gequält. Vier Punkte aus drei Spielen war aber immer noch okay.
Wir hatten uns vom neuen Trainerteam mutigen, proaktiven Fußball gewünscht. Was das bedeutet, durften wir dann im Spiel gegen Nürnberg erleben. Eine richtig offensive Aufstellung brachte zwar nur einen Punkt, aber ließ mich persönlich ziemlich positiv zurück.
Tja, vier Spiele, fünf Punkte. Ein ordentlicher Start. Der FC St. Pauli war Bochum ebenbürtig, gegen Heidenheim effizient und gegen Sandhausen und besonders Nürnberg das bessere Team. Wie sehr die kurz nach der Nürnberg-Partie bekanntgewordene Verletzung von Guido Burgstaller das Spiel des FCSP bis Jahresende beeinflussen würde, war damals natürlich noch nicht abzuschätzen.
Ein Spiel in zwei Hälften zeigte der FCSP gegen Darmstadt: In der ersten Halbzeit sehr dominant und, wir kennen es, ineffizient in Sachen Chancenverwertung. Durch eine recht simple Umstellung geriet das Spiel des FCSP dann völlig aus den Fugen. Aber dank einer ebenfalls nicht nur einmal erkennbaren Moral konnte der FC St. Pauli in der Nachspielzeit noch das Unentschieden retten.
2-2, ein recht ungewöhnliches Ergebnis. In den ersten sechs Spielen hieß es für den FC St. Pauli jedoch viermal nach Abpfiff 2-2. So auch bei der Stadtmeisterschaft, die Ende Oktober ausgetragen wurde. Ja, durch die Geisterspiele ist vieles von dem Reiz eines solchen Spiels verloren gegangen. Aber als Simon Makienok knapp zehn Minuten vor dem Ende zur Führung traf, war der Zwang das Spiel vor dem Fernseher zu schauen sicher dem Großteil für einen Moment egal.
Am Ende hieß es aber 2-2. Die Stadtmeisterschaft wurde verteidigt. Aber so langsam wurde klar, dass der FC St. Pauli in der Defensive Probleme hat.
November 2020
Darauf angesprochen, äußerte sich Timo Schultz nach dem Derby optimistisch: „Ich bin zuversichtlich, dass wir bei dem Thema schnell besser werden.“ – Das Gegenteil war jedoch erstmal der Fall. Gegen den Karlsruher SC setzte es eine 0:3-Heimpleite. Dies wurde von Vereinsseite auch auf „fehlende Aggressivität“ geschoben.
Trotzdem: Die defensiven Probleme gegen Karlsruhe, aber auch die Probleme in den vielen Spielen davor, führten dazu, dass der FC St. Pauli sein System grundlegend umstellte.
Die Probleme in der Defensive wurden gegen den KSC noch einmal allen deutlich vor Augen geführt. Als Reaktion darauf folgte in der Länderspielpause eine nicht unerhebliche Umstellung auf die Viererkette, die dem FCSP in den folgenden Spielen mehr Stabilität bringen sollte. Wir nutzten die Pause, um uns die Verträge der Spieler mal etwas genauer anzuschauen. Der Verein nutzte die Pause um das Ende der Partnerschaft mit Under Armour und den Start von DIIY anzukündigen
Nach der Länderspielpause fand das neu einstudierte System in Paderborn erstmalig Anwendung. Aber: Ein ineffektiver FC St. Pauli liegt zur Halbzeit völlig unnötig mit 0-1 hinten und fällt dann ab etwas Minute 60 komplett auseinander und darf sich schlussendlich, obwohl sie in der ersten Halbzeit das klar bessere Team waren, bedanken, dass sie nur 2 Gegentore bekommen. Scheiße am Fuß.
Einmal mehr wurde auch in diesem Spiel deutlich, dass es dem FC St. Pauli an Spielern mangelt, die in wichtigen Phasen stabil bleiben. Viel zu oft ist der FCSP in schwierigen Spielphasen in seine Einzelteile zerfallen – Eine Führungsspielerdiskussion wurde dann auch bei uns geführt.
Das Heimspiel gegen Osnabrück war dann bereits aus der Kategorie „must win“. Wurde es aber nicht, trotz einmal mehr deutlicher Überlegenheit. Eine weitere unnötige Niederlage, die dritte in Folge war dann schon ein echter Tiefschlag.
Dezember 2020
So musste der bis dahin ergebnistechnisch kriselnde FC St. Pauli zu ebenfalls kriselnden Braunschweigern reisen. Der Start in Braunschweig war nahezu perfekt: Max Dittgen erzielte früh die Führung. Was folgte, war eine an Passivität kaum zu überbietende Vorstellung, die völlig zu Recht mit der vierten Niederlage in Serie endete.
Timo Schultz hatte im Anschluss an das Spiel zum ersten Mal einen richtig dicken Hals und kündigte mit deutlichen Worten an, dass von nun an ein anderer Wind wehen würde, während wir uns als Bill Murray in „Und täglich grüßt das Murmeltier“ wähnten.
Ja, es wurden Erbhöfe gestrichen: Beim Spiel gegen Erzgebirge Aue fanden sich Simon Makienok, Daniel Buballa und Torwart Robin Himmelmann auf der Bank wieder. Gerade die letztgenannte Personalie bietet natürlich mitten in der Saison reichlich Gesprächsstoff, aber sie war nachvollziehbar.
Nur brachte es relativ wenig. Einen Punkt um genau zu sein. Und diesen auch erst nachdem der FC St. Pauli einen 0:2-Rückstand spät aufholte. Einmal mehr war der FC St. Pauli klar überlegen, nutzte seine Chancen nicht und fing sich hinten zwei völlig unnötige Gegentore. Trotzdem war es nach der Niederlage in Braunschweig ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings war es auch schwer einen Schritt in die falsche Richtung zu machen, also noch schlechter als in Braunschweig zu spielen.
Eigentlich stellte das Spiel gegen Aue den Auftakt in die Englische Woche dar. Doch ein positiver Coronafall in Würzburg sorgte für reichlich Trubel und Misstöne. Wirklich reichlich.
Der FC St. Pauli nutzte die freie Zeit zumindest neben dem Platz und stellte mit Adam Dźwigała einen Neuzugang in der Innenverteidigung vor, den wir auch im Blog begrüßten.
Den Abschluss des Jahres bildete das Heimspiel gegen Düsseldorf und es vereinte einmal mehr alle Probleme, die sich auch schon in den zwölf Spielen vorher zeigten: Der FC St. Pauli ist ineffektiv, lässt defensive Grundtugenden vermissen und wenn es auf dem Platz ungemütlich wird, ist von vielen Spielern gar nix mehr zu sehen. Einfach enttäuschend.
1. Halbjahr: Völlig von der Rolle nach der Coronapause
Ich frage mich ja, ob Jos Luhukay noch Trainer des FC St. Pauli wäre, wenn die Coronakrise den Fußball nicht zu einer Unterbrechung gezwungen hätte. Denn vor der Pause hat der FCSP zwar nicht begeistert, aber immerhin nicht unerhebliches geleistet: Zuverlässig gepunktet.
Das änderte sich nach der Coronapause schlagartig. Und plötzlich wurde das vorher schon uncoole, aber aufgrund des Erfolgs noch akzeptable Verhalten von Luhukay zum echten Problem. Anscheinend auch deswegen, weil der Kader diesen Weg nicht mehr mitgehen wollte. Die Situation als Luhukay Henk Veerman sichtbar für alle auf dem Platz anschrie, offiziell weil er sich von ihm mehr Initiative auf dem Platz gewünscht hätte, aber allen ist klar, dass er beleidigt war wie ein kleines Kind, weil Henk zum Stare-Down nach seinem Tor ansetzte, war sicher eines der Lowlights des Jahres 2020. Und auch deswegen war die Trennung von Jos Luhukay letztlich unvermeidlich.
2.Halbjahr: Ineffektivität und fehlende Klasse
Der FC St. Pauli wird den Jahreswechsel auf einem Abstiegsplatz und mit vielen Fragezeichen im Kopf verbringen. In den zwölf Ligaspielen hat der FCSP gezeigt, dass er offensiv vieles zu bieten hat, sich eine Vielzahl an Chancen herausspielt (nach Spieltag 11 hatte der FCSP die drittmeisten Torschüsse abgegeben und auch vernünftige xG-Werte im Ligavergleich), aber mit massiver Ineffektivität „geglänzt“. In der Defensive genügt der Kader den Ansprüchen eines proaktiven Teams in Hinblick auf das Spiel bei Ballbesitz schlicht nicht. Muss sie im Zweifel auch nicht. Aber auch die defensive Grundtugend, das Verteidigen gegnerischer Angriffe, ist ausbaufähig.
Das ist schon bitter, da mit der Verpflichtung von Timo Schultz, aber auch dem massiven Kaderumbruch Hoffnungen geweckt wurden, die inzwischen ziemlicher Ernüchterung gewichen sind.
Klar ist aber auch: Der FC St. Pauli hat die Klasse Ende der Saison 19/20 nicht aufgrund einer stabileren Defensive oder einer besseren Spielidee gehalten. Es gab schwächere Teams und es gab drei Stürmer im Kader, die zusammen in 34 Spielen 29 Tore erzielten. Nach 12 Spielen in der neuen Saison steht der FCSP bei fünf Stürmer-Toren.
Es wird in den nächsten Wochen zu weiteren Veränderungen im Kader des FC St. Pauli kommen. Besonderes Augenmerk dürfte auf der Innenverteidigung liegen (wobei hier mit Dźwigała bereits gehandelt wurde). Die größte Baustelle des FCSP bleibt weiterhin die Position des Sechsers (das war sie auch schon im Sommer). Die ist eigentlich seit Jahren unzureichend besetzt. Ein guter Sechser würde auch seine Mitspieler besser machen. Hier muss gehandelt werden.
Der wichtigste Punkt ist auf jeden Fall, dass der FCSP offensiv effektiver agiert. Aus der Masse an guten Situationen muss einfach mehr Zählbares herausspringen.
Ist das geschafft, würden die anderen Baustellen plötzlich nicht mehr so groß sein.
Auch wenn ich dem aktuellen Kader mehr zutraue als die bisherige Punkteausbeute, so muss das erste Halbjahr 2021 schon ein besonders gutes werden, damit der FC St. Pauli nach acht Punkten aus zwölf Spielen am Ende der Saison genügend Teams hinter sich lassen kann. Aber unmöglich ist das natürlich nicht. Immerhin reden wir hier vom magischen FCSP und davon, dass 2020 nun endlich auch aus sportlicher Sicht ein Ende findet.
// Tim
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Danke Tim, für die akribische Aufarbeitung.
Beim Lesen beschlich mich die Theorie, dass der Magische FC (fast) nur vor und mit Fans gewinnen kann. Das spricht ja eigentlich für den Zusammenhalt zwischen Team und Fans.
Aber so wird das Fortbestehen unseres Teams in Liga 2 von der Pandemie und dem Ausschluss von uns bestimmt 🙁
Blöde Aussichten!
Greetz, Dirk